Protocol of the Session on January 20, 2006

3. Aufgrund welcher Tatsachen oder Erkenntnisse geht die Landesregierung davon aus, dass durch eine Tötung der Kormorane eine Verringerung oder Vermeidung der Gefährdung von Fischbeständen erreicht werden kann?

4. Wie werden die anerkannten Naturschutzverbände bei der Genehmigung von Kormoranabschüssen beteiligt?

Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Conrad.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Kormorane sind über die Vogelschutzrichtlinie und § 42 Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt. Sie sind keine jagdbaren Tiere, da sie in Anhang 2 der Vogelschutzrichtlinie bei der Auflistung der jagdbaren Tiere nicht aufgeführt sind.

Seit den achtziger Jahren hat sich der fast ausgerottete Kormoran durch den strengen Schutz der Art deutlich erholt. Mangels natürlicher Feinde nimmt er inzwischen in einigen Gebieten zeitweise überhand. Inzwischen muss der Kormoran vor allem zum Schutz gefährdeter, vom Aussterben bedrohter Fischarten, wie Äsche oder Lachs, in seiner Population an einigen Flussgebieten beschränkt werden, damit im Übrigen die aufwändigen Schutzprogramme für den Lachs in Rheinland-Pfalz nicht ins Leere laufen.

Für die Wiederansiedlung des Lachses hat das Land seit 1994 im Rahmen des Aktionsprogramms „Rhein – Lachs 2000“ 1,5 Millionen Euro aufgebracht. Erste Erfolge hatten sich an Nister und Sieg gerade eingestellt, als der Fraß durch Kormorane diese Erfolge wieder zunichte zu machen drohte.

Dort, wo der Artenschutz erfolgreich ist, entsteht regelmäßig die Gefahr von Ungleichgewichten. Artenschutz ist insoweit immer auch ein Abwägungsprozess zwischen gegenläufigen Lebensraumansprüchen verschiedener bedrohter Arten. § 43 Abs. 8 Nrn. 1 und 2 des Bundesnaturschutzgesetzes sehen dafür Ausnahmemöglichkeiten vom Schutz einzelner Arten vor, soweit diese nach ihrem Wiedererstarken andere heimische Arten bedrohen.

Desgleichen bestehen natürlich Ausnahmemöglichkeiten zum Abwenden von gemeinwirtschaftlichen Schäden für die Fischereiwirtschaft.

Die Kormoranpopulation beschäftigt nicht nur RheinlandPfalz, sondern nahezu alle Bundesländer. Das Land

geht mit seinen nunmehr getroffenen, auf ein Jahr befristeten Einzelfallentscheidungen zum Eingriff in die Kormoranbestände und dem zugehörigen Monitoring einen sehr behutsamen Weg. Leichter als die Regelungen in den Abschussverordnungen vieler Bundesländer ermöglicht die Praxis der Einzelfallentscheidung ein differenziertes Vorgehen und auch schnelles Reagieren auf nachteilige Entwicklungen im Kormoranbestand.

Auch nach Abschluss der Pilotphase kann von einer Ausweitung der Tötung von Kormoranen, wie es in der Anfrage unterstellt wird, nicht gesprochen werden.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Braun (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) wie folgt:

Zu Frage 1: Nach Auswertung der Pilotphase genehmigter Kormoranabschüsse und der parallel dazu erfolgten Probebefischung in mehreren Gewässern hat sich eine positive Auswirkung der Kormoranabschüsse auf den Bestand verschiedener Fischarten, wie Nase, Barbe und Schneider – insbesondere an der Nister – gutachterlich nachweisen lassen.

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse des Pilotprojekts wurden auf der Grundlage des § 43 Abs. 8 Nr. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes die Anträge auf Ausnahmen zum Tötungsverbot für Kormorane mit bis zu 40 Abschüssen für Nister/Sieg und jeweils bis zu 20 Abschüssen für Ahr, Kyll und Saynbach bewilligt, sofern eine bestimmte Bestandsgröße festgestellt wird.

