Protocol of the Session on August 29, 2002

(Mertes, SPD: Was kommen Sie erst jetzt damit?– Unruhe im Hause)

Wer so oft wie Sie, zwar zeitversetzt und über Monate hinweg, von anderen Anträgen abschreibt, der sollte nicht den Oberlehrer spielen. Das paßt nicht zu Ihnen.

(Beifall der CDU)

Herr Mertes, ich bin nicht bereit, auf Ihre Polemik bezüglich der Katastrophenhilfe für die Bundesländer im Osten einzugehen. Das hat mit unserem Antrag und mit dem Mittelstand in Rheinland-Pfalz überhaupt nichts zu tun.

Sie wissen ganz genau, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und auch unser Spitzenkandidat Edmund Stoiber einmütig erklärt haben, dass Sie dafür stehen, dass die Katastrophenhilfe im Osten notwendig ist und nicht geschmälert, sondern durchgeführt wird. Es nutzt überhaupt nichts, wenn Sie versuchen, einen anderen Eindruck zu erwecken. Packen Sie sich an die eigene Nase und sorgen Sie dafür, dass wieder einmal Mittelstandspolitik für unser Land gemacht wird, aber nicht

aus ideologischer Verbrämung für irgendwelche Vorstellungen.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Braun.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es wird Sie erstauen, aber ich will zum Inhalt dieses Antrags Stellung nehmen. Es scheint etwas Neues in dieser Debatte zu sein, dass man über Inhalte spricht.

Ich hatte eine ganz andere Einschätzung als Sie, Herr Mertes. Ich habe nicht im Internet gesucht. Ich habe gedacht, dass der Antrag so schlecht ist, dass die CDUFraktion ihn nur selbst gemacht haben kann.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt Heiterkeit im Hause)

Dass man einen Antrag, der so voller Fehler steckt, auf Bundesebene verabschiedet, spricht nicht für den Zustand der CDU-Bundespartei.

Noch einmal zum Inhalt: Sie versuchen im Vorspann, die Erfolge in der Wirtschaft und in der Sozialversicherung zunächst einmal schlechtzureden. Natürlich kann man keinen Wahlkampf machen und für eine Änderung kämpfen, wenn man nicht zunächst einmal behauptet, es sei alles furchtbar schlecht. Mich hat Ihre Rede an eine Litanei erinnert. Dass Sie nicht zwischen jeden Satz geschrieben haben, „Oh Maria hilf“, das war nun alles. Sie haben von A bis Z aufgezählt, was an Schlimmem in diesem Land passieren kann.

Ihr Antrag beinhaltet nicht nur Beschreibungen, sondern auch Forderungen. Beispielsweise schreiben Sie, dass das Steuerentlastungsgesetz nicht reiche und der Spitzensteuersatz weiter gesenkt werden müsse. Diese Bundesregierung hat in den vergangenen vier Jahren den Spitzensteuersatz aber gesenkt. Sie hatte das Ziel, den Spitzensteuersatz auf 42 % zu senken. Wir sind schon sehr nah daran.

(Zuruf von der CDU)

Wir haben es aber immerhin geschafft, ihn von der Spitze, auf der er 1998 war, abzusenken.

(Mertes, SPD: Die Sie geschaffen haben! – Wirz, CDU: Nachdem Sie die Steuer- reform abgelehnt haben!)

Das – wenn Sie die ideologischen Scheuklappen weglassen – in einer rotgrünen Bundesregierung. Früher hätten Sie nie gedacht, dass das geht. Wir haben das geschafft, und wir haben den Mittelstand in den letzten Jahren durch Steuerentlastungen – das können Sie nachrechnen – um 9 Milliarden Euro entlastet. Die nächste Stufe, die jetzt verschoben wird, hätte noch einmal

mehr bedeutet. Die Entlastungen liegen aber bei 9 Milliarden Euro.

(Jullien, CDU: Die anderen Belastungen schaffen Sie über die Öko-Steuer!)

Da müssen Sie zuerst einmal rechnen.

Herr Jullien, jetzt behaupten Sie, die Steuerentlastung würde wegen der Öko-Steuer nicht greifen. Für die Tabaksteuer gilt das natürlich auch. Der Mittelstand ist davon aber nicht so sehr betroffen.

(Jullien, CDU: Bei der Öko-Steuer nicht?)

Nein, von der Tabaksteuer.

Herr Jullien, zur Öko-Steuer: Die Öko-Steuer ist eine Steuer – ökologische Steuerreform hieß das ursprünglich einmal –, die eine Lenkungswirkung haben soll. Genau da – um noch einmal zum Inhalt zu kommen, was Herr Stoiber in seinem Rededuell gegen Schöder bestritten hat; sie können das in der „Financial Times Deutschland“ nachlesen, eine Zeitung, die zumindest wirtschaftliche Hintergründe kennt – ist von Stoiber falsch argumentiert worden. Schöder hat auch einige Fehler gemacht. In diesem Fall hat aber Stoiber falsch argumentiert. Die Öko-Steuer hatte eine Lenkungswirkung, weil jede Steuer, die Preise erhöht, natürlich eine Lenkungswirkung hat. Wir können sogar feststellen, dass sie eine Umweltentlastungswirkung hat, nämlich 5 % weniger Spritverbrauch.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist die ökologische Lenkungswirkung. Also ist zunächst einmal eine Öko-Wirkung eingetreten.

