Protocol of the Session on August 17, 2000

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund bleibt ein ganz grundsätzliches Problem. Das ist auch ein Teil der Strategie der Union gewesen. Ob die dann in allen Details usw. geschickt war, ist eine andere Frage. Das hilft uns hier jetzt alich nicht weiter.

Ich habe noch eine kurze Bemerkung_ bezüglich der Beispiele. Ich bin in der glücklichen Situation, selbst keine Beispiele ausrechnen zu können. Die Beispiele widersprechen sich zum Teil. Aber alle Argumente, die von den Befürwortern dieser Koalition vorgetragen worden sind, haben die inflationäre Entwicklung, die Lohnsteigerung und die Steuerprogression nicht einbezogen.

(Itzek, SPD: Doch!)

Insofern wird natürlich auch diese Steuerreform in einer Reihe von Jahren anders aussehen, als dies heute der Fall ist.

(Zuruf des Abg; ltzek, SPD)

Meine Damen und Herren, Halbeinkünfteverfahren- Vollanrechnung: Eines der Probleme liegt wohl darin, dass das Halbeinkünfteverfahren nur dann auf Dauer funktionieren kann, wenn der Einkommensteuertarif, der Spitzensteuersatz, auf Dauer auf einem höheren, wesentlich höhren Niveau bleibt als der Körperschaftsteuersatz. Insofern ist das Halbeinkünfteverfahren natürlich auch in dieser Grundfrage ein Menete

kel für die Zukunft. Das wird uns noch zu schaffen machen, und diese wohl zu vernachlässigenden 78 Professoren, Frau Thomas, haben genau darauf hingewiesen, dass der steuersystematische Wechsel _vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren bezüglich der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Gleichwertigkeit der Betrachtung wirt

schaftlichen Handeins der Zukunft fundamental entgegenstehen wird.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD- - Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich will noch eine kurze Bemerkung zu dem Stichwort.. Kuhhandel" machen, was ur.s schon beschäftigt undzum Teil auch amüsiert hat.

Herr Ministerpräsident, ich weiß, manchmal muss man reden usw. Das ist nicht weiter schlimm. Sie haben eben gesagt, es war die Aufregung - wörtliches Zitat - weiß Gott nicht wert. Darüber sollten ''"ir noch ein bisschen nachdenken.

W~s ich jetzt sage, meine ich sehr grundsätzlich und sehr nachdenklich. Ich sage Ihnen auch - ich meine es persötalich ein bisschen resigniert, weil ich jetztseit über 40 Jahren durch die Gegend renne-, ich frage mich schon manchmal, ob es ei

ne richtige -Lebensentscheidung war, Das hat irgend~•110 auch ein bisschen bittere Züge. Das sage ich Ihnen ganz offen, vor allem, wenn man Politik auch so leidenschaftlich betrieben hat.

-Die Finanzhilfen des Bund und der Länder sind in ihrem Ablauf und in den Methoden im Grundgesetz und in Gesetzen festgelegt- Artikel104 a und Artikel107 Abs. 2 des Grundgesetzes. Da gibt es ganz genaue Regeln.

Meine Damen und Herren, entschuldiggn Sie, das, was da gelaufen ist, ist die Gutsherrenart, Es ist noch Suppe da. Will noch- jemand einen Nachschlag? Oder war dies etwas anderes?

(Zuruf des Abg. PÖrksen, SPD)

Natürlich können Sie sagen, brillant gemacht - in Ordnung. Aber wer sagt, brillant gemacht, der sagt auch letztlich - ich _meine das sehr nachdenklich und sehr grundsätzlich -, dass _die Politik in wichtigen Fragen amoralisch handelt. Das ist so.

Wenn wir- in diesen Tagen überall bed_enkenswerte Reden über die Zuwendung z~ diesem Staat und zu dieser Verfassung hören, dann müssenwir selbst auch darüber nachdenken, welchen Dingen wir Beifall spenden.

(Pörksen, SPD: Worüber reden Sie eigentlich!)

Es ist nicht_ einfach, Verfassu~gsfreundschaft und. Verfassungs-patriotismus in Deutschland zu wecken. Aber da ist die Frage: Welches Bild geben diejenigen, die oben stehen?- Dabei bleibe ich. Insofern steckt hinter der Aufregung von Bernd Vogel ein Stück mehr als die Aufregung, die irgendwann abklingt, dass das nicht geht, Bund und Länder dam-it an die Grenze des geordneten Umgangs miteinander kommen und dass vor diesem Hintergrund auch der Fö"deralismus sich in einer ganz kritischen Situation befindet. Ich denke, dass dieser Vorgang der letzten Wochen-

Glocke des Präsidenten)

• --Ich kommesofortzumSchluss.

