Wer der Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die CDU-Fraktion und die FDPFraktion. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die AfD und die drei fraktionslosen Abgeordneten. Gibt es Enthaltungen im Haus? – Das ist nicht der Fall. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der so veränderte Gesetzentwurf Drucksache 17/538 zum Nachtragshaushaltsgesetz 2017 in zweiter Lesung angenommen. Der Gesamtplan und die Haushaltsübersicht sind damit entsprechend geändert.
Nach § 78 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung hat auch bei Haushaltsnachträgen eine dritte Lesung zu erfolgen. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom heutigen Tage gemäß § 78 Abs. 2 der Geschäftsordnung die Rücküberweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss beantragt. Hierüber haben wir abzustimmen. Nach der Geschäftsordnung kann der Landtag eine Rücküberweisung zur Vorbereitung der dritten Lesung beschließen.
Wer also dem Antrag der SPD-Fraktion auf Rücküberweisung zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es Gegenstimmen? – Die CDU-Fraktion, die FDP-Fraktion, die AfD-Fraktion und die drei fraktionslosen Abgeordneten. Gibt es Enthaltungen zu diesem Antrag? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Rücküberweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss mit dem soeben festgestellten Abstimmungsergebnis nicht beschlossen worden, und die dritte Lesung findet dann, wie bereits in den Tagesordnungen ausgedruckt, morgen statt.
begleitgesetz 2017. Wie mit den Fraktionen zwischenzeitlich vereinbart, wird hierüber erst morgen nach der dritten Lesung des Nachtragshaushaltes abgestimmt. Das gilt auch für den bereits heute eingereichten Änderungsantrag Drucksache
Sechstens kommen wir zur Überweisung des Antrags der Fraktion der SPD Drucksache 17/811. Alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, diesen Antrag an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales in der Federführung zu überweisen und an den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen sowie an den Haushalts- und Finanzausschuss und den Innenausschuss in der Mitberatung. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Möchte jemand gegen diese Überweisung stimmen? – Das ist nicht der Fall. – Enthaltungen sehe ich auch keine. Dann haben wir so überwiesen, und wir sind am Ende der Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 1.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auf der Pressekonferenz zur Bilanz seiner ersten 100 Tage im Amt zitierte der Ministerpräsident den verstorbenen Heiner Geißler: Wenn du etwas bewegen willst, musst du Krach anfangen.
Dann fügte Herr Laschet hinzu: Es könne sein – man beachte den Konjunktiv –, es könne sein, dass das mal erforderlich werde, denn andere Länder und andere bei CDU, FDP und Grünen hätten – Zitat – die besondere Industriekultur Nordrhein-Westfalens
Was für ein Satz: tragisch und komisch zugleich! Denn während die Stahlsparte von thyssenkrupp mit dem indischen Konzern Tata fusioniert werden soll, wendet Armin Laschet seinen Blick nach Berlin. Dem eigenen Land wendet er den Rücken zu. Er belehrt
andere mit erhobenem Zeigefinger über Industriepolitik und ist in diesem Augenblick doch der einzige Ministerpräsident, der den eigenen Industriestandort nicht im Blick hat.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Herr Laschet, 20.000 Stahlarbeiterinnen und Stahlarbeiter in NRW kämpfen gerade verzweifelt um ihre Jobs. Ja, es ist Zeit, einen Krach anzufangen. Es ist Zeit, einen Krach anzufangen, nicht irgendwann in Jamaika, sondern jetzt und hier in Nordrhein-Westfalen – für die Stahlstandorte,
für die Stahlstandorte, meine Damen und Herren, in Duisburg und Bochum, in Dortmund, Hagen und Gelsenkirchen, in Finnentrop, Siegen und Kreuztal, für die Industriekultur Nordrhein-Westfalens, für die Mitbestimmung, für sichere Arbeitsplätze. Ja, es ist Krach anzufangen mit der Kapitalseite von thyssenkrupp, mit Tata, auch mit der Bundesregierung, mit der Europäischen Union und, wenn es sein muss, Herr Kollege Laschet, wenn es sein muss, Herr Ministerpräsident, auch mit dem Steuerdumpingland Niederlande – auch mit dem Steuerdumpingland Niederlande.
Im Land demonstrieren Tausende Beschäftigte für ihre Zukunft, und es ist Zeit, ihnen zuzuhören, sich für das Handeln zu entscheiden.
Doch das tun Sie nicht, Herr Laschet. Sie stecken ja die Hände in die Hosentaschen und zucken mit den Schultern. Die Sicherung von Standorten und Arbeitsplätzen wäre schön. Der Erhalt der Montanmitbestimmung wäre erfreulich. Aber die Landesregierung könne nichts dafür tun. Das Unternehmen entscheide. Punkt. Ende der Geschichte.
