Protocol of the Session on November 15, 2019

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe es gesagt. Ich bin seit 2000 Mitglied des Landtags. Herr Minister, lassen Sie mich Folgendes sagen: Ich bin über viele Jahre immer sehr skeptisch gewesen, wenn Menschen gefordert haben: Das ist doch völlig klar. Da müssen mehr Leute in den ASD, und dann wird alles schon gut.

Ich war auch sehr skeptisch, wenn gesagt worden ist: Ein großes Problem ist, dass wir zu viele kleine Kinder- und Jugendämter haben. Das ist virulent.

Ich habe mich dann immer gegen einfache Lösungen gewehrt und immer gesagt: So einfach ist die Welt nicht. Wir müssen genauer hinschauen. Ein kleines Jugendamt kann unter Umständen für das einzelne Kind und für die einzelne Familie eine ganz umfassende Hilfe leisten, und ein großes Jugendamt kann aufgrund der Höhe der Fallzahlen möglicherweise auch Dinge einfach übersehen. Das kann so nicht unbedingt immer die Antwort sein.

Ganz genauso war ich immer sehr, sehr skeptisch, wenn gesagt worden ist: Es muss Strafverschärfungen geben. Dann können wir solche Taten möglicherweise verhindern.

Bei der Pressekonferenz habe ich einen sehr zornigen Minister erlebt, von dem ich ja weiß, dass er Vater von zwei Töchtern ist, der gesagt hat: Es kann nicht sein, dass solche Sachen einfach nach wie vor in dem Maße strafbewehrt bleiben, wie sie es jetzt sind.

Deshalb sage ich ganz offen: Mich – ich weiß, auch viele Kolleginnen und Kollegen – haben Sie an Ihrer Seite, wenn Sie über Strafrechtsverschärfungen nachdenken.

Nur wissen wir alle, dass das nicht dazu führen wird, dass wir Taten verhindern können, denn diese Menschen gehen ganz offensichtlich mit einer völlig anderen Vorstellung, mit einem ganz anderen Menschenbild vor.

Deshalb erhoffe ich mir, dass es uns in dieser Kinderschutzkommission gelingt, unserem verfassungsgemäßen Auftrag, unserer verfassungsgemäßen

Verantwortung für die Kinder in Nordrhein-Westfalen besser gerecht zu werden. Ich hoffe, dass wir in diesem Sinne zügig die Arbeit aufnehmen können.

Ich bedanke mich bei den Fraktionen, die das mitgetragen haben. Ich weiß, dass einige ihre Skepsis hintangestellt und gesagt haben: Das ist vielleicht doch eine Methode, auch als Parlament deutlich zu machen, wie wichtig uns der Kinderschutz ist. – Herzlichen Dank dafür.

Ich hoffe, dass wir eine sehr gute Zusammenarbeit haben werden. Glückauf, wie man in meiner Heimat immer noch sagt. – In diesem Sinne herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Mir liegt keine weitere Wortmeldung mehr vor. Daher schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellenden Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen haben eine direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags. Wer möchte dafür stimmen? – Das sind SPD, Grüne, CDU, FDP, AfD und die drei fraktionslosen Abgeordneten. Ist jemand dagegen? – Möchte sich jemand enthalten? – Damit ist der Antrag Drucksache 17/7756 einstimmig angenommen.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der AfD)

Ich rufe auf:

2 Gesetz zur Einführung einer pauschalen Bei

hilfe

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD Drucksache 17/5620

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 17/7791

zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die Fraktion der CDU dem Abgeordneten Blöming das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf zur Einführung einer pauschalen Beihilfe kommt zunächst als recht nüchterner Vorschlag daher. Doch sein ideologischer Grundton ist unüberhörbar. Nicht die Stärkung des Berufsbeamtentums ist das Ziel. Nein, es geht hier um die langfristige Aushöhlung des gut funktionierenden Beihilfesystems. Konkret geht

es Ihnen um die schrittweise Einführung einer Bürgerversicherung.

Diesem Angriff auf das Berufsbeamtentum und der Etablierung einer Zwangseinheitsversicherung stellen wir uns strikt entgegen.

Im Koalitionsvertrag hat sich die Nordrhein-Westfalen-Koalition klar zu den drei Grundpfeilern des Berufsbeamtentums bekannt: Besoldung, Versorgung, Beihilfe.

Für einen starken Staat brauchen wir in NordrheinWestfalen einen starken öffentlichen Dienst.

Die Beihilfe ist ein wichtiges Attraktivitätsmerkmal, zum Beispiel in Sachen Nachwuchsgewinnung. So haben wir als Nordrhein-Westfalen-Koalition zusammen mit der SPD noch Anfang dieses Jahres einen gemeinsamen Antrag zur Weiterentwicklung und Modernisierung des Beihilferechts beschlossen – nur damit Sie, liebe SPD, wenige Monate später das scheinbare Bekenntnis zur Beihilfe wieder revidieren. Ich kann das nicht verstehen.

Sie beginnen hier, das ganze duale Gesundheitssystem infrage zu stellen. Das hat Ihnen auch der Deutsche Beamtenbund in der Anhörung im Juni dieses Jahres in aller Deutlichkeit vorgehalten. Nach wie vor bestehen schwere verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einführung einer Bürgerversicherung. Sie nehmen mittelfristig die substanzielle Schwächung der privaten Krankenversicherung in Kauf – mit sinkenden Leistungen bei steigenden Kosten als Folge für alle.

