Protocol of the Session on November 15, 2001

Meine Damen und Herren, das wollte ich noch einmal begründen. Ich weiß nicht, was daran zu schelten ist. Ich bin gern bereit, auch auf andere Konzepte einzugehen. Ich halte dieses Konzept derzeit für das einzig mögliche und machbare.

(Beifall der SPD und der FDP)

Die Fraktionen haben noch eine Redezeit von 4 Minuten. Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Böhr das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist alles klar. Die Kommunen sind blank, aber selber schuld.

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Herr Schweitzer, das haben Sie doch gerade gesagt. Sie waren doch derjenige, der genau das im Klartext gesagt hat.

(Beifall der CDU)

Die Einnahmen brechen weg. Schuld ist die Wirtschaft in Amerika und ein ganz kleines bisschen der 11. September. SPD und FDP sind über diese überraschende und schlimme Nachricht tief bestürzt.

(Beifall der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann doch wohl nicht sein; denn ich frage mich ehrlich: Wen haben die Steuerschätzungen der letzten Tage überrascht? – Es bedarf schon einer hohen schauspielerischen Begabung,

(Mertes, SPD: Die haben Sie!)

um sich hierhin zu stellen und zu tun, als wenn die Steuerschätzungen der letzten Tage ein überraschendes Ergebnis in die Öffentlichkeit gebracht hätten. Wir wussten doch, dass die Steuerschätzungen in der Tendenz so ausfallen würden, wie sie ausgefallen sind.

Herr Finanzminister, deswegen ist das doch gar nicht unser Problem. Natürlich sind die Folgewirkungen unser Problem. Die Frage, wie sich diese Steuerschätzungen erklären, wissen Sie wie wir auch ganz genau, weil Sie ein vernünftiger Mensch sind. Man kann nicht in der Wirtschaftspolitik eine Weiche nach der anderen in die falsche Richtung stellen und sich anschließend beschweren, dass die Steuereinnahmen wegbrechen. Das geht nun einmal nicht.

(Beifall der CDU)

Das kann man schon, aber hohe Glaubwürdigkeit hat das nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Problem im Landtag Rheinland-Pfalz ist ein anderes.

Herr Ministerpräsident, Sie haben etliches gesagt, was gar nicht bestreitbar ist. Das sind Fakten, die auf dem Tisch liegen. Kein Mensch in diesem Hause würde diese Fakten streitig stellen. Das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass neben dem, was hier richtig und halb richtig zum Beispiel über Ursachen, Gründe, Anlässe der konjunkturellen Entwicklung, wie wir sie im Moment erleben und die noch lange nicht beendet sein wird, gesagt wurde – das ist jedenfalls meine Prognose, ohne dass ich ein prognosegläubiger Mensch bin –, das Ergebnis von 10 Jahren finanzpolitischer Verantwortung von SPD und FDP in diesem Land Rheinland-Pfalz ein Rekordjahr bei den Schulden und den Krediten im kommenden Jahr sein wird.

(Beifall der CDU)

Herr Ministerpräsident, dass Sie Beamte bezahlen müssen und die Kommunen Geld brauchen, um ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen, haben Sie vor 10 Jahren auch schon gewusst. Nicht ganz fair ist, das als Neuig

keit darzustellen. Das Problem ist, dass über 10 Jahre hinweg Jahr für Jahr vieles gründlich missachtet wurde, und zwar mit dem katastrophalen Ergebnis, das wir im kommenden Jahr haben werden. Das ist das Problem des Landes Rheinland-Pfalz.

(Beifall der CDU – Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, Herr Kollege Mertes hat am Anfang dieser Debatte etwas zum Stichwort Verlässlichkeit gesagt. Wir wissen auch, warum diese Debatte von den Koalitionsfraktionen beantragt wurde. Hier ist sozusagen der Probelauf für all die Ausflüchte, die man in vier Wochen und vor allen Dingen mit Blick auf das magische Datum 2006 braucht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, an das Jahr 2006 glaubt selbst derjenige nicht mehr, der es noch im Wahlkampf mit großem Aplomb in die Öffentlichkeit getragen hat.

(Beifall der CDU)

Jetzt werden die Argumente gesammelt, warum das mit 2006 nicht funktioniert. Dazu fällt einem einiges ein. Der Kollege Mertes spricht von der Verlässlichkeit und dem kommunalen Finanzausgleich. In der Rückerinnerung der letzten 10 Jahre wissen wir das alle: Mitte der 90-er Jahre standen die Kommunen schon einmal hart am Abgrund und waren in einer Weise geschröpft, wie es das noch nie in Rheinland-Pfalz gab. – Auch die CDU hat am kommunalen Finanzausgleich schon einmal etwas verändert. Ich bin der Letzte, der das bestreitet. Dann hat man das gemerkt und ein ganz klein wenig bei der Schraube nachgegeben. Wir erinnern uns noch alle an die Verbundsatzdiskussion.

