Herr Finanzminister, wie ist das mit dem schuldenfreien Haushalt im Jahr 2006, wenn es nach Ihrer Planung geht, dass Sie immer noch eine Nettokreditaufnahme im Jahr 2006 vornehmen wollen und erst im Jahr 2007 von einem schuldenfreien Haushalt sprechen? All das, was Sie uns als Finanzplanung und als Vorlagen gegeben haben – davon können Sie ausgehen –, ist das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt ist. Das sollten Sie schnellstmöglich Richtung Papierkorb befördern.
Herr Ministerpräsident, wenn man Ihre Rede vorhin gehört hat, dann kann man nur sagen: In RheinlandPfalz ist nach Auffassung der Landesregierung die Welt in Ordnung. – Im Grunde genommen haben Sie nur das eine vor: Sie wollen der Bevölkerung eine Situation vorgaukeln, die es in Rheinland-Pfalz so nicht gibt. Das sage ich Ihnen in aller Klarheit und Deutlichkeit. Das, was Sie mit den Menschen in Rheinland-Pfalz vorhaben, ist eine nicht mehr zu überbietende Volksverdummung,
Ich will es mir ersparen, im Einzelnen auf das einzugehen, was Jahr für Jahr der Landesrechnungshof – er ist in diesem Land ein sehr wichtiges Instrument, kommt in Ihren Reden und in den Reden des Herrn Finanzministers aber niemals vor – in seinen Prüfungsberichten schreibt und an Kritik gegenüber der Landesregierung vorbringt. Es sind doch keine Zahlen, die die CDUFraktion erfunden hat, sondern es sind die nüchternen Zahlen und Fakten, die der Rechnungshof in seinem jährlichen Prüfungsbericht ausweist. Herr Ministerpräsident und Herr Finanzminister, Sie müssen schon mit sehr viel Arroganz ausgestattet sein, wenn Sie die Feststellungen des Rechnungshofs Jahr für Jahr ignorieren und so tun, als wenn der Rechnungshof mehr oder weniger ein Papiertiger sei und für diese Landesregierung eine nicht ernst zu nehmende Institution ist, meine Damen und Herren.
Ich zitiere nun aus dem vergangenen Bericht des Landesrechnungshofs: „Die bisherigen Konsolidierungsanstrengungen der Landesregierung haben nicht zu der notwendigen Verbesserung der Haushaltslage geführt. Es fehlt an notwendigen Reserven und Rücklagen, um auf Risiken und Zukunftsanforderungen angemessen reagieren zu können.“
Dann umschreiben Sie Ihren Haushaltsentwurf mit „Zukunft gestalten“ und sprechen von einem zukunftsfähigen Haushalt. Das verstehe, wer wolle, aber nicht jemand, der über einen klaren Menschenverstand verfügt. Das ist in der Tat bezeichnend für Ihren Umgang mit dem Rechnungshof. Es kann nur noch gesagt werden: Ignoranz und Arroganz. – Das sind die Eigenschaften, wie Sie mit dem Rechnungshof umgehen.
Wenn Sie davon sprechen, einen zukunftsfähigen Haushalt vorzulegen, dann muss man nicht nur einen Blick auf das Jahr 2001, auf dieses Haushaltsjahr, das jetzt zu Ende geht, werfen, für das die Haushaltsrechnung noch kommen wird, sondern sich auch an zwei Zahlen orientieren. Es war eine Neuverschuldung von rund 1,4 Milliarden DM vorgesehen.
Herr Ministerpräsident, wir sprechen immer noch von der D-Mark. Wie wird das aussehen? Wir werden auf über 2 Milliarden DM Neuverschuldung kommen. Im Jahr 2001 werden 700 Millionen neue Schulden aufgesattelt.
Herr Ministerpräsident, das sind die Fakten, die Sie nicht wahrhaben wollen und ignorieren. Die Ankündigung dieses Doppelhaushalts war mehr oder weniger ein Fehlstart gewesen, wobei ich dies einfach Ihrer Fantasie überlasse. Obwohl man weiß, dass am 8. November die offizielle Steuerschätzung kommt, geht man großspurig hin und lädt für den 31. Oktober zu einer großen Pressekonferenz ein, in der man die Eckwerte des Doppelhaushalts 2002/2003 vorstellt.
Zwischenzeitlich mussten Sie schon dreimal die Neuverschuldung korrigieren, und zwar einmal, nachdem Sie die Zahlen in der Pressekonferenz bei der Vorstellung der Eckwerte gesagt haben, zum zweiten Mal im November, als die Steuerschätzung vorgelegen hat, und dann hat der Finanzminister – glaube ich – in der Plenarsitzung am 15. November die Katze aus dem Sack gelassen und die tatsächlichen Zahlen genannt, nämlich eine Neuverschuldung von 1,1357 Milliarden Euro für 2002 und 1,018 Milliarden Euro für 2003.
