Protocol of the Session on May 28, 2020

Das Land Nordrhein-Westfalen ist Teil eines europäischen Mehrebenensystems. Landesbehörden wenden europäisches Recht unmittelbar und selbstverständlich an. Über den Bundesrat, über den Ausschuss der Regionen wirken wir an der europäischen Rechtsetzung mit.

Die Mütter und Väter unserer Verfassung konnten diese Entwicklung nicht vorhersehen. Deshalb ist es richtig, den Europabezug jetzt in unsere Verfassung aufzunehmen.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und von Johannes Remmel [GRÜNE])

Der Europabezug ist im vorliegenden Gesetzentwurf mehr als ein symbolisches Bekenntnis. Er hat drei Funktionen: die Einordnung, die Prinzipienfestlegung und einen Auftrag.

Erstens. In Nordrhein-Westfalen als Teil der Europäischen Union sind jetzt alle Ebenen in der Verfassung präsent: Europa, Bund, Land und Kommunen

Zweitens. Im Entwurf wird deutlich, dass Europa eine Werteunion ist. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind unabdingbare Voraussetzungen eines geeinten Europas. Aber auch die Prinzipien der Subsidiarität und des Föderalismus sind prägend für diese

europäische Idee. Wir sind gleichzeitig NordrheinWestfalen, Deutsche und Europäer.

Drittens. Diese Verfassungsänderung bringt einen Auftrag in doppelter Hinsicht, nämlich einerseits zur Zusammenarbeit mit anderen Regionen und zu grenzüberschreitenden Kooperationen. Das gilt insbesondere für unsere Benelux-Nachbarn, aber genauso für unsere Partner in Frankreich und in Polen.

Andererseits enthält sie auch einen Auftrag, zur Verwirklichung und Entwicklung des geeinigten Europas beizutragen. Dieser Auftrag ist deshalb so wichtig, weil er fortführt, was in der Präambel unserer Verfassung bereits steht: „dem inneren und äußeren Frieden zu dienen“. Genau das tun wir, wenn wir an der europäischen Integration mitwirken. Es ist richtig, wenn dieser Auftrag in der Landesverfassung verankert wird.

Ganz in diesem Sinne – mit Erlaubnis der Präsidentin – möchte ich zum Schluss den Ehrenbürger Europas, Helmut Kohl, zitieren:

„Die entschlossene Fortführung des europäischen Einigungswerks ist die Schicksalsfrage für

Deutschland und Europa im 21. Jahrhundert. Wir Deutschen haben das Geschenk der friedlichen Wiedervereinigung unseres Landes erhalten, weil unsere Partner sicher sein konnten, dass unser Land fest in Europa eingebettet ist. Wir würden vor der Geschichte versagen, wenn wir uns nach der deutschen Einheit zufrieden zurücklehnten. Wir müssen gemeinsam mit unseren Freunden und Partnern die Einigung Europas unumkehrbar machen.“

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Wir sind am Ende der Aussprache zu Tagesordnungspunkt 6. Niemand wünscht mehr das Wort – das bleibt auch so.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 17/9352 an den Hauptausschuss – federführend – sowie an den Ausschuss für Europa und Internationales zur Mitberatung. Möchte jemand gegen die Überweisung stimmen? – Möchte sich jemand enthalten? – Beides war nicht der Fall. Dann ist die Überweisungsempfehlung angenommen.

Ich rufe auf:

7 Gesetz zur Erhöhung der Transparenz von Ver

anstaltergemeinschaften des lokalen Hörfunks (Lokalhörfunk-Transparenzgesetz NRW)

Gesetzentwurf der Fraktion der AfD Drucksache 17/7907

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien Drucksache 17/9341

zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Stullich das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD will, dass Mitglieder von Veranstaltergemeinschaften der NRW-Lokalsender künftig gegenüber der Landesmedienanstalt unter anderem angeben müssen, ob sie einer Partei angehören oder angehört haben oder ob sie für Parteien oder parteinahe Stiftungen arbeiten. Dies bezeichnet die AfD als „umfassende Transparenzregelung“.

Ich bezeichne das als umfassendes Täuschungsmanöver: Schon Ihre Beschreibung ist unangemessen und fehlerhaft. Sie ziehen daraus bewusst falsche Schlussfolgerungen und spielen sich scheinheilig zur Medienpolizei auf.

Unter dem Deckmäntelchen „Wir wollen doch nur Transparenz“ versuchen Sie mit Ihrem Antrag, Misstrauen zu säen. Sie wollen Zweifel an der Integrität von VG-Mitgliedern und in der Folge Zweifel an der der unabhängigen Berichterstattung der Lokalsender wecken.

Damit verhalten Sie sich absolut respektlos gegenüber dem engagierten und ehrenamtlichen Einsatz von fast 1.000 VG-Mitgliedern in ganz NordrheinWestfalen.

Das Zwei-Säulen-Modell im NRW-Lokalfunk ist sicher nicht perfekt; aber mangelnde Transparenz von VG-Mitgliedern ist jedenfalls kein Problem. Das Landesmediengesetz regelt die Mitgliedschaften eindeutig.

