Protocol of the Session on March 14, 2002

Zur Schulsozialarbeit: Wir brauchen eine Offensive für mehr Schulsozialarbeit an unseren Schulen. Das gilt vor allem für Schulen in sozialen Brennpunkten, für viele Hauptschulen, Sonderschulen, aber auch für berufsbildende Schulen; dies zum Beispiel, um die Zahl der Schüler ohne Hauptschulabschluss zu verringern, um das Schulschwänzen einzudämmen, um Gewaltprävention zu betreiben usw. Die Landesregierung hat bisher viel zu wenig für die Schulsozialarbeit getan. Das haben sogar die Regierungsfraktionen erkannt und entsprechend draufgesattelt. Das reicht nicht. Wir setzen einen deutlichen Schwerpunkt, indem wir die Mittel für die Schulsozialarbeit verdoppeln, nämlich 736.000 Euro mehr.

Ich komme zum muttersprachlichen Ergänzungsunterricht. Wir sind der Meinung, dass sich dieser Unterricht überlebt hat und deswegen abgebaut werden soll. Der Sinn des muttersprachlichen Ergänzungsunterrichts bestand darin, die Migrantenkinder auf die Rückkehr in ihre Heimat vorzubereiten. Diese Zielsetzung gibt es nicht mehr. Wir wollen, dass sie hier bleiben und integriert werden. Deswegen müssen wir in Integrationsmaßnahmen investieren. Deshalb fordern wir bereits in Kindergärten mehr Förderunterricht, vor allem in Deutsch.

Vielen Dank. (Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Kollegin Spurzem.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man Herrn Keller zuhört, denkt man, die Welt geht unter. Heute ist für Kinder, Jugendliche und Familien in Rheinland-Pfalz ein guter Tag; denn mit den heutigen Haushaltsberatungen, unseren Anträgen sowie dem Kindertagesstättengesetz wird deutlich, wie wichtig dieser Landesregierung und den Koalitionsfraktionen ein kinderfreundliches Land ist.

(Beifall der SPD)

Das ist ein bundesweites Markenzeichen, das wir uns damals in der Kinder-Enquete-Kommission alle gewünscht haben. Das ressortübergreifende Programm „Kinderfreundliches Rheinland-Pfalz“ findet sich an vielen Stellen im Haushalt wieder und bringt an vielen Orten im Land Kinderprojekte voran. All dies geht weit über die Vollversorgung mit Kindergartenplätzen hinaus. Das hat Herr Keller vergessen. In dem gleichen Presseartikel steht, dass Rheinland-Pfalz bundesweit Spitze bei der Kindergartenversorgung ist.

(Beifall der SPD – Keller, CDU: Für das Loben sind Sie zuständig!)

Den Ausbau von Krippen, Horten und Ganztagsplätzen werden wir weiter vorantreiben. Das Änderungsgesetz zum Kindertagesstättengesetz wird durch die finanzielle Entlastung bei den Personalkosten der freien Träger und damit auch den Kommunen dazu beitragen, die Pluralität in der rheinland-pfälzischen Kindertagesstättenlandschaft zu sichern. Die finanziellen Anreize für alle Träger werden nachhaltig für mehr Ganztagsplätze sorgen. Eine Senkung der Messzahlen würde diese Anstrengung konterkarieren.

Unser gemeinsamer SPD- und FDP-Antrag führt insgesamt zu einer Stärkung der Elternarbeit. Die wichtige und engagierte Arbeit wird so auf gesetzliche Füße gestellt und im Haushalt finanziell unterfüttert. Die Änderungsanträge der Oppositionsfraktionen wurden im Wesentlichen bereits in der Anhörung und im Ausschuss ausführlich behandelt. Ich möchte unsere Gründe der Ablehnung dennoch einmal kurz erläutern.