Die Steuer hatte aber auch eine andere Wirkung. Dies dürfen Sie nicht verschweigen. Die Rentenbeiträge sind gesunken auf 19,3 % und dazwischen einmal auf 19,1 %. Wo standen wir denn am Schluss der KohlRegierung? Bei über 21 %.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Jullien, CDU: Wo fließt die denn hin, die Öko-Steuer?)

Dann kommen Sie mit Ihrem Punkt 3, mit der Senkung der Sozialversicherungsbeiträge auf unter 40 %. Mister 40 % ist ja anwesend. Vielleicht wird auch die FDP dazu reden. Wer hat es denn geschafft, über die 40 % zu kommen? Das war die Kohl-Regierung zusammen mit der FDP. (Wirz, CDU: Wer hat denn die Steuerre- form der Bundesregierung abgelehnt?)

Ja, ganz zum Schluss wollten Sie die Steuerreform noch zusammenzimmern. Nach 16 Jahren Regierung ganz am Schluss zum Ende der Regierungszeit. Wer hat es denn geschafft, 16 Jahre lang auf über 40 % zu kommen? Die CDU und die FDP.

(Jullien, CDU: Sie sollten mal Herrn Metzger hören!)

Herr Jullien, als die CDU an die Regierung gekommen ist, waren wir unter 40 %.

(Staatsminister Mittler: 34!)

Wir waren weit unter 40 %. Als Sie aufgehört haben, waren wir weit über 40 %. Inzwischen sind wir knapp an der 40 %-Grenze. Wir, die rotgrüne Bundesregierung, haben es in Berlin geschafft, diese Belastung zu senken.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Herr Creutzmann, lassen Sie Ihre ideologischen Scheuklappen weg und Sie wählen uns auch noch. Wir arbeiten daran. Wir geben da nicht auf. Vernunft setzt sich immer durch.

Unter Punkt 4 Ihres Antrags fordern sie die Abschaffung der pauschalen Sozialversicherungsabgaben bis 400 Euro. Das ist jetzt Ihre Linie. Ich weiß nicht, wann Sie diesen Antrag beschlossen haben. Die HartzKommission redet aber über 500 Euro.

(Jullien, CDU: Nachdem die CDU 400 Euro vorgeschlagen hat! Wieder ein billiges Abschreiben!)

Man kann darüber diskutieren, ob das richtig oder falsch ist. Wer lehnt aber die Hartz-Vorschläge eindeutig ab, ohne sie überhaupt diskutiert zu haben? Das kommt doch aus Ihren Kreisen. Wir sagen, wir können zunächst einmal darüber reden, ob das sinnvolle Vorschläge sind oder nicht.

(Jullien, CDU: Abgekupfert!)

Sie sind zumindest darin getoppt in den Vorschlägen. Das sind Dinge, die umgesetzt werden, egal wie in der nächsten Legislaturperiode der Bundestag zusammengesetzt ist. Natürlich geht man da ran. Das ist doch vollkommen klar. Das muss doch auch sein. Da ist Ihr Antrag nicht neu. Das wissen Sie.

(Jullien, CDU: Aber Sie haben doch die 630-DM-Beschäftigungsverhältnisse vermurkst! Sie haben diesen Murks mitgetragen! – Wirz, CDU: Sie haben nur Murks mitgetragen!)

Deshalb ist er als Antrag für das Land Rheinland-Pfalz unnötig.

Die nächste Behauptung, die Sie aufstellen, ist die, – – –

(Jullien, CDU: Das ist keine Behauptung, sondern das ist eine zutreffende Feststellung!)

Das ist eine Behauptung, die sogar richtig ist.

(Jullien, CDU: Eine zutreffende Feststellung!)

Herr Jullien, jetzt lassen Sie mich doch einmal ausreden und mich das sagen, was ich sagen will. Die nächste Behauptung ist die, dass es eine Erleichterung und eine Befristung der Arbeitsverhältnisse für die Einstellung älterer Arbeitnehmer geben müsse. Das ist richtig so. Das ist eine richtige Behauptung. Es gibt auch von der CDU richtige Behauptungen. Auch dazu gibt es aber die entsprechenden Vorschläge von der HartzKommission. Das ist also auch nichts Neues und befindet sich schon lange in den Verhandlungen.

Die nächste Forderung, die Sie erheben, wird im Moment als Personal-Service-Agentur diskutiert. Das ist also auch nichts Neues.