Protocol of the Session on March 13, 2002

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Diese Zivilgesellschaft, von der ich sprach, die Nachbarin und der Nachbar, müssen wir zum Teil anstoßen. Wir müssen sie unterstützen.

Ich will es Ihnen an einem Beispiel erklären, das mir unter die Haut gegangen ist, und zwar die Frage eines Frauennotrufs in Simmern. Es ist klar. Es kommt alles in der Heimat vor. Wir könnten dort 15.000 Euro sparen, streichen.

Damit nehmen wir 50 Frauen und einigen wenigen Männern die Chance aus der Hand, Hilfe anzubieten, wenn Hilfe benötigt wird, und zwar Tag und Nacht, 24 Stunden sieben Tage pro Woche. 50 Menschen ermöglichen wir es auf diese Weise, Hilfe zu geben.

(Beifall bei SPD und FDP)

Das verstehe ich unter dem Anstoßen von Initiativen. Das gilt auch für die Möglichkeiten, die wir im Bereich der Entwicklungshilfe neu eingeführt haben. Das sind die Möglichkeiten, die wir im Kulturbereich eröffnet haben oder wenn wir zum Beispiel für Lehrgänge – ich bin gespannt, wann der Erste das kritisiert – der Feuerwehr ein paar Euro zur Verfügung stellen. Man könnte sagen: Das müssen sie selbst machen. Sollen es doch die Verbandsgemeinden bezahlen; denn sie benötigen sie.

Meine Damen und Herren, alles können sie nicht allein machen. Es geht um die Jugend, die in dieser Frage immer als Letztes drankommt. Deshalb ist es richtig, für die Ausbildung von ehrenamtlichen Feuerwehrleuten Möglichkeiten in diesem Haushalt einzurichten; denn Zivilgesellschaft heißt auch: Hilfe bei Gefahr, Hilfe in sozialer Not usw.

Deshalb ist das der richtige Weg. Wir werden es verlängern über die Gesundheitsförderung, die freie Wohlfahrtspflege, die Hospizeinrichtungen, die Jugendarbeit im ländlichen Raum und die Beteiligung von Kindern bei kommunalen Entscheidungsprozessen. Das alles sind bescheidene Summen, aber sie tragen dazu bei, dass unsere Gesellschaft im kulturellen, sozialen und sportlichen Bereich tragfähig bleibt.

Meine Damen und Herren, wir sind als Staat zu sehr Dienstleister geworden, zu sehr ein Staat geworden, bei dem man anklopft, und es wird aufgetan. Es wird ein schwieriger Weg werden, zurückzufinden zum schlanken Staat mit den schlanken Ausgaben. Aber wir sind auf diesem Weg.

(Zuruf des Abg. Keller, CDU)

Herr Keller, bisher konnte es niemand belegen. Sie konnten alle nur klagen, dass Sie weniger ausgeben wollen. In Wirklichkeit haben Sie genau das getan, was Sie immer tun. Sie sind deshalb nicht derjenige, der uns in dieser Hinsicht beraten kann.

(Keller, CDU: Sie halten jedes Jahr die gleiche Rede! Können Sie nicht einmal auf Herrn Böhr richtig eingehen?)

Herr Keller, wenn das wirklich so ist, kann ich Ihnen nur sagen: Bei Ihnen ist das nicht anders.

(Keller, CDU: Ich habe noch nicht geredet! – Beifall bei der CDU)

Wenn Sie an der Reihe sind, werden Sie zur Bildungspolitik Folgendes sagen: An dieser Schule fallen Stunden aus, dort gibt es keinen Schulbau, und alles geht den Bach runter, bis ich, Sepp Keller, komme und das in Ordnung bringe. – Das dauert aber noch vier Jahre.

(Unruhe bei der CDU)

Ich habe meine Freude daran, dass Sie nie ohne ein bisschen Apokalypse auskommen. Jetzt haben Sie die Apokalypse im Sinn. Das ist eine feststellbare Änderung der vergangenen 30 Jahre. Ich kenne zwar nicht jeden persönlich von Ihnen, aber früher war es die Diffamierung, heute ist es die Apokalypse.

