Protocol of the Session on November 30, 2005

Ich habe auch schon am Mittelrhein an der Eisenbahn gestanden. (Unruhe im Hause)

Herr Bauckhage, ich merke, die Emotionen kochen richtig hoch. Es wird richtig lebendig.

Herr Bauckhage, Sie haben gesagt, es wäre weltfremd, wenn man sagt, flugunabhängige Bereiche müssten gestärkt werden. Dann sind diese 37,3 % Arbeitsplätze, die jetzt dort in den flugunabhängigen Bereichen sind, weltfremden Investoren zu verdanken, oder wie?

(Staatsminister Bauckhage: Sie sind nur deshalb da!)

Jetzt will ich Ihnen einmal etwas sagen. Manchmal tut es gut zurückzublicken, um besser nach vorn zu kommen. Es gab einmal ein Konzept für diesen Hahn, das sich Ökopolis nannte. Das ist längst passee. Aber es gab darin Bausteine, wo auf alternative Energien gesetzt wurde. Es gab Verhandlungen mit Investoren. Vielleicht sollten Sie sich einmal daran erinnern. Das ist ein Wirtschaftszweig, der im Moment boomt. Da wären auch gute Zuwachszahlen zu erreichen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun zu Ihnen, Herr Creutzmann. Ich halte die FDP in dieser Frage nicht mehr für einen seriösen Gesprächspartner, weil sie erstens offensichtlich punktuell und kurzfristig denkt, statt umfassend und langfristig. Das hat Ihnen auch schon der Kollege von der SPD gesagt. Zweitens lügt sie, dass sich die Balken biegen, was unsere Position angeht. Das bin ich ein für alle Mal leid. Ich werde darauf auch nicht mehr eingehen. Das müssen Sie mit sich selbst ausmachen. Ich glaube, die Wählerinnen und Wähler draußen wissen, von wem sie was zu halten haben.

(Glocke des Präsidenten)

Das ist auch gut so.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache zu diesem Teil der Aktuellen Stunde.

Ich rufe nun das zweite Thema der

AKTUELLEN STUNDE auf:

„Erfahrungen mit der neuen Berufsfachschule I“ auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/4696 –

Für die Antrag stellende Fraktion spricht Herr Abgeordneter Keller.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit dem Schuljahr 2004/2005 gibt es das BGJ, das

Berufsgrundbildungsjahr, in Rheinland-Pfalz nicht mehr. Das BGJ wurde von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss besucht, die keinen Ausbildungsplatz gefunden hatten.

Ziel des BGJ war, die berufliche Grundqualifikation zu stärken, damit die Jugendlichen nach einem Jahr größere Chancen bei der Ausbildungsplatzsuche bekämen. Darüber hinaus konnte das BGJ auf die Lehrzeit angerechnet werden.

Auch die bisherige zweijährige Berufsfachschule, die den qualifizierten Sekundarabschluss I zum Ziel hatte, wurde abgeschafft.

Mit dem Schuljahr 2004/2005 wurden das BGJ und das erste Jahr der zweijährigen Berufsfachschule zur neuen einjährigen Berufsfachschule I zusammengeführt. Darauf aufbauend gibt es eine einjährige Berufsfachschule II, die den qualifizierten Sekundarabschluss I vergibt.

Ein wesentliches Ziel der neuen Berufsfachschule I ist, wie beim bisherigen Berufsgrundbildungsjahr die berufliche Grundqualifikation zu stärken, um so die Bewerbungschancen zu erhöhen.

Mittlerweile hat der erste Jahrgang die Berufsfachschule I verlassen, und es hat sich gezeigt, dass es zum Teil erhebliche Probleme gegeben hat und gibt.

Die neue Berufsfachschule I ist sehr heterogen zusammengesetzt. Neben nur schwer in Ausbildungsplätze vermittelbare leistungsschwächere Hauptschulabsolventen und Absolventen des Berufsvorbereitungsjahrs, die alle zum Teil wenig motiviert sind, befinden sich in der Berufsfachschule I auch viele Jugendliche, die die Berufsfachschule II besuchen wollen, also den qualifizierten Sekundarabschluss I erwerben wollen.

Beide Schülergruppen konnten – das hat die Erfahrung in diesem Jahr gezeigt – vor allem wegen der sehr inhomogenen Klassenstruktur und der meist zu großen Klassen nicht adäquat gefördert werden.

(Beifall bei der CDU)

Eine der fatalen Folgen ist – hören Sie gut zu –, dass viele Jugendliche die Berufsfachschule I mit einem Abschlusszeugnis verlassen haben, das schlechter, manchmal erheblich schlechter war als ihr Hauptschulabschlusszeugnis, und manche haben nicht einmal ein Abschlusszeugnis bekommen. Damit müssen sich die Jugendlichen jetzt bewerben.

Es ist doch klar und logisch, dass sich dadurch die Chancen, einen Ausbildungsplatz zu erhalten, drastisch verschlechtern.

Damit die neue Berufsfachschule I nicht nur zum Flop, sondern nicht auch noch zum Fluch für die Betroffenen wird, sind nach Meinung der betroffenen Schüler, Lehrer, Berufsberater und auch Kammern folgende Maßnahmen unbedingt erforderlich:

Abbau des dramatisch hohen strukturellen Unterrichtsausfall bei den Berufsfachschulen.

