Protocol of the Session on February 16, 2000

Von daher ist dieser Bericht zunächst einmal meines Erachtens in· vollem Umfang zu begrüßen. ·Er ist umfangreich und übersichtlich gestaltet, er ist sehr zielorientiert und in den Zu

sammenfassungen zu Beginn meines Erachtens auch- in toto zu teilen. Wenn man jedoch in die Details hinein_kommt, gibt es sicher das eine oder andere, was man nicht an dem Bericht, sondern an dem-zustand kritisieren kann. Ich denke, da sind

_wir uns völlig einig, dass nicht der Bericht, sondern der Zu~

stand zu kritisieren ist,_ Frau BilL

Die Frau Ministerin weist in ihrer Zusammenfassung deutlich

darauf hin;dass.die Repräsentanz von FraLien in mittlereri Be

schäftigungstätigkeiten sowohl beim. Land- als auch bei den juristischen Personen des öffentlichen Rechts, für die das_Lan-desgleichstellungsgesetz auch gilt, in großen und umfangreichen Teilen mit 50 % zu 50 % oder gar 60% zu 40 % voll er

-reicht ist. Schaut man natUrlieh in die Details hinein, stellt man fest, dass wir zum Beispiel im gehobenen Dienst im Schnitt natUrlieh eine Frauenquote von 50 % oder m.ehr ha

ben, das aber natUrlieh ganz anders aussieht, wenn man sich die Besoldungsstellen ansieht. Ich habe mir einmal ein Ministerium herausgegriffen. Ich _sage auch nicht welches, ich möchte es nur einmal zitieren, weil es im Prinzip bei allen Ministerien gleich aussieht. Wir haben zum Beispiel im Bereich der A 15-Stellen im gehobenen Dienst keine Frau,

(ltzek, SPD: Das ist höherer Dienst!). im Bereich A 14 nicht, A 13 nicht, A 12 zwei, A 11 haben wir daim26 %,A 1035%. Nach untensteigert es sich also. Das ist natürlich insgesamt im Bereich des gehobenen Dienstes eine Quote von 50%. Aber schaue ich mir die Details·an, finde ich die Frauen in den oberen Besoldung?gruppen und in Leitungsfunktionen nicht. Das ist das, was wir auch immer wieder thematisiert hapen. Frauen in Führungspositionen sind deutlich unterrepräsentiert. Das sagt auch der Bericht, wenn wir uns das zum Beispiel auch bei Frauen bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts anschauen. Besonders interessant fand ich natürlich den Hinweis, dass _ ausgerechnet bei den Sozialversicherungsträgern nicht eine einzige Frau von potenziell 25 Stellen in Leitungsfunktione_n ist. Von 25 Leitungsfunktionen ist nicht eine einzige mit einer Frau. besetzt. (Frau Bill, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist typisch!)

Dass das ausgerechnet bei den Sozialversicherungsträgern so

ist~ halte ich schon für sehr signifikant. Dass Frauen nicht füh

, ren, sondern dienen, wird dadu-rch sehr deutlich gemacht. Das ist natürlich auch nichts, wofür die Frauenministerin in Haft genommen werden könnte, sondern im Gegenteil. Wir müssen ihr dankbar dafür _sein, dass sie uns das so deutlich ge~

zeigt hat. An uns liegt es, für Änderungen zu sorgen.

Frau Bill, ob das Landesgleichstellungsgesetz dies immer über eine Quotierung erreichen kann, darüber sind wir unterschiedlicher Auffassung. Ich bin der Meinung, das geht über eine Quotierung nicht. Es geht aber über ganz andere Instrumente, die ?Ie auch genannt haben, zum Beispiel die Teilung von Erziehungsurlaub. Auch da bin ich sofort auf Ihrer Seite. Ich bin de~ Meinung_, Erziehungszeiten zum Beispiel nach schwedischem Modell zu teilen, wäre durchaus eine interes" sante Diskussionsbasis, auch für Frauen die Möglichkeiten zu eröffnen, die Gleichstellung auch auf gleichen Schultern zu vecrteilen und nicht immer nur die Gleichstellurig bei den Frauen anzupacken. Das wäre eine Möglichkeit.

