Protocol of the Session on January 19, 2006

So brauchen die Mitarbeiterinnen der anerkannten Fachberatungsstellen ein Zeugnisverweigerungsrecht. Das ist ganz wichtig, damit sich die Opfer ihnen anvertrauen können. Des Weiteren brauchen wir die Vermögensabschöpfung bei Straftaten. Dies muss erleichtert werden; denn die Täter dürfen nicht auch noch davon profitieren, dass die Opfer ihre Ansprüche auf Schadenersatz und Schmerzensgeld nicht oder nur schwer geltend machen können.

Schließlich ist es als Opfer von Menschenhandel noch immer sehr schwierig, ein rechtmäßiges Aufenthaltsrecht zu bekommen. Auch dies muss erleichtert werden. Eine befristete Aufenthaltserlaubnis muss möglich werden. Des Weiteren muss denjenigen Opfern von Frauenhandel, bei denen die Rückkehr in das Herkunftsland von erheblichen Gefährdungen bedroht ist, ein Bleiberecht gewährt werden. Schließlich muss das Kindeswohl besser berücksichtigt werden. So muss beispielsweise Kindern und Jugendlichen oder Minderjährigen eine rechtliche Vertretung gewährt werden.

Meine Damen und Herren, das Land ist aufgerufen, spezialisierte Beratungsstellen gut zu fördern und dieses Angebot noch weiter auszubauen. Sie sehen, es gibt

noch viel zu tun, auch in der kommenden Legislaturperiode. Wir werden weiterhin daran mitarbeiten.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Abgeordneter Reinhold Hohn.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für Menschenhändler und Schleuser war der 1. Mai 2004 ein bedeutendes und gleichermaßen erfreuliches Datum. Mit diesem Datum wurden die westeuropäischen Länder für die kriminellen Machenschaften von Menschenhändlern und Schleusern aus mittel- und osteuropäischen Staaten deutlich attraktiver. Sie haben nunmehr die Möglichkeit, sich legal über einen längeren Zeitraum im gesamten Bereich der EU und damit auch in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten.

Rheinland-Pfalz ist auf diese veränderten Rahmenbedingungen mit dem Kooperationskonzept zur Bekämpfung des Menschenhandels in Rheinland-Pfalz bereits hinreichend vorbereitet. Meine Damen und Herren, Rheinland-Pfalz ist im Vergleich mit anderen Ländern bei der Bekämpfung des Menschenhandels und der Zwangsprostitution sowie im Hinblick auf den Schutz der Opfer dieser Kriminalitätsformen gut aufgestellt. Das rheinland-pfälzische Kooperationskonzept zur Bekämpfung des Menschenhandels hat in der Fachpresse allergrößte Anerkennung gefunden. Erlauben Sie mir, hierzu aus der Zeitschrift „Die Kriminalpolizei“, Heft 3 des vergangenen Jahres, folgendes Zitat:

„Das in Rheinland-Pfalz verfügbare Handlungsinstrumentarium erscheint im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes zur Bekämpfung des Phänomens Menschenhandel nahezu vollständig und damit ein durchaus Erfolg versprechender Weg, der weitergegangen werden sollte.“

Meine Damen und Herren, als erstes Bundesland hat Rheinland-Pfalz mit besagtem Konzept den Schutz von Zeuginnen und Zeugen, die selbst Opfer geworden sind, erweitert und ergänzt, nachdem bereits mit der Einbringung des Zeugenschutzharmonisierungsgesetzes wichtige Initiativen zum Schutz der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution ergriffen wurden. Gleichzeitig wurde mit dem Schutzprogramm der Kampf gegen die Organisierte Kriminalität im Bereich des Menschenhandels bundesweit vorbildlich intensiviert und ausgeweitet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zahlreiche Gespräche mit verschiedenen, an dem Konzept beteiligten Stellen haben mir gezeigt, dass die praktische Umsetzung des Kooperationskonzepts bislang ebenso reibungslos erfolgt wie die Zusammenarbeit und Vernetzung von Strafverfolgungsbehörden, Ausländerbehörden, Sozialämtern, Fachberatungsstellen für Opfer des

Menschenhandels und anderen mitbetreuenden Einrichtungen. Nicht zuletzt deshalb interessiert man sich zwischenzeitlich auch über die Grenzen unseres Landes hinaus für den rheinland-pfälzischen Weg zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Zwangsprostitution.

Meine Damen und Herren, auch hier gilt der Slogan für Rheinland-Pfalz und diese Landesregierung: Wir machen es einfach.

