Protocol of the Session on October 18, 2001

Das kann wirklich nicht sein. Aus diesem Grund hätte ich es gern manchmal ein bisschen weniger unverbindlich und ein bisschen konkreter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage das auch im Blick auf die Debatte heute Morgen. Da hat Herr Staatssekretär Rüter laufend Fragen beantwortet, die kein Mensch gestellt hat. In der Fragestunde ist das ein beliebter und wie man immer wieder erleben kann, bewährter Trick, das so zu tun. Zu den Erkenntnissen, die ich hier vortrage, braucht man im Übrigen nicht den Verfassungsschutz. Man muss nur ins Internet blicken: PDS Mainz-Bingen. –

„Wer wir sind und was wir wollen“, so ist das überschrieben. In einem langen Text, dessen Lektüre nach meiner Auffassung nicht lohnt, steht ein Satz, dass zu den Bündnispartnern der PDS das „Anti-Kriegs-BündnisMainz“ gehört. Auf einer Veranstaltung des Anti-KriegsBündnisses-Mainz hat die zukünftige Verbraucherbeauftragte der rheinland-pfälzischen Landesregierung gesprochen. Als meine persönliche Wertung füge ich hinzu: Nach allem, was ich gehört und gelesen habe, hat sie anti-amerikanische Parolen verbreitet. Uns interessiert da nicht ihre Einstellung zum Artikel 1 unserer Verfassung, was Menschenwürde und Meinungsfreiheit anbelangt. Uns interessiert die Meinung der rheinlandpfälzischen Landesregierung zu diesem Vorgang. Nichts anderes interessiert uns.

(Beifall der CDU)

Aus diesem Grund bin ich sehr davon angetan, wenn diese heutige Debatte dazu führt, dass das Thema „Innere Sicherheit“ vielleicht in Zukunft ein bisschen erns thafter in diesem Landtag behandelt wird und nicht jeder, der diesen Begriff in den Mund nimmt, der Panikmache geziehen wird. Das war noch die höflichere Umschreibung dessen, was uns über Jahre hinweg wie ein Ritual bei jeder Diskussion über diese Frage entgegengehalten wurde. Es wäre sinnvoll, dass der eine oder andere, der bei diesem Thema wach geworden ist, vielleicht auch länger wach bleiben würde. Ich glaube, es ist allerhöchste Zeit.

Ich will die Hand ausdrücklich ausstrecken. Ich freue mich sehr, dass viele aus allen Parteien zu der Erkenntnis gekommen sind, dass es nicht so einfach ist. Viele aus allen Parteien haben den Verfassungsschutz, den Zivilschutz, den Katastrophenschutz in den letzten Jahren als verstaubtes Requisit eines Stückes gehalten, das längst abgesetzt war und nicht mehr auf der Bühne gespielt wurde.

Die Bedrohung ist real. Ich will das nicht in Zahlen ausdrücken. Ich habe sie mir heute Nacht einmal ausgerechnet. Sie haben die Zahlen genannt, wie viel Muslime in Deutschland und in Rheinland-Pfalz leben und wie viel Prozent, nämlich 1 % – 2 %, dieser Bevölkerungsgruppe nach Erkenntnissen unserer Dienste fanatisiert sind. Ich sage das sehr zurückhaltend und ohne falschen Zungenschlag. Ich nenne die absolute Zahl nicht. Die kann sich jeder anhand der abgegebenen Regierungserklärung ausrechnen. Wenn wir in Rheinland-Pfalz den Sachverhalt hätten, dass nur in der Hälfte der Größenordnung gewaltbereite Rechtsextreme in unserer Gesellschaft tätig wären, möchte ich wissen, was bei den GRÜNEN los wäre. Das ist ein Argument, das sich speziell gegen die GRÜNEN richtet.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Da würden die Grundfesten der Republik wackeln.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann eine noch so kurze Rede nicht so einfach beenden.