Die Tagespflege wird im Ministerium gut und intensiv bearbeitet. Ein Vorrang wird auch fachlich nicht gesehen. Gleiches gilt für die Häuser für Kinder, von denen es nach damals zehn Modellprojekten zwischenzeitlich mehr als 140 im Land gibt. Handreichungen dazu liegen vor. Die Häuser für Kinder werden gefördert.

Der Bildungsauftrag von Kindertagesstätten ist im Gesetz eindeutig festgelegt. Die nicht nur mit Blick auf die PISA-Studie eventuell notwendigen inhaltlichen Änderungen der Bildungsarbeit in Kindertagesstätten werden wir nicht per Gesetz überstülpen. Diese Inhalte und Änderungen werden wir mit allen Beteiligten diskutieren und auswerten. Wir wissen alle, dass kein Schnellschuss und kein Aktionismus gefragt ist, sondern ein gemeinsames Handeln. Man kann nicht einfach einen Lehrplan wie für die Schulen erstellen. Ich kann Sie nur

einladen: Beteiligen Sie sich an dem Diskussionsprozess.

Der Jugendbereich – das ist eine weitere gute Botschaft – wird nicht nur finanziell hoch gehalten, sondern durch unsere Anträge auch zusätzlich akzentuiert. Die seit 1991 entstaubte Jugendpolitik erfährt nicht nur durch die schon genannte Ganztagsschule, durch erweiterte Schulsozialarbeit und Kinder- und Jugendkulturarbeit neue Akzente. Die aufsuchende und mobile Jugendarbeit im ländlichen Raum wird gestärkt. Die Jugendverbände und die Sportjugend erhalten für ihre wichtige Arbeit Mittel zur Beschäftigung eines dritten Bildungsreferenten. Die ehrenamtlich Tätigen im Kinderschutz, die engagiert für die Kinder arbeiten, erhalten die Möglichkeit, über weitere Fördermittel ihre Projekte zu sichern, und nicht zuletzt wird die Partizipation von Kindern und Jugendlichen durch die Möglichkeit der direkten Vernetzung weiter gestärkt.

Leider kann ich in der Kürze der Zeit nicht auf die vielen Anträge der Opposition eingehen. Meine Damen und Herren, einige davon sind obsolet, weil schon daran gearbeitet wird. Andere sind in Teilen durchaus diskutierbar. Einige, wie zum Beispiel die Anträge über die beitragsfreien Kindertagesstätten, sind ein Wunschtraum. Andere, wie zum Beispiele Anträge von der CDU, die sich groß die Bedeutung der Bildung in Kindertagesstätten auf die Fahne geschrieben haben, was wir gehört haben, kürzen ausgerechnet bei der Qualitätsförderung in Kindertagesstätten. Das muss mir jemand erklären. Außerdem möchte die CDU das gesamte Programm „Kinderfreundliches Rheinland-Pfalz“ streichen. Sie entzieht damit einer Vielzahl von Projekten im Land den finanziellen Boden.

Meine Damen und Herren, wir wollen kein schief gespieltes Streichkonzert und keine finanziellen Traumtänzereien. Wir unterstreichen das Markenzeichen unseres Landes, nämlich ein kinder-, familien- und jugendfreundliches Land.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Wiechmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir reden zum Kindertagesstättengesetz. Nicht die Festschreibung des Status quo in den Kindertagesstätten, sondern eine Steigerung der Qualität, eine Verknüpfung mit einem klaren kindgerechten Bildungsauftrag sowie die interkulturelle Erziehung müssen das Ziel einer Novelle des Kindertagesstättengesetzes sein.

Bildung, Integration und Qualität sind die Schwerpunkte unserer grünen Bildungspolitik, gerade auch im Bereich der Kindertagesstätten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine bessere Verzahnung von pädagogischer Qualität und Bildung ist neben der dringenden Notwendigkeit, beitragsfreie Kindergärten auf den Weg zu bringen, eine zentrale grüne Forderung. Ebenso muss die Kooperation zwischen Kindertagesstätte und Schule gestärkt werden.