(Beifall der CDU)

Der Unterrichtsausfall bei den berufsbildenden Schulen ist eh schon rekordverdächtig. Im letzten Jahr lag der strukturelle Unterrichtsausfall bei den Berufsfachschulen bei über 11 %.

Verringerung der Klassengrößen auf maximal 25.

Kleinere Fördergruppen. 20 Schüler sind absolut zuviel.

Sozialpädagogische Betreuung, das heißt, mehr Schulsozialarbeit.

Sollte es nicht umgehend zu einer spürbaren Verbesserung der Rahmenbedingungen kommen, dann ist allein diese Landesregierung dafür verantwortlich, dass vielen Jugendlichen die letzten Chance zu einer effektiven schulischen Qualifizierung genommen wird, weil diese Jugendlichen nach einem Jahr Berufsfachschule I, wenn sie keine Ausbildungsstelle bekommen, nicht mehr schulpflichtig sind.

Für diese endet die schulische „Karriere“ dann oft im Desaster.

Keinen Ausbildungsplatz zu haben, bedeutet in der Regel, auch keinen Arbeitsplatz zu haben und somit eine fehlende Zukunftsperspektive. Dieser Sachverhalt stellt eine tickende gesellschaftspolitische Zeitbombe dar. Ereignisse wie in Frankreich sind dann auch bei uns denkbar.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Es spricht Herr Abgeordneter Heinrich.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch nach der Rede von Herrn Keller ist es mir leider verborgen geblieben, weshalb die CDU-Fraktion das Thema „Erfahrungen mit der neuen Berufsfachschule I“ als Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung hat setzen lassen.

(Zurufe von der CDU)

Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen daran erinnern, dass wir erst vor wenigen Tagen dieses Thema im Ausschuss für Bildung und Jugend auf der Tagesordnung hatten und ausreichend Gelegenheit hatten, über dieses Thema zu diskutieren.

Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, vielleicht erinnern Sie sich noch an die Diskussionen und

Gespräche im Vorfeld der Strukturreform der berufsbildenden Schulen. Ich gehe davon aus, dass die Gewerkschaften und Lehrerverbände auch mit Ihnen das Gespräch suchen, diese über ihre Erfahrungen berichten und Sie daraus Konsequenzen für die Verbesserung von Schule ableiten. Unisono haben alle Gewerkschaften und Lehrerverbände eine Neustrukturierung von Berufsgrundbildungsjahr und Berufsfachschule gefordert. In der Vergangenheit waren fast endlose Warteschleifen möglich, die den Schülerinnen und Schülern nicht wirklich weitergeholfen haben.

Heute steht im Mittelpunkt der Berufsfachschule I die Notwendigkeit, weitere Kompetenzen und Qualifikationen zu erwerben, die den Schülerinnen und Schülern bessere Chancen für den Einstieg in den Ausbildungs- bzw. Arbeitsmarkt eröffnen. Nur diejenigen Schülerinnen und Schüler, deren schulische Leistungen berechtigte Hoffnungen auf einen erfolgreichen Abschluss der Sekundarstufe I machen, sollen die Berufsfachschule II besuchen. Diese Steigerung der Qualität der Berufsfachschule II war ausdrücklich gefordert und gewünscht.

Ich weiß, die Neustrukturierung der Berufsfachschule hat für die Lehrerinnen und Lehrer eine neue Herausforderung dargestellt. Sie haben vermehrt eine heterogene Schülerschaft zu unterrichten. Sie haben Beratungs- und Unterstützungsangebote zu organisieren, um die Vermittlungschancen auf dem Ausbildungsmarkt zu verbessern.

Nach einigen Monaten der Neusortierung hat dies gut funktioniert. Schon sehr früh in diesem Jahr – zum großen Teil schon vor den Halbjahreszeugnissen – wurde unter Beteiligung der Eltern dieser Beratungsprozess begonnen. Dieser ist auf eine gute Resonanz gestoßen. Die Ergebnisse dieser kontinuierlichen Beratung führen dazu, dass die Empfehlungen in entsprechendes Handeln umgesetzt werden.

Das stößt natürlich an Grenzen, wenn eine weitere schulische Laufbahn als nicht empfehlenswert beurteilt wird. Auf dem Ausbildungsmarkt konkurrieren die Absolventen der Berufsfachschule I mit den guten Hauptschülern, den Realschülern und auch mit den Gymnasiasten. Trotz Ausbildungspakt zwischen Politik und Wirtschaft und vermehrten Anstrengungen insbesondere der Kammern stehen nicht genügend Angebote zur Verfügung. In erster Linie ist daher die Wirtschaft gefordert, die Zukunft unseres Landes zu organisieren und mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Man wird die Ergebnisse der Nachvermittlungsaktionen am Ende des Jahres abwarten müssen, um dann Bilanz ziehen zu können.

Ich selbst habe eine Patenschaft für einen Bewerber um einen Ausbildungsplatz übernommen. Ich bin zuversichtlich, dass ich diesem jungen Mann den Einstieg in das Berufsleben ermöglichen kann. Aber auch die Politik in unserem Land reagiert darauf und bietet Lösungsansätze. Ich will drei davon nennen:

1. Die Lehrerinnen und Lehrer werden durch entsprechende Fortbildungsangebote noch besser auf ihre wichtige Aufgabe vorbereitet.