Die Abschussregelung gilt für ein Jahr und ist bis zum 1. März, dem Brutbeginn der Kormorane, befristet. Für den Saynbach ist diese Frist auf den 31. Januar – mit Ausnahmen für Jungtiere – vorverlegt.

Der Antrag für die Lahn wurde wegen weiteren Klärungsbedarfs zurückgestellt. Für Nebengewässer der Lahn liegen keine Anträge vor. Für Rhein, Mosel und Saar wurden keine Ausnahmen bewilligt.

Zum Schutz der Nachzucht heimischer Fischarten als Besatzfisch für die heimischen Gewässer wurde zur Abwehr wirtschaftlicher Schäden für die Fischereiwirtschaft im Land dem einzigen Nachzuchtbetrieb im Land eine gesonderte Ausnahme nach § 43 Abs. 8 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes mit einem Abschuss von bis zu 50 Kormoranen im Jahr 2005 bewilligt.

Zu den Fragen 2 und 3: Die von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord in Auftrag gegebenen Gutachten stellen die Abschüsse an den festgelegten Teststrecken den Ergebnissen mehrerer Befischungsaktionen im Laufe eines Jahres sowie zusätzlichen Mageninhaltsuntersuchungen der abgeschossenen Kormorane gegenüber. Daraus war eine hinreichend signifikante Beziehung zwischen der Erholung vor allem der Jungfischbestände und den Abschüssen von Kormoranen ableitbar.

Die Landesregierung sieht sich in ihrem Vorgehen durch die Ergebnisse der in Auftrag gegebenen Gutachten von Fischereisachverständigen aus dem Jahr 2005 bestätigt. Die Erfolglosigkeit der seit 1998 unternommenen nicht

letalen Maßnahmen bestätigt die Notwendigkeit, im Einzelfall auch zu letalen Maßnahmen – das heißt Tötungsmaßnahmen – zu kommen.

Die Vorgehensweise stellt sich im Einzelnen wie folgt dar:

Ausnahmen werden aus Gründen des Gemeinwohls, entweder des Artenschutzes oder der Fischereiwirtschaft allgemein, dann erteilt, wenn einfliegende Kormoranschwärme Bestände bedrohter Fischarten an Nebengewässern gefährden oder die für Besatzmaßnahmen erforderliche Nachzucht heimischer Fischarten wegen Überfischung der Zuchtteiche nicht länger gewährleistet wäre.

Die Ausnahmeentscheidungen ergehen auf ein Jahr befristet. Die Brutzeit ist vom Abschuss der Kormorane ausgenommen.

Die Entscheidungen werden durch ein Monitoring begleitet, sodass jederzeit ausreichend aktuelle Daten über regenerationsfähige Populationen der Kormorane verfügbar sind.

Der begrenzte Abschuss von Kormoranen zeigt bei einigen Arten bereits erste Erfolge, wie die gute Entwicklung verschiedener Jungfischbestände, unter anderem Barbe und Schneider, an der Nister zeigen. Auch für die Nase – das ist eine Fischart – ist zumindest eine Stabilisierung der Bestände gelungen.

Zu Frage 4: Die anerkannten Naturschutzverbände sind Teilnehmer des runden Tisches. Dort wurde das Vorgehen gegen die Kormorane ausgiebig mit den Beteiligten vor Ort erörtert. Auch der zuständige Landespflegebeirat sowie der Tierschutzbeirat haben das Thema erörtert.

Soweit die Abschussentscheidungen ausgewiesene Naturschutzgebiete betrafen, wurden die anerkannten Verbände nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes in Verbindung mit § 39 Abs. 1 Nr. 5 des Landesnaturschutzgesetzes vor Erlass der Ausnahmeentscheidung beteiligt.

Vielen Dank.

Gibt es Zusatzfragen? – Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Braun.

Frau Ministerin, gibt es weitere Anträge, die in Ihrem Haus vorliegen, an anderen Flüssen, in anderen Gebieten? Wie wird der Fluss und der gesamte Abschnitt des Rheins in Rheinland-Pfalz behandelt?

