Als Beispiel nenne ich die Härtefallkommission. Dort entscheidet das Innenministerium maßgeblich mit, ob der Sozialhilfebezug oder eine fehlende Integration der Eltern ein Bleiberecht für deren Kinder, die zumeist gut integriert sind, verhindert. Natürlich ist das ein schwieriges Feld, weil man die Eltern nicht isoliert abschieben kann. Deshalb müssen wir uns entscheiden, ob wir das
Wohl der Kinder in den Vordergrund stellen oder das staatspolitische Interesse an der Durchsetzung der Ausreisepflicht. Wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben uns für die Kinder entschieden, und ich appelliere an die Landesregierung, es auch zu tun.
Darum haben wir auch unseren Entschließungsantrag eingebracht. Frau Weber, Sie als Ausländerbeauftragte setzen sich auch für eine Altfallregelung für diesen Integrierten Personenkreis ein. Sie haben sich für eine Bleiberechtsregelung eingesetzt. Wir möchten Sie in unserem Antrag noch einmal bestärken, dass Sie in Ihrem Einsatz bitte nicht nachlassen sollen.
Ich möchte noch kurz einen weiteren Punkt aus dem Zuwanderungsgesetz ansprechen, der von der CDU besonders bekämpft wurde und der vielleicht auch mit der Großen Anfrage „Situation muslimischer Frauen und Mädchen in Rheinland-Pfalz“ zusammenhängt. Ich spreche von der Anerkennung der geschlechtsspezifischen Verfolgung als Asylgrund. Dies wurde schließlich mit großen Mühen und mit vielen Schwierigkeiten der CDU abgerungen, dass auch die geschlechtsspezifische Verfolgung ein Asylgrund sein kann. In Rheinland-Pfalz haben seit In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes im Ganzen fünf Frauen aus diesem Grund Schutz gefunden. Meine Damen und Herren von der CDU, angesichts dieser Zahl kann man nicht von einer Flut von Asylanträgen, die in diesem Fall ausbrechen würde, sprechen. Es wäre daher wünschenswert, wenn Sie in Zukunft etwas vorsichtiger mit Ihren AngstmacherParolen wären.
Ich möchte nur noch einige Worte zum Zuwanderungs- und Integrationsbericht der Landesregierung sagen. Meine Damen und Herren, Integration ist mit dem InKraft-Treten des neuen Zuwanderungsgesetzes zu einem wichtigen neuen Politikfeld geworden. Das begrüßen wir. Wir begrüßen auch, dass aus dem kleinen Bändchen „Wir leben in Rheinland-Pfalz“ nun ein übersichtlicher Bericht geworden ist, der – dies ist neu – nun auch im Landtag besprochen wird.
Wenn wir von einem Neuanfang sprechen, muss man aber natürlich auch im gleichen Atemzug sagen, dass die Altlasten bzw. die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte sehr schwer wiegen.
So stehen wir am Anfang der neuen Integrationspolitik mit einer sehr schweren Hypothek da. Das heißt, dass Aufenthaltsdauer und Aufenthaltsstatus der ausländischen Menschen bei uns in Deutschland weit auseinanderklaffen. Dazu möchte ich nur ein paar Zahlen nennen. Am Ende des Jahres 2004 lebten 30,9 % der ausländischen Bevölkerung in Rheinland-Pfalz bereits seit mehr als 20 Jahren in Rheinland-Pfalz, weitere 26,9 % zwischen zehn und 20 Jahren – das heißt also, schon mehr als 50 % mehr als zehn Jahre – sowie 23,6 % zwischen vier und zehn Jahren.
Der Bericht führt dann weiter aus – ich zitiere –: „An diesen Zahlen ist erkennbar, dass der größte Teil der
rechtlich als ‚Ausländer’ geltenden Menschen ein fester Bestandteil der Bevölkerung in Rheinland-Pfalz ist. Der Anteil der Nichtdeutschen mit einer langen Aufenthaltsdauer ist in den letzten Jahren stetig gewachsen.“
Meine Damen und Herren, unter diesen Umständen gewinnt vor allem auch unsere Forderung nach einem Kommunalwahlrecht für alle länger hier lebenden Ausländer noch einmal eine zusätzliche Bedeutung.
Ich möchte aber auch noch auf ein eklatantes Missverhältnis besonders eingehen. Das ist die Integration durch Bildung. Hier hinkt die Integration gerade im Bildungsbereich noch sehr hinterher. Während die nichtdeutschen Schülerinnen und Schüler an den Hauptschulen und Förderschulen stark überrepräsentiert sind, sind sie weiterhin an Gymnasien mit 3,1 % und an Realschulen mit 5,3 % unterrepräsentiert.