Die Kompetenz der Kindertagesstätten für Betreuung, Erziehung und Bildung muss verstärkt werden. Insbesondere der Bereich der Bildung braucht mehr Gewicht. Dazu sehen wir in einem Entschließungsantrag eine besondere Förderung der Sprachkompetenz vor, insbesondere auch für Kinder mit Migrationshintergrund.

Ziel ist es und muss es sein, Kinder so zu fördern, dass sie bei ihrer Einschulung in der Lage sind, dem Unterricht in deutscher Sprache zu folgen. Dafür ist es unerlässlich, die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher zu verbessern und aufzuwerten, damit sie, die Fachkräfte, auch künftig gute pädagogische Arbeit leisten können. Eine solche Reform ist längst überfällig. Wir fordern sie von Ihnen in einem Entschließungsantrag ein.

Langfristig müssen – das ist unsere feste Überzeugung – die pädagogischen Leistungen der Kindertagesstätten nach unserer Auffassung ebenso beitragsfrei für die Eltern sein wie die beitragsfreie Ganztagsschule. Es geht darum, Kindertagesstätten so attraktiv wie möglich zu gestalten, und zwar inhaltlich, qualitativ und hinsichtlich des Beitrags der Eltern.

Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, deshalb fordern wir Sie und auch die CDU auf, mit uns gemeinsam die Beitragsfreiheit für Kindertagesstätten auf den Weg zu bringen und gleichzeitig darauf zu achten, dass die Voraussetzungen für eine notwendige pädagogische Qualität in den Einrichtungen und bei der Ausbildung der Fachkräfte gewährleistet wird.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist Aufgabe der Politik, auch hier die Weichen zu stellen und tragfähige Konzepte zu entwickeln. Genau das fordern wir in unserer Entschließung. Nun ist es an Ihnen, sich zu entscheiden, ob Sie mit uns gemeinsam dieses zukunftsweisende und absolut notwendige Projekt voranbringen wollen oder nicht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, natürlich begrüßen und unterstützen wir Ihren Ausbau von Ganztagseinrichtungen und die Erweiterung der Elternbeteiligung, weil Sie endlich gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung getragen haben. Die seitens der Landesregierung und der Regierungsfraktionen geplanten Änderungen im Kindertagesstättengesetz greifen zu kurz.

Kindertagesstätten mit Ganztagsplätzen und hoher Qualität sind die Grundlage für die Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit für beide Elternteile. Dafür muss es eine notwendige Weiterentwicklung von Kindergärten zu Häusern für Kinder geben; denn insbesondere in diesen ist es möglich, dass es eine gemeinsame Bildung, Betreuung und Erziehung mit Behinderten, mit sozial Be

nachteiligten, aber auch mit Kindern mit Migrationshintergrund gibt.

Wir haben in unserem Antrag für ein neues Kindertagesstättengesetz gleichzeitig auch flexible Regelungen erarbeitet, die es auch kleinen Einrichtungen, insbesondere im ländlichen Raum, ermöglichen, entsprechend des öffentlichen Bedarfs Plätze für kleinere oder größere Kinder in altersgemischten Gruppen oder in Häusern für Kinder einzurichten und sogleich die notwendige pädagogische Qualität sicherzustellen.

Meine Damen und Herren, geben Sie sich einen Ruck – noch ist Zeit. Überdenken Sie noch einmal unsere Vorschläge, es lohnt sich.

Wir haben mit unseren Initiativen für die Reform der Lehrkräfte- und der Erzieherinnenausbildung den Start eines echten landesweiten Ganztagsangebots an den Grundschulen für die Weiterentwicklung von Kindergärten zu Häusern für Kinder sowie für andere Prioritäten im Landeshaushalt umfassendere Reformkonzepte für mehr Bildungsqualität vorgelegt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam die Herausforderung von PISA nutzen. Lassen Sie uns die Herausforderung als Chance begreifen. Die Gelegenheit ist so günstig wie selten zuvor.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich möchte Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen, und zwar Mitglieder des SPD-Ortsvereins Brohltal und die vorhin schon angekündigten Damen und Herren des Jugenddorfwerks Neustadt. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Keller das Wort.

