Sie konnten es in der Sitzung des Sozialpolitischen Ausschusses nicht beantworten. Sie konnten es bei einer Veranstaltung in Koblenz nicht beantworten.
Wenn Sie es beantworten können, dann beantworten Sie es. Dann sehen wir weiter, wie wir das Modell „Kombilohn“ so verfeinern können, dass es möglichst attraktiv ist.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei einer Beurteilung waren sich alle bisherigen Redner – ich kann mich nahtlos darin einfügen – einig: Die Massenarbeitslosigkeit ist das zentrale Problem unserer Gesellschaft. Ebenso vielfältig wie die Gründe für dieses Phänomen, das als Teufelskreis unsere Wirtschaft und Sozialkräfte stranguliert, sind die Lösungsvorschläge der unterschiedlichen Parteien. Ohne auf die Einzelheiten eingehen zu wollen – selbstverständlich glaube auch ich wie alle anderen insbesondere an die Heilkräfte der Therapievorschläge, die die eigene Partei macht –, muss man grundsätzlich, bevor man über das Thema „Kombilöhne“ spricht, zwei unterschiedliche Ansätze unterscheiden.
Zum einen gibt es Lösungsansätze, die ganzheitlich sind, die der Hydra „Massenarbeitslosigkeit“ alle Köpfe gleichzeitig abschlagen wollen. Zum anderen gibt es Lösungsansätze, die im Wesentlichen versuchen, einzelne Missstände zu korrigieren.
Wenn sie alle weg sind, wächst nichts mehr nach. Das hat die Geschichte gezeigt. Ich gestehe Ihnen aber zu, dass das nicht ganz einfach ist, Herr Dr. Braun.
pfälzischer Arbeitsmarktpolitik. Niemand wird ernsthaft bezweifeln, dass diese Kombilöhne zu der zuletzt genannten Gruppe zählen, bei der es nicht um die Bekämpfung des Gesamtphänomens gehen kann, sondern um Verbesserungen, vor allem im Niedriglohnsektor.
Unter dieser Prämisse – das darf ich vorwegnehmen – ist das „Mainzer Modell“ ein tauglicher Versuch, Menschen, die wegen der hohen Abschöpfungen durch Steuern und Sozialabgaben bei vergleichsweise niedrigen Einkommen Arbeit als unattraktiv empfinden, in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Es geht darum, die Fehlreize abzubauen, die eine Aufnahme von Arbeit verhindern. Höhere Bruttoeinkünfte führen für die Betroffenen, um die es in den Kombilohnmodellen geht, nicht zwangsläufig zu so viel mehr Netto, dass sich das für diese Menschen ohne zusätzliche unterstützende Maßnahmen lohnen würde.
Ein weiterer Vorteil des Mainzer Modells liegt in der Konzentration auf Kleinverdiener, besonders auf die Kleinverdiener mit Kindern. Darüber hinaus geht es in dem „Mainzer Modell“ darum – das ist recht geschickt eingebaut worden –, Mitnahmeeffekte zu verhindern. Das ist in anderen Modellen nicht so stringent geregelt.
Natürlich begrenzt das die Möglichkeit der potenziellen Teilnehmer. Das steht außer Frage. Über die Antragszahlen – in dieser Hinsicht schließe ich mich Herrn Kollegen Rösch an –, die dieses Modell bundesweit erreichen kann, jetzt zu spekulieren, sollte sich zunächst einmal verbieten. Zu sehr hängt dies davon ab, ob im Jahr einer Bundestagswahl
nicht wieder wie so oft egoistische parteitaktische Momente über Verbesserungen für die von Arbeitslosigkeit Betroffenen gestellt werden.
Dazu erlauben Sie mir bitte ein paar Bemerkungen am Rande. Wenn man nach Gründen für die bisherige Erfolglosigkeit im Kampf der Politik – nicht der einzelner Parteien – gegen die Massenarbeitslosigkeit sucht, muss man wenig Fantasie aufbringen, um zuallererst auf traurige demokratische Rituale zu stoßen. Alles, was die Regierungen an Maßnahmen entwickeln, wird von der jeweiligen Opposition schlechtgeredet. Das ist nicht gut so. Das ist im Übrigen ein Vorwurf, den ich allen Parteien gleichermaßen mache. Ersparen Sie es mir bitte, intensiver darauf einzugehen.