Das sind rund 4,5 Milliarden DM neue Schulden in diesem Doppelhaushalt, die noch auf die Gesamtverschuldung von 40 Milliarden draufgesattelt werden. Das Land ist schon mehr als in einer Schuldenfalle. Schulden spielen anscheinend bei dieser Landesregierung keine Rolle.
Man muss sich fragen: Wie wollen Sie mit dem Haushalt, den Sie umschreiben, Zukunft gestalten, Schulden abbauen und die Konjunktur stützen?
Herr Ministerpräsident und Herr Finanzminister, wie wollen Sie mit diesem Haushalt überhaupt noch klarkommen? Das, was Sie vorlegen, sind negative Rekordzahlen. Es ist, wie gesagt, die höchste Verschuldung, die wir in Rheinland-Pfalz haben. Dieser Weg in die Verschuldung geht ungebremst weiter, Herr Ministerpräsident.
Herr Ministerpräsident, Sie brauchen sich über die Zeitökonomie keine Gedanken zu machen. Man muss schon Ihre Unverfrorenheit und Dreistigkeit bewundern, indem Sie Jahr für Jahr versuchen, diesen Haushalt als einen Sparhaushalt zu verkaufen, mit der ein Abbau der Verschuldung einhergeht.
Man kann über so viel Unverfrorenheit nur den Kopf schütteln. Sie sollten doch einmal zur Kenntnis nehmen, dass Sie in diesem Land die höchste Verschuldung herbeigeführt haben, die es je gegeben hat.
Herr Ministerpräsident, ich möchte Ihnen gern einmal vorführen, wo Ihre Kreativität liegt. Sie sind in dem Erfinden neuer Wortschöpfungen oder neuer Sprachgestaltungen kreativ, sofern es gilt, irgendetwas mit dem Haushalt zu umschreiben. So war zum Beispiel der Haushalt 1997 von der erstmaligen Überschreitung der Neuverschuldung von 2 Milliarden DM geprägt.
Der damalige finanzpolitische Sprecher der SPD, Herr Professor Dr. Preuss, prägte das wohlklingende Wort „Konsolidierungspause“. Mit „Konsolidierungspause“ wird nicht mehr und nicht weniger umschrieben – Herr Mertes, ich habe es Ihnen schon einmal gesagt –, dass man das Geld mit zwei Händen ausgibt und Wahlgeschenke verteilt.
Herr Ministerpräsident, das ist für Sie die Umschreibung des Wortes „Konsolidierungspause“. Wenn ich mich erinnere, was der Fraktionsvorsitzende der SPD bei der Einbringung des Doppelhaushalts 2001 gesagt hat, muss man sich wirklich fragen, für wie dumm er die Leute hält, und ob er sich nicht mehr an das erinnert, was er bei der Einbringung des Haushalts 2000/2001 gesagt hat. Ich zitiere aus dem Protokoll: „Mit dem Doppeletat 2000/2001 soll erstmals richtig auf die Bremse getreten werden. Mit den als Sparhaushalten angekündigten Etats der Vergangenheit hat sich die Koalition über Jahre selbst belogen.“ Das ist der Originalton des Fraktionsvorsitzenden Joachim Mertes. Was passiert nach diesen vollmundigen Worten in dem Jahr 2001? Wir überschreiten die Neuverschuldung um rund 700 Millionen DM.
Herr Finanzminister, Sie sprechen von einem zukunftsfähigen Haushalt und die Zukunft gestalten. Ich weiß nicht, wie Sie das mit diesem Wrack und dem Torso, den Sie als Haushalt vorlegen, m achen wollen.
Das wird der Versuch sein, den Sie zu verantworten haben. Damit werden Sie scheitern, wenn Sie nicht schon mit diesem Haushalt gescheitert sind.
Darüber hinaus konnten wir heute Morgen oder bereits in Ihrer gestrigen Einbringungsrede hören, dass Ihre Kreativität weitergeht. Neuerdings gibt es die Bezeichnung Kernhaushalt, Nebenhaushalt oder auch Betriebshaushalte. Ich habe mich der Mühe unterzogen, einen Blick in die Landeshaushaltsordnung zu werfen – Herr Finanzminister, den würde ich Ihnen auch einmal em pfehlen –, ob es hier einen Hinweis auf Neben- und Kernhaushalt oder Betriebshaushalte gibt. Mir sind diese Begriffe nicht über den Weg gelaufen. Ich kann daher nur sagen, dass es nur einen Haushalt des Landes Rheinland-Pfalz gibt. Es gibt insofern keinen Kern- und Nebenhaushalt, mit dem Sie sich immer in Ausreden flüchten,
es sei denn, Herr Kollege Creutzmann, man braucht diese Neben- und Betriebshaushalte, um Schulden zu verlagern, um die tatsächliche Verschuldenssituation – das sage ich nochmals – zu verschleiern und zu vertuschen.
