Protocol of the Session on March 30, 2000

Professor Rürup, einer der fünf Wirtschaftsweisen, sagte neuiich: im Soziaiversicherungsbereich iiegt der eigentliche Sprengsatz in der Krankenversicherung und nicht in der Rentenversicherung.- Dies istwohl wahr.

(Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Aber eine aktive Mitbeteiligung an diesem zentralen Pro

blem hat sich bei Ihnen leider nur auf rhetorische Beiträge verkürzt und beschränkt.

Es gibt drei wesentliche Gründe, die eine seriöse Gesundheitsreformerforderlich machen, das ist einmal die demographische Entwicklung, das ist zum anderen der medizinische Fortschritt, und das ist zum Dritten das Anspruchsdenken der Menschen.

600 Milliarden DM jährlich kostet das GesundheitSversorgungssystem in der Bundesrepublik Deutschland, und es hat. steigende Tendenz.

Meine Damen und 'Herren, wer sich angesichts einer solchen Entwicklungssituation nicht ernsthaft an Reformen beteiligt, verhindert zukünftig eine moderne medizinische Versorgung. (Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, vor diesen Verhind~rern muss man Angst haben. Diese Verhinderer sind es, die einen riesigen Schaden auch in der Einstellung bei der Bevölkerung, aber auch im Versorgungssystem hervorrufen. Ihnen, den Verhinderern, muss man eigentlich auf die Sprünge helfen.

Meine Damen und Herren, damit sind in der Tat Sie ange

sprochen und nicht andere.

Wir haben in den vergangenen Monaten immer wieder auf das Bezug nehmen müssen, was diese Regierungskoalition in Berlin als Folge der Gesundheitsgesetzgebung von Seehofer

Vorgefunden hat. Sie erinnern sich alle daran, dass es zu

nächst einmal dringend erforderlich war, über eir1 Solidari

tätsbeitragsgesetz·wesentliche Missverhältl"!isse, die auf dem ·Rücken der Patienten in den letzten Jahren vor 1998 zustan

de kamen, wieder zu.beseitigen. Ich verzichte aus Zeitgründen darauf, dies näher darzustellen.

Nach diesem ersten Schritt des Solidaritätsbeitragsgesetzes war dann das Gesundheitsreformgesetz notwendig gewor

(Dr. Altherr, CDU: Nicht nurdie Zeit, sondern auch die Sachkenntnis fehlt!)

Herr Dr. Altherr, einer der Punkte, auf die Sie und Ihre beiden Kollegen, die Sie gelegentlich bei diesen gesundheitspoliti

schen Debatten unterstützen, noch nie eingegangen sind, be-trifft die Stärkung der Stellung des Patienten. Wir sind froh, dass in der neuen Gesetzgebung mehr Patientenschutz ·und

mehr Patientenrecht integriert ist.

Wir wurden in dieser Einschätzung der Situation gerade in dieser Woche anlässlich einer Anhörung, die wir zu der The

matik durchführten, bestärkt. Es ist unglaublich, was von den verschiedensten Anzuhörenden zu dieser Thematik vorgetragen wurde. Es wäre für uns wirklich eine.mehr als angeneh

me Überraschung, setzten Sie sich einmal für die Interessen der Patienten ein und nicht nur immer für andere, die als Leistungsanbieter im Gesundheitssystem wirken.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD) ·

Wir können auch mit Genugtuung das Stichwort ,.Verbesserung der integrierten Versorgung, Vernetzungen" aufgrei

fen. Wir können auch mit Genugtuung auf die Stärkung der Stellungdes Hausarztes im künftigen Versorgungssystem verweisen. Ich müss es mir leider ersparen, auf Ausführungen einzugehen, die Sie gemacht haben.

Die Verbesserung, was die Plausibilität betrifft, will ich erwähnen und last, but not least die Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Gesundheitswesen, die während der

Regierungszeit von Seehafer als Minister in der letzten Zeit mit FOßen getreten wurde, als die Leistungsangebote immer stärker reduziert wurden.

Meine Damen und Herren, wir alle hätten uns gewünscht, dass in dem Gesundheitsreformgesetz das eine oder andere mehr hätte behandelt werden können.Aber es steht für uns außer Zweifel, dass es ein wichtiger Schritt nach vorne ist: Es steht für uns auch außer Zweifel, dass Ihr Antrag, den Sie eingebracht hatten, nicht die Debatte wert war, weil Sie nichts anderes im Kopf hatten, als einen destruktiven Beitrag in Richtung Aggression gegenüber der SPD in diesem Hause zu sehen.

(Beifall bei der SPD)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Dr. Altherr das Wort.

Sehr geehrter Herr Kollege Brinkmann, ich will Ihnen dies nachsehen. Sie sind quasi auf die Sachkenntnis Ihrer Mitarbei

ter angewiesen. Das ist Ihr Problem.

(Pörksen, SPD: l.hre Arroganz stinkt zum·Himmel !)

Nun zu den Punkten: Ich darf Ihnen einmal eines vortragen. Ich darf den Sachverständigenrat zur Begutachtung der ge

samtwirtschaftlichen Lage zitieren, der massive Kritik an·der Gesundheitspolitik der Koalition geübt hat.

Meine Damen und Herren, der Sachverständigenrat und nicht die Opposition war das.

Herr Brinkmann, ·nun zu den Punkten, wir würden die Angst schüren. Sie haben doch durch Ihre Gesetzesvorhaben die Bevölkerung total verunsichert. Sie haben doch das Vertrauensverhältnis der Patienten nachhaltig zerstört. Das war doch Ihre Absicht.

(Beifall der CDU - Zuruf von der SPD: Dummes Zeug!)

Das war doch Ihre Absicht nach dem Motto ,.Divide et impera!" Das wollen Sie doch. Nun wollen Sie anderen den schwarzen Peter ,.zuschustern". Das, was Sie hier betreiben, istschon infam.

Tiefer gehende Substanz: Herr Brinkmann, ich will darauf gar nicht eingehen. Sie wollen einem Mediziner, der 25-jährige

klinische und praktische Tätigkeit auf dem Buckel hat, sagen, wo es in der Gesundheitspolitik lan~gehen muss. Das ist schon allerhand.

(Zuruf des Abg. ltzek, SPD)

-Herr ltzek, gemach, gemach! Passen Sie auf Ihren Blutdruck auf. Das schadet Ihrer Gesundheit.

Herr Brinkmann, die halbe Wahrheit ist auch nicht die Wahrheit.

Herr Professor ROrup hat im Kontext mit den Gesetzesvorlagen der rotgrünen Koalition gesagt, dass der soziale Sprengstoff im Gesundheitswesen und nicht bei der Rente liegt, und zwar im Hinblick auf die Vorhaben der rotgrünen Regierung in der Gesundheitspolitik.

(Staatsminister Gerster: Quatsch!)