Viele Kolleginnen und Kollegen hatten vor den Sommerferien eine ganze Nacht lang Gelegenheit, Polizeibeamtinnen und -beamte zu begleiten. Ich weiß, dass das in den anderen Parteien in den letzten Jahren viele auch schon gemacht haben. Das war in einer Situation, in der wir noch nicht über die verschärfte Sicherheitslage diskutiert haben. In einer solchen Nacht habe ich mit eigenen Augen gesehen und selbst erfahren können, wie Polizeibeamte ihren Dienst tun, wie sie mit den normalen Bedrohungen Tag für Tag bzw. Nacht für Nacht umgehen. Das, was ich hier tun möchte, ist mehr als eine Floskel: Ich möchte all denjenigen danken, die unsere Sicherheit insbesondere in Deutschland und Rheinland-Pfalz gewährleisten. Sie bedürfen dieser Debatte nicht, um zu wissen, dass wir Sicherheit brauchen, damit unsere Freiheit geschützt ist.

(Beifall der CDU)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Abgeordneten Mertes das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Böhr hat einen Ausflug auf den heutigen Morgen gemacht. Das will ich auch tun. Er hat über eine Homepage der PDS gesprochen, die man im Internet lesen kann. Das will ich auch tun. Ich rede über die Internetseiten der CDU-Landtagsfraktion, in der wir vor einer Stunde noch die Presseerklärung lesen konnten, die herausgeholt worden sein soll.

(Zuruf des Abg. Dr. Gölter, CDU)

Meine Damen und Herren, vor einer Stunde stand das Gleiche noch zu lesen, von dem uns gesagt worden ist, dass es zurückgenommen wird. Das zeigt, dass noch vieles zu tun ist. Sie ist jetzt draußen. Davon gehen wir hoffnungsvoll aus.

(Zuruf des Abg. Böhr, CDU)

Herr Kollege Böhr, wenn Sie das so ernst genommen hätten, wie Sie das Lesen der Homepage der PDS ernst genommen und als Argument genutzt haben, hätte es eine Stunde später draußen sein müssen. Das war Ihnen diese Anstrengung nicht wert. Meine Damen und Herren, das muss ich hier rügen.

(Beifall der SPD und der FDP – Zurufe von der CDU – Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich erteile Herrn Staatsminister Zuber das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Böhr, ich möchte gern einige Anmerkungen zu dem machen, was Sie ausgeführt haben. Ich will zunächst einmal in aller Ruhe Folgendes feststellen. Wenn Sie mir persönlich etwas aus den vergangenen zehneinhalb Jahren meiner Tätigkeit als Innenminister nicht vorwerfen können, dann ist das Profilierungssucht. Ich habe versucht, meine Arbeit in diesen zehneinhalb Jahren für die Innere Sicherheit in unserem Land zu leisten. Wenn Sie sich einmal in aller Ruhe und Sachlichkeit das vor Augen führen, was in diesem Bereich in dem letzten Jahrzehnt vorangebracht worden ist, dann müssen Sie bei neutraler Betrachtung feststellen, dass vieles im Bereich der Inneren Sicherheit in Rheinland-Pfalz geschehen ist.

(Beifall der SPD und der FDP)

Sie haben sich an einer Aussage gestört, die ich im Mai in diesem Parlament gemacht habe. Ich will dazu noch Folgendes feststellen: Ich habe es in einem Zusammenhang gebracht. Nach meiner tiefen, persönlichen Überzeugung haben Christen in unserer Welt die Aufgabe, Hoffnung zu verbreiten und nicht den Menschen Angst zu machen. Ich bekenne mich ausdrücklich dazu als einer, der aus der evangelischen Jugendarbeit kommt. Genau in diesem Zusammenhang habe ich das damals gesagt.

Ich bitte Sie erneut, auch jetzt im Zusammenhang mit dem heute Diskutierten mitzuhelfen, dass wir uns gemeinsam dafür einsetzen, dass die Menschen vor dem Hintergrund der Ereignisse seit dem 11. September nicht zusätzlich verängstigt werden. Wir sollten gemeinsam den Menschen Mut machen und Hoffnung geben.