Die überdurchschnittliche Mitfinanzierung des Gesundheitssystems durch die private Krankenversicherung blenden Sie mit Ihren ideologischen Scheuklappen einfach aus. Davon profitieren aber alle Versicherten.

Die möglichen Mehrkosten im Gesundheitssystem werden von Ihnen mit 13 Millionen Euro beziffert. Das soll der Steuerzahler nun jedes Jahr mehr zahlen.

Weiterhin beziehen Sie sich in Ihrer Berechnung auf das Hamburger Modell. Das ist absolut nicht durchdacht. Es ist unsozial und stellt auch eine Generationenungerechtigkeit dar.

Der Bezug zum Hamburger Modell ist zudem entlarvend; denn bereits am 8. August 2017 twitterte Karl Lauterbach von der SPD hierzu und nannte die Entwicklung in Hamburg „einen großartigen Schritt zur Bürgerversicherung“.

Jahrelang wurde von der SPD in Sachen Bürgerversicherung fast nichts erreicht. Daher hat sie ihre Vorgehensweise geändert. Nun soll es in kleinen Schritten in Richtung Bürgerversicherung gehen, wie es in einem programmatischen Papier der Friedrich-EbertStiftung auch nachzulesen ist. Einer dieser kleinen Schritte liegt uns heute in Form dieses Gesetzentwurfes vor.

Ich sage ganz klar: Wir als Nordrhein-Westfalen-Koalition stehen an der Seite unserer Staatsdienerinnen und Staatsdiener. Wir lehnen daher jeden Angriff auf das Berufsbeamtentum ab.

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Der vorliegende Gesetzentwurf der SPD ist nicht nur ein sukzessives Sägen an den Grundpfeilern des Beamtentums. Nein, er birgt auch die ernsthafte Gefahr einer Qualitätsverschlechterung und höherer Kosten für alle Versicherten, von den eben erwähnten 13 Millionen Euro Zusatzkosten zur Torpedierung eines bewährten Systems ganz zu schweigen. Wir lehnen den Gesetzentwurf daher ab.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Blöming. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Weske.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist bereits erwähnt worden: Wir haben eine lange und ausführliche Beratung in vielen Sitzungen mit Anhörungen und allem Drum und Dran gehabt und sind nun am entscheidenden Tag der Abstimmung angekommen.

Ich stelle fest – im Gegensatz zu dem, was Sie gerade hier wieder als das, was neu dazukommen soll, erläutert haben –: Schon jetzt kann sich jeder und jede, der oder die bei uns im Land in die Beamtenlaufbahn einsteigt, für die gesetzliche Krankenversicherung entscheiden. Es gibt insofern also gar keinen neuen Tatbestand.

Im Kern geht es hier am Ende des heutigen Tages nur noch um eine Frage: Unterstützen wir die Beamtinnen und Beamten, die sich für die gesetzliche Krankenversicherung entschieden haben, und zahlen ihnen einen Arbeitgeberanteil in Höhe von 50 %, wie ihn auch unsere Angestellten und Arbeiter bekommen,

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

so, wie es bereits in den Ländern Hamburg, Brandenburg, Bremen und Thüringen geschieht und wie Berlin und Schleswig-Holstein es auch vorhaben?

Die Kritik an unserem Gesetzentwurf – das hat insbesondere die Anhörung der Expertinnen und Experten gezeigt – läuft ins Leere. Die Frage nach einer eventuell fehlenden Verfassungsmäßigkeit, die Sie immer noch sehen, stellt sich überhaupt nicht. Weder in Hamburg noch in den anderen Ländern, die sich auf diesen Weg gemacht haben, hat irgendjemand geklagt oder spielt mit diesem Gedanken – übrigens auch nicht hier in Nordrhein-Westfalen.

Dass der Gesetzentwurf der Einstieg in die Bürgerversicherung sein soll, ist blanker Unsinn. Das haben die Gewerkschaften in der Anhörung sehr schön herausgearbeitet. Die Forderung nach einer pauschalen Beihilfe ist Jahrzehnte älter als unser sozialdemokratisches Konzept der Bürgerversicherung.

Herr Blöming oder auch gleich Herr Witzel, die Gewerkschaften haben gesagt, dass diese Forderung 40 Jahre alt ist. Da haben wir noch „Die drei ???“ gelesen und keine Drucksachen, geschweige denn das Konzept der Bürgerversicherung.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Nadja Lüders [SPD])

Hinzu kommt, dass die Bürgerversicherung überhaupt nicht auf Landesebene eingeführt werden kann. Das haben auch alle Beteiligten in der Expertenanhörung so gesagt.

Wir teilen also das Fazit beispielsweise des DGB in der Anhörung, dass die Einführung der pauschalen Beihilfe in Hamburg vielen Menschen genützt und niemandem geschadet hat.

Nun möchte ich noch kurz auf einen Punkt eingehen, der mich in diesem Zusammenhang besonders ärgert. Zu den schlimmsten Dingen, die Politik machen kann, gehört, Wasser zu predigen und Wein zu trinken. Wir alle hier im Saal haben zu dem Zeitpunkt, als wir Abgeordnete wurden, dieses Formular ausgefüllt: