Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Thema der Kinder- und Jugenddelinquenz in all seinen Facetten befasst sich der rheinland-pfälzische Landtag zum wiederholten Mal in dieser Legislaturperiode. Ich denke, es ist wichtig und richtig; das Thema in seiner Entwicklung immer· wieder aufzugreifen. Gesellschaftliche Rahmenbedingungen ändern sich beständig. Hierauf muss reagiert werden; denn an den Ursachen der Kinder- und Jugenddelinquenz ist das gesamte Umfeld von Kindern und Jugendlichen von der Ursprungsfamilie, Freundeskreis, über Schulen, Vereine, Verbände, die Kommune bis hin zur gesellschaftlichen Gesamtperspektive sowie Ausbildung und Arbeit ebenso betroffen.
Die F.D.P.-Fraktion hält es deshalb für wichtig, auch in kleineren Zwischenschritten immer wieder Evaluierung, Selbstevaluierung und Erfahrung mit neuen Projekten zusammenzufassen, sich mit den Ergebnissen auseinander zu setzen, und konstruktive Vorschläge zur Verbesserung und Vernetzung der breiten Palette von Präventionsmaßnahmen anzubieten.
Meine Damen und Herren, noch immer ist es so, dass rund 95 % aller Kinder und Jugendlichen in Rheinland-Pfalz aufwachsen, ohne jemals mit der Polizei oder Justiz in Berührung
Es hat sich auch nichts an der Tatsache geändert, dass die Jugendlichen, die tatsächlich straffällig werden, in der Mehr
heit nur einmal auffällig sind. }ugenddelinquenz ist somit im Regelfall als eine Episode anzusehen. Der Mehrfachtäter oder die Mehrfachtäterin bleiben nach wie vor die Ausnahme.
wortungsbewusster Weise mit dem Thema.,Kinder- und iugenddelinquenz" umgegangen und hat besonders in der laufenden Legislaturperiode zahlreiche Projekte zur Prävention von Kinder- und Jugendkriminalität initiiert, aber auch wei
Zum einen wurde das breit angelegte Modellprojekt zur Wei. terentwicklung der Hilfen zur Erziehung durchgeführt; das sich vor allem auf die Jugendamtsarbeit vor Ort konzentriert und bei der Qualifizierung der Arbeit in den Jugendämtern sowie in Um- und Ausbau von ambulanten und teilstationä
Zum anderen hat sich auch die Zusammenarbeit.von Polizei, Justiz und den Jugendämtern in Rheinland-Pfalz kontinuier
Darüber hinaus sollte die Kooperation der örtlichen Jugendämter und Polizeidienststellen in Zukunft flächendeckend auf ein Niveau kommen, das es ermöglicht, dass tatverdächtigen jungen Menschen sehr zeitnah nach deren polizeilicher Vernehmung eine sozialpädagogische Hilfestellung angeboten werden kann.
Des Weiteren schlägt die F.D.P.-Fraktion·vor, das Medium Internet auch zum Thema Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit. Jugendhilfe und Kriminalprävention im Jugendbereich noch stärker als bisher zu nutzen und eine Seite zu schaffen, von der aus entsprechende.,Links" zu allen Initiativen - beispielsweise der kriminalpräventiven Räte - eingestellt werden können.
Meine Damen und Herren, auch wenn das Ausmaß von Kinder- und Jugendkriminalität in Rheinland-Pfalz weitaus weniger ausgeprägt ist als allgemein vermutet, dürfen wir die Straffälligkeit von Kindern und Jugendlichen nicht verharmlosen, sondern wir müssen ihre Ursachen konsequent bekämpfen. Ich denke, durch ein noch besser abgestimmtes Handeln aller Akteure in der Kinder- und Jugendhilfe, bei den örtlichen Polizeidienststellen, den Jugendverbanden und deh Schulen können wir in Zukunft noch wirksamer dafür sorgen, dass gefährdete Jugendliche gar nicht erst mit dem Gesetz in Konflikt ko"mmen. Das Thema.,Jugendkriminalität" ist ein The·ma, an dem wir- wie ich eingangs. sagte" konsequent, aber ohne Panik und· mit der nötigen Sensibilität schrittweise weiterarbeiten müssen.
Ich wollte die anderen Themen gleich mitbehandeln. Es ist schon etwas mehr als zwei Monate her, seitdem die landesweite Kampagne für mehr Zivilcourage unter dem Motto
.. Wer nichts tut· macht mit" ihren Abschluss gefunden hat. Genau einen Monat lang, nämlich vom 10. März bis zum 10. April 2000 waren 800 speziell :ausgebildete Polizeibeam
tinnen und Polizeibeamte in den fünf Städten Mainz, Koblenz, Trier, Kaiserslautern und Ludwigshafen unterwegs, um sich aktiv an die Bürgerinnen ~nd Bürger mit ·dem Ziel zu wenden, gegen das Wegschauen und für mehr Zivilcourage aufzurufen. Begleitend dazu wurde die Kampagne auf den rheinland-pfälzischen Bahnhöfen, in den Nahverkehrs- und Regionalzügen durchgeführt.
