Protocol of the Session on March 14, 2002

gesteuert worden wäre, säßen wir heute nicht da und müssten sagen: Diese fünf machen den großen Unterschied auch nicht. Vielleicht haben Sie es jetzt erkannt, dass dort dringender Nachholbedarf besteht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es ist so, dass sich das auch rechnet. Ein verhinderter Rückfall macht im Grund genommen schon einen Bewährungshelfer bezahlt. Insofern ist das im Grund genommen ein Programm, das sich rechnet.

Noch viel schlechter steht es bei den Straftätern, die nach vollständiger Verbüßung ihrer Haftstrafe entlassen werden. Für diese Menschen stehen überhaupt keine institutionellen Übergangshilfen zur Verfügung. Hier ist unsere Gesellschaft noch völlig auf die zwar sehr anerkennenswerte, aber rein ehrenamtliche Arbeit der Straffälligenhilfe angewiesen. In diese Lücken zielen inzwischen einige Vorstellungen und Ideen, die auf Bundesebene entwickelt werden. Hier muss noch sehr viel getan werden.

Diese überlappende Betreuung der zur Entlassung anstehenden Insassen muss in Rheinland-Pfalz ernsthaft angegangen werden, wenn man die Rückfallquote verringern will.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, dabei geht es nicht nur um mehr Sicherheit, sondern das spart auch viel Geld, das an anderer Stelle des Strafvollzugs dringend gebraucht wird. Nur so besteht die Chance, die Rückfallquote noch herabzusetzen und damit nicht nur die Gesellschaft besser zu schützen, sondern auch die Gefängnisse zu entlasten. Diese sind in Rheinland-Pfalz – das wissen wir – völlig überbelegt. Auch bei unserem Besuch mit der Strafvollzugskommission gerade in letzter Zeit in Schifferstadt mussten wir hören, dass die zusätzliche Kapazität, die jetzt in Rohrbach geschaffen wird, schon jetzt wieder völlig aufgebraucht ist. Man hat überhaupt keine Luft mehr in den Gefängnissen. Sie sind weiterhin überbelegt. Zwei Leute müssen sich eine Zelle, die eigentlich für eine Person vorgesehen war, in vielen Fällen teilen.

Meine Damen und Herren, es reicht aber eben nicht nur, in Mauern, Beton und Stacheldraht zu investieren, sondern man muss auch grundsätzlich darüber nachdenken, aus welchen Gründen die Gefangenenzahl so stark ansteigt. Aber auch hier ist Rheinland-Pfalz eher in der zuschauenden Stellung. Statt neue Wege in der Krim inalpolitik zu gehen, wie das andere Bundesländer tun, beispielsweise bei der außergerichtlichen Streitschlichtung, wartet man in Rheinland-Pfalz erst einmal ab, schmückt sich mit dem an manchen Gerichten des Landes, aber viel zu wenigen Gerichten des Landes, gut angenommenem Täter-Opfer-Ausgleich, obwohl es immer noch keine institutionelle Förderung gibt. Dieser sehr gute Bereich des Täter-Opfer-Ausgleichs muss heutzutage immer noch von Bußgeldern leben. Das ist eine sehr unsichere finanzielle Grundlage. Dafür haben wir lang gekämpft, aber leider haben wir keine Einsicht im Justizministerium erreicht.

Meine Damen und Herren, gerade der Täter-OpferAusgleich wird immer noch selten von rheinlandpfälzischen Richtern genutzt. Hier muss der Justizminister mehr tun, viel stärker für diese effiziente Form der Streitschlichtung werben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich noch auf einen weiteren Schwachpunkt im Justizressort zu sprechen kommen. Das ist – das muss ich leider sagen – der Minister selbst.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, diese Schwäche hat sich nicht nur bei der Besetzung des Landgerichtspräsidenten in Mainz gezeigt, sondern sie erweist sich auch bei vielen Äußerungen des Ministers. Er erweist sich nicht gerade als ein Aushängeschild liberaler Rechtspolitik und passt damit zwar problemlos in die rheinlandpfälzische FDP, die sich auch von einer Rechtsstaatspartei zu einer rechten Staatspartei entwickelt hat.

