Herr Präsident, meine Damen und Herren! Oe~ Antrag der Fraktion der CDU.. Gesundheitsreform 2000- Schaden für unser Land" wurde in der 29. Sitzung des Sozialpolitischen Ausschusses am 30. November 1999 beraten. Von dort ergeht die Empfehlung, den Antrag abzulehnen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schade und stimmt einen etwas traurig, dass die Mehrheit dieses Hauses den CDU-Antrag abgelehnt hat. Ich möchte einmal vorlesen, was Sie Clamit abgelehnt haben:.,Der Landtag spricht sich für ein freiheitliches, solidarisches und subsidiäres Gesundheitswesfi!n, geprägt durch Selbstverantwortt.ing, ~elbstverwaltung und Selbstbestimmung, und gegen Bevormundnung, Bürokratisierung und dirigistische Reglementierung aus."
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war gut, dass dieses Gesetz dann zumindest im Bundesrat keine Mehrheit mehr gefunden hat. Das war ein einmaliger Vorgang im Bundesrat. Es hat überhaupt keine Zustimmung gefunden. Das ist ein erstmaliger und einmaliger Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Das kennzeichnet schon die Güte und Qualität dieses Gesetzes.
Herr Herbert Rebscher hat zu Recht gesagt: Für keines der zentralen Strukturprobleme unseres Gesundheitswesens ist ein zukunftsweisender Lösungsansatz auf den Weg gebracht worden. - So Herbert Rebscher vom Verband der Ersatzkassen.
Wenn ich mit Blick auf den kleinen Koalitionspartner F.D.P. gewandt spreche, so sagte Dr. Dieter Thomae, der frühere Vorsitzende des Gesundheitsausschusses: Die GKV-Reform ist ein Irrweg. - Meine Damen und Herren, Ideologie zum Teil gepaart mit Inkompetenz- ich füge hinzu mit Ignoranz- hat dazu geführt, dass nichts auf den Weg gebracht werden konnte.
Auch das Gesetzgebungsverfahren war ein einziges Trauerspiel. Ich habe gesagt, man kann das mit den drei großen P vergleichen: Pannen, Pech und Pleiten. - Das war natürlich die logische Konsequenz des Strukturfehlers. Der erste Strukturfehler lag darin, dass man mit Frau Fischer eine völlig unbedarfte Dame in dieses Amt gebracht hat. Der zweite Fehler
-lag darin, dass man die Sachkompetenz des Ministeriums vollständig ausgewechselt hat. Der dritte Fehler lag darin, dass man glaubte, das Gesetz sowohl an der Opposition als auch an allen relevanten Verbänden vorbei machen zu können. Das musste sich bitter rächen. Es warfür Frau Fischer wohl eine heilsame, aber auch bittere Lehre.
- Frau Kollegin Schneider, mäßigen Sie· sich doch etwas. Wissen Sie überhaupt, um was es hier geht und über was wir hier reden? :
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat bei diesem Gesetzesvorhaben eine nicht gerade rühmliche Rolle gespielt. Herr Minister Gerster hat im zuständigen Ausschuss des Bundesrats zuge~immt. Dann im Bundestag bei der entscheidenden Abstimmung gab es überhau-pt keine Zustimmung. Meine Damen und Herren, Sie sehen, wie zerrissen die Landesregierung ist. Das ist aber überhaupt kein Wunder. Sie müssen sich einmal vorstellen, welches Problem sich in der Gesundheitspolitik in dieser Koalitionsregierung auftun muss. Die Bundestags-F.D.P. hat in ihrem Antrag vom 3. November 1999- Drucksache 14/1978weitestgehend Forderungen der CDU aus unserem heute zur Debatte stehenden Antrag übernommen. Das kennzeichnet natürlich den Spagat, den die F.D.P. nunmehr in der Gesundheitspolitik im Land-Rheinland-Pfalzmachen muss. Auf der einen Seite ist Koalitionstreue gefordert, auf der anderen Sei
te muss man den Vorstellungen, die man in der Gesundheitspolitik hegt, aufgrund dieser Koalitionsgegebenheiten widersprechen. Das ist natürlich bitter.
Nun ist es-so, dass Herr Minister Gerster in falsch verstandener Nibelungentreue quasi die vorangetragene Standarte und das Hohe Lied der Frau Fischer besungen hat und dann natüriich auch kläglich gescheitert ist. Er war letztendlich noch der Einzige, der der Frau Fischer noch die Fahne hochhielt. Ansonsten sind alle abgesprungen. Selbst die Kassen· haben rechtzeitig den Absprung geschafft. Das war kein Ruhmesblatt. Vielleicht erklärt das auch den Grurid, dass Herr Gerster nun eine Imagekampagne starten m,uss, um die verlorene Reputation wieder gutzumachen. ·
Er hat aber auch einen Staatssekretär, Herrn Dr. Auernheimer, der sich natürlich auch nahtlos in dieses Geschehen einfügt. Ich darf mit Erlaubnis des Präsidl;!nten zitieren. Der Staatssekretär war bei dem Regionalrat der AOK in Diez zu Besuch. Dort hat er unter anderem gesagt:.,Diffuse
Angstreaktionen der Patienten bezüglich der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems haben keine Berechtigung. Aber nicht jeder kann alles sofort haben."