Lassen Sie mich zum Haushaltsplan zurückkommen. Meine Damen und Herren, dieser Haushaltsplan führt dazu, dass wir unsere Kerngebiete – Bildungspolitik, Zugang zur Wirtschaft, Infrastruktur, Eisenbahn – geregelt bekommen, und zwar unter schwierigen Umständen.

Gleichzeitig bauen wir die staatliche Verwaltung um, jedoch mit einem gewissen Risiko, weil es neu ist. Wir fördern die Zivilgesellschaft und all die vielen Ehrenam tlichen, die Unterstützung benötigen, um mit der Problemlösung zu beginnen.

Für eine anständige Gesellschaft werden nur drei Dinge benötigt: Eine gute und aktive Regierung, die wir haben.

(Beifall der SPD und der FDP – Jullien, CDU: In Ihrer Fantasie!)

Selbst wenn Sie anderer Meinung sind: Vor einem Jahr waren alle anderen anderer Meinung. Insofern haben wir eine gute und aktive Regierung.

(Beifall der SPD und der FDP)

Darüber hinaus benötigen wir eine anständige Marktwirtschaft. Dafür soll der Herr Wirtschaftsminister im Verein mit allen sorgen. Ferner unterstützen wir eine starke Zivilgesellschaft.

(Zurufe der CDU)

Mit dieser Regierung wird es in den nächsten Jahren mit Rheinland-Pfalz erfolgreich vorangehen. Auf jeden Fall sehen die Wähler das so.

(Anhaltend starker Beifall der SPD und der FDP)

Als Gäste im Landtag begrüße ich Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse der Augustiner-Realschule Hillesheim. Besonders freue ich mich, den ehemaligen Kollegen Fritz Preuss unter uns begrüßen zu können. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Frau Abgeordneter Thomas das Wort.

(Billen, CDU: Jetzt kommt endlich einmal eine anständige Rede!)

Meine Damen und Herren, lieber Herr Kollege Mertes! 12 Wochen liegen zwischen der Einbringung des Haushaltsentwurfs durch die Landesregierung und der heutigen Debatte. 12 Wochen lang lag trotz Weihnachten, Silvester und Fastnacht der Schatten der Tristesse der Landesregierung und der SPD/FDP-Koalition über diesem Land. Ihre Reden, die Sie heute und vor 12 Wochen gehalten haben, können nicht darüber hinwegtäuschen. Es mag sein – sogar mir kam es so vor –, dass das die heitersten Momente in diesem Parlament in den vergangenen 12 Wochen waren. Sie wissen, dass ich eigentlich gegen Funktionszulagen innerhalb der Fraktion bin. Jedoch bin ich davon überzeugt, dass Sie die Spaßzulage verdienen. Das muss Sie einiges gekostet haben. (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)

Dieser Schatten der Tristesse hat nicht vor 12 Wochen begonnen, sondern zieht sich durch das ganze Jahr der dritten Amtsperiode von Rotgelb in Rheinland-Pfalz, durch diese dritte Periode, von der Herr Mertes vorhin behauptet hat, sie habe gut angefangen, gehe gut weiter und werde auch gut zu Ende gehen. Sie haben ein gutes Polster. Passen Sie aber auf, dass Sie es nicht so schnell durchgesessen haben.

Von der einstigen Hingabe Rudolf Scharpings an die FDP ist nicht mehr viel übrig geblieben. Ich habe den Eindruck, Kurt Beck leidet an der FDP, die FDP glänzt in Agonie, und Rheinland-Pfalz leidet an der Passivität von Rotgelb. (Zurufe von der FDP)

Der von Herrn Mertes viel beschworene notwendige Schub für Innovation und Modernisierung bleibt aus. Meine Damen und Herren, ich sehe eher die Gefahr, dass Rheinland-Pfalz im Bundestagswahlkampf in die schlechte Gesellschaft von Stoiber, Koch und Schill gerät.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Unruhe bei SPD, CDU und FDP – Dr. Schmitz, FDP: Immer noch besser als Rezzo Schlauch!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich das ausführen. Herr Beck, auch bei den Haushaltsberatungen wird Ihnen das Thema „Zuwanderung“ nicht erspart bleiben, auch wenn Sie versuchen, über alles andere, aber nicht über Zuwanderung zu reden. Diejenigen, die die doppelte Staatsbürgerschaft und das NPD-Verbot torpediert haben, schämen sich jetzt nicht, wieder im trüben rechten Rand unter dem Deckmäntelchen der Vermittlung zu fischen.

