Protocol of the Session on June 14, 2000

zahlen, kann ich auch nicht entlasten.

(Zurufe von der SPD: So ist es!)

Wenn die Reform dann der mittelständischen Wirtschaft sowie Arbeitnehmern und Familien nicht zugute kommt, dann

frage ich mich, warum wir uns eigentlich unter den Finanzministern, und zwar unabhängig von Rot oder Schwarz, darüber Gedanken machen, wie wir im nächsten Jahr urid in den darauf folgenden Jahren die Steuermindereinnahmen aufgrund dieser Reform eigentlich beherrschen und bewerkstelligen wollen. ·

(Beifall der SPD)

Zum Zeugen für diese Aussage habe ich den ebenfalls an der Diskussion teilnehmenden Kollegen aus Baden-Württemberg angerufen.

Meine 'Damen und Herren, es ist so, dass es eine wirksame Steuerentlastung geben wird, die größte übrigens, die je ein Bundesgesetzgeber ins Gesetzblatt hineingeschrieben hat. Aber diese verbale Gesamtfeststellung allein reicht nicht aus, sondern man muss natürlich hinterfragen: Ist sie auch in sich ausgewogen?- Diese Frage·stellt'sich uns natürlich.

Doch zunächst einige Eckpunkte dessen, was mit der Reform beabsichtigt ist:

Der Eingangssteuers~tz, der 1998 noch 25,9% betragen hat,

soll bis zum Jahr 2005 in drei Schritten auf 15 % sinken. Der Spitzensteuersatz, der 1998 noch 53 % betragen hat, zurzeit

51 % beträgt, soll auf 45% sinken. Zudem wird das steuerfrei

zu bleibende Existenzminimum in mehreren Schritten von derzeit 12 500 DM auf 15 000 DM angehoben.

Hinzu kommt- dies ist eigentlich der Kern des Gesetzesteils, der sich mit der Unternehmenssteuerreform befasst -, dass wir dort einen Systemwechsel haben, nämlich den Wechsel vom körperschaftsteuerliehen Anrechnungsverfahren hin zum so genannten Halbeinkünfteverfahren mit der Folge, dass Gewinne, die in einer juristischen. Per_son entstehen, künftig, nachdem dieser Körperschaftsteuersatz in der Zwi

schenzeit bereits von 45 % auf 40 % abgesenkt worden ist, ab dem 1. Januar 2001 auf 25% abgesenkt werden soll, wenn

sie denn ausgeschüttet werden, bei dem Empfänger nur mit der Hälfte des Betrags der Steuer unterliegen. Deswegen komme ich an dieser Stelle zu einer besonders wichtigen Feststellung.

Meine Damen und Herren, wer den Einkommensteuersatz von in der Spitze 45 %, beginnend mit 15% und nach einem ausgeweiteten steuerfreien Existenzminimum, mit dem Körperschaftsteuersatz in Vergleich setzt, der verwechselt Äpfe.l

mit Birnen. Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts

·zu tun.

(Beifall bei derSPD)

Deswegen ist es auch unstatthaft, Kapitalgesellschaften, Ak. tiengesellschaften mit Körperschaftssteuer 25 % in einen

Vergleich von gewerblichen Einkünften der Einzelunternehmer oder von Personengesellschaften zu bringen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD- Schweitzer, SPD: So ist das!)

Ich will das an einem Beispiel deutlich machen: Der Körperschaftsteuersatz beträgt 25 %. Hinzu kommt die Gewerbesteuer sowie der Solidaritätszuschlag mit 13,6 %. Zusammen

ergibt das 38,6 %.Das ist die Besteueryng von Kapitalgesellschaften. in den Personengesellschaften oder bei Einzelunter

nehmern ist zunächst einmal das Existenzminimum von der

Steuer befreit. Dann beginnt die Eingangsbesteuerung mit 15 % ab dem Jahr 2005, und es geht hoch auf 45 %. E.ine durchschnittliche Besteuerung von natürlichen Personen mit 38,6 % ist erst dann erreicht, wenn bei zusammen veranlagten Ehegatten das Einkommen jährlich 400 000 DM beträgt.

