Meine Damen und Herren, unsere Städte und Gemeinden in diesem Land würden nicht funktionieren, wenn es nicht zahllose Menschen gäbe, die sich für ihre Nachbarschaft, ihren Ort, ihre Stadt oder ihre Gemeinde – schlicht für die Gemeinschaft – einbringen. Dazu zählen auch die Frauen und Männer, die sich bei uns kommunalpolitisch engagieren.
Das sind die unzähligen Aktiven in den Stadt- und Gemeinderäten, den Bezirksvertretungen, den Kreistagen, den Regionalräten, dem Regionalverband Ruhr, den Landschaftsversammlungen, den Zweckverbänden sowie verschiedenen Ausschüssen und sonstigen Gremien.
Die Bürgermeister und Oberbürgermeister in den 396 Kommunen, die über 30 Landräte und der Städteregionsrat sowie die über 20.000 ehrenamtlich Aktiven in der Kommunalpolitik machen ihre Arbeit, weil sie davon beseelt sind, ihren Ort, ihre Nachbarschaft zu gestalten und Probleme für die Menschen vor Ort zu lösen.
Sie tun das in unterschiedlichen demokratischen Parteien oder Wählervereinigungen. Dabei haben sie nicht immer die gleiche Meinung. Es ist wichtig und richtig, dass es unterschiedliche Auffassungen und Streit über politische Fragen gibt. Meinung und Widerspruch sind das Lebenselixier unserer Demokratie. Widerspruch und Kritik, auch mal vehementer vorgetragen, sind legitim. Das ist sogar wichtig, wenn man eine aufgeklärte Bürgerschaft haben will. Die meisten Kommunalpolitiker stellen sich dem gerne und sehen es als selbstverständlich an.
Wenn die eigene Familie bedroht wird, man den Tod gewünscht bekommt oder sogar angegriffen oder in Gefahr gebracht wird, ist die Grenze von Widerspruch und Kritik aber längst überschritten.
(Vereinzelt Beifall von der SPD – Beifall von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] und Arndt Klocke [GRÜNE])
Sein Engagement der Gemeinschaft zu widmen und seine Freizeit für das Gemeinwohl zu opfern, ist mehr als ehrbar. Dafür angefeindet, beschimpft, bedroht oder gar angegriffen zu werden, ist – das haben die Redner vor mir auch schon gesagt – eine Schande für unser Land.
Meine Damen und Herren, wir wollen heute den Opfern das Signal senden: Egal, welche Farbe dein Parteibuch hat; egal, wie deine demokratischen Überzeugungen sind – wir stehen solidarisch an deiner Seite.
Wir stehen an der Seite von Henriette Reker und Andreas Hollstein. Wir stehen an der Seite von Martina Angermann und Arnd Focke. Wir stehen an der Seite von Karamba Diaby und Christoph Landscheidt.
Jeder Hasskommentar, jeder Drohbrief und jede Anfeindung sind auch ein Angriff auf uns alle und ein Angriff auf die demokratische Gesellschaft insgesamt. Deswegen stehen wir alle, steht die demokratische Gesellschaft immer an der Seite der Opfer.
Wir tun das geschlossen – das hoffe ich zumindest – als Demokraten. Deswegen ist es richtig, dass Lars Klingbeil eine parteiübergreifende Initiative gestartet hat – die im Übrigen von Horst Seehofer unterstützt wird und nicht von ihm initiiert worden ist; das will ich an dieser Stelle geraderücken.
Eine solche Initiative würde auch uns hier im Landtag gut anstehen. Das sollten wir als Demokraten in diesem Hohen Haus angehen. Dieses Thema taugt nicht zur parteipolitischen Profilierung, so wie Sie, Herr Lürbke, es hier heute Morgen angelegt haben.
Es betrifft uns alle, uns alle gemeinsam. Also ist es richtig, dass wir auch alle gemeinsam zusammenstehen.
Meine Damen und Herren, denjenigen, die meinen, dass sie mit Hasskommentaren, Drohmails oder sogar körperlichen Angriffen ihren Argumenten Ausdruck verleihen können, darf außer einer konsequenten Strafverfolgung keine Aufmerksamkeit geschenkt werden. Zu glauben, dass Hass und Gewalt legitime Mittel der Argumentation sind, darf nicht mit Aufmerksamkeit belohnt werden. Der Lohn für Drohungen, Hass und Gewalt darf in unserem demokratischen
Bevor ich für die CDU-Fraktion dem Abgeordneten Sieveke das Wort erteile, muss ich noch eine Rüge aussprechen. Während des Beitrags des Abgeordneten Lürbke gab es vom Kollegen Dudas zweimal in Folge eine unparlamentarische Äußerung, die ich an dieser Stelle rügen muss.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist immer der spannendste Moment, wenn der Präsident eine Rüge ausspricht und sagt, dass er den Begriff nicht wiederholen werde. Schließlich will man hören, was es denn war. Ich sage das jetzt einmal: Es waren die Begriffe „Spalter“ und „Hetzer“.
