Protocol of the Session on January 20, 2006

(Glocke der Präsidentin)

Sie sehen, die Preisbildung ist ein sehr komplexer Vorgang. Wir haben nur die Chance, in Zukunft Preiserhöhungen zu dämpfen – da gebe ich dem Kollegen Braun Recht –, indem die Verbraucher ihre Macht nutzen und mit Energieeinsparung beginnen.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD – Dr. Weiland, CDU: Zögerlicher Beifall!)

Für die Landesregierung hat Herr Staatssekretär Strutz das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Preiswürdigkeit stellt neben der Versorgungssicherheit und dem Umweltschutz die dritte Grundlage der Energiepolitik der Landesregierung dar. Seit Jahren steigen nunmehr die Energiepreise. In den Jahren zeitgleich mit der Liberalisierung der Energiemärkte im Jahr 1998 ist dabei der Staatsanteil am Strompreis beispielsweise von ehemals rund 25 % auf nunmehr über 42 % gestiegen. Die hohe Staatsquote ist eine wichtige, aber nicht die einzige Ursache für hohe Strom- und Gaspreise. Die Energiemärkte haben zudem strukturelle Probleme, die den Wettbewerb bremsen und den Preis nach oben treiben. Die Energiewirtschaft ist gekennzeichnet durch Oligopole auf den Marktstufen der Energieerzeugung und des Energiegroßhandels. Nur wenige große Verbundunternehmen teilen sich die Märkte.

Hinzu kommen nationale und regionale Monopole beim Vertrieb, beim Betrieb von Leitungen und Netzen, ohne die Strom und Gas nicht verteilt werden können. Dies alles sind schwierige Voraussetzungen für einen effektiven Wettbewerb. Es bleibt die Frage, wer von den steigenden Weltmarktpreisen und von Kapazitätsengpässen profitiert. Es sind dies in erster Linie die Energiekonzerne, die in den oberen Marktstufen, also in der Energieerzeugung und im Großhandel tätig sind. Hier wird bei steigenden Preisen kräftig verdient und gelegentlich auch abkassiert. Diese Möglichkeiten haben die kleinen und mittleren Energieversorger im Endkundengeschäft, die ihrerseits teuer einkaufen müssen, aber nicht. Genauso aber ist die Struktur in Rheinland-Pfalz.

Meine Damen und Herren, das zeigt sich im Strombereich. In Rheinland-Pfalz unterliegen 65 ausschließlich kommunale und regionale Stromversorger der Genehmigungspflicht für die allgemeinen Tarife der Grundversorgung durch die Landesregierung. Keines der Unternehmen ist selbst in nennenswertem Umfang im Großhandel oder der Energieerzeugung tätig. Traummargen haben wir bei unseren sorgfältigen Prüfungen bei keinem einzigen dieser Unternehmen feststellen können.

Alle Stromversorger haben einen Antrag auf Erhöhung ihrer Stromtarife zum 1. Januar dieses Jahres gestellt und begründen dies mit dem Anstieg der Großhandelspreise und den Zusatzbelastungen aufgrund des Energieeinspeisegesetzes und des Kraft-Wärme-KopplungsGesetzes. Im Schnitt hatten die Unternehmen eine Anhebung der Tarife um 0,8 Cent pro Kilowattstunde vorgesehen. Seitens des Wirtschaftsministeriums wurde schon in der Sitzung des Landtags im Oktober vergangenen Jahres gesagt, dass wir die Anträge der Unternehmen genau unter die Lupe nehmen und die beantragten Tariferhöhungen so nicht genehmigen werden. Genau dies ist erfolgt.

(Beifall bei SPD und FDP)

Die Strompreisaufsicht im Wirtschaftsministerium hat sich die Kostenkalkulation der Unternehmen nach den gesetzlichen Vorgaben genauestens angesehen, um Verbraucher vor überzogenen Forderungen zu schützen. In keinem Fall wurden die beantragten Tariferhöhungen akzeptiert. Diese wurden vielmehr rundweg abgelehnt und von den Unternehmen deutliche Nachbesserungen gefordert. Nach schwierigen Verhandlungen haben die Unternehmen die beantragten Preiserhöhungen annähernd halbiert. Den Unternehmen wurde im Schnitt nur ein Preisanstieg von rund 0,4 Cent pro Kilowattstunde zugestanden. Das heißt, bei einem Einfamilienhaushalt entspricht dies durchschnittlich einem Betrag von 1,15 Euro pro Monat.

