Nun möchte ich noch kurz auf einen Punkt eingehen, der mich in diesem Zusammenhang besonders ärgert. Zu den schlimmsten Dingen, die Politik machen kann, gehört, Wasser zu predigen und Wein zu trinken. Wir alle hier im Saal haben zu dem Zeitpunkt, als wir Abgeordnete wurden, dieses Formular ausgefüllt:
Antrag auf Beihilfe oder – jetzt kommt es – Zuschuss zum Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag gemäß § 13 des Abgeordnetengesetzes; übrigens mit dem deutlichen Hinweis versehen, dass die Entscheidung, ob die Beihilfe oder der Beitragszuschuss gewährt werden soll, grundsätzlich unwiderruflich ist.
Hat jemand in diesem Saal aufgeschrien, dass das verfassungswidrig sein könnte? Nein. Hat jemand hier im Saal skandalisiert, das sei der Einstieg in die Bürgerversicherung? Nein, natürlich nicht, auch nicht seitens der FDP-Fraktion oder der CDU-Fraktion.
Seitdem bekomme beispielsweise ich also monatlich einen 50%igen Zuschuss zu meiner AOK-Kranken- und -Pflegeversicherung.
Nicht nur die Abgeordneten sollen einen Zuschuss erhalten, sondern auch die Lehrerin, die an einer Grundschule anfangen möchte, und der Justizvollzugbeamte, der seinen Dienst in einem Gefängnis
antreten möchte. Wir wollen mit diesem Gesetz also eine Regelung für die vielen Menschen schaffen, die als Beamtinnen und Beamte des Landes schon jetzt in der gesetzlichen Krankenversicherung sind, und die vielen, die in den kommenden Generationen noch dazukommen werden, und nicht nur für die wenigen Abgeordneten in diesem Land. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die FDP-Landtagsfraktion darf ich feststellen: Wir stehen zum Berufsbeamtentum mit all seinen Komponenten.
Es handelt sich um ein besonderes Dienstverhältnis, das im Vergleich zu anderen Arbeitsverträgen an einigen Stellen individuelle Vorteile und in anderen Bereichen gegebenenfalls persönliche Nachteile mit sich bringt. Beamte sind einerseits beispielsweise beim Streikrecht eingeschränkt und können sich als Leistungsträger bei ihrem Monatsentgelt nicht so schnell weiterentwickeln wie andere Beschäftigte. Andererseits sorgt die besondere Fürsorge des Dienstherrn bei Pensionen oft für einen höheren Lebensstandard im Altersruhestand und ist die Mitgliedschaft in der privaten Krankenversicherung ein Attraktivitätsaspekt.
Aus prinzipiellen Gründen, aber gerade auch angesichts von 10.000 unbesetzten Stellen in Zeiten des Fachkräftemangels verbietet es sich, als Steinbruch nur einzelne Aspekte zu betrachten und zur Disposition zu stellen.
Der Gesetzentwurf der SPD wird daher vom Deutschen Beamtenbund ausdrücklich zurückgewiesen, wie wir in der Sachverständigenanhörung sehr eindrucksvoll erfahren durften. Selbiges ist mit einem vergleichbaren Antrag der Grünen vor einigen Wochen passiert.
Ferner sorgen folgende Probleme auch bei uns für eine klare Ablehnung: Die SPD behauptet, eine pauschale Beihilfe sei nötig, da beispielsweise langzeiterkrankte und behinderte Personen nicht in eine private Krankenversicherung aufgenommen würden. Die Anhörung der Experten hat allerdings gezeigt, dass das, was Sie behaupten, überhaupt nicht stimmt.
Ich darf Ihnen das entsprechende Zitat aus der Stellungnahme des Verbandes der Privaten Krankenversicherung vortragen:
„Im Rahmen der Öffnungsaktionen der PKV wird bereits heute jeder Beamte unabhängig von seinen Vorerkrankungen und seinem Gesundheitszustand in die PKV aufgenommen.“
Problematisch sind ferner Auswirkungen des SPDGesetzentwurfs auf die Rentenversicherung. Die Beihilfe übernimmt nämlich auch Leistungen, die bei gesetzlich versicherten Personen durch die Rentenversicherung erfüllt werden, beispielsweise einen Kuraufenthalt. Ein Beamter ohne bisherigen Beihilfeanspruch und stattdessen mit alternativer GKVVersicherung würde hier in eine Versicherungslücke fallen. Das kann nicht ernsthaft Ihre Absicht sein.
