Protocol of the Session on October 12, 2005

(Pörksen, SPD: Sie stellen Behauptungen auf! Antworten Sie doch einmal!)

Herr Pörksen, ich erkläre es Ihnen. Ich hätte es sowieso gesagt. Jetzt hören Sie zu.

Die Abwertung geschieht unter anderem dadurch, dass häufig in Diskussionen so getan wird, als würde Pflege und Betreuung jeder können, als müsste man dafür überhaupt kein Geld in die Hand nehmen, als sei es eine Tätigkeit minderen Werts.

Dadurch wertet man natürlich auch ab. Frau Ministerin, deshalb ist es sehr richtig – ich unterstütze das mit großem Nachdruck, was Sie zur Frage von illegaler Beschäftigung, von Lohndumping in diesem Zusammenhang gesagt haben –, das ist eine ganz wichtige Initiative in diesem Zusammenhang, die ich sehr nachdrücklich unterstütze, ebenso wie das von Ihnen angekündigte Angebot bezüglich bezahlbarer Assistenzkräfte. Auch dies ist eine richtige und wichtige Initiative in diesem Zusammenhang.

Ich halte es auch für richtig, dass die Pflegestruktur von unten nach oben weiter wachsen soll, unser Plan voll ins Ziel gerichtet. Ich glaube auch, dass die Regionalen Pflegekonferenzen ab dem 1. Januar 2006 eine entscheidende Rolle spielen müssen. Wir werden zu sehen haben, wie sich das entwickelt.

Frau Ministerin, ich finde auch richtig, dass Sie dem Thema „Demenz“ einen so breiten Raum eingeräumt haben, weil die Problematik, zumindest was die Gesetzgebung, was die versicherungsrechtliche Gesetzgebung angeht, noch nicht ausreichend erkannt ist.

In diesem Zusammenhang ist es auch richtig, dass das Heimgesetz verändert wird und Hürden abgebaut werden. Das ist alles richtig, allerdings natürlich nicht um den Preis einer Qualitätseinbuße.

Ich hätte mir beim Thema „Qualität“ von Ihnen ein paar offenere Worte gewünscht, Frau Ministerin. Ich hätte sie erwartet.

Wenn Sie sich den Bericht des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen über die Situation in Heimen anschauen, dann müssen Sie feststellen, dass noch allerhand im Argen liegt, was die Zufriedenheit mit der Pflege angeht, was Defizite in der Pflege und in der Betreuung angeht, in diesem Land einiges im Argen liegt.

Wenn man schon eine Regierungserklärung abgibt, dann muss man natürlich auch das benennen. Das haben Sie leider versäumt.

Ein weiteres Versäumnis betrifft einen Bereich, den Sie überhaupt nicht erwähnt haben. Das ist die Pflege und Betreuung im Sterbeprozess. Bei der Hospizarbeit, bei der Palliativmedizin, haben wir eine ähnliche Entwicklung auf der betroffenen Seite wie bei der „normalen“ Betreuung und Pflege.

Die Betroffenen wollen in ihrem eigenen Umfeld bleiben, so nahe wie möglich an Bekannten, so nahe wie möglich an ihrem eigenen Heim, wenn sie sterben, bei der Pflege bis zum Tod, bei der Pflege bis zuletzt. Dann gehört das natürlich auch in eine Pflegediskussion hinein.

Es gehört auch deshalb hinein, weil auch bei der Hospizbewegung in Rheinland-Pfalz etwas gelungen ist, was wir uns für die übrige Pflegeproblematik so sehr wünschen, dass es nicht nur gelingt, Angehörige in die Pflege hineinzubringen, sondern auch sozial fernere Menschen ehrenamtlich in ein Engagement hineinzubringen.

Das ist im Bereich der Hospizbewegung gelungen. Aber das ist leider noch nicht im ausreichenden Maß gelungen, in dem Menschen Unterstützung bräuchten.