Zurück zum „Mainzer Modell“. Selbstverständlich wird sich dieses arbeitsmarktpolitische Instrument an seinen Zahlen messen lassen müssen. Selbstverständlich muss der nicht geringe Einsatz von Steuermitteln einen entsprechenden Output bringen. Herr Marz, in dieser Hinsicht haben Sie Recht. Im Vergleich mit anderen Kombilohnansätzen hat sich das „Mainzer Modell“ aber als überlegen erwiesen. Seine Ausweitung auf die gesamte Bundesrepublik sollte man daher vor allem als Chance
für zigtausend Unterprivilegierte, denen persönlich neue berufliche Chancen geboten werden, begreifen und unterstützen.
Kombilohnmodelle generell zeigen darüber hinaus, dass man die Falle erkannt hat, in die die bisherige Konstruktion der Sozialhilfe geführt hat. Ein Konstruktionsfehler der bisherigen Sozialhilferegelung liegt nämlich darin,
dass nicht genügend zwischen Erwerbsfähigen, nicht Erwerbsfähigen und Sozialhilfeempfängern unterschieden wird. Ich bin davon überzeugt, dass man dem Lohnabstandsgebot durch eine Veränderung im Bundessozialhilfegesetz entsprechen muss. Es sind Veränderungen, die sehr viel grundsätzlicherer Natur sein müssen.
Meine Damen und Herren, das ist aber ein Politikfeld, das von einem Bundesland allein – sei es auch Rheinland-Pfalz – nicht geschultert werden kann.
will ich auch an dieser Stelle den Jubel unterdrücken und mit Ihnen gemeinsam darüber sprechen, wie wir das „Mainzer Modell“ im Land und darüber hinaus zu einem Erfolg machen können.
Die Philosophie des Ganzen, die mir besonders wichtig ist, lautet schlicht und ergreifend: Arbeit muss sich lohnen. – Arbeit muss sich nicht nur für den hoch qualifizierten Ingenieur bei der BASF lohnen, der studiert hat, der etwas kann und der über 50.000 Euro verdient. Arbeit muss sich auch für den Kleinverdiener lohnen, der – oft ist es eine Sie – sich hochrappelt aus der Abhängigkeit von Lohnersatzleistungen, einen Job akzeptiert, der vielleicht nicht mit hoher Befriedigung und großen Erfolgserlebnissen verbunden ist, und der vielleicht gerade einmal 1.000 Euro oder ein bisschen mehr einbringt, aber nicht weniger in die Kasse der Familie oder des Singlehaushalts, als vorher durch Staatsknete bzw. durch Sozialversicherungsleistungen in der Kasse drin war, bringen darf.
Das ist die Philosophie des „Mainzer Modells“: Arbeit muss sich lohnen. Der, der arbeitet, muss immer mehr
Ich bedanke mich ausdrücklich für die positive Würdigung aller vier Fraktionen, natürlich mit Ab- und Zugaben. Das Gleiche gilt für die bundespolitische Wahrnehmung der Debatte. Ich bedanke mich aber auch ausdrücklich für die Konstruktion des „Mainzer Modells“, die schon ein paar Jahre zurückliegt und die ursprünglich in zwei Ministerien begonnen hat, nämlich in Ihrem und in meinem Haus, Herr Dr. Deubel. Darüber hinaus haben viele engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter daran mitgewirkt.
Ferner bin ich dankbar, dass der Koalitionspartner und viele andere geäußert haben, dass das ein guter Ansatz sei. Man muss auch neue Wege gehen können. Es ist übrigens der Vorteil der Landespolitik, etwas auszuprobieren, was in der Bundesgesetzgebung nicht einfach auf den Weg gebracht werden könnte. Das ist der Vorteil der mittleren politischen Ebene, den wir ganz gezielt nutzen sollten.
Wenn ein solcher Weg auf Bundesebene implementiert wird, ist es nicht sehr hilfreich, dass alle, die das Experiment für interessant hielten, plötzlich am Straßenrand stehen und sagen: Das wird nichts. Das ist ein winziges Mosaiksteinchen und kann bestenfalls 20.000 Arbeitsplätze bringen.