(ltzek, SPD: So ist es!)

Dies gilt nicht für 95 % der Unternehmer oder der Steuerpflichtigen, die gewerbliche Einkünfte haben. Sie liegen un

terhalb dieser 400 000 DM.

(Schweitzer, SPD: So ist es!)

Daher mache ich an dieser Stelle die erste wichtige Feststellung: Für alle Personenunternehmen und Ei'nzelunternehmer

mit gewerblichen Einkünften, die ein steuerpflichtiges Einkommen von weniger als 400 000 DM haben, ist die Besteue

·rung nach Einkommensteuertarif günstiger-als die Besteue

rung für Kapitalgesellschaften.

Nun sagt der Bundesgesetzgeber: Aber für diejenigen, die höher liegen- für die 5 % -,will ich allerdings die Optionsmöglichkeit schaffen, nämlich die Möglichkeit einräumen, sich so besteuern zu lassen, als wenn sie eine Kapitalgesellschaft wären, das·so genannte Optionsmodell, zu dem ich zu einem frühren Zeitpunkt- übrigens auch hier im Landtag, aber auch. bei manch anderer Gelegenheit - aus mancherlei Gründen meinen deutlichen Vorbehalt formuliert habe~ sie sind vorhin auch zutre'ffend genannt worden-, insbesondere weil ich befürchte, dass es sehr beratungsintensiv· sein wird.

(Beifall des Abg. Creutzmann, F.D.P.)

Aus diesem Grund habe ich diesen Vorbehalt gemacht. Ich halte ihn aufrecht. Ich weiß, dass eine Reihe von Finanzministerkeliegen ähnlich darüber denkt. Ich denke, dass wir in dieser Frage auch im Vermittlungsausschuss zu einem vertieften Dialog kommen w~rden.

Meine Damen und Herren, es ist im Hinblick auf das Options

modell auch der erbschaftsteuerliche Vorbehalt geltend gemacht worden. Der kann gelten, er wird jedoch in der großen l\ilehrzahlder Fälle nicht gelten. Sie wissen, dass Personenge

sellschaften und Einzelunternehmer zum Zwecke der Erleichterung des Betriebsübergangs in besonderer Weise bei der Erbschaftsteuer präferiert sind. An dieser Präferenz soll sich

auch nichts ändern. Die Sorge ist nun, dass bei einem Wechsel dieser Personengesellschaften auf dem Weg der Option diese Vergünstigung wegfällt. Sie.fällt nur dann weg, wenn die Beteiligungsquote an einem Unternehmen geringer als 25 % ist. Dies wird jedoch gerade in dem mittelständischen Bereich, in dem man in der Überlegung der Option steht, nicht gegeben sein, soda.ss der erbschaftssteuedich zu befürchtende Nachteil durchaus vermieden werden kann.

Ein Zweites: Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Unterneh

men, die nicht Kapitalgesellschaften sind, die aber auch nicht

zur Körperschaftsteuer optieren wollen, den doppelten Ge-_ werbesteuermessbetrag - das ist bei einem gemeindlichen Hebesatz von 400% genau die halbe Gewerbesteuer-steuermindernd von ihrer Einkommensteuerschuld ·absetzen können. Ich denke, das ist in der Tat kein mittelstandsunfreundliches Angebot, das gemacht wird, sondern meines Erachtens gerade im Interesse der mittelständischen Betriebe eine gute Lösung.

Ein Drittes in diesem Zusammenh_ang, was die Besteu.erung von Veräußerungserlösen und die vorgesehene Freistellung von der Besteuerung für Veräußerungsgewinnne, die in einer Kapitalgesellschaft bei der Veräußerung ihrer Anteile, die sie an einer anderen Kapitalgesellschaft hält, ~ntstehen, angeht.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ich denke, dass dieser Ansatz des Gesetzes aus mancherlei Gründen zu kurz.,springt" und er auch iin Vermittlungsverfahren der wesentlichen Nachbesserung b,edarf. Ich kann dies aus Zeitgründen nicht allzu vertieft darstellen. Dies muss -'insbesondere zur Vermeidung missbräuchlicher Gestaltungen- nachgebessert werden.