Das bedeutet, auch in diesem Bereich muss man natürlich auch etwas tun, und Sie müssten an dieser Stelle etwas dazu sagen, wenn Sie eine Regierungserklärung abgeben. Ich weiß nicht, warum Sie es nicht getan haben. Liegt es vielleicht daran, dass Ihr Koalitionspartner ständig sehr unschöne Sterbehilfedebatten lostritt, die sich nun gar nicht mit den Ansätzen der Hospizbewegung vertragen?

(Zurufe von der SPD)

Das ist nur eine Frage. Vielleicht kommt Herr Dr. Schmitz, der nach mir sprechen wird, um eine Antwort nicht herum.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Regierungserklärung von Frau Dreyer war leider eine einseitige Regierungserklärung. Es war eine Leistungsschau der Landesregierung und des Sozialministeriums in Sachen Pflege. Dazu ist dieses Thema nicht geeignet. Frau Dreyer, das ist nicht nur für das Thema schade, sondern das ist auch eigentlich für Sie sehr schade; denn dass Sie gute Ansätze und eine Menge an Initiativen entwickelt haben, wird in diesem Haus und in der Öffentlichkeit niemand bestreiten. Dass Sie aber aufgrund dieses Engagements, nach diesem Engagement oder während dieses Engagements nicht das Selbstbewusstsein an den Tag legen, auch die Mängel offen zu benennen, kann ich nicht verstehen. Man muss auch an einer solchen Stelle sagen, wo es hakt oder wo es richtig weh tut. Das haben Sie versäumt.

Eine gute Analyse, eine gute Bilanz, eine gute Bestandsaufnahme ist Voraussetzung dafür, dass man große Aufgaben, wie Sie sie genannt haben, lösen kann. Sie haben versäumt, den Teil der Bestandsaufnahme hinzuzufügen, der Probleme benennt. Sie haben sie damit nicht seriös gemacht und damit weder sich selbst noch der Sache einen Gefallen getan.

(Glocke des Präsidenten)

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Abgeordneten Mertes das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Marz hat eine ganz subtile Art, politische Gemeinheiten ruhig auszusprechen, und erwartet dann, dass wir schweigend zustimmen und das hinnehmen.

Die Metzgers und die Scheels aus Ihrer Fraktion jagen uns jeden Tag dreimal wegen der Lohnnebenkosten rund um diesen Bau,

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber eben hat sich darüber die CDU aufgeregt, Herr Mertes!)

und Sie reden in diffamierender Weise davon, wie der Medizinische Dienst seine Leistungen in Zeitabschnitten erbringen muss, ohne zu sagen, wie die Mehrkosten, die entstünden, wenn wir ein anderes System hätten, finanziert werden können. Die „Rosenbauers“ dieses Landtags klatschen infantil dazu. Sie sind doch diejenigen, die dauernd über Lohnnebenkosten reden. Wenn ein Thema kommt, bei dem sowohl Ihre als auch unsere Fraktion damals diese Versicherung geschaffen hat, klatschen Sie nur, weil Ihr Hass auf die SPD noch größer ist als Ihr Verstand, mit diesem GRÜNEN-Thema umzugehen. So ist das in dieser Fraktion.

(Beifall der SPD und der FDP – Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vielen Dank!)

Wer sagt, wir müssten in der Pflegeversicherung die Zeiteinheiten verändern, der muss zur gleichen Zeit sagen, welchen Beitrag er erhöhen will. Damit sage ich überhaupt nichts dagegen, dass man in dieser Frage viel sensibler sein muss und sein könnte. Aber ich verhehle im Gegensatz zu dem Kollegen Marz nicht die Frage, wie wir das finanzieren. Diese Art und Weise, uns dies sozusagen an die Backe zu kleben, wir seien diejenigen, die die Unmenschlichkeit in der Pflege als den Normalfall sähen und er sei genau das Gegenteil davon, akzeptieren wir in diesem Haus nicht, meine Damen und Herren!