Soll ich Ihnen einmal sagen, wie diese Schätzung zustande kam? Sie kam durch Beamte im zuständigen Ministerium, im Bundesministerium für Arbeit, zustande, die ausgerechnet haben, wie viel Geld sie noch im CAST-Budget für diese Modellversuche haben. Wenn man das auf das „Mainzer Modell“ umrechnet, sind das etwas mehr als 20.000 Arbeitsplätze. Durch diese konservative – man kann es noch ganz anders nennen – bürokratische Rechnerei ist plötzlich die Losung ausgegeben worden: Es werden wahrscheinlich etwas mehr als 20.000 oder 30.000 Arbeitsplätze werden.
Ich habe mich am Montag, also vor wenigen Tagen, beim Bundesfinanzminister rückversichert und ihm gesagt: Wenn schon das zuständige Ressort so viel Angst vor dem Finanzministerium hat, dann kann es vielleicht ein Dritter versuchen. – Ich habe ihn gefragt: Herr Bundesfinanzminister, wenn es richtig gut läuft, wenn das Potenzial zwischen 50.000 und 100.000 schrittweise in einem Jahr ausgeschöpft wird – also von April 2002 bis März 2003 – und wenn alle richtig mitmachen – das ist die Voraussetzung –, sind dann die Mittel für diese Arbeitsplätze im Bundeshaushalt vorhanden?
Meine Damen und Herren, wenn alle Beteiligten das wollen, bin ich mir ganz sicher, dass man dieses Potenzial ausschöpfen kann. Dafür gibt es aber eben ein paar Voraussetzungen.
Noch etwas zur Ausgangslage: Wenn wir unsere 750 Beschäftigten im „Mainzer Modell“ auf das ganze Land umrechnen, sind das schon ungefähr 2.000. Wenn wir
die 2.000 auf den Bund umrechnen, sind das ungefähr 40.000. Bei konserativer Schätzung, nachdem wir erhebliche Anfangsschwierigkeiten hatten, kann man also von einem Potenzial ausgehen, das näher bei 50.000 als bei 20.000 liegt.
Dann kommt es darauf an – ich habe vor wenigen Tagen mit Herrn Jagoda darüber gesprochen, und wir werden uns nächste oder übernächste Woche deshalb auch treffen –, dass sich eben auch die Arbeitsverwaltung bewegt. Auch die Sozialverwaltungen müssen sich bewegen. Die Kommunen sparen dadurch übrigens Geld. Sie sind gut beraten, wenn sie voll einsteigen. Sie sparen dann richtig Geld.
Dann müssen Motivationskampagnen gefahren werden. Ich habe Herrn Jagoda vorgeschlagen – er hat sofort zugestimmt und gesagt, ja das machen wir – ein Benchmarking der Arbeitsämter zu machen, einen richtigen Wettbewerb der Arbeitsämter zu veranstalten, wer die meisten Arbeitsplätze mit diesem neuen Instrument schafft. Ich würde auch den Direktoren der Arbeitsämter raten, sich junge engagierte und aktive Leute zu nehmen und zu sagen: Du bist Projektmanager. Mache etwas daraus.
Meine Damen und Herren, ich bin mir ganz sicher, man kann das Potenzial deutlich stärker ausschöpfen, als das im Augenblick scheint. Es muss dafür geworben werden. Es müssen Menschen darauf hingewiesen werden, Betriebe darauf aufmerksam gemacht werden. Das gilt auch für einzelne Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger. Das muss dort geschehen, wo sie anzutreffen sind, also auch durch Plakate in den Sozialämtern und durch Hotlines. Es muss an den Bushaltestellen dafür geworben werden. Da muss man wirklich Geld in die Hand nehmen. Ich bin zuversichtlich, dass wir dazu einen Beitrag leisten.
Wir haben zum Beispiel in Koblenz bei der Tagung im Dezember vergangenen Jahres festgestellt – – – Herr Marz, Sie habe ich dort nicht gesehen. Waren Sie da? Waren Sie in Koblenz, weil Sie berichtet haben, das sei auf der Tagung alles nicht angesprochen worden. Sie waren doch überhaupt nicht dort.