Ich bin dem Innenminister für seinen Redeausstieg dankbar; denn bei einer solchen Debatte muss man in der Tat die Frage gestellt haben, wer eigentlich ein Stück weit an dieser überladenen Situation in unserem Land schuld ist.
Als ich 1986 zur Kommunion gegangen bin, hat mein Pastor zu mir gesagt: Finger umdrehen – es ist so leicht, auf den anderen zu zeigen: Der, der, der ist daran schuld, dass es so und so ist.
Mal auf sich selbst zu zeigen – das tue ich hiermit. Ich zeige selber auf mich. Was habe ich selber dazu beigetragen, dass die Sprache so ist, wie sie ist, und dass Diskussionen so geführt werden, wie dies der Fall ist?
Vielleicht ist das der richtige Ansatz: Mal darüber nachzudenken, ob wir nicht alle auch selbst dazu beitragen, dass die Diskussion so geführt wird, wie sie geführt wird.
Ich bin schon verwundert, wenn Sie dem Vorredner der FDP-Fraktion vorwerfen, gehetzt und gespalten zu haben. Er hat zu dem Antrag auf eine Waffenbesitzkarte bzw. das Tragen einer Waffe Stellung genommen. Ist das der Lösungsansatz, den Sie fordern?
(Sven Wolf [SPD]: Nein, das haben wir doch auch nicht gesagt! – Christian Dahm [SPD]: Das hat keiner gefordert! Haben Sie denn nicht zugehört? – Weitere Zurufe von der SPD)
“Nein“ sagen Sie jetzt. Warum kritisieren Sie aber dann den Redebeitrag, der sich darauf bezogen hat?
Herr Dahm, Sie sagen dann sogar noch, Herr Lürbke versuche, die Debatte rational zu führen, um die Sache zu verniedlichen.
Wie kann eine rationale Diskussion dazu führen, dass man etwas verniedlicht? „Rational“ bedeutet, sachlich, fachlich, kompetent an die Sache heranzugehen. Wenn das dazu führt, dann haben wir hier, wenn wir uns schon dazu nicht committen können, ein großes Problem.
Worauf wir uns aber einigen können, ist, dass wir als Demokraten zusammenstehen. Dafür müssen wir in meinen Augen aber nicht jedes Mal betonen: „Wir demokratischen Fraktionen …“. Wir sind doch Demokraten. Wir sind dazu verpflichtet, die freiheitlich-demokratische Grundordnung hochzuhalten. Das bedingt, dass wir miteinander sprechen, aber auch miteinander streiten.
Bei aller Diskussion – eben haben Sie zum Beispiel auch sofort darauf reagiert, als Herr Lürbke „Hysterie“ gesagt hat; finden Sie einen anderen Begriff – fände ich es toll,
(Christian Dahm [SPD]: Er hat ihn doch ver- wendet! – Der Abgeordnete zeigt in Richtung Marc Lürbke [FDP].)
bei allen Problemstellungen – Sie haben Namen genannt; wir haben die Diskussion aktuell geführt – vielleicht mal darüber nachzudenken, wie toll die kommunale Aufgabe ist, warum die Menschen das machen und wie dankbar sie dafür sind, kommunal tätig zu sein,
Gehen Sie morgens, wenn Sie nach Düsseldorf fahren, mal zum Bäcker. Wenn die Bäckereifachangestellte fragt, ob es anstrengend sei, dann antworten viele: Ja, das ist doch verdammt hart. – Ich sage das nicht mehr. Ich habe das freiwillig gemacht, mich hat
niemand dazu gezwungen. Ich gehe jeden Tag gerne hierhin und mache diesen Job. Das führt dazu, dass ich manche Sachen aushalten muss.
Wer diese Sachen aber nicht aushalten muss, sind unsere Familien und auch die Familien der bei den Kommunen, bei der Polizei, bei den Gerichten, in den Verwaltungen, im Ehrenamt, in Kirchengemeinden und Sportvereinen tätigen Männer und Frauen. Die müssen das nicht aushalten. Deswegen ist jeder zu kritisieren, der Gewalt – ob verbal oder körperlich – gegen jemanden ausübt. Dafür ist aber der Rechtsstaat zuständig. Das haben Sie, Herr Minister Reul, eben gesagt.
Herr Wolf, als Sie eben über Kamp-Lintfort sprachen, haben Sie genau das gemacht, was mich bei diesem Fall ärgert – und das ist nicht, dass sich jemand bedroht fühlt. Sie haben aber auch bei dieser Sache wieder so getan, als ob der Rechtsstaat diesen Bürgermeister im Stich gelassen hätte.