(Beifall der SPD und der FDP)

Sie und Frau Abgeordnete Grützmacher haben kritisiert, dass ich mich zu verschiedenen Vorschlägen aus dem Hause Otto Schily nicht konkret geäußert habe.

Ich habe pauschal darauf hingewiesen – das ist richtig –, dass es eine Reihe von Änderungsvorschlägen gegeben hat, nachdem es ein erstes Sicherheitspaket gab und ein zweites Sicherheitspaket gibt, mit dem sich das Bundeskabinett wohl in der nächsten oder übernächsten Woche befassen wird. Bevor es keine Vorlage des Bundeskabinetts gibt, kann man sich natürlich nicht im Detail mit einem solchen Vorschlag befassen. Wir werden uns selbstverständlich mit diesen Vorschlägen befassen.

Ich habe auch darauf hingewiesen, dass wir zurzeit eine Inflation an Vorschlägen haben und es sorgfältig beraten und entschieden werden muss, welche dieser Vorschläge nach Auffassung der rheinland-pfälzischen Landesregierung realisiert werden sollen, wozu wir unsere Zustimmung geben werden und wo nicht. Aber das wird nach sorgfältiger Erörterung geschehen.

Was die personelle Ausstattung unserer rheinlandpfälzischen Polizei angeht, will ich darauf hinweisen, dass wir durch eine Fülle von Maßnahmen über ein

Jahrzehnt hinweg dafür gesorgt haben, dass schon sehr frühzeitig der Weg begonnen wurde, die Polizei von polizeifremden Aufgaben zu entlasten und sie damit für ihre eigentlichen Aufgaben auch gemäß ihrer Ausbildung frei zu machen, und wir schrittweise dabei sind, dies auch fortzusetzen. Wenn sie allein einmal überlegen, welche Aufgaben, die früher beispielsweise durch ein Polizeiamt wahrgenommen worden sind, dort nunmehr nicht mehr wahrgenommen werden, wird das allein an diesem Beispiel deutlich. Es gibt eine Fülle weiterer Beispiele, die ich jetzt nennen könnte. Aber ich will jetzt keine zweite Rede halten.

Diese Koalition hat in ihrer Koalitionsvereinbarung fes tgelegt, dass wir den Bestand an Polizeibeamten halten wollen. Wir haben ein Programm erarbeitet, das jetzt auch im Rahmen der Beratungen des Doppelhaushalts verabschiedet werden muss, dass wir diesen Personalbestand halten wollen. Das bedingt dann eine bestimmte Anzahl – nämlich 300 an der Zahl – von Anwärterinnen und Anwärtern jährlich, die in die Ausbildung genommen werden. Das ist meines Erachtens vor dem Hintergrund der Finanzlage schon ein großer Erfolg, wenn wir diesen Personalbestand halten können. Im Übrigen gibt es begleitend dazu die Fortsetzung des Angestelltenprogramms, um wieder mehr Polizeikräfte zusätzlich freizubekommen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Stichwort „Verfassungsschutz“. Es ist doch nicht so, dass nur wir uns in Rheinland-Pfalz so verhalten hätten. Das gilt doch auch für andere Bundesländer. Das gilt für den Katastrophenschutzbereich. Das gilt für den Bereich des Zivilschutzes usw. Wir waren vor dem Hintergrund der Sicherheitslage in den vergangenen zehn Jahren, so wie sie sich in Europa entwickelt hat, dass die Mauer gefallen ist und Europa zusammenwächst, in der Lage, auch beim Verfassungsschutz Personal abzubauen, wenngleich wir parallel dazu die Bekämpfung des Rechtsextremismusses verstärkt haben. Es sind bestimmte Aufgaben nicht mehr so intensiv zu beobachten gewesen, wie das zu Zeiten des Kalten Krieges beispielsweise der Fall war. Insoweit war vor dem 11. September nicht beabsichtigt, diese freien Planstellen wieder zu besetzen, sondern sie wären sicherlich dann auch im kommenden Doppelhaushalt zur Streichung vorgeschlagen worden. Dies wird jetzt nicht mehr erfolgen, sondern wir werden die acht Stellen besetzen. Zu gegebener Zeit muss man dann weitersehen.