Meine Damen und Herren, besonders skandalös ist aber die hohe Zahl der ausländischen Schulentlassenen ohne irgendeinen Schulabschluss. Seit 1991, also seit Beginn der SPD/FDP-Regierung, ist diese Zahl ungefähr immer gleich hoch geblieben. Sie schwankt seit 15 Jahren zwischen 20 % und 25 %. Das heißt also, dass jeder oder jede vierte bzw. fünfte ausländischer Schüler bzw. ausländische Schülerin keinen Schulabschluss und damit kaum Aussicht auf ein gelingendes Leben oder auf Integration in unsere Gesellschaft hat. Das ist schlimm für die Betroffenen, und es ist ein Armutszeugnis für die Bildungspolitik dieser Landesregierung, dass es in den letzten 15 Jahren, seit sie verantwortlich für die Schulpolitik ist, nicht gelungen ist, diesen skandalösen Misstand abzuändern.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch ganz kurz auf die Große Anfrage der CDU zur Situation der muslimischen Frauen und Mädchen in Rheinland-Pfalz eingehen. Ich möchte erst einmal die Frage an die CDU stellen, was denn die Intention Ihrer Großen Anfrage ist. Das wurde uns nicht ganz klar. Ihr Fragenkomplex bezieht sich auf zwei Kriterien, zum einen auf die Religion – da können Sie auf Artikel 4 Abs. 1 und Abs. 2 des Grundgesetzes verweisen, nämlich auf die Glaubensfreiheit –, zum anderen auf muslimische Frauen und Mädchen. Da sind Sie bei Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes.
Um was geht es Ihnen? Wollen Sie mit Ihrer Anfrage herausfinden, in welchen staatlichen Bereichen für Angehörige muslimischen Glaubens Defizite bestehen? Da gibt es einige Fragen in Ihrer Großen Anfrage und in der Antwort, die zeigen, dass es doch noch eine Ungleichbehandlung gibt, zum Beispiel im Bestattungs- und Friedhofswesen.
Ich vermute aber, in diese Richtung wollten Sie Ihre Fragen gar nicht verstanden wissen. Sie wollen die Fragen auf der Schiene der Gleichberechtigung stellen.
Ich bin sofort am Ende. In Artikel 3 des Grundgesetzes wird aber von Frauen und nicht von muslimischen Frau
en gesprochen. Die Frauen sind der Anknüpfungspunkt, bei dem man eine Diskriminierung oder eine Ungleichbehandlung feststellen kann. Meine Damen und Herren, dadurch, dass Sie diese beiden Dinge vermischen, bringen Sie Ihre Anfrage schon ganz nah dahin, dass Sie selbst diskriminierend wirken. Das ist ein schmaler Weg, den Sie beschreiten. Da müssen Sie also aufpassen, dass Sie nicht mit den Fragen, die Sie stellen, selbst diskriminierend wirken.
Ein letzter Satz, Herr Präsident. Ich würde mir wünschen, dass man diese Große Anfrage wirklich im Frauenauschuss bespricht und nicht zusammen mit weiteren anderen Dingen zusammen in anderen Ausschüssen, weil diese Problematik dann doch sehr untergehen würde.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem Thema der muslimischen Frauen wird meine Kollegin Morsblech sprechen. Ich beschränke mich auf das Thema Zuwanderung und Integration.
Meine Damen und Herren, eine erfolgreiche und vor allem dauerhafte Integration der bei uns lebenden Ausländerinnen und Ausländer stellt Anforderungen an beide Seiten. Sie erfordert einerseits das Bemühen der Ausländerinnen und Ausländer, bei uns integriert zu werden. Andererseits erfordert Integration auch Akzeptanz und Toleranz von uns Deutschen für andere Lebensarten. Dazu gehört es, vorhandene Vorurteile abzubauen.
Meine Damen und Herren, um es vorwegzunehmen: Aus meiner Sicht zeigen sowohl die Beantwortung der Großen Anfrage als auch der Bericht der Landesregierung, dass es in Rheinland-Pfalz größtenteils ganz gut gelingt, dass die knapp 300 000 Ausländerinnen und Ausländer in unserem Bundesland erfolgreich integriert werden.