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist doch nicht die Aufgabe des Gesundheitswesens, dass jeder sofort alles haben kann. Vielmehr muss derjenige, der akut eine m€dizinische. Leistung braucht, sie akut bekommen. Herr Dr. Auernheimer, Sie habem ein völlig falsches Verständnis von der Gesundheitspolitik. Wir sind doch hier nichtjm
.,AL~I"-Markt, dass jeder das Ding bekommt, was er im Moment möchte, sondern wir müssen das, was medizinisch notwendig und akut erforderlich ist, den Leuten auch zeitgerecht offerieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist eine ganz interessante Aussage. Es gibt eine Verdichtung, aber keinen Abbau. Herr Kollege Dr. Auernheimer, Sie sind Altphilologe. Sie sind der lateinischen· Sprache mächtig. Sie wissen, was Konzentrieren heißt. Eine Verdichtung ist immer mit einem Abbau an anderer Stelle verbunden. Das ist völlig klar. Das geht gar nicht anders.
Dann wird es noch interes.santer. Das ist der Teil, der mich etwas amüsiert hat, Dann sagt er in einer weiteren Passage im Hinblick auf die Personalentwicklung im Gesundheitswesen, weil wir gesagt haben, dieses Gesetz, das Globalbudget, führt zur Rationierung und führt auch zur Freisetzung von Personal- ich glaubte schon meinen Augen nicht zu trauen und wollte zum Kollegen Augenarzt gehen -: "Es gab sogar zahlreiche Neueinstellungen, beispielsweise bei Arzthelferinnen."
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist zu fragen, in welchem Zeitraum das geschah. Wenn natürlich der Staatssekretär den Zeitraum von 1990 bis heute nimmt, dann hat er natürlich Recht. Wenn er aber den Zeitraum von 1998/1999 bis heute nimmt, dann sind die Sachen nicht zu halten, wie ich glaube. Wir haben nämlich alle gelesen, dass aufgrund der Budgetierung Arztpraxen Personal entlassen mussten. Die wundersame Personalvermehrung der Arzthelferinnen. ist ganz anders und einfach zu erklären, Her'r Staatssekretär. ,
schränkungen sind natürlich viele Ärzte als Vertragsärzte auf den Markt gedrängt, besonders im jahr i 993 bis zum Stichtag 1. März. Sie wissen, dass seit 1999 die stringente Zulassungsbegrenzung natürlich gegriffen hat. Das hat natürlich einen Vorwegnahmeeffekt erzielt. Es haben sich ungefähr io % mehr freie Vertragsärzte in diesem Zeitraum niedergelassen. Das hat zu einer Personalausweitung geführt. Aber seit dem Amtsantritt der rotgrünen Bundesregierung in Berlin ist natürlich der Umkehreffekt eingetreten. Es werden Arzthelfe
' wird viel mit Zahlen manipuliert. Der unbedarfte Zuhörer, der im Moment nicht ganz die Sachkenntnis hat, fällt natürlich leicht darauf herein.
ge gelesen, dass Tony Blair die Gesundheitsmedizin zur Chefsache erklärt hat. Das ist aus gutem Grund so; denn Sie wis- · sen, in England ist es so, dass es Wartelisten gibt. Viele Menschen sterben auf der Wartel ist~. Es ist so, dass_ die Engländer genötigt sind, ihr Eigentum zu verkaufen, um eine Operation privat zu finanzieren. Meine Damen und Herren, das ist na
türlieh nicht die Vorstellung von der Gesundheitspolitik, die wir in Deutschland hegen. Das muss ich wirklich allen Parteien unterstellen.
Meine Damen und Herren, es ist aber so, wenn wir Gesundheitspolitik vordergründig auf Kostenbegrenzung beschränken, wenn wir nur wie das Kaninchen auf die Schlange auf die Kosten starren, dann laufen wir natürlich Gefahr, dass wir uns in einem mittelfristigen Zeitraum hier gleiche Verhältnis
se einhandeln. Aus diesem Grund wird in England gegengesteuert. Das Budget, das derzeit ca. 7,5% des Bruttoinlands
produkts beträgt, wird vorerst für die nächsten vier Jahre jährlich um 6,5 % erhöht; denn Lord Winston hat zu Recht im englischen Oberhaus ges(lgt: Wir Engländer geben d-erzeit weniger Geld aus für unsere Gesundheit als die Polen.
Meine Damen und Herren, Sie sehen also, wie das ist. Ich habe noch eine interessante Meldung aus England. Meine Damen und Herren, Sie wissen alle, dass die neue Bundesregierung im Vorwahlkampf als Wahlversprechen versprochen hat, die Zuzahlung für Medikamente zu streichen. Es kam dann eine Streichung iri homöopathischen Dosen heraus: 3 DM, 2 DM, 1 DM. - In England geht man heute den umge
Auch das früher von den Sozialdemokraten fmmer so gelobte Schweden, das als Musterland 30 Jahre fungieren musste, ist derzeit dabei, die Zuzahlung bei Medikamenten zu erhöhen. Sie haben vielleicht von einem Wirtschaftsinstitut in Frankfurt gelesen, dass Herr Arensen gesagt hat, im Jahr 2015 wird das System GKV in der jetzigen Form nicht mehr existent sein. Er weist in seiner Argumentation zu Recht darauf hin, die Sozialdemokraten und auch Teile der GRÜNEN haben kapiert, dass die gesetzliche Rentenversicherung in Zukunft nicht mehr das leisten kann, was sie noch vor Jahren leisten konn
te, einmal aufgrund der demographischen Entwicklung, aufgrundder Erwerbsbiographien und aufgrundsonstiger Gege