Forschungen haben ergeben, dass die Bereitschaft der Bevölkerung, bei Unglücksfällen oder Gewalttaten Hilfe zu leisten, offensichtlich stetig abnimmt. Bei gestellten l'!otsituationen und Verbrechen auf offener Straße läuft der größte Teil unserer Bevölkerung mit.,Scheuklappen" am Ort des Geschehens vorbei und denkt, der andere wird schon helfen. Doch dieser schließt sich bedauerlicherweise diesem Gedankengang _mit 9er für das Opfer oftmals fatalen Folge an, dass überhaupt niemand hilft.
Bei anschließenden Befragungen der passiv Vorbeilaufenden ist die ehrlichste Antwort noch:.,Ich wusste nicht, wie ich hel.fen kann" oder.,Ich hätte gegen die Gruppe oder gegen den Täteraufgrund meiner körperlichen Unterlegenheit sowieso keine Chance gehabt, ich wäre vielmehr selbst noch zum Op
fer geworden". Dabei gibt es so viele Möglichkeiten, wie man helfen kann, ohne- das betone ich ausdrücklich- sich selbst in Gefahr zu bringen. Die Bevölkerung. auf diese Möglichkeiten aufmerksam zu machen und ihre Zivilcourage zu stärken, war das Ziel der vierwöchigen Kampagne.,Wer nichts tut macht
mit". Änhand von Werbemitteln hatten 'die Polizeibeamtinnen und-beamtenden Bürgern Anleitungen zum Helfen und Tipps zum Verhalten in gefährlichen Situationen gegeben, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen.
All diese seitens der Landesregierung vorgenommenen Aktivitäten brachten nicht nur den gewünschten Erfolg,' sondern.. übertrafen die· Erwartungen noch bei weitem. Die Präven
tionskampagne.,Wer nichts tut macht mit" der Landesregierung wird von der F.D.P.-Fraktion als ein Wagnis, in neue Präventiönsstrategien vorzustoßen, ausdrücklich begrüßt. Die Resonanz in der Bevölkerung hat gezeigt, dass es sich lohnt, neue Wege zu gehen. Der Bevölkerung ist aufgezeigt worden, dass die öffentliche Sicherheit nicht nur Sache der Polizei
ist. Gleichzeitig wurde durch die Kampagne jeder Bürger aufgefordert, bei Kriminalität einzugreifen, ohne sich dabei selber in Gefahr zu bringen. Zivilcourage ist für jede.n möglich, ohne dabei gleich den Helden spielen zu müssen.
1. Die Kampagne.,Wer nichts tut macht miC muss jetzt genauestens ausg·ewertet werden, und die Erkenntnisse sind der Öffentlichkeit bekannt zu machen.
2. Nach der Auswertung muss die Aktion unbedingt wiederholt werden; denn nur so kann der positive Effekt dieser Kampagne über Jahre hinweg erhalten bleiben und damit einen Beitrag zu noch besserer Polizeiarbeit mit und für die Bürgerinnen urid Bürger unseres Landes leisten.
Dafür verdient sie - alle Polizeibeamtinnen und -beamten dieses Landes- unseren herzlichen Dank, aber auch die Leitung und die Führung sowie auch der lnneniT!inister, der im
mer wieder nachdrücklich neue Initiativen startet, die Polizei noch effizienter und noch effektiver machen will. Das, ·was die Kollegin Frau Grützmacher ihm vorhin vorgeworfen hat, war völlig abwegig, indem sie ihm die Vernachlässigung des Schutzes der Pqlizeibeamtinnen und Polizeibeamten vorhielt. Genau das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren.
Durch die Reform der Polizeiorganisation und die Verbesserung der Ausrüstung und Kommunikationstechnik unserer Beamten wurden und wird die Ermittlungsarbeit der Polizei vereinfacht, was sich letztendlich ebenfalls in den auch im Landesdurchschnitt weit vorne liegenden Aufklärungszahlen widerspiegelt. Die Steigerung der Aufklärungsquote hat - gekoppelt mit der Abnahme der Straftaten - zur Folge, dass sich das Risiko, in Rheinland-Pfalz Opfer einer Straftat zu werden, stetig verringert. Auch darin liegt Rheinland-Pfalz deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Vor allem rheinlandpfälzische Straßen sind sicherer geworden.
So ist die Straßenkriminalität um 10% zurückgegangen und liegt damit ebenfalls weit unter dem Bundesdurchschnitt. Verantwortlich für die beispielhafte Verbesserung der Inneren Sicherheit in Rheinland-Pfalz - ich habe dies eben gesagt- ist zweifellos die Po~izei. Hierfür gebührt ilir nachdrücklich unser herzlichster Dank.
Trotz finanziell schwieriger Zeit ist es ihr gelungen, die objek: tive Sicherheitslage nachhaltig - ich betone.. nachhaltig" - zu verbessern. (Glocke des Präsidenten)
Diese erreichten Ergebnisse können in den Folgejahren nur dann gehalten werden, w~nn wir die Ausrüstung der Polizei verbessern. Dafür haben die beiden Koalitionsfraktionen auch im Doppelhaushalt die nötigen Mittel bereitgestellt.
Herr Kollege Creutzmann, wenn man Sie so reden hört, fragt man sich in der Tat: Ist die F.D.P. Teil dieser Landesregierung oder ist sie es nicht? Zumindest zu diesem ersten Teil, der Kinder- und Jugendkriminalität, muss man sich dies fragen.