(Kuhn, FDP: Was?)

Herr Kuhn, schauen Sie doch einmal über den Rhein. In Hessen knickt die FDP, knicken also Ihre Kollegen, gegenüber dem CDU-Rechtsaußen, Koch, ein. In Hamburg paktieren Ihre Kollegen mit Schill. In RheinlandPfalz versucht Rainer Brüderle wieder einmal, die SPDgeführte Landesregierung in eine Konfrontation gegen Rotgrün in Berlin zu bringen. Das sind wir zwar gewohnt, aber viel schlimmer ist es, dass er versucht, den Ministerpräsidenten gegen das Zuwanderungsgesetz, das demnächst im Bundesrat verabschiedet werden soll, in Stellung zu bringen.

(Kuhn, FDP: Was?) – Ja. Herr Kuhn, tun Sie doch nicht so überrascht. Ich bin sicherlich nicht die Einzige, die die Stellungnahmen von Herrn Brüderle, Herrn Mertin und anderen auch in den rheinland-pfälzischen Zeitungen gelesen hat. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Nach einer zweijährigen Diskussion darf das Thema „Zuwanderung“ im Vorfeld der Bundestagswahl nicht für parteitaktische Spiele verwendet werden. Sie müssen sich fragen lassen – auch Sie, Herr Mertin –, weshalb Sie ein Gesetz, das Sie argumentativ immer unterstützt haben, jetzt blockieren wollen. (Zuruf des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Herr Dr. Schmitz, das muss gesagt werden: Wer nach monatelangen Verhandlungen und nach einer zweijährigen Debatte über das Thema „Zuwanderung“ einen Konsensgesetzentwurf, der breit aus der Gesellschaft unterstützt wird, in einem Vermittlungsverfahren wieder aufschnüren will – das ist die erklärte Absicht der FDP in Rheinland-Pfalz –, verhindert tatsächlich die Zustimmung zum notwendigen Zuwanderungsgesetz jetzt und auf lange Zeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wissen genau, dass dieses Gesetz, das vom Bundestag verabschiedet wurde, ein Konsensgesetz ist. Es

haben Gespräche mit der rotgrünen Bundesregierung und Vertretern der FDP stattgefunden. Es sind Anliegen der FDP in diesen Gesetzentwurf mit eingearbeitet worden und von der rotgrünen Mehrheit in Berlin verabschiedet worden. Wenn Sie jetzt über die Landesebenen kommen und das aufschnüren wollen, stehen Sie Seite an Seite mit Koch, Stoiber und Schill, die dieses Gesetz verhindern wollen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Nichts anderes ist das Ergebnis Ihres politischen Agierens.

Ich lese hin und wieder auch alte Presseerklärungen. Herr Brüderle hat im Jahr 2000 gesagt: Zuwanderungssteuerung nicht zerreden und aufschieben, sondern handeln. – Meine Damen und Herren, das bedeutet Zustimmung zum Gesetz im Bundesrat am 22. März. Das ist die Aufforderung an die Landesregierung, anstatt sich vom kleinen Koalitionspartner auf die andere, auf die rechte Linie ziehen zu lassen.

Herr Beck, ich erwarte in dieser Debatte auch eine Aussage von Ihnen. Bisher haben Sie nur geschwiegen, oder ich habe von Ihnen gehört, dass Sie sich Sorgen um den Fußball im Fernsehen oder um die CDU im Fernsehrat machen, oder ich sehe, dass Ihre Fraktion Mittel umschichtet, nämlich Gelder für die Flüchtlinge in den Kommunen zugunsten des Bruchwegstadions. Ist das sozialdemokratisch geführte Politik in RheinlandPfalz? Ist das Haushaltspolitik à la SPD-Beck?

(Hartloff, SPD: Die Behauptung trifft so doch gar nicht zu!)

Ich frage mich wirklich – das würde ich jetzt auch gerne Herrn Mertes fragen, da er so ein flammendes Plädoyer für Ihre Regierungspolitik gehalten hat –, glauben Sie wirklich, dass die Menschen das gewollt haben, als sie Sie – Sie persönlich, Herr Beck – mit einem Traumergebnis wieder gewählt haben? Ich glaube das nicht.