Der von uns genehmigte Tarif stellt einen Kompromiss zwischen den Interessen der Verbraucher einerseits und der wirtschaftlichen Situation bei kommunalen und regionalen Stromversorgern andererseits dar. Die Landesregierung hat in diesem Verfahren ausschließlich über Anträge dieser kleinen und mittleren Versorger im Endkundengeschäft zu entscheiden. Wir sollten nicht vergessen, dass wir für mehr Wettbewerb im Endkundengeschäft auch eine Vielzahl von lebensfähigen kleineren Anbietern brauchen.

Das Ergebnis in Rheinland-Pfalz kann sich im Bundesvergleich durchaus sehen lassen. Die Preiserhöhungen liegen unter dem, was den Versorgern in fast allen anderen Ländern zugestanden wurde. So hat beispielsweise das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium einer Erhöhung des Tarifs von RWE um 0,65 Cent pro Kilowattstunde genehmigt. Da hiervon auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz betroffen sind, haben wir im Rahmen des Genehmigungsverfahrens deutlich gemacht, dass wir diesen Anstieg für unverhältnismäßig hoch halten.

Ich gebe Ihnen einige weitere Beispiele von Preisgenehmigungen für Haushaltstarife in anderen Ländern:

Brandenburg hat einer Erhöhung von durchschnittlich rund 1 Cent pro Kilowattstunde zugestimmt, das Saarland einer Erhöhung von rund 0,68 Cent, Sachsen einer Erhöhung in Höhe von 0,72 Cent, Schleswig-Holstein einer Erhöhung von 0,6 Cent und Thüringen einer Erhöhung in Höhe von 0,7 Cent. In Niedersachsen liegt die Steigerung ebenfalls deutlich, in Bayern leicht über dem Niveau in Rheinland-Pfalz.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Gasbereich. In diesen Tagen haben viele Bürger Post von ihren Gasversorgungsunternehmen, den Regionalversorgern und Stadtwerken, erhalten.

Diese haben ihre Arbeitspreise zum 1. Januar dieses Jahres erneut erhöht. Im Durchschnitt geht es in Rheinland-Pfalz um zusätzlich 0,4 Cent pro Kilowattstunde. Für ein Einfamilienhaus sind dies bei einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden hochgerechnet auf ein Jahr zusätzlich rund 80 Euro.

Ich verstehe jeden Verbraucher, der sich darüber empört; denn die aktuelle Erhöhungsrunde ist nicht die erste. Man sollte sich jedoch die Zusammenhänge beim Gasbezug etwas näher anschauen.

Gefördert wird im Ausland, insbesondere in Russland, Norwegen und den Niederlanden. Ferngasgesellschaften importieren Erdgas und verteilen es an Stadtwerke, Regionalversorger und kleine Gemeindewerke. Diese versorgen dann die Verbraucherinnen und Verbraucher mit Erdgas zum Heizen und Kochen.

Hier gilt das Gleiche wie im Strombereich. Ich kenne kein Stadtwerk, das übermäßige Gewinne macht.

Im System der Gaslieferverträge gibt es die in letzter Zeit oft diskutierte vertragliche Bindung des Gaspreises an den Ölpreis. Dies bestimmt die Beschaffungskosten der Endverteiler für Erdgas bei ihren Ferngasunternehmen maßgeblich. Der Ölpreis ist 2005 deutlich gestiegen, von Januar bis November 2005 um 31,6 %.

Die Ölpreisbindung ist ordnungspolitisch mehr als fragwürdig. Dies haben wir mehrfach auch gegenüber Bundeswirtschaftsminister Glos deutlich gemacht.

Was wir auf dem Gasmarkt brauchen, ist mehr Wettbewerb. Stattdessen gibt es wenige Ferngasgesellschaften, die mit den Unternehmen auf der Endstufe langfris

tige Verträge mit zudem hohen Abnahmequoten vereinbart haben.

Die Landesregierung begrüßt es, dass das Bundeskartellamt diese Verträge nunmehr vor wenigen Tagen durch eine Verfügung verboten hat.

Die Landeskartellbehörde hat 2005 mehrfach die Gaspreise in Rheinland-Pfalz überprüft. Im Frühjahr und im Sommer 2005 haben wir Missbrauchsverfahren gegen acht Unternehmen durchgeführt. Letzte Woche wurden gegen zehn Unternehmen wegen des Verdachts des Preishöhenmissbrauchs erneut kartellrechtliche Missbrauchsverfahren eingeleitet. Die Unternehmen sind aufgefordert, die beanstandeten Preise zu senken. Sie haben nun Gelegenheit, ihre Argumente vorzutragen.