Schwer wiegende Probleme bei der Integration sind für mich weder aus dem Bericht noch aus den Antworten auf die Große Anfrage zu erkennen. Anders wäre sicherlich auch das überaus große ehrenamtliche Engagement vieler Migrantinnen und Migranten in interkulturellen Vereinen, Sportvereinen oder auch den klassischen Ausländervereinen nicht zu erklären.
Meine Damen und Herren, der Bericht der Landesregierung zeigt, dass die Beherrschung der deutschen Spra
che Voraussetzung für Kommunikation und somit wichtigstes Mittel zur Integration ist. Ohne die Beherrschung der deutschen Sprache kann eine sinnvolle Integrationspolitik nicht betrieben werden; Sprache ist der Schlüssel zur Integration.
Der Bericht und die Beantwortung der Großen Anfrage zeigen auch deutlich, wie ich denke, leider werden die vielfältigen in Rheinland-Pfalz angebotenen Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen nicht in dem Maße genutzt, wie es vielleicht wünschenswert wäre. Ich denke in diesem Zusammenhang beispielsweise an das „Programm zur Sprachförderung von Kindern im Kindergarten ohne hinreichende Deutschkenntnisse“ des Ministeriums der Kollegin Ahnen. Hierauf ist sicherlich auch zurückzuführen, dass Ausländer immer häufiger als Deutsche von Arbeitslosigkeit betroffen sind.
Deutlich wird dies dadurch, dass die Arbeitslosenquote bei Ausländern mit 17,8 % im Jahr 2004 nahezu doppelt so hoch war wie die Gesamtarbeitslosenquote im vergleichbaren Zeitraum.
Meine Damen und Herren, ich erwähnte es bereits zu Beginn meiner Ausführungen, Integration setzt auch die Bereitschaft der Migrantinnen und Migranten voraus, die Sitten und Gebräuche und somit die Kultur des neuen Landes zu akzeptieren. Ich denke, das ist eine ganz wichtige Sache. Wer in Deutschland und vor allem mit der deutschen Bevölkerung zusammenleben will, muss auch deren Sprache sprechen und deren Kultur akzeptieren.
Deshalb kann ich nur an die Migrantinnen und Migranten appellieren, die guten und vielfältigen rheinlandpfälzischen Bildungs- und Qualifikationsangebote noch stärker zu nutzen.
Meine Damen und Herren, es gibt kaum mehr einen gesellschaftlichen Bereich, der von den durch Zuwanderung und Integration notwendigen Anpassungserfordernissen nicht betroffen ist. Für die Zukunft erwarte ich, dass die Integration von Ausländerinnen und Ausländern zusätzlich an Bedeutung gewinnen wird.
Aufgrund des demografischen Wandels werden die Schul- und Berufsausbildung sowie auch eine frühe Sprachförderung gerade von jungen Migrantinnen und Migranten noch stärker in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Interessen gerückt werden müssen.
Das neue Programm der Landesregierung „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ greift diesen Aspekt auf und trägt bereits in einem frühen Stadium zur Sprachförderung von ausländischen Kindern im Kindergartenalter und somit zur Integration von Kindern mit Migrationshintergrund bei. Diesen eingeschrittenen Weg gilt es weiter zu beschreiten.
Meine Damen und Herren, trotz der beharrlichen Kritik der Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, auf die ich noch kurz eingehen werde, kann mit Fug und Recht
So hat das Land Rheinland-Pfalz immer wieder wesentliche Impulse für eine erfolgreiche Integrationspolitik gegeben. Exemplarisch möchte ich daran erinnern, dass aus Rheinland-Pfalz nicht nur bereits sehr frühzeitig auf die Notwendigkeit eines Zuwanderungsgesetzes hingewiesen wurde, sondern mit dem „Gesetzesantrag zur Regelung der Zuwanderung“ bereits im Jahr 1997 wesentliche Impulse für das zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft getretene „Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und der Regelung des Aufenthalts und der Integration von Ausländern und Unionsbürgern“ gegeben wurden.
Die erfolgreiche Integrationspolitik unseres Landes ist nicht nur ein Verdienst der rheinland-pfälzischen Initiative für Integration RIFI, sondern sie ist eng mit der überaus erfolgreichen und langjährigen Arbeit der Landesbeauftragten für Ausländerfragen des Landes RheinlandPfalz und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbunden.
Die CDU-Fraktion hat noch eine Redezeit von vier Minuten. Die FDP-Fraktion hat auch noch eine Redezeit von vier Minuten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf noch einige Ausführungen zum ersten Zuwanderungs- und Integrationsbericht der Landesregierung machen.