Meine Damen und Herren, es ist nicht zu fassen. In Berlin wäre der Ministerpräsident gerne ein Riese – das „Handelsblatt“ hat ihn schon zum König der Talkshows gekürt –, aber hier in Nordrhein-Westfalen gibt er den politischen Knirps – gibt er den politischen Knirps, meine Damen und Herren.
Wie oft hat der heutige Ministerpräsident und frühere Oppositionsführer versprochen, um jeden Arbeitsplatz, um jeden Arbeitsplatz in Nordrhein-Westfalen kämpfen zu wollen? – Und jetzt, wenn es darauf ankommt? – Diese Gleichgültigkeit, diese Gleichgültigkeit, Herr Ministerpräsident, das ist der Skandal. Das ist der eigentliche Skandal.
Denn es ist offensichtlich: Diese Mitte-rechts-Regierung kennt die Industriekultur unseres Landes nur vom Hörensagen und die Zukunftsängste der Beschäftigten aus dem Pressespiegel.
Die CDU-Fraktion hatte sich ja sogar gegen die Großdemonstration in Bochum ausgesprochen. Der Einzige aus Ihren Reihen, der wusste, dass man so etwas nicht macht, war der Arbeits- und Sozialminister. Der Einzige, der den Anstand hatte, sich den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von thyssenkrupp zu stellen, war Karl-Josef Laumann. Der hat dann auch etwas sehr Wahres gesagt. Ich zitiere: Da, wo man gut behandelt wird, geht man nicht weg. Ich stelle mir Dankbarkeit anders vor. thyssenkrupp gehört nach Nordrhein-Westfalen, auch was den Firmensitz angeht. – Recht hat er.
Recht hat er. Die Empörung des Kollegen Laumann war doch echt und aufrichtig. Er meinte, was er sagte. Daran habe ich keine Sekunde gezweifelt.
Doch ich habe allen Grund, daran zu zweifeln, dass hier ein Minister für seine Regierung gesprochen hat und nicht der Privatmann Laumann für sich selbst, meine Damen und Herren.
Der Wirtschaftsminister hat ja schon kundgetan, dass die Landesregierung die Fusion vorbehaltlos unterstützt. Der Abbau von mindestens 2.000 Arbeitsplätzen wird eingepreist und hingenommen. Die Verlagerung des Firmensitzes in das Steuerdumpingland Niederlande wird billigend in Kauf genommen und die endgültige Aushebelung der Montanmitbestimmung als Preis für eine Konsolidierung beschönigt.
Und schlimmer noch: Im Wirtschaftsausschuss bemühten sich die FDP-Abgeordneten Brockes und Bombis nicht einmal, ihre Freude über die Verlagerung des Firmensitzes
eine Verlockung. Die steuerlichen Rahmenbedingungen in den Niederlanden seien einfach besser als bei uns, haben Sie festgestellt.
Wissen Sie denn nicht, wissen die beiden nicht, dass die EU-Kommission wegen des rechtswidrigen Steuerdumpings gegen die Niederlande ermittelt? – Aber selbstverständlich wissen Sie das. Das sagen Sie ja gerade. Aber Steuerdumping stört Sie ja nicht.
Es ist der Kampf gegen Steuerdumping, der Sie stört, meine Damen und Herren, und da bleiben Sie sich treu.
Da bleiben Sie sich treu. Hat der Ministerpräsident die unfaire, ökonomisch schädliche und letztendlich auch europafeindliche Steuerpraxis der Niederlande bei seinem Besuch in Den Haag zum Thema gemacht? – Offensichtlich nicht, Herr Laschet. Gelesen haben wir darüber nichts. Es wäre aber seine Pflicht gewesen als Anwalt der Interessen Nordrhein-Westfalens und als ein Ministerpräsident, der für die europäische Idee werben muss und werben will.
Oder ist der Grund Ihrer Tatenlosigkeit im Falle thyssenkrupp nicht genau jene Industriekultur, Herr Laschet, die Sie vorgeben zu schützen: Mitbestimmungsrechte, starke Gewerkschaften, ein hoher Organisationsgrad in der Belegschaft? Fällt diese Burg der Sozialpartnerschaft in Nordrhein-Westfalen, dann ein weiteres Hindernis für Ihre Marktentfesselungsideologie aus dem Weg geräumt. Ist das der wahre Grund, Herr Kollege Laschet? Herr Ministerpräsident, ist das der wahre Grund? Wenn nicht, dann beweisen Sie es! Handeln Sie jetzt! Noch ist es nicht zu spät.