(Beifall der SPD und der FDP)

Herr Dr. Rosenbauer, Sie haben gleich die Gelegenheit, auch noch etwas dazu zu sagen. Sie werden einmal darauf antworten müssen, wer eigentlich auf diesen Gedanken mit der Pflegeversicherung gekommen ist und wer ihn politisch durchgesetzt hat. Mit dieser Art der Pflegeversicherung werden Sie dann wie verrückt Beifall spenden und so tun, als wären wir diejenigen, die nicht bereit sind, mit Sensibilität auf diese Leute zuzugehen.

Diese Art von Einstieg können Sie machen. Aber glauben Sie bloß nicht, sie würde unbeantwortet bleiben.

(Kuhn, FDP: Jawohl! – Beifall der SPD und der FDP)

Zu einer Erwiderung erteile ich Herrn Abgeordneten Marz das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Mertes, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass ich noch

einmal die Gelegenheit habe, mich zu äußern. Ich werde mich allerdings weder mit Ihrer noch mit meiner Rhetorik beschäftigen, sondern zu dem etwas sagen, was Sie soeben losgelassen haben.

Herr Kollege Mertes, wenn jemand im Zusammenhang mit der Pflege über Menschenwürde spricht, und Sie fangen direkt an, auf dem Tisch zu tanzen, so schlägt das zuerst einmal auf Sie zurück.

(Dr. Rosenbauer, CDU: So ist es!)

Wenn Sie aufgrund dieses Herumbrüllens, das Sie soeben an den Tag gelegt haben, nicht mehr in der Lage sind zuzuhören, schlägt das auch auf Sie zurück.

Ich habe die Zeitkorridore genannt, aber ich habe nicht über die Größe dieser Zeitkorridore gesprochen. Ich habe gesagt, wenn die Pflege von Menschen so eingeteilt ist, dann ist mir unwohl, wenn ich an die Würde des Menschen denke. Das habe ich gesagt.

(Mertes, SPD: Wir haben schon gespürt, was Sie wollten!)

Dazu hätten Sie sich äußern können, aber Sie haben den Rest nicht mehr mitbekommen, weil Sie nur noch dazwischengebrüllt haben.

Wenn Sie es aber schon ansprechen, komme ich nun noch zur Finanzierung. Selbstverständlich brauchen wir auch in der Pflegeversicherung die Einführung einer Bürgerversicherung. Frau Ministerin Dreyer hat auch zu diesem Thema eine Lücke gelassen. An anderer Stelle hat sie gesagt – korrigieren Sie mich, wenn es nicht stimmt –, wir müssten darüber nachdenken, ob die private Versicherung zur Pflege und die gesetzliche Pflegeversicherung zusammengelegt werden. Das ist ein Schritt zur Bürgerversicherung. Sie wissen ganz genau, dass sowohl in der Pflege als auch in der Krankenversicherung ein Schritt zur Lösung der Finanzierungsprobleme darin besteht, eine Bürgerversicherung einzuführen und die Ungerechtigkeit zu beseitigen, dass sehr viele Menschen in unserem Land, die gut verdienen, sich nicht an der solidarischen Versicherung beteiligen.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich möchte noch Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen. Ich begrüße Mitglieder 40 unter 40 der SPD Ludwigshafen und Neumitglieder des SPD-Unterbezirks LudwigshafenFrankenthal. Herzlich willkommen in unserem Haus!

(Beifall im Hause)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Schmitz das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich zu meiner Rede komme, möchte ich zwei kurze Bemerkungen zu dem machen, was Herr Kollege Marz vorgetragen hat, sowie zu den Differenzen, die das hohe Haus bewegen.

Herr Marz, ich kann nicht umhin, vielleicht auch in Ihrer Diktion als Frage formuliert, so nach dem Motto: „Ist das nicht ein Schmierentheater?“, das, was Sie in Ihrer ironischen Süffisanz vorgetragen haben, zumindest in ihrer Wirkung als außergewöhnlich unehrlich zu bezeichnen.

(Beifall der FDP und der SPD)