Und man wundert sich beizeiten, wie robust dieses Krankenhaussystem trotz seiner chronischen Unterfinanzierung ist. So mussten allein in den letzten Dekaden die digitalisierte bildgebende Diagnostik mit Computer- und Magnetresonanztomografie, minimalinvasive Eingriffe und spezialisierte Einheiten, zum Beispiel zur Schlaganfall- oder Frühgeborenenversorgung, geschultert werden.
Die Investitionsmittel, die alle Bundesländer den Krankenhäusern im Jahr 2012 zur Verfügung gestellt haben, lagen bei 2,6 Milliarden €. 1992 lag die Investitionsfinanzierung der Bundesländer noch bei 3,8 Milliarden €. Das heißt, es gab seitdem einen Abbau um rund 30 %, während im gleichen Zeitraum die Krankenhausausgaben der Krankenkassen um 45 % gestiegen sind. Das Krankenhaussystem hat sich gewaltig geändert, seine gute Stellung in der Welt verteidigt und behauptet, und das trotz der fehlenden Investitionen.
Nun stehen aber neue Herausforderungen an und viele unserer Krankenhäuser deutlich mit dem Rücken zur Wand. Deutschland wird älter, die gesundheitlichen Risiken und damit die Fallzahlen steigen. Digitalisierung und IT-Sicherheit spielen plötzlich eine immense Rolle. Es gibt gerade im Gesundheitswesen einen gigantischen Fachkräftemangel und damit ein Rennen auf die klügsten Köpfe, und auch die Krankenhaushygiene darf nicht vernachlässigt werden.
Rund 1,5 Milliarden € müsste das Land jedes Jahr in seine Krankenhäuser investieren. Tatsächlich standen bislang nur ca. 500 Millionen € bereit. Das ist ein jährliches Defizit von 1 Milliarde €.
Um die Investitionslücke wenigstens teilweise zu schließen, werden Modernisierungen aus den DRGErlösen bezahlt. Das ist eine Situation, die für Krankenhäuser und dadurch vor allen Dingen für das Personal kaum tragbar ist.
Währenddessen liegt die Förderung in NRW konstant niedrig im unteren Drittel aller Bundesländer – und das trotz guter Konjunkturlage und trotz sprudelnder Steuereinnahmen.
Dabei wurden bereits in den vergangenen Jahren etwa 12,5 Milliarden € zu wenig in die NRW-Kliniken investiert. Die NRW-Kliniken verlieren Jahr für Jahr
an Substanz, solange die Förderlücke nicht geschlossen wird. 17,6 % der Krankenhäuser in NRW schrieben bereits 2014 deutlich rote Zahlen. Der Anteil der Fördermittel an den Gesamtkosten der Krankenhäuser liegt in Nordrhein-Westfalen aktuell unter 3 % und ist damit nur noch ein Tropfen auf den heißen Stein. Man muss die Regierung da wieder etwas auf den Boden der Tatsachen zurückholen: Auch die zusätzlichen 250 Millionen € werden an diesem Zustand nichts ändern.
Im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales muss ich dann seitens der antragstellenden Fraktion der SPD hören – und das ist der eigentliche Skandal –, man könne den klammen Kommunen und in den Wahlkreisen kaum erklären, warum die Kommunen nun an den dringend benötigten Ausgaben für die Krankenhäuser beteiligt werden sollten. – Ja, auch den Kommunen geht es in diesem reichen Land offiziell nicht so gut. Es stimmt, dass vielen die Zwangsverwaltung droht.
Wir dürfen aber nicht vergessen: Krankenhäuser und ihre Mitarbeiter sind ein unverzichtbarer Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Wenn wir nicht in Schulen, Polizei, Straßen und Krankenhäuser investieren, in was dann?
Eine kurze Bemerkung: 2015 beliefen sich die Kosten der Kommunen allein für Asylunterkünfte abzüglich der Beteiligung des Bundes auf rund 2,6 Milliarden €.
Das Land Nordrhein-Westfalen trägt pro anerkanntem Flüchtling gerade mal 10.000 € von den auf 16.000 € geschätzten Kosten. Bei der größer werdenden Gruppe der Geduldeten zahlt NRW nur für drei Monate pro Jahr. Sie können sich also schnell zusammenrechnen, dass die Kosten, die für die Kommunen anfallen, deutlich über denen für die Krankenhausfinanzierung liegen.
Ich frage Sie: Wie wollen Sie den Menschen erklären, dass dieses reiche Land kein Geld für seine Krankenhäuser hat? Es ist doch vollkommen klar, dass so der Unmut der Menschen wächst – weshalb wir auch hier im Parlament sitzen.
