Mit Blick auf das Angebot würde das ohnehin schon komplexe Einnahmemodell mit seiner Regelung der Einnahmeaufteilung in der jetzigen Form noch fragiler. Man entzöge dem System zusätzliches Geld, weil man gute Ansprüche hat, aber es fehlt nachher im Verbundraum, denn es gibt eine Verbundfinanzierung. Das heißt, alle finanzieren mit.
Der Teufel steckt deshalb im Detail, weil es im Verbundraum eine Einnahmeaufteilung gibt, die zusammen mit der Deutschen Bahn dafür sorgt, dass die entsprechenden finanziellen Beziehungen, die die Unternehmen miteinander pflegen, am Ende abgesichert sind.
Würde man den Anteil Wuppertals entfernen, wäre das aus meiner Sicht ziemlich unvernünftig, weil das System sowieso schon zu wenig Geld hat. Also ist an der Stelle in der Sache nichts gewonnen.
Man könnte es auch anders herum formulieren: Lösungen im Kleinen kann es aus meiner Sicht nicht geben. Wir brauchen Lösungen im Großen. Mit Blick auf die Struktur, die wir heute haben, bedarf es einer großen Lösung.
Daher ist es wenig sinnvoll, in Monheim kostenlosen ÖPNV anzubieten und andererseits viel dafür bezahlen zu müssen. Das ist eine Unwucht in unserem Land, die es zu verhindern gilt.
Wir brauchen für alle ein vernünftiges Angebot, wir brauchen für alle einen ordentlichen SPNV, und am Ende des Tages müssten wir auch bereit sein, den Kommunen und dem Land entsprechende Mittel zur Verfügung zu stellen.
Daher hat es wenig Sinn, selbst wenn man eine gute Idee hat, in Wuppertal zu versuchen, einen eigenen Weg zu gehen. Wir sind jedenfalls Kritiker des Modells in Monheim; das möchte ich an dieser Stelle einmal deutlich sagen. Zwei Welten im Nahverkehr sind mit der SPD in dem Zusammenhang nicht zu machen.
Jeder Beitrag dazu, die Diskussion weiter voranzutreiben, ist erwünscht. Wir hören uns auch gerne noch einmal Expertenmeinungen an. Sicherlich brauchen wir in dieser Hinsicht weitere Expertise und Diskussionen, damit wir entsprechende Wege finden können.
Klar ist aber: In den nächsten Jahren muss uns mehr einfallen als das Modell, das wir heute haben. Wir brauchen außerdem mit Blick auf den Ansatz, mehr Angebote zur Verfügung zu stellen, neue Finanzierungsquellen; das ist der SPD klar.
Wir werden gerne entsprechende Beiträge leisten. Wer am Ende wie viel dazu beiträgt – Städte, aber auch Tickets –, ist dann auszutarieren. Dazu brauchen wir alle Beteiligten.
In diesem Sinne lade ich alle herzlich dazu ein, die Diskussion im Ausschuss weiter voranzutreiben. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Löcker. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP Herr Abgeordneter Middeldorf das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Klocke, da Sie uns wiederholt für unsere verkehrspolitischen Haltungen gelobt haben, will ich das umgekehrt auch einmal tun:
Die Tatsache, dass die Grünen heute deutlich gemacht haben, dass sie in Nordrhein-Westfalen gegen einen kostenlosen ÖPNV sind, ist der Erwähnung wert, und dafür lobe ich Sie ganz ausdrücklich.
Pünktlich zur Kommunalwahl diskutieren wir ein Thema, das – und das haben Sie selber schon festgesellt – in diesem Hohen Hause schon einmal diskutiert worden ist, nämlich in der Enquetekommission.
Dies geschah übrigens damals auf Basis von Anträgen und einer grundsätzlichen verkehrspolitischen Haltung nicht etwa der Grünen, sondern der Piraten.
Die Enquetekommission hat sich – zumindest habe ich mir das so angelesen – über einen längeren Zeitraum von zwei Jahren intensiv damit befasst.
Sicherlich werden wir auch im Rahmen dieses Verfahrens Gelegenheit haben – das haben Sie schon angekündigt –, in Form von Anhörungen usw. noch einmal intensiver darüber zu diskutieren. Darauf freuen wir uns schon.
Trotzdem muss ich Ihnen an dieser Stelle sagen – und hier hört das Lob leider auf –, dass wir diesen Ansatz für falsch halten. Wir halten ihn weder für fair noch für sachdienlich, noch führt er zu irgendeiner gewünschten Verbesserung des ÖPNV-Angebotes.
Was Sie mit den Begriffen „solidarisch“ und „Bürgerticket“ suggerieren, dass es sich nämlich um ein gerechtes Angebot handelt, ist in Wahrheit – und das hat Herr Kollege Löcker bereits gesagt – nichts anderes als ein Zwangsticket.