Im Übrigen gilt das auch für den Bereich des Katastrophenschutzes und für andere Bereiche. Das ist vor diesem Hintergrund zu erklären. Das hat nicht erst begonnen, seitdem es in Berlin eine neue Bundesregierung gegeben hat, sondern das hat schon in den 90er-Jahren begonnen und ist dann kontinuierlich fortgesetzt worden. Ich denke, da sind wir uns auch weitestgehend einig.

Ich will abschließend noch einmal darum bitten, dass wir uns vielleicht noch etwas intensiver in der Zukunft gemeinsam bemühen. Mir ist es wichtig, dass wir auch nach den Ereignissen des 11. September gemeinsam deutlich machen, dass es eine hundertprozentige Sicherheit niemals im Leben geben kann und wir gemeinsam versuchen, dass das, was notwendig ist, um die

Innere Sicherheit in der aktuellen Situation zu stärken, auch geschieht.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich begrüße auf der Tribüne die Mitglieder der Feuerwehr Kasbach-Ohlenberg ganz herzlich!

(Beifall im Hause)

Wir freuen uns natürlich auch, dass unser ehemaliger Kollege, Herr Rieth, unsere Debatte verfolgt. Herzlich willkommen, Herr Rieth!

(Beifall im Hause – Pörksen, SPD: Er ist nur deswegen hier!)

Für die CDU-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Frau Kohnle-Gros das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, es ist auch noch einmal nötig, auf die Diskussion zur Polizei im Land und ihrer Ausstattung einzugehen.

Herr Minister Zuber, ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich hätte mir für heute erwartet – auch nachdem ich die Rede schon im Vorhinein gelesen hatte –, dass Sie uns die eine oder andere neue Botschaft bringen. Sie haben in der Tat – außer den 270 Stellen, die Sie genannt haben – nichts an Verbesserungen für unsere Polizei angedeutet.

Meine Damen und Herren, Sie wissen alle, in welcher Situation wir uns in diesem Land inzwischen befinden. Christoph Böhr hat angedeutet, dass wir seit Jahren vorrechnen – nicht nur wir, sondern auch die Gewerkschaften, die Polizeigewerkschaften und andere, die sich mit den Themen beschäftigen –, dass es in diesem Sinn nicht weitergehen kann. Es ist nicht nur das Phänomen des 11. September dieses Jahres, mit dem – jedenfalls hatten wir den Eindruck nach dem, was die Presse bundesweit, aber auch in Rheinland-Pfalz berichtet hat – auch andere Parteien den Staat als das Instrument oder die Einrichtung, die sich um die Sicherheit ihrer Bürgerinnen und Bürger bemüht, wieder entdeckt haben. Aber nach dem, was wir heute gehört haben, Herr Zuber, Herr Pörksen, Frau Grützmacher, bei Ihnen wundert es nicht – – –

(Pörksen, SPD: Bitte?)

Herr Hohn, Sie haben noch einmal die Chance, weil Sie ein Neuling hier sind und entgehen meiner Kritik. Wenn Herr Creutzmann hier geredet hätte, wäre ich mit ihm in dieser Frage anders umgegangen. Ich denke, es ist einfach so – darauf bin ich ein Stück stolz –, dass wir als

CDU – das hat sich heute wieder gezeigt – die einzige Partei sind, die dafür eintritt, dass nur der Staat die Freiheit seiner Bürgerinnen und Bürger über Sicherheit schützen kann.

(Beifall der CDU)

Zu dieser Sicherheit – das fehlt mir in der Debatte einfach – gehört natürlich das entsprechende Personal.