Krankenhäuser sind kein Luxus, den man sich leisten kann, wenn man gerade Geld übrig hat. Wenn ein Appendix morgens früh um 3:00 Uhr vor dem Durchbruch steht, dann muss geholfen werden. Wenn Sie mit dem Auto vor den Baum fahren, dann muss Ihnen geholfen werden. Das ist kein Luxus!
Wenn Sie die lobenswerte Bereitschaft der Menschen in Nordrhein-Westfalen aufrechterhalten wollen, den Schutzbedürftigen dieser Welt auch weiterhin so selbstlos und voller Herzenswärme zu helfen, dann fangen Sie nicht an, darüber zu diskutieren, ob wir unsere Krankenhäuser finanzieren sollen und ob wir unsere Kommunen tatsächlich in irgendeiner Art und Weise daran beteiligen müssen. Das ist über alle Maßen unredlich den Patienten gegenüber, genauso wie gegenüber den Krankenschwestern und Ärzten, die unter Ihrer Politik leiden müssen.
Ich spreche nun einige von Ihnen persönlich an. Herr Yüksel, Herr Mostofizadeh und Frau Lück, haben Sie in dem Moment, in dem Sie ins Parlament eingezogen sind, vergessen, wie es ist, tatsächlich vor dem Krankenbett zu stehen? Wie geht es Ihnen, wenn Sie Ihren ehemaligen Kollegen gegenüberstehen und ihnen erklären müssen, dass Sie tatsächlich darüber diskutieren, ob den Krankenhäusern 100 Millionen € – und das ist immer noch viel zu wenig – zugutekommen sollen? – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich als Gesundheitsminister sagen, dass ich mich darüber freue, dass hier im Landtag keine Fraktion Mehrinvestitionen für unsere Krankenhäuser für falsch hält und dass es einen großen Konsens dazu gibt, dass wir in den vor uns liegenden Jahren mehr für unsere Krankenhäuser tun müssen.
Ich bin den 360 Krankenhausträgern in NordrheinWestfalen dankbar, dass sie unter den Bedingungen, die in diesem Land seit mindestens zwei Jahrzehnten herrschen, ihre Krankenhäuser über diese lange Zeit hinweg überhaupt noch weitergeführt haben.
Wozu hat das, was wir hier in der Politik gemacht haben, geführt? – Es hat dazu geführt, dass wir unserer gesetzlichen Verpflichtung gegenüber den Krankenhäusern seit Jahren nicht mehr nachkommen. Das Krankenhausgesetz in Deutschland sagt eindeutig aus: Die Länder sind dafür zuständig, die Krankenhäuser in ihrer Struktur – also Gebäude und Technik – zu unterhalten. Die gesetzlichen Krankenkassen haben die Aufgabe, in den Krankenhäusern all das zu bezahlen, was Personal und Medizin betrifft.
Jeder Geschäftsführer eines Krankenhauses in Nordrhein-Westfalen ist gezwungen, Geld beim Personal und vor allem bei der Pflege einzusparen, um
das Gebäude und die Technik in Schuss zu halten. Diese Politik ist auf dem Rücken der Krankenschwestern ausgetragen worden. Das ist die Wahrheit!
Wir haben uns dazu entschieden, in dieser Wahlperiode Veränderungen zu bewirken. Wir müssen in Nordrhein-Westfalen zunächst einmal zu einer neuen Krankenhausplanung kommen. De facto ist sie „nicht auf dem neuesten Stand“; und das habe ich freundlich ausgedrückt. Vielmehr gibt es in diesem Land zurzeit keine staatliche Krankenhausplanung.
Wir dürfen dabei nicht nur über Betten verhandeln, wir müssen auch über Strukturqualität und über einzelne Fälle verhandeln. Dabei muss das gelten, was abgemacht ist. Mit der jetzigen gesetzlichen Grundlage des Krankenhausgesetzes NRW funktioniert das nicht. Ich verweise dazu auf eine Rede meiner Vorgängerin in der vorletzten Sitzung des Gesundheitsausschusses in der vergangenen Wahlperiode. Sie hat dort ganz klar gesagt: Wir sind mit der Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen gescheitert, und mit dem jetzigen Krankenhausgesetz geht es nicht. Deshalb nehmen wir durch die Entschlackungsgesetze Veränderungen vor.
Diese 250 Millionen € sind notwendig, um den Krankenhäusern einmal in diesem Jahr eine doch starke Finanzspritze zu geben. Im Koalitionsvertrag wurde diese Summe angekündigt, und sie war auch im Wahlprogramm angekündigt worden. Niemand soll sagen, man hätte nicht gewusst, dass diese Zahlungen notwendig werden.