Das ist das einzige Ziel dieser Operation und dessen, was mit diesen Sprachschöpfungen erreicht werden soll, nämlich die tatsächliche Gesamtverschuldung zu verschleiern und auf diese Weise die großspurigen und nicht zu realisierenden Ankündigungen des Ministerpräsidenten und des Finanzministers optisch zu untermauern, 2006 einen schuldenfreien Haushalt vorzulegen.
Herr Ministerpräsident, in Ihrer Regierungserklärung im Mai dieses Jahres haben Sie schon vorgebaut. Insoweit muss man Sie schon als Vordenker erwähnen, indem Sie im Mai bei Ihrer Regierungserklärung gesagt haben, wenn es 2006 nicht kommt – Sie haben das eben bestätigt –, liegt das an der Entwicklung der Steuereinnahmen. Es liegt an der Entwicklung der weltweiten Märkte, wie zum Beispiel in den USA und in Asien. Sie werden alles an Gründen aufführen, was dazu führt, dass Sie nicht diesen schuldenfreien Haushalt vorlegen können. Sie werden nur das Eine mit Sicherheit nicht sagen, nämlich dass Sie und diese Landesregierung für dieses Finanzchaos selbst verantwortlich sind. Das werden Sie nicht sagen.
(Hartloff, SPD: Wo sind Ihre Vorschläge? – Ministerpräsident Beck: Können Sie einmal irgendetwas mit Substanz sagen? Sagen Sie einmal etwas in der Sache!)
Herr Ministerpräsident, das ist keine Beschimpfung. Das ist die Realität. Die Realität scheint für Sie nur schwer zu ertragen zu sein. Ich werde Sie mit der Realität konfrontieren, weil Sie gerade im Bereich der kommunalen Finanzen ein unverantwortliches und rücksichtsloses Verhalten gegenüber den Kommunen an den Tag legen.
Anders kann man es nicht umschreiben, was Sie mit den Kommunen vorhaben. Sie kennen doch die überaus schwierige finanzielle Situation der Kommunen. Was tun Sie? Sie gehen hin und nehmen den Kommunen die Grunderwerbsteuer weg. Der Herr Staatssekretär im Finanzministerium hat dies als eine Art der Systembegradigung bezeichnet.
Ich konnte im Moment mit dem Wort gar nichts anfangen und wie man Systembegradigung betreibt. Man geht hin und gibt den Kommunen rund 140 Millionen DM weniger bzw. nimmt sie ihnen weg. Diese Systembegradigung besteht darin, dass man einmal landesweit 240 Millionen von den Kommunen nimmt, durch die Erhöhung des Verbundsatzes von 20,25 % auf 21 %, ihnen aber wieder 160 Millionen gibt und unter dem Strich 80 Millionen DM minus für die Kommunen übrig bleiben.
Herr Creutzmann, genauso ist das. So ist die Finanzpolitik dieser Landesregierung gegenüber den Kommunen.
Ich sage Ihnen auch, weshalb Sie diese 140 Millionen in dieser Art und Weise dringend benötigen, nämlich einmal, um nicht mit der verfassungsmäßigen Obergrenze der Neuverschuldung in Kollision zu geraten und, Herr Ministerpräsident, mit Sicherheit auch dafür, um Ihr großspuriges Wahlversprechen zur Einführung der Ganztagsschule einzulösen.
Dafür brauchen Sie dieses Geld. Dafür brauchen Sie diese 140 Millionen DM, die Sie den Kommunen jetzt wegnehmen. Dann stellen Sie sich hierhin und sagen, wie kommunalfreundlich die Landesregierung – Sie haben von Herzblut gesprochen – gegenüber den Kommunen ist. Glauben Sie mir nur eins, diese Landesregierung ist kommunalfeindlich.
Diese Landesregierung versucht, sich auf Kosten der Kommunen zu sanieren. Das kann man nicht anders und nicht weniger als kommunalfeindliche Politik und den finanzpolitischen Offenbarungseid der Landesregierung bezeichnen, Herr Ministerpräsident. Das ist doch die Situation.
Jetzt komme ich zu dem Antrag der CDU-Fraktion, die Gewerbesteuerumlage zu senken. Jetzt können Sie Ihre Kommunalfreundlichkeit unter Beweis stellen. Es liegt Ihnen ein Antrag vor, mit dem wir beantragen möchten, dass der von 2001 bis 2004 von bislang 20 % auf jetzt knapp 30 % steigende Anteil von Bund und Ländern an der Gewerbesteuer sofort, noch in diesem Jahr, im laufenden Gesetzgebungsverfahren gesenkt wird, um den Kommunen – –