In §§ 62 bis 64 wird festgelegt, welche Institution wen in eine VG entsendet. Geradezu kleinteilig beschreibt das LMG, welche Anforderungen an VG-Mitglieder und Entsendestellen gestellt werden. All das ist für jeden, den das interessiert, jederzeit und überall nachvollziehbar.

In § 64 LMG wird ausgeführt: Die Mitglieder „haben bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die Interessen der Allgemeinheit zu vertreten und sind hierbei an Aufträge oder Weisungen nicht gebunden.“

Dass man aufgrund einer Parteimitgliedschaft seine Unabhängigkeit und sein Denkvermögen an der Garderobe abgibt, mag in der AfD so sein; in Sitzungen von Veranstaltergemeinschaften – ich habe an etwa 100 dieser Sitzungen teilgenommen – ist dies mitnichten so.

Es geht dabei in erster Linie darum, wie ein Sender mit einem vielfältigen Programm möglichst viele Hörer erreichen kann. Das sind engagierte, sehr kreative, mitunter natürlich auch kontroverse Diskussionen mit VG-Mitgliedern, die unabhängig und klug viele gesellschaftlich relevante Gruppen vertreten.

§ 53 LMG legt eindeutig fest:

„In jedem lokalen Programm muss die Vielfalt der Meinungen in möglichster Breite und Vollständigkeit zum Ausdruck gebracht werden. Die bedeutsamen politischen, religiösen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen im Verbreitungsgebiet müssen in jedem lokalen Programm zu Wort kommen können.“

Deshalb werden VG-Mitglieder unter anderem von den Kirchen, Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften, Kreistagen und Stadträten und den örtlichen Jugend-, Sport-, Naturschutz- oder Wohlfahrtsverbänden entsendet. Sie vertreten zum Beispiel Kunst und Kultur, Bildung und Wissenschaft, Verbraucher, Menschen mit Einwanderungsgeschichte und Menschen mit Behinderungen.

Unter anderem diese Mischung vielfältiger Entsendestellen innerhalb einer Veranstaltergemeinschaft gewährleistet Vielfalt im Lokalfunk. Der ehrenamtliche Einsatz von fast 1.000 Mitgliedern für den Erfolg von 44 Lokalradios verdient in erster Linie unseren großen Dank und natürlich kein Misstrauen.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

In ihren sogenannten Transparenzbestimmungen fordert die AfD unter anderem, dass die Mitgliedschaft einer Entsendestelle zugeordnet wird und dass die Vorstände ihre Mitgliederlisten an die LfM melden müssen. Das zeigt leider, wie oberflächlich Sie gearbeitet haben, denn beides ist schon ewig der Fall.

Weiterhin fordern Sie, dass Mitglieder von Veranstaltergemeinschaften gegenwärtige und frühere Parteimitgliedschaften in Zukunft veröffentlichen müssen. Dafür gibt es weder einen Anlass noch irgendeine Notwendigkeit.

Professor Holznagel von der Uni Münster hat dazu in der Anhörung sehr treffend vorgetragen und begründet, die Veröffentlichung von Parteimitgliedschaften wäre – Zitat – „ein zu weitgehender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Gesetzentwurf ist rechtlich nicht geboten, weil er das Persönlichkeitsrecht verletzt. Er ist bürokratisch, weil er bestehende Regelungen verkompliziert. Er ist nicht notwendig, weil Öffentlichkeit und Staatsferne ausreichend hergestellt sind. Er ist aber vor allem scheinheilig, denn wieder einmal will die AfD vor allem ihren absurden Medienverschwörungsunfug befeuern.

Das werden wir ganz sicher nicht zulassen. Die CDU lehnt diesen unangemessenen, überflüssigen und scheinheiligen Gesetzentwurf ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Stullich. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Vogt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Stullich, ich kann mich im Namen der SPD-Fraktion Ihren Worten zu 100 % anschließen. Es ist völlig richtig, dass die AfD rund 1.000 Menschen gegenüber Misstrauen sät, die sich ehrenamtlich in 44 Veranstaltergemeinschaften engagieren.

(Beifall von Michael Hübner [SPD])

Diese über 1.000 Menschen, die von Kirchen, Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften, aus dem Sport und vielen weiteren Organisationen entsandt werden, sorgen ehrenamtlich dafür, dass die 44 lokalen Radiosender in Nordrhein-Westfalen ein vernünftiges lokales Programm senden. Dagegen Misstrauen zu säen, ist für dieses Parlament unwürdig, Herr Tritschler.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Frau Stullich hat zu diesem Bereich eigentlich alles gesagt. Eines kann ich Ihnen wieder nicht ersparen, Herr Tritschler:

(Sven Werner Tritschler [AfD]: Och, Herr Vogt!)

Sie säen die ganze Zeit dabei nicht nur Misstrauen gegen die Entsendeorganisationen und die Menschen, die dort ehrenamtlich tätig sind,

(Zuruf von Helmut Seifen [AfD])