Die FDP-Fraktion steht zu den Strukturprinzipien unserer sozialen Marktwirtschaft. Das verbindet sich mit der Freiheit des Konsumenten, sich bewusst für oder gegen ein Produkt zu entscheiden.
Dass auch diejenigen, die eine Leistung nicht oder nur eingeschränkt in Anspruch nehmen wollen oder können, über eine allgemeine Abgabe, wie es hier der Fall sein soll, zur Kasse gebeten werden, passt dazu nicht. Wir wollen und wir werden niemanden zwingen, für ein Verkehrsmittel zu zahlen, das er nicht nutzen will oder nicht nutzen kann.
Noch wichtiger ist aber, dass die bisherigen Erfahrungen mit solchen Modellen zeigen, dass sie mit erheblichen Fehlerreizen verbunden sind, weil vor allem Fußgänger und Radfahrer zunehmend öffentliche Verkehrsmittel nutzen würden. Bei der eigentlichen Zielgruppe der Autofahrer ist dagegen kaum ein Umsteigeeffekt zu erwarten,
weil der Preis oder ein Zwangsticket hier eher eine untergeordnete Rolle spielt. Damit wird auch klar, dass der Ansatz, den die Grünen hier aufgreifen, in die völlig falsche Richtung läuft.
Es reicht einfach nicht, immer mehr Geld in das System zu pumpen. Wir brauchen neue Wege eines Umgangs mit knappen Mitteln in den Verkehrsunternehmen. Wir müssen im ÖPNV endlich neue Angebote schaffen und zukunftsweisende Technologien einsetzen.
In Wirklichkeit haben wir nämlich kein Finanzierungsproblem, sondern ein Effizienz- und ein Anreizproblem.
Wenn wir den ÖPNV tatsächlich attraktiver machen wollen, brauchen wir ein kundenorientiertes Angebot nicht nur in den Großstädten, sondern auch im ländlichen Raum. Dann müssen wir gewährleisten, dass Menschen sich auch in Tagesrand- und in Nachtzeiten auf den öffentlichen Verkehr verlassen können.
Dann müssen wir multimodale Verknüpfungen erstellen, Mobilitätsketten bilden, digitale Reiseplanungen ermöglichen. Fakt ist, dass wir bis heute kein landesweites E-Ticket-System haben, weil sich die Verbünde in der Vergangenheit permanent dagegengestellt haben. Erst durch den Druck, den wir jetzt politisch in den letzten Jahren ausgeübt haben,
An all diesen Themen arbeitet unsere Landesregierung mittlerweile intensiv, mit der Förderung etwa von Mobilitätsstationen, digitaler Angebote, mit dem Einsatz von On-Demand-Systemen oder, wie gesagt, auch mit der Unterstützung bei der Einführung eines solchen landesweiten E-Tarifs.
Wir wollen in dieser Legislaturperiode die Weichen für den Einstieg in eine neue Mobilität stellen, auch im öffentlichen Bereich.
Wenn wir tatsächlich einen echten Umsteigeanreiz setzen wollen, wenn wir mehr Menschen bewegen wollen, den ÖPNV zu nutzen, geht das nur mit einem besseren, mit einem fortschrittlicheren Angebot, mit leistungsgerechten Preisen und nicht mit einem solchen Konzept von vorgestern. – Wir stimmen der Überweisung trotzdem zu.
Herr Kollege, ich versuche schon länger, Sie zu unterbrechen, weil es den Wunsch nach einer Zwischenfrage von Herrn Abgeordneten Ott gibt.
Wie großzügig, Herr Middeldorf. Ich danke Ihnen. – Sie haben gerade zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die Verbünde lange Zeit sehr schwertun – ich will es positiv formulieren – und dass im Sinne einer Landesverkehrspolitik ein Druck erzeugt werden muss.
Sie haben davon gesprochen, dass Sie den Druck erhöht haben. Ich erinnere mich: Ehemalige Landesregierungen haben auch immer für sich in Anspruch genommen, den Druck zu machen.
Wie stehen Sie denn zu der Idee – ich nenne sie jetzt nur so, meine das aber nicht in einer unternehmerischen Form – einer Landeseisenbahngesellschaft oder einer bestimmten Vorgabe, die wir als Landesverkehrspolitiker machen, um den Verbünden bestimmte Entscheidungen zu entziehen? Wären Sie dafür offen, dass wir als Landesverkehrspolitiker eher stärker vorgehen müssen, oder würden Sie sagen, dass die Verbünde das schon alle machen?
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege Ott, wir haben immer deutlich gemacht, dass uns die Einführung von neuen Technologien und die Verbesserung des ÖPNV-Angebotes auch im Sinne der Flexibilisierung und der Ausweitung so wichtig sind, dass wir dahinter durchaus auch die Systemfrage stellen.