Frauen in Führungspositionen fehlen nicht nur bei den juristi

·schen Personen des öffentlichen Rechts, sondern auch in allen

Ministerien. Frau Grützmacher, ich weiß, Sie waren-einmal in Thailand.lch habe mir zum Vergleich einmal ein paar Zahlen herausgesucht. ln Thailand gibt es immerhin 19 %_Frauen in

Führungspositionen- auch in sehr hohen-, in Singapur und Chile- ich habe es extra einmal herausgesucht- 27 %, in Ungarn 25 % und in derTOrkei immerhin noch 10 %. Das kön

nen wir in Rheinland-Pfalz im Schnitt bei weitem kaum erreichen. (Glocke des Präsidenten)

Wenn wir bestimmte Stellengruppen dazurechnen, kommen die Landesministerien fast an diese 10 %, in Teilen sogar an

20 % heran. Das ist.aber bei weitem noch nicht ausreichend, erst recht, wenn wir sozusagen Funktionsführungsstellen stärker aufsplitten. Dann sehen wir deutlich eine ganz starke

Unt't!rrepräsentanz. Das sollten wir immer im Hinterkopf behalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der F.D.P. und vereinzelt bei der SPD).

Es spricht Frau Staatsministerin Dr. Götte.

Herr Präsident,- meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bill, Sie haben mit dieser Aktuellen Stunde und der gestrigen Pressekonferenz Ihrem Ruf als frauenpolitische Sprecherin Ihrer Fraktion

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN: Alle Ehre gemacht!)

keinen guten Dienst erwiesen.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und F.D.P.- Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dassehen wir anders!.- Frau Bill, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.: Das war aber nicht viel Beifall!)

Mit blindem parteipolitischem Eifer und blindem parteipoliti

schem Aktionismus trampeln Sie auf einem Feld herum, das mit Sorgfalt un~ Kompetenz bearbeitet werden sollte und fraktionsübergreifenden Arbeits-, nicht Aktionswillen erfordert. '

i (Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der F.D.P.

Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Schleichend wie eine Schnecke!)

Sie nehmen nicht einmal wahr, welche Pflanzen auf diesem Feld gewachsen sind und was zu ihrer Pflege unternommen

. 7870 Landtag Rheinland~Pfalz -13.Wahlperiode -104. Sitzung, 16. Februar 2000

wird. Sie klauben ein paar 5teine auf, die auf diesem Feld in der Tat auch zu finden sin-d und in unserem Bericht präzise beschrieben und benannt wurden, und werfen sie - weil jhnen sor~st nichts einfällt.- schon einmal inRic;htung Landesre

gierung. Das ist grüne Frauenpolitik.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie sieht denn die rote Frauenpolitik aus, Frau Götte? Wie erfolgreich ist denn die rote Frauenpolitik? Sehr erfolgreich, die rote!)

Das Markenzeichen unseres Berichts.zum Landesgleichstellungsgesetz ist gerade seine Ausführlichkeit und sein ~ahr heitsgehalt. Er beschreibt nämlich nicht nur die Erfolge, die auch die GRÜNEN nicht vom Tisch wischen können, sondern ebenso klar die pefizite und weitEOren Handlungsfelder unserer Politik. Das ist keineswegs selbstverständlich. Es ist eiri langer Bericht geworden. ·Er ist sehr viel umfassender als zum Beispiel der Bericht, den die rotgrüne Landesre-gierung in Hessen.Im November 1998 herausgegeben hat. _Aber trotz dieser Ausführlic_hkeit hat Frau Bill noch ehe Menge Ideen, welche Differenzierungen noch denkbar wären, zum Beispiel noch die Daten nacfi Besoldungs-, Vergütungs- und Lohn

gruppen innerhalb einzelner Ämter aufzuschlüsseln lind so

_ weiter. Ein Glück, dass Frau Bill nicht in die Datensammlungs

redaktion eingebunden war; denn nach der Methode Bill für Frauenpolitik zu werben·, hieße, jedes Amt so lange mit Fra

gebögen zu bombardieren, bis schließlich auch die trauenfreundlichste Amtspersohzum Gegner wird..

(Beifall bei der SPD)

Dieser Beri~ht ist keine Enzyklopädie. Das wollte er ·auch nicht sein, sondern er erfüllt den gesetzlichen Auftrag, der ihm gegebEjn war. Er wird diesem Auftrag auch gerecht. Er bietet die Chance einer ausführlichen Analyse und Bewer

tung der- z.usammengetragenen Daten im Landtag, die nicht durch polemische schnellscliussaktionen unterlaufen werden sollten.

(Ver_einzelt Beifall bei der SPD)

Frau Bill, bei solchen Schnellschussaktionen unterlaufen ei

·nem nämlich auch peinliche Denkfehler. Sie verwechseln Rückgänge mit Entlassungen, Einstellungsstatistiken mit den Personalbeständen der Stichtage usw., 'wie mari Ihrer Presse. ~.