Herr Kuhn, ich habe noch Ihre abfällige Handbewegung im Kopf und in Erinnerung, als ich im Zuge der Rasterfahndung Zitate von Burkhard Hirsch gebracht habe. Diese Art von Liberalität, die damals für die FDP wirklich charakteristisch war und die mich auch beeindruckt hat, mit der wollen Sie sich offensichtlich überhaupt nicht mehr identifizieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP)

Meine Damen und Herren, zu dieser gewendeten Liberalität gehört auch die Verharmlosung des Anstiegs rechtsextremistischer Straftaten in Rheinland-Pfalz durch den Justizminister, gerade in der letzten Woche. Dadurch, dass Sie gesagt haben, nun ja, das kann man durch ein verstärktes Anzeigenverhalten usw. erklären, es aber ein einmaliger Höchststand in Rheinland-Pfalz ist, wird das in den Hintergrund gedrängt.

Meine Damen und Herren, als besonderen liberalen Akzent hat der Justizminister im Zusammenhang mit den Sicherheitspaketen der Bundesregierung noch sehr penetrant gefordert, endlich wieder die Kronzeugenregelung einzuführen – sehr liberal, meine Damen und Herren. (Vereinzelt Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Frau Abg. Kohnle-Gros, CDU)

Konservativ ist das, aber nicht liberal.

Meine Damen und Herren, es ist schade, jetzt erst merken wir, wie liberal das Justizressort in Rheinland-Pfalz doch einmal war.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Creutzmann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich mit aller Entschiedenheit die polemischen, vor allem unsachlichen, mit überhaupt nichts zu rechtfertigenden Angriffe auf den Justizminister zurückweisen. Alles, was nicht in Ihr Weltbild passt, ist rechts. Das kann man auf einer Linksaußen-Position vielleicht betrachten, aber dies ist nicht die Realität.

(Beifall bei der FDP)

Wenn der Minister die Wahrheit sagt, dann blenden Sie dies einfach aus und qualifizieren das mit „rechts“ ab. Dies lasse ich für die rheinland-pfälzische FDP nicht stehen. In die rechte Ecke lassen wir uns von Linken schon gar nicht stellen, Frau Kollegin Grützmacher.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben vorhin zu Recht beklagt, dass es in der Wirtschaftskriminalität so lange Verfahrensdauern gibt. Es ist eines Ihrer Hobbys, aus Ihrem Blickwinkel das zu beklagen. Frau Kollegin Grützmacher, Sie müssen natürlich auch wissen, dass es gerade in diesem Bereich, unabhängig, ob dort immer die entsprechenden Fachkräfte sitzen, ungemein schwierig ist, Verfehlungen nachzuweisen. Wer etwas vom Bilanzrecht versteht – Sie können mir glauben, dass ich davon etwas verstehe –, wird wissen, dass eine Unterschlagung, wenn jemand Geld aus der Kasse genommen hat, leicht nachgewiesen werden kann. Aber wenn jemand sukzessive immer die Bilanzen etwas verfälscht, dass am Schluss ein Konkurs steht, dann müssen Sie das über Jahre nachweisen. Das ist äußerst schwierig. Daran liegen die langen Verfahrensdauern. Dann können Sie zwar auch noch ein paar Kräfte mehr einstellen. Darin liegt die Schwierigkeit; denn Sie müssen Bilanzfälschungen auch beweisen können.

Herr Kollege Baldauf, das mit dem Grundbuchauszug, habe ich nicht verstanden. Ich habe vor kurzem auch einen gebraucht. Dann bin ich zum Amtsgericht nach Speyer gegangen und habe ihn sofort mitgenommen. Es gab ein kleines Problem, dass die Justizkasse nicht zu dem gleichen Zeitpunkt auf hatte, als der Beamte mir den Auszug erstellt hat. Er war aber so freundlich, da ich das Geld bar bezahlt habe, mir am nächsten Tag die Quittung zu schicken. Sie sehen, dass man auch noch flexibel handelt.