Eine Bemerkung will ich noch zur Beteiligung der Kommunen loswerden. Im Krankenhausgesetz unseres Landes steht ganz klar: Wenn es in einem Kreis oder in einer kreisfreien Stadt keinen Krankenhausträger geben sollte, dann müssen die Kommunen die Krankenhäuser übernehmen. Das steht dort ganz eindeutig.
Die Kommunen haben sich in Nordrhein-Westfalen in den letzten 20 Jahren teilweise ihrer kommunalen Krankenhäuser entledigt, indem sie sie privatisiert haben. Soll ich Ihnen mal die Liste vorlegen? Die Kirchen, die der größte Krankenhausträger in Nordrhein-Westfalen sind, haben das nicht getan. Sie haben es ausgehalten.
Und wenn wir eine ausgeglichene Krankenhausstruktur haben wollen, müssen wir die Krankenhäuser vernünftig finanzieren. Und da die Kommunen am Ende die Krankenhäuser unterhalten müssen, wenn die Kirchen sie uns zum Beispiel vor die Tür stellen, ist auch eine kommunale Mitfinanzierung der Krankenhauslandschaft in Nordrhein-Westfalen selbstverständlich richtig und zu verantworten.
Deswegen will ich hier klar sagen, dass ich dem Finanzminister, unserem Ministerpräsidenten und dem ganzen Kabinett dankbar bin, dass wir diese Spritze jetzt „setzen“ konnten. Ich sage Ihnen zu: Wir werden das nächste Jahr sehr stark nutzen, um in der Krankenhausplanung voranzukommen, um dann in den Jahren darauf sehr sinnvoll Geld einzusetzen, um auch Krankenhausstrukturen in Nordrhein-Westfalen zu verändern – mit der Richtung „Qualität und Versorgungssicherheit“.
Und das wird ein Prozess über viele Jahre werden. Aber es muss einfach damit angefangen werden, weil Krankenhäuser nach meiner festen Überzeugung neben unseren Schulen die wichtigsten öffentlichen Einrichtungen sind. – Schönen Dank.
Das will ich gar nicht kommentieren. Ich will nur den Fraktionen mitteilen, dass ihnen dieselbe Redezeit natürlich auch noch einmal zur Verfügung steht, in die Runde blicken und fragen, ob es eine weitere Wortmeldung aus dem Kreis der Fraktionen gibt. – Das ist nicht der Fall. Dann kann ich mit Ihrem Einverständnis an dieser Stelle die Aussprache zum Tagesordnungspunkt 1 schließen.
Die erste Abstimmung führen wir durch über die Änderungsanträge der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/871. Diese behandeln alle den Einzelplan 01. Wer möchte diesen Änderungsanträgen zustimmen? – Das sind die Fraktionen von CDU, FDP, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die AfD-Fraktion und die drei fraktionslosen Abgeordneten. Stimmt jemand dagegen? – Das ist nicht der Fall. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist auch nicht der Fall. Dann ist die erste Abstimmung einstimmig erfolgt; die Änderungsanträge sind angenommen.
Dann kommen wir zur zweiten Abstimmung über die Änderungsanträge der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/872. Wer stimmt diesen Anträgen zu? – Das sind die CDU-Fraktion, die Fraktion der FDP, die SPD-Fraktion, Bündnis 90/Die Grünen, die AfD-Fraktion und die drei fraktionslosen Abgeordneten. Stimmt jemand dagegen? – Das ist nicht der Fall. Enthaltungen? – Ebenfalls nicht. Dann sind auch diese Änderungsanträge einstimmig angenommen.
Wir kommen zur dritten Abstimmung, und zwar über die Änderungsanträge der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/873. Wer stimmt hier zu? – Das sind die CDU-Fraktion, die FDP-Fraktion, die SPDFraktion, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das war es. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Enthaltungen? – Bei der AfD und den drei fraktionslosen Abgeordneten. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis auch dieser Änderungsantrag angenommen worden.
Wir kommen viertens zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 17/538 in zweiter Lesung. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in Drucksache 17/821, den Gesetzentwurf Drucksache 17/538 in der Fassung seiner Beschlüsse anzunehmen. Wir kommen somit zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung Drucksache 17/821 unter Berücksichtigung der soeben angenommenen Änderungsanträge und nicht über den Gesetzentwurf selbst.
Wer der Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die CDU-Fraktion und die FDPFraktion. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die AfD und die drei fraktionslosen Abgeordneten. Gibt es Enthaltungen im Haus? – Das ist nicht der Fall. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der so veränderte Gesetzentwurf Drucksache 17/538 zum Nachtragshaushaltsgesetz 2017 in zweiter Lesung angenommen. Der Gesamtplan und die Haushaltsübersicht sind damit entsprechend geändert.