Protocol of the Session on April 14, 2020

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der AfD erteile ich Herrn Abgeordneten Wagner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dreimal eingebracht, dreimal nicht auf die Reihe gebracht: Das ist die Überschrift für Ihr vermurkstes Coronagesetz. – Dazu noch einmal der Ablauf dieses Gesetzgebungsverfahrens in aller Kürze:

Erster Akt. Die Landesregierung unter Armin Laschet bringt am 1. April 2020 auf 84 Seiten ein sogenanntes Coronagesetz ein. Es ist voll von Fehlern, und – noch schlimmer – es ist verfassungswidrig. Trotzdem will die Landesregierung es an einem Tag durchs Parlament peitschen.

Zweiter Akt. Wir als Opposition stoppen das überstürzte Verfahren beim Landtagspräsidium und holen so immerhin noch eine Woche an Beratungen

und vor allem eine Sachverständigenanhörung samt Experten heraus. Das Urteil der dort geladenen Fachleute: Der Entwurf ist mangelhaft und verfassungswidrig.

Dritter Akt. So beschädigt, ist Armin Laschet nun auf dem Rückzug. Er holt sich jetzt Rote und Grüne an Bord, um im Wettlauf mit Markus Söder doch noch irgendetwas vorlegen zu können. Nun fangen Schwarze, Rote, Gelbe und Grüne an, zu kungeln. Ganz wichtig dabei: Auf keinen Fall dürfen die Wähler der AfD respektive deren Abgeordnete daran beteiligt sein.

Das Ergebnis: Aus 84 Seiten werden 21. Und nicht einmal damit kommen Sie pünktlich in die Ausschüsse und ins Plenum – mit der Folge, dass für die inhaltliche Beschäftigung schlicht keine Zeit bleibt.

(Sarah Philipp [SPD]: Das ist nicht richtig!)

Abstimmen sollen wir trotzdem, als sei egal, über was man da befindet – wobei hinzukommt: Schon nach nur grober Durchsicht zeigen sich immer noch diverse formale wie inhaltliche Fehler.

Als AfD-Fraktion stoppen wir, dieses Mal als einzige Fraktion, dieses unwürdige Verfahren, stellen die Missachtung des Parlaments und seiner Abgeordneten bloß und schlagen so erneut fünf Tage heraus, um das Gesetz noch zu verbessern. Wie richtig und wichtig das war, zeigen schon alleine Ihre eigenen Änderungsanträge.

Aber wir stehen nun heute hier, und Sie von CDU bis Grüne haben das Gesetz immer noch nicht so verbessert, dass man ihm klar zustimmen kann, obschon wir das gerne wollten. Aber so reicht es nicht.

Sie haben uns als einziger Oppositionsfraktion hier und heute nur fünf Minuten Redezeit zugestanden – und das bei einem derartigen Gesetzentwurf. Das alleine zeigt schon wieder Ihren laxen Umgang mit wesentlichen Kernelementen unserer parlamentarischen Demokratie und Grundwerten unserer Verfassung.

In aller Kürze stelle ich daher hier unsere wesentlichen Einwände und, da wir ja konstruktiv sein wollen, auch unsere Änderungsanträge vor. Alle drei Anträge durchzieht dabei ein roter Faden:

Die Demokratie darf auch in Krisenzeiten nicht ungebührlich ausgehöhlt werden. Die Rechte des Parlaments und damit des Souveräns dürfen nicht unangemessen geschleift werden. Das heißt: Auch in einer Pandemie darf die Landesregierung keine übertriebenen Blankovollmachten erhalten.

Erstens. Wir wollen die Demokratie, das Parlament und seine Abgeordneten als Volksvertreter stärken. Deswegen beantragen wir, als deutlich klarere und damit rechtssichere Formulierung in Art. 1 § 11 nach

Abs. 1 Satz 1 folgenden neuen Satz 2 aufzunehmen – ich zitiere –:

„Im Falle einer Feststellung der epidemischen Lage gilt diese für zwei Monate; sie kann bei Fortbestehen ihrer Voraussetzungen nach inhaltlicher Befassung durch den Landtag und der Anhörung von Sachverständigen, die auch zu den absehbaren volkswirtschaftlichen und gesamtgesell

schaftlichen Folgen einer weiteren Verlängerung Stellung nehmen sollen, um jeweils zwei Monate verlängert werden.“

Zweitens.

