...tes Landesgesetz zur Änderung des Landesgesetzes über die Notarversorgungskasse Koblenz Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/616 – Zweite Beratung
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Haushaltsrede könnte heute gerade beim Anblick des Justizhaushalts und der von unserer Fraktion gestellten Kleinen Anfrage zur Personalsituation auch wie folgt beginnen:
Es gab die Mär von einem König in unserem Land, der sich selbst anschickte, seinen dereinst schon üppig ausgestatteten Hofstaat zu vergrößern und dabei seinen Gesetzesminister zur Mäßigung anhielt. Oder: Gottes und der Richter Wege sind unerforschlich. Schauen Sie in unseren Justizhaushalt hinein.
Um was geht es? Es geht um einen Haushaltsplan im Bereich der Justiz, der insgesamt schon keine Freude mehr macht, wenn man dort die Ansätze betrachtet und sich vor allem einmal die Verteilung der Mittel ansieht. Da wird in der Staatskanzlei die Mitarbeiterzahl um 18 erhöht, vielleicht nur deshalb, damit auch für den Mainzer Fußball bei einem Aufstieg ein entsprechender Stab zur Verfügung steht, und gleichzeitig kündigt der Justizminister an, dass in den nächsten zwei Jahren pro Haushaltsjahr 70 Personalstellen abgebaut werden sollen.
Herr Minister, dies geschieht doch wohl nicht, weil man der Meinung ist, dass in der Justiz eine Überbesetzung besteht? Dies müsste dann auch für die Staatskanzlei gelten.
Und wo? Da schweigt man sich geflissentlich aus; denn dies wird mit Sicherheit die Betroffenen auf die Barrikaden bringen; denn auch der Justizminister behauptet nicht, dass hier in der Justiz ein Personalüberhang be
Um dies einmal vor allem auch aus der Sicht eines Praktikers darzustellen, an manchen Stellen pfeift die Justiz zwischenzeitlich aus dem letzten Loch.
Das können sicherlich auch die fachkundigen Kollegen der anderen Fraktionen nicht bestreiten. Die aktuellen Kriminalstatistiken zeigen klar, dass allein im letzten Jahr ein Anstieg der Straftaten im Bereich des Polizeipräsidiums Rheinpfalz um 2,8 % zu verzeichnen war. In der Region Trier waren es gar 6,6 %. Allein die Verfahren bei den Staatsanwaltschaften sind seit 1991 – man höre und staune – um ein Drittel, also um fast 30.000 Fälle gestiegen.
Das so hochgepriesene elektronische Grundbuch wird nur schleppend eingeführt, wie mir selbst vor kurzem gewahr wurde, da nicht ausreichend Personal vorhanden ist. Dies bedeutet konkret: Im Moment warten Sie vier Monate auf einen Grundbuchauszug. Wenn Sie jemanden verklagen wollen und auf das Grundbuch angewiesen sind, warten Sie genauso lang.
Die Regierung selbst räumt ein, dass allein bei den Rechtspflegern 140 Stellen für die ordentliche Gerichtsbarkeit zusätzlich benötigt werden. Dort herrscht absoluter Mangel. Dies führt dazu, dass die Arbeit von denjenigen, die vor Ort sind, mit erledigt werden muss. Doch in diesem Bereich wehrt sich schließlich keiner so wie in anderen Bereichen. Da kann man dies alles so laufen lassen. Welche Gewerkschaft ruft hier schon, und welche Lobby besteht hier schon? – Das muss man sich ernsthaft fragen.
Bei den Arbeitsgerichten, wo es vor allem um den Arbeitsplatz geht, liegen die ersten Termine zum Teil im November und später, was Ihnen auch bekannt sein dürfte. Der Gipfel ist, Entlassungen aus der U-Haft kommen vor, weil Verfahrensverzögerungen stattfinden. Es fragt sich also, warum hier gespart werden soll, wenn schon jetzt aufgrund der jahrelangen Einsparungspraxis doch eigentlich kein Spielraum mehr zur Verfügung steht und Stellen schlichtweg fehlen. Warum wird in Bereichen des Wirtschaftsministeriums und des Sozialministeriums Geld ohne konkreten Nachweis eines Bedarfs zur Verfügung gestellt, und warum nicht im Bereich der Justiz? – Klar, da ist es nicht so publikumswirksam.
Sehr geehrter Herr Minister, all dies lässt nur den Schluss zu, dass wieder einmal den Letzten die Hunde beißen sollen. Sicherlich soll hier gespart werden, da dieser Bereich populistisch nicht gut ausgeweidet werden kann, sich hierfür nur Betroffene interessieren. Wenn aber etwas passiert, wird gerufen. Von Bürgerfreundlichkeit kann heute keine Rede mehr sein.