--wirklich ein Anlass ist, darüber nachzudenken, dass wir getrennte Steuern, getrennte Verantwortung und mehr Wett

bewerb brauchl:!!l· Wie wollen Sie Menschen, auch interessierten Menschen in einem Staat klar machen, wie Entscheidungen fallen und ~vle etwas läuft, wenn sie solche Dinge sehen?

(ZurufderAbg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde, insofern war das keine Sternstunde der Menschheit. Ich darf das sagen. Aber das muss irgendeiner noch sagen, -weil alle wissen, dass es so ist, und die Zeitungen haben es alle geschrieben, (Glocke des Präsidenten)

und-im Fernsehen konnten wir es beobachten, dass auch das persö-nliche Interesse des Herrn Brüderle in den Auseinander_setzungen -innerhalb der F.D.P. eine gewisse Rolle gespielt hat.

Herr Bauckhage, dem würden selbst Sie in einer stillen Stunde mirgegenüber zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Mertes das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will auf ein Argument des Herrn Kollegen Gölter eingehen, bei dem er sich mit der Frag~ des Verhaltens im Bundesrat auseinander gesetzt hat.

Er geißelt die Verhaltensweise, die jetzt beschrieben word:n ist, erwähnt aber nicht, dass der-Deutsche Bundesrat von der CDU, vom Präsidium der CDU, dazu genutzt werden sollte, die Steuerreform auf September zu verschieben, um ein parteipolitisch günstiges Klima in der Sommerpause zu erzeugen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD- Beifall der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN- _Schweitzer~ SPD: Ganz genau!)

Ist denn das der Teil des Anstands, den Sie-hier einfordern, der dann aber bei Ihnen sozusagen per ~abatt gehen kann?

Da.? geht auch nicht.

(Beifall der SPD und der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Punkt 1: Sie sagen nichts dazu, dass die CDU-Vorschläge, die im Vermittlungsausschuss - man muss sagen - kursiert sind -sie sind nicht sozusagen perPapiervorgelegt worden -, für Länder wie unseren geliebten Nachbarn, das Saarland, und für den weiten Teil des Ostens, für die Länderhaushalte und für die Kommunen; _unfinanzierbar waren. Ist das anständig?

Ist das eine Zumutung? Ist das das Vorbild, von dem Sie sprachen?- Also, ich kann es nicht erkennen. Ich versuche es. Ich kann es nicht erkennen~

(Beifall der SPD)

Jetzt gehen wir auf den "Kuhhandel" gemau ein. Sie wissen, ich gehe das Thema dann voll durch.

Eben hat Herr Kollege Böhr sich so geschüttelt, als· es um die Frage der Fregatten ging. Sodann soll jeder die Geschichte wissen,

Bei der Steuerreform der sozial-liberalen Regierung gab es einen Ministerpräsidenten in Schleswig-Holstein, der später auch noch viel Verantwortung für deutsche Finanzen über

nommen hat, der ein Strukturproblem hatte. Dieses Strukturproblem ist so_ gelöst worden. Dies konnte man nachlesen in der "Wirtschaftswoche", eine Zeitung, die Sie doch ansonstengern fürsich bemühen.

(ZurufdesAbg. Pörl

Ich will ein Weiteres zu dem - dies wurde auch schon ange

sprochen " sagen, bei dem Sie so eine gewisse Unanständigkeit finden, bei dem Sie auch die Verfassung und natürlich auch den Richter außer Dienst mit hinzunehmen. Es geht nicht um Verfassungsrecht. Es ging um elementare Politik Deutschlands mitten in Europa, ob wir weiterhin das Gespött unserer Nachbarn wären, reformunfähig zu sein, oder ob wir es schaffen würden! eine Reform, die seit zehn Jahren überfällig ist und die wir gemeinsam nicht geschafft haben, durchzusetzen. Um das ging es, nicht um Juristerei.

(Beifall b"E;i der SPD)

Dass ein schlechter Verlierer aus dem Bundeverfassungsgericht sozusagen nachtritt, würde ich auch ein Stück unterstellen dürfen. Der Mann ist ansonsten ein kluger Mann. Ab~r er ist mir teuer, ich könne sogar sagen."zu teuer."

(Dr. Gölter, CDU: Wieso istdeJ ein schlechter Verlierer?)

-Er ist ein schlechter Verlierer, weil er zum Beispiel vorschlägt und sagt, was selbst Herr Koch nicht will, es wäre unmöglich, dass dieser Antrag des Bundesrats, der dort_ verabschiedet worden ist, nun Gegenstand ein_er Verhandlung im B~ndes tag werden sollte. Da sagt selbst Herr Koch, das würde sich auseinander ent11vickeln, das könne man nicht tun. Insofern ist er ein schlechter Verlierer, weil er die Konsequenz der Veränderung, nämlich das, was zum Mittelstand gemacht worden ist, nicht haben will. Das gehört auch dazu.