Wenn die Argumente nicht überzeugen, kann die Landeskartellbehörde sie durch Verfügung zur Absenkung verpflichten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, allgemein erfordern die Probleme überhöhter Energiekosten letztlich eine strukturelle Lösung. Mehr Wettbewerb ist eine entscheidende Voraussetzung zu niedrigen Preisen und mehr Auswahl im Endkundengeschäft. Dies gilt für Strom und Gas.

Die Landesregierung wird sich mit der Landesregulierungsbehörde Energie massiv für die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher im Land einsetzen.

Das neue Energiewirtschaftsgesetz hat im Juli 2005 eine wichtige gesetzliche Grundlage für die Regulierung von Strom- und Gaspreisen geschaffen. Bund und Länder arbeiten derzeit gemeinsam an der weiteren Ausgestaltung und Umsetzung der Regulierungsvorhaben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung wird weiterhin sehr aufmerksam auf eine Einhaltung der Liberalisierungsvorhaben achten und alle Möglichkeiten einsetzen, um die Verbraucherinnen und Verbraucher vor unberechtigten Forderungen zu schützen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Creutzmann, es wäre schön, wenn Sie mit dem Märchen aufhören würden, dass am Erneuerbare-EnergienGesetz die Preissteigerungen hängen. Es ist in diesem Jahr 0,1 Cent gewesen. Die meisten Stadtwerke in Rheinland-Pfalz haben 0,8 Cent beantragt. Sie brauchen es nicht in den Vordergrund zu stellen.

Gestern waren Sie noch dafür, dass wir die Biomasse fördern und dieses Einspeisegesetz haben.

(Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Dann können Sie sich am nächsten Tag doch nicht über die Staatsquote beklagen.

(Beifall der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist doch völliger Unsinn. Herr Creutzmann, das geht völlig an der Problematik vorbei.

Von der CDU würde ich gern wissen, wenn Sie sagen, Sie stehen an der Seite der Verbraucherinnen und Verbraucher, warum Sie vor Ort überall für die Erhöhung gestimmt haben. Wie koordinieren Sie es mit den Abgeordneten und den Aktiven vor Ort, mit den Kommunalpolitikern, dass Sie eine Front hinbekommen und sagen, nein, so kann es nicht weitergehen? Wie koordinieren Sie es, dass man auch einmal klarmacht, wir brauchen jetzt ganz schnell die Liberalisierung, wir müssen die Großen unter Druck setzen, nur so ist es möglich, weitere starke Preissteigerungen in Zukunft zu verhindern? Das gilt für Strom bei den Netzen ganz konkret. Wir erwarten da tatsächlich Einsparungen, wenn diese Stromnetze nicht mehr so teuer sind, die Konkurrenz die Preise offen legen muss und die Stadtwerke günstiger einkaufen können. Das ist ganz wichtig.

Das zweite Wichtige ist, dass es einen freien Zugang zu den Gasnetzen gibt.

Das sind die Probleme. Die haben wir in der Vergangenheit – ich muss dies deutlich sagen – in der rotgrünen Regierung angegangen. Wir haben sie auch gelöst. Sie müssen jetzt aber auch umgesetzt werden. Dazu muss natürlich auch die jetzige Bundesregierung ihren Teil beitragen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will es noch einmal sagen: Auf die lange Frist nützt es nichts, den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu versprechen, allein dadurch, dass die 20 Milliarden Euro-Gewinne abgeschmolzen werden, würden auf lange Frist die Strom- und Gaspreise billig.

(Zuruf des Abg. Anheuser, CDU)

Wir müssen uns damit auseinander setzen – alle sagen das –, dass der Ölpreis, der Gaspreis und insofern auf die nächsten Jahre auch der Strompreis steigen oder zumindest gleich bleiben werden.

Herr Strutz, das heißt aber auch – ich will das auch noch einmal als Appell an die Landesregierung klar formulieren –, dass die Landesregierung aufklären und alle Möglichkeiten der Aufklärung in den Verbraucherzentralen und auch selbst nutzen muss,

(Glocke der Präsidentin)

um die Verbraucher über Strom- und Gaseinsparmöglichkeiten tatsächlich zu informieren.

Hätten Sie die 3 Millionen Euro – ich glaube, es waren sogar mehr – für „Wir machen’s einfach“ in eine Aufklärungskampagne für Energieeinsparung gesteckt, dann wäre dies eventuell auch sinnvoll gewesen, und jeder hätte etwas davon gehabt, nicht nur das Image der Landesregierung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr richtig!)