Herr Justizminister, wir unterstellen Ihnen dabei nicht, dass Sie selbst über die vorgesehenen Einsparungen
erfreut sind. Wir können Ihnen nur den Vorwurf machen, dass Sie sich nicht energisch gegen ein solches Diktat aus Regierungskreisen wehren. Sie wissen, dass wir Ihnen jederzeit bei erforderlichen und wichtigen Dingen im Bereich der Justiz die entsprechende Unterstützung gegeben haben und auch geben werden. Dafür sollten Sie aber selbst hier und heute auch den Mut haben, klar zum Ausdruck zu bringen, dass im Bereich der Justiz nichts mehr gespart werden kann, um die Funktionalität aufrechtzuerhalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn hier jemand behauptet, die Justiz funktioniere doch gut, so liegt dies in vielen Bereichen einzig und allein daran, dass die dortigen Angestellten durch Überstunden und ihr ausgeprägtes Pflichtgefühl weit über ihre normale Arbeitszeit hinaus das System am Laufen halten.
Das einzig Erfreuliche an diesem Haushaltsplan ist – da muss man Sie auch einmal loben –, dass im Bereich des Strafvollzugs wohl wegen unserer immer wieder aufgestellten Forderung nach Personalmehrung und nachhaltiger Entlastung der Bediensteten keine Personaleinsparungen vorgenommen werden, sondern sogar – was wir ausdrücklich begrüßen; es wurde auch Zeit – eine Stellenmehrung vorgesehen ist. Hoffentlich beseitigt dies teilweise den laxen Umgang mit den Häftlingen aufgrund der vorhandenen Überarbeitung. Leider gilt dies aber nicht bei der Stellenmehrung im Bereich der Gerichtsvollzieher und Bewährungshelfer, da auch in diesen und anderen Bereichen personelle Engpässe zu zusätzlichen Kosten im Haushalt führen.
Da der Verfahrensablauf zum Nachteil der Bevölkerung führt, haben wir unter Beibehaltung unserer Sparvorschläge moderate Erhöhungsanträge für die am schlimmsten betroffenen Bereiche eingereicht, da durch die Einsparung in anderen Haushalten von uns hier ein Schwerpunkt gesetzt wird, um das System und damit vor allem die verlorengegangene Bürgerfreundlichkeit zu verbessern.
Herr Justizminister, wir fordern Sie deshalb an dieser Stelle auf, unseren Anträgen zuzustimmen, von denen Sie genau wissen, dass sie erforderlich sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Einzelnen fordern wir, wobei wir noch einmal innerhalb des Haushalts selbst auch Einsparvorschläge unterbreitet haben, folgende Maßnahmen:
1. Gerichtsvollzieher: Hier fordern wir eine Erhöhung der Ansätze bei den Personalkosten um 15 % pro Haushaltsjahr, um in diesem Bereich weitere Gerichtsvollzieher einzustellen.
In der Praxis dauert es durchschnittlich vier Wochen, bis entsprechende Vollstreckungsaufträge ausgeführt werden können. Hierdurch besteht die immer wieder sich auch verwirklichende Gefahr, dass beim Schuldner nicht mehr vollstreckt werden kann, da dieser zwischenzeitlich insolvent geworden oder einfach nicht mehr da ist.
Zusätzliche Kosten werden hier nur in geringem Umfang entstehen, da die Arbeit der Gerichtsvollzieher natürlich auf der anderen Seite gesteigerte Gebühren und Auslageneinnahmen nach sich zieht, sodass durch diese Einnahmenerhöhung faktisch keine zusätzlichen Kosten im Haushalt entstehen.
2. Bewährungshelfer: Gerade in Rheinland-Pfalz stehen diese zwischenzeitlich vor unlösbaren Aufgaben. In der Spitze muss sich ein Bewährungshelfer mit bis zu 130 Probanden auseinander setzen, wohingegen in Nordrhein-Westfalen ein Bewährungshelfer durchschnittlich 65 bis 70 Probanden zu betreuen hat.
Wir fordern deshalb, im Haushalt den Personalansatz zu erhöhen, um als ersten Schritt zehn weitere Bewährungshelfer kurzfristig einzustellen.
Es liegt auch hier auf der Hand, dass durch die erfolgreiche Arbeit der Bewährungshelfer Gelder im Bereich der Justizvollzugsanstalten aufgrund möglicher früherer Entlassungen in nicht unerheblicher Höhe gespart werden.
Natürlich ist auch damit verbunden, dass die verbesserte Resozialisierungsmöglichkeit der betroffenen Personen dazu führt, dass die nach wie vor sehr hohen Rückfallquoten von Straftätern verbessert und damit wieder Kosten im Bereich des Justizvollzugs eingespart werden.
Wenn ich mich dunkel daran entsinne, haben wir im Plenum aus den verschiedensten Fraktionen entsprechende Anträge. Dazu später noch etwas.
3. Einrichtung eines zusätzlichen Senats beim Landessozialgericht: Auch dies ist kein Hammer, aber notwendig.
Dieser Senat wurde vor einigen Jahren mit der Kons equenz gestrichen, dass sich die Verfahrensdauer bei Gerichtsverfahren verlängert hat. Heute muss man mit einer Dauer von vier Jahren bis zur Entscheidung in der zweiten Instanz warten. Dies ist ein unmöglicher Zustand, wenn man sich vorstellt, dass es gerade in Sozialgerichtsverfahren um essenzielle Dinge wie die Zahlung einer Rente, von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld oder um die Anerkennung als Berufs- oder Erwerbsunfähiger geht und viele auch auf die Feststellung ihrer Schwerbehinderung warten.