Ich bedauere zwei Dinge. Sie haben vorhin den Zwischenruf gemacht, Effizienz hänge nicht mit mehr Personal zusammen, sondern auch mit der EDVAusstattung. Das ist richtig. Deswegen unterstützen wir Sie in der Forderung, möglichst die ordentliche Gerichtsbarkeit nicht erst in zwei Jahren, sondern früher mit einem PC auszustatten. Das ist aber natürlich auch eine Geldfrage, meine Damen und Herren. Das ist das, was ich bei der CDU ein bisschen bemängele. Herr Böhr hatte gestern gefordert, wir müssten sparen, und gesagt, die Neuverschuldung sei bedauerlich. Aber Herr Kollege Baldauf hat Dinge gefordert, die zu mehr Geldausgaben führen. (Böhr, CDU: Zu Recht! Sie haben unsere Anträge nicht gelesen!)

Moment, das ist auch das, was ich sagen will, Herr Dr. Böhr. Das ist das Prinzip Hoffnung. Herr Baldauf sagt zum Beispiel, wir wollen mehr Gerichtsvollzieher, die finanzieren sich selbst. Er sagt, wir brauchen ein paar mehr Bewährungshelfer, die finanzieren sich selbst, weil die Leute weniger in den Knast kommen. Sie leben vom Prinzip Hoffnung.

(Zurufe von der CDU)

Nicht aufregen. So kann man es nicht machen. Deswegen gibt es zwei Möglichkeiten, entweder mehr Finanzmittel bereitzustellen oder das zu beklagen.

(Jullien, CDU: Darauf hätte der Kollege Frey anders reagiert!)

Meine Damen und Herren, die FDP-Landtagsfraktion begrüßt, dass eine Verbesserung der Sicherheit im Strafvollzug durch den vorliegenden Doppelhaushalt gewährleistet wird.

In der Koalitionsvereinbarung für die 14. Wahlperiode des rheinland-pfälzischen Landtags haben die Koalitionspartner SPD und FDP unter der Überschrift „Recht“ die folgende Vereinbarung getroffen:

„Beim Justizvollzug werden die Koalitionspartner dem berechtigten Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung tragen. Die dafür notwendige Ausstattung wird gewährleistet. Neben der Fertigstellung der JVA Rohrbach und dem Ausbau der JVA Wittlich ist auch die Sicherheit in den übrigen Einrichtungen des Justizvollzugs weiter zu optimieren. Die Justizvollzugsanstalten werden dazu in das wirtschaftliche Eigentum des LBB überführt.

Darüber hinaus werden die Koalitionspartner für eine deutliche Verstärkung im Justizvollzug sorgen. Für die Anwärter im Justizvollzugsdienst wird angestrebt, die Anwärtersonderzulage wieder einzuführen.“

Meine Damen und Herren, der Doppelhaushalt für die Jahre 2002 und 2003 trägt diesem Petitum der Koalitionspartner voll Rechnung. Der mittlere Strafvollzugsdienst soll in den nächsten beiden Haushaltsjahren um insgesamt 150 Stellen aufgestockt werden. Darüber hinaus sind im Stellenplan insgesamt weitere neun zusätzliche Stellen für den Sozialtherapeutischen Dienst sowie für sonstige Vollzugsaufgaben vorgesehen.

Frau Kollegin Grützmacher hat darüber kein einziges Wort verloren. Es passt natürlich auch nicht in Ihr Weltbild.

Um auch in Zukunft die Gewinnung von Personal sicherzustellen, wird ab dem 1. April 2002 für die einzustellenden Anwärter des mittleren Justizvollzugsdienstes der Anwärtersonderzuschlag wieder eingeführt.

Meine Damen und Herren, ich habe die Justizvollzugsanstalt in Wittlich und die Einrichtung für den Jugendstrafvollzug in Schifferstadt besucht. Die Wiedereinführung des Anwärtersonderzuschlags wurde von allen Justizvollzugsbediensteten begrüßt.