Herr Dr. Braun, den Rhein und die Mosel, um auf den zweiten Teil Ihrer Frage zu kommen, behandeln wir als

große Gewässer, die auch als Lebensraum für die Kormorane und andere wesentliche Vogelarten wichtig sind, sodass wir gewillt sind, sie von Abschüssen und solchen Ausnahmeregelungen freizuhalten.

Sie haben gefragt, ob weitere Anträge vorliegen. Es gab Diskussionen an der Mosel und in der vergangenen Zeit wohl auch an der südlichen Strecke des Rheins, die nicht unmittelbar mir vorgetragen worden sind. Solchen Anträgen oder Wünschen ist aus den von uns genannten Gründen nicht entgegengekommen worden. Detaillierte Zahlen über weitere Anträge liegen mir nicht vor, da diese in der Regel bei der SGD eingehen. An der Mosel hat es wohl Anträge und Diskussionen gegeben. Eine Bewilligung hat es vonseiten der SGD an dieser Stelle nicht gegeben.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Braun.

Frau Ministerin, werden in den weiteren Fällen, falls es zu weiteren Anträgen kommt, die Naturschutzverbände rechtzeitig beteiligt? Hintergrund der Frage ist, dass wir Beschwerden erhalten haben, dass Beteiligungen nur sehr zögerlich und sehr spät gelaufen sind. Können Sie das zusagen?

Ich glaube, dass wir mit der Einrichtung eines runden Tischs einen guten Weg beschritten haben, indem wir alle Beteiligten, die ein Interesse an diesem Thema geltend machen können, sehr umfänglich, sehr früh und auch dauerhaft eingebunden haben. Wir haben deswegen bewusst nur befristete Ausnahmen erteilt. Wir werden versuchen – ich plädiere sehr dafür –, auch bei den weiteren Entscheidungen vorher die Sachlage breit zu erörtern und ansonsten die Beiräte und die Naturschutzverbände zu beteiligen.

Ich glaube, dass wir nur auf diese Weise eine Akzeptanz für solche Ausnahmen erhalten. Dass wir die Ausnahmen momentan nur an den Nebenflüssen der großen Flüsse erlauben, macht jedem deutlich, dass es um die Flussgebiete geht, die für die Nachzucht von bedrohten Arten als Laichplätze wichtig sind. Der Lachs laicht in den seichten Gewässern der Nebenflüsse. Dort ist ein besonderer Schutz und auch ein besonderes Monitoring notwendig, sodass ich nicht davon ausgehe, dass wir eine exorbitante Ausweitung von Nachfragen nach solchen Ausnahmen haben werden.

Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet.

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Bevor wir zur nächsten Frage kommen, möchte ich Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Mitglieder des Hühnerzuchtvereins Edenkoben sowie die 10. Klassen der Janusz-Korczak-Schule Nackenheim. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Marianne Grosse und Beate Reich (SPD), Ideenbörse Zusatzjobs – Nummer 7 der Drucksache 14/4875 – betreffend, auf.

Frau Abgeordnete Grosse, bitte schön.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Tätigkeitsfelder für Zusatzjobs sind bei dieser Veranstaltung genannt worden?

2. Welche Beschäftigungs- und Qualifizierungsträger im Land haben Vorschläge eingereicht?

3. Welche Ziele neben der Aufrechterhaltung der Erwerbstätigkeit sind mit Zusatzjobs verbunden?

4. Welche Rolle kommt dabei dem im Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit eingerichteten Beirat „Zusatzjobs“ zu?

Für die Landesregierung antwortet Frau Staatsministerin Dreyer.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Herren und Damen! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Marianne Grosse und Beate Reich beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Bei der Ideenbörse „Zusatzjobs“ handelt es sich um einen Aufruf des Ministeriums, sich mit Vorschlägen an einer Ideenbörse zu beteiligen. Die Börse dient dazu, Ideen für Zusatzjobs in möglichst vielen Einsatzbereichen landesweit zu transportieren, um Langzeiterwerbslosen vielfältige Perspektiven in Form interessanter Zusatzjobs eröffnen zu können.