(Beifall der FDP und der SPD)

Das Wort hat nun Herr Staatsminister Bruch.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man zwei solche Anträge vor sich hat und wenn man, sehr geehrte Frau Kollegin Kohnle-Gros, Ihre Rede liest, war das nicht die Rede, die ich auf den Antrag hin erwartet habe, den Sie gestellt haben.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Sie war aktuell, ja!)

Ja, das erschließt sich mir nicht so sehr; denn beide Anträge gehen eigentlich von einer unterschiedlichen Lageeinschätzung aus.

Wenn Sie die Lageeinschätzung des Antrags der CDU nehmen, steht dort „erschreckende Ausmaße von Menschenhandel und Zwangsprostitution“. Dies wird jedoch nicht belegt, sondern – – –

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Herr Bruch, ich kann doch in fünf Minuten nur einige Aspekte aufgreifen!)

Ich erzähle Ihnen nur meine Nöte. Ihre Rede fand ich in Ordnung. Nur den Antrag fand ich nicht in Ordnung. Das ist mein Problem.

Klar ist – dies ist über dieses Parlament hinaus einhellige Meinung –, dass wir das Kriminalitätsphänomen des Menschenhandels und der Zwangsprostitution zu bekämpfen haben. Ich möchte daran erinnern, dass wir bisher als erstes und meines Wissens einziges Bundesland ein gemeinsames Konzept mit SOLWODI erarbeitet haben. Herr Kollege Hohn hat bereits darauf hingewiesen. SOLWODI ist die Organisation, die die Zahlen in den Raum gestellt hat. Ich habe mit Schwester Lea Ackermann ein Gespräch über die Frage Kaiserslautern geführt. Wie gehen wir damit um?

Wenn ich die Zwangsprostitution als Anlass nehme, bei der Weltmeisterschaft darüber zu reden, wenngleich Menschenhandel einen sehr viel breiteren Rahmen einnimmt, so ist klar, dass wir Razzien durchführen müssen. Dies tun wir. Die Razzien sind aber nur punktuelle Instrumente, die wir einsetzen, um der Zwangsprostitution Herr zu werden. Was können wir sonst noch tun?

Das ist doch die spannende Frage, die man sich stellt, wenn man im Parlament sitzt. Was tut die Landesregierung eigentlich in dieser Frage?

Wir haben uns in Kaiserslautern umgeschaut. Wir haben uns einer Ermittlungsgruppe bedient und haben untersucht, wie sich die Zwangsprostitution dort darstellen könnte. Wie sieht die Landschaft der Bordelle aus? Wie sieht die Landschaft der nicht öffentlichen Bordelle aus? Wie sieht die Landschaft der so genannten Terminwohnungen aus?

Wir haben die Terminwohnungen zusammen mit der Stadt überprüft und festgestellt, dass sie sich um ca. 20 Wohnungen auf 80 erhöht haben. Daraufhin haben wir dies gemeinsam mit der Stadt durch Verordnungen und durch Prüfungen reduziert. Wir haben die Terminwohnungen nun durch Untersagungen reduzieren können. Wie sich dies entwickeln wird, wissen wir nicht. Das Augenmerk der Polizei richtet sich, soweit dies möglich ist, darauf.

Wir werden weiterhin Aufklärungsarbeit betreiben müssen, und wir werden weiterhin über Menschenhandel nicht nur im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft reden müssen und nicht nur mit diesen unsäglichen Begriffen und in den unsäglichen Zahlen, die von irgendjemandem in die Welt gesetzt werden; denn diese Zahlen stammen nicht aus der Fachwelt. Irgendjemand hat einmal in den Raum gestellt, dass 40.000 zusätzliche Prostituierte im Bereich der Weltmeisterschaft ihrem Gewerbe nachgehen.

Meine Damen und Herren, von daher gibt es Handlungsanweisungen, die wir befolgen müssen. Wir müssen prüfen, wer sich in den Terminwohnungen befindet. Wir müssen die Bordelle überprüfen.

Als erstes Ergebnis haben wir nur in drei Fällen einen Hinweis auf Zwangsprostitution erhalten. Alles andere waren Frauen, die diesem Gewerbe freiwillig nachgegangen sind und diese Wohnungen belegt haben. Wir haben etwa in fünf Fällen festgestellt, dass es bundesweite Verbindungen gibt, wo also Frauen tatsächlich über Verbindungen nach Kaiserslautern gekommen sind. Die Ermittlungen laufen noch. Wir prüfen derzeit, ob es sich dabei um eine organisierte Struktur handelt, in der einer abschöpft. Zuhälterei gibt es so nicht mehr, aber schwebt immer noch. Wir werden in dieser Richtung weiter ermitteln.