„Die Landesregierung legt dem Landtag im Falle einer Feststellung der epidemischen Lage … regelmäßig Berichte über die getroffenen Maßnahmen unter Einbeziehung der verkündeten

Rechtsverordnungen und Erlasse verbunden mit einer Lagebeurteilung vor.“

Drittens: unser Lektoratsservice. In § 12 Abs. 1 Satz 1 muss der Indikativ und nicht der Konjunktiv verwendet werden. Sie haben den entsprechenden Änderungsantrag mittlerweile vorliegen.

Viertens. Mit unserem Änderungsantrag für die Stärkung der kommunalen Demokratie stellen wir sicher, dass die Werte unseres Grundgesetzes auch ihrem Geiste nach erhalten bleiben.

Meine Damen und Herren, Sie selbst überhöhen sich hier immer gerne selbstherrlich als angebliche Gemeinschaft der Demokraten – darunter Schwarz und Gelb mit ihrem überhasteten, verunglückten und verfassungswidrigen Gesetzentwurf und daraufhin Sie alle gemeinsam ohne Achtung vor dem Parlament als Ganzem und allen seinen Volksvertretern. Und dann ist das Gesetz immer noch nicht, formal wie inhaltlich, allen Standards genügend.

Erst zögerten und zauderten Sie. Dann strickten Sie dieses Gesetz mit allerheißester Nadel. Die Einmalzahlungen an Unternehmer waren nicht betrugssicher.

Nun können wir nur hoffen, dass Sie wenigstens bei den Lockerungsmaßnahmen – und da bin ich sehr bei Ihnen, Herr Laschet – die Dinge im Griff haben.

Für uns gilt daher: Gerade weil wir staatstragend sind, müssen wir Ihren Gesetzentwurf in dieser Form ablehnen. Dass Sie unseren Änderungsanträgen zustimmen, ist nicht zu erwarten; da friert wahrscheinlich eher die Hölle zu. Zu Gesprächen, es zu verbessern, sind wir, leider im Gegensatz zu Ihnen, allerdings bereit. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Laumann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Wochen weite Bereiche des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens unseres Landes stark verändert, ja lahmgelegt. Die gesetzliche Grundlage dafür war das Infektionsschutzgesetz. Darauf fußen alle Verordnungen, die wir in den letzten Wochen erlassen haben.

Mit dem Infektionsschutzgesetz können Sie zwar schützen, aber nicht gestalten. Deswegen war es aus Sicht der Landesregierung, vor allem des Gesundheitsministeriums, wichtig, in dieser Situation auch eine gesetzliche Grundlage zu haben, um insbesondere das Gesundheitssystem nach bestem Wissen und Gewissen auch unter Beteiligung all derer, die im Gesundheitswesen tätig sind, zu gestalten.

Das heute zu verabschiedende Gesetz ist wichtig, um der Landesregierung die Handlungsmöglichkeiten im gestaltenden Bereich, vor allem im Gesundheitsbereich, zu eröffnen. Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie diese Grundlage schaffen.

Ich habe Ihnen schon im Rahmen der zweiten Lesung gesagt: Natürlich wird das Gesundheitsministerium mit den Handlungsmöglichkeiten, die dieses Gesetz bietet, sehr sorgsam umgehen. Da, wo wir es für nötig halten, da, wo Parlamentsvorbehalte sind, werden wir auch rechtzeitig den Landtag NordrheinWestfalen informieren und einen Beschlussvorschlag unterbreiten.

Wir werden noch in dieser Woche die ersten Schritte einleiten müssen, um festzustellen, wo es in Nordrhein-Westfalen außerhalb der Krankenhäuser Beatmungsgeräte gibt. Das hat mit Beschlagnahme noch gar nichts zu tun. Aber in dieser Situation müssen wir wissen, wo sie sind. Denn erst dann eine Feststellung vorzunehmen, wenn es Defizite geben sollte – was hoffentlich nie passiert –, würde sehr viel kostbare Zeit in Anspruch nehmen.