Ein gewichtiges Argument gegen den Gesetzentwurf der SPD-Landtagsfraktion sind auch schwerwiegende rechtliche Bedenken. Es gibt ein klares Delegationsverbot in Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes, das Ihnen von den Experten in der Sachverständigenanhörung ja auch dargestellt worden ist. Der Dienstherr ist nämlich verpflichtet, seine Fürsorge- und Alimentationspflicht selbst aktiv zu erfüllen, und darf sie nicht auf einen Dritten, wie es die GKV wäre, abwälzen.
Daraus folgt eine weitere Gefahr. Selbst wenn sich der Landtag für die Einführung einer pauschalen Beihilfe entscheiden würde, könnte sich jeder in die GKV gerutschte Beamte je nach Lebenssituation später wieder mit Bezugnahme auf Art. 33 Abs. 5 in das Beihilfesystem einklagen. Das kann nicht sinnvoll sein.
In Wahrheit geht es SPD und Grünen mit ihren jeweiligen Initiativen um eine schleichende Aushöhlung der PKV, da dieses System von Rot-Grün ausweislich zahlreicher Parteitagsbeschlüsse von Ihnen nicht gewollt ist. Das ist doch Ihre eigentliche Motivation.
Nach mehrfacher Heraufsetzung der Versicherungspflichtgrenze wird immer mehr Menschen der Eintritt in die PKV faktisch unmöglich gemacht. Beamte sind daher eine wichtige Säule zur Stabilisierung und Neukundengewinnung der PKV, die Rot-Grün lieber austrocknen und zerschlagen will. Dieses politische Ziel teilen wir ganz ausdrücklich nicht. Wir wollen – umgekehrt – mehr Menschen die PKV ermöglichen und ihnen diese nicht nehmen.
Die eigentlichen Herausforderungen bei der Beihilfe sind deshalb aus Sicht der FDP-Landtagsaktion andere: Wir wollen den Bearbeitungsaufwand und die Bearbeitungszeit der Beihilfe weiter reduzieren, ohne die Bearbeitungsqualität zu beeinträchtigen. Da gibt
es noch Optimierungsbedarf. Uns geht es also im Ergebnis um die kundenfreundlichere Ausgestaltung bei der Administration, aber nicht um die Abschaffung des Systems.
Parallel wollen wir das behördliche Gesundheitsmanagement ausbauen und stärken sowie den Krankenstand im öffentlichen Dienst senken. Das sind unsere ganz konkreten Vorschläge zur Verbesserung des Systems.
Beamte schätzen grundsätzlich den Vorteil ihrer PKV mit der dazugehörigen anteiligen Beihilfeerstattung zwischen 50 und 80 %.
(Stefan Zimkeit [SPD]: Wofür haben Sie sich denn entschieden? – Gegenruf von Henning Höne [FDP]: Mein Gott!)
ein wichtiges Argument bei der Fachkräftegewinnung darstellt. Diese wollen wir nicht gefährden. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Mostofizadeh.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer hätte das gedacht? Die FDP: die neue Partei der Beamtinnen und Beamten hier in Nordrhein-Westfalen, Vorreiterin des öffentlichen Dienstes, der öffentlichen Hand. Vergessen sind die Worte „Privat vor Staat“.
Mehr Privat vor Staat – das wäre das, was Ihre Partei, Herr Kollege Witzel, an dieser Stelle eigentlich vortragen müsste.
Der Kollege Weske hat es angesprochen: Es geht heute im Kern darum, ob dieses Land bereit ist, denjenigen Angestellten im Landesdienst, die nicht in die Beihilfe hineinkommen, die Möglichkeit zu geben, sich auch gesetzlich zu versichern, und das zu den gleichen Bedingungen, wie sie für die anderen gelten, nämlich indem der Arbeitgeberanteil vom Land übernommen wird.
Eine Mehrheit von FDP und CDU hier im Landtag sagt: „Nein, wir wollen die Ungerechtigkeit im System belassen“, und schiebt da die PKV-Diskussion vor.
Der Aspekt, den der Kollege Blöming in die Diskussion eingebracht hat, ist entlarvend. Alle Sachverständigen, die sich in der Anhörung zu diesem Thema sachlich geäußert haben, haben Ihnen doch konzediert, dass es nicht um einen Einstieg in die Bürgerversicherung geht.
Herr Kollege Witzel, ich will Ihnen sehr klar sagen: Ich halte eine Bürgerversicherung für den richtigen Weg, weil es nicht richtig ist, dass 50 % der Privatversicherten vom Staat alimentiert werden, nämlich Beamtinnen und Beamte, die pflichtmäßig dort drin sind. Dieses System gäbe es gar nicht, wenn der Staat es nicht mit allen Mitteln aufrechterhalten würde. Das ist doch die Wahrheit, über die wir hier reden müssen.