Herr Kollege Wiechman, Sie haben ein wichtiges Thema angesprochen: Beitragsfreiheit im Kindergarten. – Ich denke, alle sind dafür, wenn wir uns das leisten können. Es stellt sich die Frage, ob wir nicht irgendwann einmal einen Einstieg machen und dann beschließen, dass das letzte Jahr vor der Einschulung – wie im Saarland – beitragsfrei gestellt werden soll. Ich meine, wenn wir dahin kommen, dass das letzte Jahr doch so etwas wie eine Vorschule – auch wenn wir das nicht so nennen – werden soll, dann muss man auch darüber reden. Wenn man dann auch noch überlegt, ob man nicht eine irgendwie geartete Besuchspflicht wenigstens im letzten Jahr einführt – die Beispiele haben gezeigt, dass es gerade ausländische Kinder sind, die nicht viel in den Kindergarten gehen –, dann muss der Staat auch bezahlen.

Auf der anderen Seite wundere ich mich natürlich vom Grundsatz her über eine Sache: Wir verlangen Kindergartenbeiträge, aber wir verlangen keine Studiengebühren. Die PISA-Studie hat gezeigt, dass wir im Vergleich zu den anderen überprüften Ländern für den Primarbereich das wenigste Geld ausgeben, aber für den Hochschulbereich im Vergleich Spitze sind. Ob auch Spitze herauskommt, ist eine andere Frage. Ich meine, dann muss man irgendwann auch einmal zu einer Neubewertung kommen. In Richtung des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, aber auch in Richtung der SPD – die FDP ist in diesem Punkt anders – gesagt muss man auch einmal über Studiengebühren nachdenken. Das Geld ist nicht vermehrbar. Es ist die Frage, ob das nicht eine sinnvolle Umschichtung zugunsten des Elementarbereichs wäre, den dritten oder vierten Bereich etwas zur Kasse zu bitten.

Danke schön. (Beifall bei der CDU)

Zur Erwiderung hat Herr Kollege Wiechmann das Wort.

Herr Kollege Keller, ich glaube, wir müssten uns grundsätzlich einmal über Bildungsfinanzierung in der Zukunft Gedanken machen. Dazu gehörten die Kindertagesstätte, die Schule aber auch die Hochschulen und die Weiterbildungseinrichtungen. Vielleicht wäre das ein Projekt, das wir uns in der nächsten Zeit im Ausschuss und im Plenum vornehmen sollten.

Ich möchte noch einmal klarstellen, damit wir nicht missverstanden werden und irgendwelche finanzpolitisch dubiosen Vorschläge machen – ich lese Ihnen einmal unseren Entschließungsantrag vor –, wir wollen nur einen Weg aufzeigen und die Landesregierung auffordern, etwas zu tun. Wir wollen die Landesregierung auffordern, den Finanzbedarf festzustellen und gemeinsam mit Kommunen, mit Ländern und dem Bund nach Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen, um die Kindergärten und dann alle Kindertagesstätten für Eltern beitragsfrei gestalten zu können. Ferner fordern wir die Landesregierung auf, die Voraussetzung zu schaffen, damit die notwendige pädagogische Qualität in den Einrichtungen und bei der Ausbildung der Fachkräfte gewährleistet werden kann.

(Zurufe von der SPD)

Verehrter Herr Kollege Wiechmann, ich bitte Sie, zur Kurzintervention Stellung zu nehmen und keine grundsätzlichen Erwägungen vorzutragen.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal aufzeigen, es geht darum, dass wir gemeinsam einen