(Glocke des Präsidenten)

Dann gab es eine gute Konjunktur. Man hatte sonnige Jahre, weil man über all diese Finanzprobleme nicht reden musste. Kein Mensch hat danach gefragt. Jetzt geht es beim kommunalen Finanzausgleich richtig rund. Ziemlich dreist ist es, das hier als Stetigkeit zu verkaufen.

(Beifall der CDU – Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, ich bin sofort am Ende. Wir werden in vier Wochen mehr Gelegenheit haben, darüber zu reden. Ich erinnere an die Debatte, die wir hier häufiger über diesen berühmten Satz „Wir haben ein Einnahm eproblem“ geführt haben. Das ist die Denkweise, in der sie sich heute noch befinden. Die SPD und die FDP haben ein Einnahmeproblem. Von Sparen war nie erns thaft die Rede. Das ist das Problem.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Mertes das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Sachverständigenrat hat die Politik, über die wir diskutieren, wie folgt beurteilt: In der Finanzpolitik wurde mit der Steuerreform und einer glaubhaften Haushaltskonsolidierung der richtige Weg eingeschlagen. – Ich sage das nur deshalb, weil Herr Böhr von der Stetigkeit gesprochen hat. Er ist ein beredter Vertreter von Stetigkeit; denn hier sehen wir immer nur Katastrophen. Er sagt, man hätte etwas beim Finanzausgleich gemacht.

Die Wahrheit ist: Immer dann, wenn es für Land und Kommunen eng wird, wird der Streit um wie viel Geld heiß. – Wir haben ihm nachgegeben. Ich habe es bei der Frage der Grunderwerbsteuer nachgewiesen. Diese gute Tat war ein Fehler. Das merken wir. Ich sage meiner Fraktion: Wir machen solche Sachen nicht mehr. Es lohnt sich nicht. Man bekommt es nicht bezahlt.

Herr Kollege Böhr – – –

(Böhr, CDU: Ja? – Zurufe von der CDU)

Entschuldigung, wir sind das einzige Land, das den Kommunen die Grunderwerbsteuer gelassen hat.

(Zurufe der Abgeordneten Kramer, Jullien, Böhr und Schmitt, CDU)

Dieser Fehler holt uns ein. Wir werden im Gegensatz zu dem, was Kollege Böhr wieder prognostiziert hat, eines der wenigen Länder mit einem verfassungsgemäßen Haushalt sein, meine Damen und Herren. Auch das gehört zur Wahrheit.

(Beifall der SPD und der FDP – Zurufe der Abg. Böhr und Jullien, CDU)

Das werden wir sehen.

Herr Jullien, wenn Sie ihn auszurechnen hätten, wäre ich sicher, Sie würden das Datum mitaddieren, damit er verfassungsgemäß wird. Da bin ich mir ganz sicher.

(Zuruf des Abg. Kramer, CDU)

Wir werden einen verfassungsgemäßen Haushalt vorlegen.

Den Streit, den wir mit den Kommunen führen, führen wir zu Recht. Es ist keine Frage, die Kommunen haben ihre Interessen und müssen sagen, wie es weitergeht, und wir haben die Gesamtinteressen von Kommunen und Land zu vertreten.

(Kramer, CDU: Dann tun Sie es auch!)

Sie sitzen in der günstigen Position, dass Sie nicht regieren. Aber Sie können mir glauben, das ist nur bei Haushaltsberatungen so. Ansonsten ist Ihre Position wesentlich ungünstiger.

Meiner Fraktion muss ich sagen, das ist beim Regieren so: Die Glanzlichter sind, dass wir die Ganztagsschule einführen und eine Mobilitätsmilliarde organisieren können. Aber wir müssen auch das trockene Brot der Haushaltsberatungen essen – – –

(Jullien, CDU: Alles gepumpt!)

Ja, aber wissen Sie, ich sammle für die Haushaltsberatungen insoweit Vorlauf, und zwar alles, was in Bayern passiert. Bayern ist sozusagen Ihr Paradies. Die meisten von Ihnen hätten Edgar lieber als Angela. Bayern bringen wir einmal.

(Zurufe der Abg. Böhr und Jullien, CDU: Unser Edgar heißt Edmund!)

Ich sage Ihnen, dort geht es nicht viel anders als in Rheinland-Pfalz. Dort bestehen die gleichen Probleme. Ich habe soeben gesagt, dass wir nicht leugnen wollen, dass wir Probleme haben.