An dieser Stelle möchte ich für die FDP-Landtagsfraktion meinen ausdrücklichen Dank an die Strafvollzugsbeamtinnen und -beamten aussprechen, die unter schwierigsten, auch psychischen, Bedingungen hervorragende Arbeit für das Land Rheinland-Pfalz leisten.

(Beifall der FDP und der SPD)

Deshalb unterstützt die FDP-Landtagsfraktion die beginnende Verbesserung der Beförderungssituation im mittleren Strafvollzugsdienst – auch dies ist in diesem Zusammenhang erwähnenswert –, wofür im Doppelhaushalt für die Jahre 2002 und 2003 ausreichend Mittel bereitgestellt werden.

Demnach können in den nächsten beiden Haushaltsjahren insgesamt noch einmal 184 Beförderungen ausgesprochen werden. Wer vor diesem Hintergrund sagt, der Justizminister täte nichts für seine Bediensteten, der hat entweder den Haushalt nicht gelesen, oder er sagt wider besseres Wissen die Unwahrheit.

(Beifall der FDP und der SPD – Pörksen, SPD: Sehr gut!)

Des Weiteren unterstützt die FDP-Landtagsfraktion die zur Verbesserung der Sicherheit vorgesehenen umfangreichen baulichen Maßnahmen bei den Justizvollzugsanstalten. Ein wesentlicher Punkt dabei ist, dass die Sicherheitseinrichtungen auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden sollen.

Die FDP erwartet darüber hinaus von der Fertigstellung der JVA Rohrbach Kosteneinsparungen im Strafvollzugsdienst. Bei der Besichtigung der JVA Wittlich wurde klar, dass auch dort bauliche Veränderungen vorgenommen werden müssen. Nach Auffassung der FDPLandtagsfraktion könnte ein Neubau auf dem Gelände der JVA nach den neuesten Sicherheitsgesichtspunkten gegenüber einem Umbau an den denkmalgeschützten Gebäuden kostengünstiger sein. Wir bitten deshalb den Justizminister, dies ernsthaft zu prüfen. Herr Kollege Dröscher wird bestätigen, dass uns dies in Wittlich auch so vorgetragen wurde.

Die FDP-Landtagsfraktion hat gemeinsam mit der SPDFraktion eine Aufstockung der Anzahl der Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer erreichen können. Wir kennen die hohe Belastungssituation bei den Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfern. Deshalb ist es richtig, fünf zusätzliche Stellen im Haushalt dafür auszuweisen und das Personalkostenbudget entsprechend zu erhöhen. Durch die Besetzung dieser Stellen kann die Belastung der Bewährungshelfer abgemildert werden.

Meine Damen und Herren, aber das, was die Kollegin Frau Grützmacher heute vorgetragen hat, ist natürlich eine Utopie in der jetzigen Haushalts- und Wirtschaftssituation. Natürlich werden wir in den nächsten Jahren immer wieder zu prüfen haben, ob eine Aufstockung der Stellen für die Bewährungshelfer erfolgen kann. Aber in dem Ausmaß, wie sie Frau Kollegin Grützmacher gefordert hat, ist sie mit Sicherheit nicht möglich.

Die CDU-Landtagsfraktion hat während der Haushaltsberatungen beklagt, dass die Justizverwaltung von den Stelleneinsparungen, die der Finanzminister vorgegeben hat, ebenfalls betroffen ist. Deshalb ist es umso wichtiger, die Justiz mit der modernsten Informationstechnologie auszustatten. Es wäre unverantwortlich, bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften am Personal einzusparen und gleichzeitig die Investitionen für die Inform ationstechnologie nicht auszuweiten. Die FDPLandtagsfraktion verspricht sich durch die Bereitstellung von 5 Millionen Euro für den IT-Bereich, dass die geplanten Einsparungen im Personalbereich bei der Justizverwaltung durch Effizienzsteigerungen und durch den Einsatz von Mitteln für modernste Informationstechnologie teilweise kompensiert werden können.

(Heiterkeit bei der CDU)