Wir müssen jedoch ein weiteres Augenmerk auf die Frage richten, die im Übrigen über Rheinland-Pfalz hinausgeht: Wie bekommen wir die illegale Einschleusung in den Griff? Wie können wir Aufklärung betreiben? Wie können wir eingreifen? Was können wir von der Kriminalpolizei tun, damit die Justiz entsprechend tätig werden kann? – Die Ermittlungen diesbezüglich laufen länderübergreifend. Aber auch in diesem Zusammenhang möchte ich sagen, es macht keinen Sinn, mit großen Zahlen zu argumentieren, sondern wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es das geben wird. Wir müssen darauf Einfluss nehmen und müssen dagegen vorgehen. Wir tun dies. Ich werde zu gegebenem Zeitpunkt in die

sem Landtag wieder Bericht erstatten. Aber die Polizei ist gut aufgestellt.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wir kommen nun zur Abstimmung über beide Anträge. Zunächst einmal stimmen wir über den Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/4498 – ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? –

(Billen, CDU: Schämt euch!)

Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/4571 – ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? –

Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und FDP gegen die Stimmen der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

Ich rufe Punkt 23 der Tagesordnung auf:

„Weg vom Öl“: Offensive zur Förderung nachwachsender Rohstoffe in Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/4658 –

Die Fraktionen haben eine Redezeit von fünf Minuten vereinbart. Für die Antrag stellende Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag, den wir gestellt haben, „Weg vom Öl: Offensive zur Förderung nachwachsender Rohstoffe in RheinlandPfalz“, ist ein Antrag, der auf die Chancen zielt, die es in diesem Land gibt. Es gibt große Chancen, die in der Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen liegen, da dieses Land Rheinland-Pfalz das waldreichste Land in Deutschland ist. Wir haben rund 42 % mit Waldfläche bedeckt. Dieses Land Rheinland-Pfalz ist ein Land, in dem es auch eine Agrarstruktur gibt, für die die Förderung von nachwachsenden Rohstoffen nahezu ideal ist.

Wir brauchen dazu relativ wenig Geld, was den Finanzminister wahrscheinlich freuen wird. Wir brauchen dazu aber sehr viel Beratung und sehr viel Unterstützung in den Gebieten, die diese Chancen haben.

Die letzte Bundesregierung hat mit dem ErneuerbareEnergien-Gesetz Voraussetzungen in der Förderung von nachwachsenden Rohstoffen, in der Förderung von

Energie und in der Förderung von Strom aus nachwachsenden Rohstoffen geschaffen. Wir wollen mit dem Antrag allerdings auch ein Stückchen weitergehen. Wir wollen dafür werben, dass nachwachsende Rohstoffe nicht nur für die Erzeugung von Strom und Wärme genutzt werden, sondern eben auch in der Industrie und im Handwerk als direkte Rohstoffe, beispielsweise in der Gebäudedämmung oder für die Chemische Industrie.

Es gibt schon sehr gute Ansätze. In der Chemischen Industrie werden bis zu 10 % der Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen. Die weiße Biotechnologie wird tatsächlich auch in Zukunft bei den nachwachsenden Rohstoffen neue Chancen eröffnen.

Das heißt, wenn wir in Rheinland-Pfalz dem Antrag entsprechend handeln, werden wir die Chance haben, dass wir in Rheinland-Pfalz Erzeuger für direkte Produkte sind, die in der Chemieindustrie notwendig sind. Wir werden aber auch im Energiebereich Produkte zuliefern können, das heißt, die Wertschöpfung wird im Land bleiben.

Das Ganze soll natürlich so stattfinden, dass wir damit in Rheinland-Pfalz das Geld verdienen, das über das Erneuerbare-Energien-Gesetz möglich ist. Bayern hat beispielsweise prozentual bedeutend mehr – nicht nur von der Anzahl her, weil Bayern größer ist – Biogasanlagen und Biomassekraftwerke installiert, als dies in Rheinland-Pfalz der Fall ist. Viele dieser Stromkosten, die wir auch in Rheinland-Pfalz mitfinanzieren, gehen in das Land Bayern. Für die Windkraft gehen viele nach Niedersachsen.

Wir denken, auch Rheinland-Pfalz soll vom Erneuerbare-Energien-Gesetz profitieren können, nicht erst dann, wenn wir die Geothermie haben, sondern RheinlandPfalz soll vermehrt durch die Nutzung nachwachsender Rohstoffe vom Erneuerbare-Energien-Gesetz profitieren können.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartloff, SPD: Das denken wir auch!)