Wir werden auch die ersten Schritte einleiten, um ein Freiwilligenregister aufzustellen. Darüber haben wir uns bereits über die Feiertage viele Gedanken gemacht. Es ist nicht ganz einfach, unter großem Zeitdruck ein Register dieser Dimension aufzustellen. Aber wir werden alles tun, um möglichst schnell ein effektives, der Sache angemessenes und verwendbares Register aufzubauen. Wir können dabei sicherlich auf die eine oder andere Vorarbeit der Ärztekammern zurückgreifen, was Ärzte und zum Teil auch Pflegepersonal angeht.

Es ist sicherlich gut, wenn wir über den Aufbau und den Fortgang des Aufbaus dieses Freiwilligenregisters in normalen Abständen dem Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales berichten, damit die Abgeordneten darüber informiert sind, weil dieses Freiwilligenregister nicht nur aus meiner Sicht, sondern auch aus Ihrer Sicht eine große Bedeutung hat, meine Damen und Herren.

Wir haben die Ostertage hinter uns. Ich finde, dass wir stolz darauf sein können, wie die Bevölkerung mit den Einschränkungen umgegangen ist. Die Einschnitte haben Wirkung gezeigt.

Nordrhein-Westfalen liegt mittlerweile bei einer Verdopplungsrate von 15,2 Tagen. Das ist ein Parameter, der ziemlich wichtig ist. Dies gibt uns jetzt die Möglichkeit, über Lockerungen, über Veränderungen verantwortungsbewusst nachzudenken.

Wir haben zurzeit in Nordrhein-Westfalen knapp 27.000 Infizierte. Davon sind – das ist die gute Nachricht – 13.300 schon wieder genesen.

Leider haben wir 613 Todesfälle zu beklagen.

Wir haben Gott sei Dank in diesem Land Intensivkapazitäten von 7.566 Betten, 5.041 davon mit Beatmungsmöglichkeiten. Hier ist es in den letzten 14 Tagen gelungen, stark aufzubauen. Ich bin allen Verantwortlichen in den Krankenhäusern sehr dankbar dafür,

(Beifall von allen Fraktionen)

dass man die Möglichkeiten genutzt hat, alles zu mobilisieren, was zu mobilisieren ist.

Von den 5.041 Beatmungsplätzen in NordrheinWestfalen sind zurzeit 1.841 verfügbar, also frei.

Wir haben rund 2.900 verfügbare Intensivbetten.

Das zeigt: In den letzten 14 Tagen, drei Wochen ist ein großer Aufbau im Gesundheitssystem möglich geworden.

Es zeichnet sich immer stärker ab, dass wir uns auch viele Gedanken um die alten Leute machen müssen. Von den in Nordrhein-Westfalen gestorbenen Menschen sind immerhin 82 % über 70 Jahre alt gewesen. Das macht deutlich, dass alte Menschen sehr gefährdet sind. Bei allem, was wir tun, müssen wir das genau im Auge haben.

Nun komme ich zu der Situation, die mittlerweile in unseren Altenheimen besteht. Zurzeit sind 151 Einrichtungen von dem Virus betroffen. Gut 1.000 Bewohnerinnen und Bewohner sind infiziert. Mittlerweile sind 1.400 Mitarbeiter von Altenheimen, also stationären Pflegeeinrichtungen, in Quarantäne.

Hier steigen die Zahlen sehr sprunghaft an. Deswegen werde ich morgen mit denjenigen, die Altenheime bei uns in Nordrhein-Westfalen betreiben, darüber reden, wie wir damit umgehen.

Bei Evakuierungen von Altenheimen wie beispielsweise in Sankt Augustin – dieser Fall ist ja durch die Medien gegangen – stellt sich immer die Frage: Wohin? Andere Einrichtungen sind auch voll. In diesem Fall wurde ein Teil der Menschen vorübergehend in Krankenhäusern untergebracht, weil es dort zurzeit freie Plätze in der Pflege gibt. Da stellen sich aber Finanzierungsfragen. Diese müssen geklärt werden. Denn wir müssen sicherstellen, dass die Menschen weiterhin pflegerisch gut versorgt werden, wenn in einzelnen Einrichtungen diese Problematik auftritt.