Protocol of the Session on September 14, 2017

(Zuruf von der FDP)

Na klar. Dazu stehe ich auch. – Was haben Sie uns dafür gescholten! Was haben Sie geschimpft! Die ganze Aufregung durch Sie war aber doch reines Theater; denn jetzt hätten Sie die Möglichkeit, diese Erhöhung zurückzunehmen. Sie hätten die Möglichkeit. Aber Sie wollen das doch gar nicht. Sie wollen das Geld behalten, meine Damen und Herren. Sie erinnern sich nicht mehr an Ihre Versprechen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Stattdessen kündigen Sie eine Bundesratsinitiative zur Grunderwerbsteuer an. Kein Mensch weiß, ob und wann diese Initiative erfolgreich sein wird. Sie wissen es auch nicht. Sie haben noch nicht einmal die Kosten durchgerechnet. Das ist ein reines Ablenkungsmanöver. Andernfalls könnten Sie ja die Grunderwerbsteuer in Nordrhein-Westfalen so lange absenken, bis sich für den Freibetrag eine Mehrheit in Bundestag und Bundesrat gefunden hat. Aber auch das wollen Sie nicht. Geben Sie es zu: Sie wollen das Geld behalten. Geben Sie es zu.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von den GRÜNEN)

Ich mache Ihnen einen anderen Vorschlag: Wenn Sie junge Familien wirklich entlasten wollen, können wir gemeinsam die Kitagebühren abschaffen –

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

zumindest für die Kernzeiten von 30 Stunden pro Woche. Das würde enorm helfen.

Lassen Sie uns damit gemeinsam dafür sorgen, dass die jungen Familien über vier Jahre 10.000, 15.000 oder gar 25.000 € weniger bezahlen, also um diese Beträge entlastet werden. Das hilft im Übrigen allen Familien, ganz gleich, ob sie Wohneigentum erwerben wollen oder nicht.

Die Mittel dafür sind vorhanden. Was fehlt, ist der politische Wille in Ihrer Koalition.

(Zuruf von der CDU)

Gebühren, die man erhebt, obwohl man es nicht muss, sind nichts anderes als Steuern – Kitasteuern. Von nun an sind die Kitagebühren in Nordrhein

Westfalen schwarz-gelbe Kitasteuern, meine Damen und Herren.

(Anhaltender Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Ministerpräsident, Sie haben vor der Wahl lauthals damit angegeben, Nordrhein-Westfalen werde unter Ihrer Führung einen nie gekannten Einfluss auf die Bundespolitik erhalten. Was wir da zu erwarten haben, hat Ihr Verhalten vor dem ersten Diesel-Gipfel gezeigt. Einen Tag vorher verkündeten Sie die vermeintlich knallharten Forderungen NordrheinWestfalens an die Autokonzerne. NRW werde ein Maßnahmenpaket verlangen, das substanziell messbare Ergebnisse bringen werde, Software-Updates und einen Mobilitätsfonds. Und siehe da: Genau das wurde dann auch beschlossen.

Ich kann mir gut vorstellen, wie es in Wirklichkeit abgelaufen ist: Sie haben im Bundeskanzleramt angerufen und gefragt, was denn bei diesem Gipfel herauskommen wird

(Michael Hübner [SPD]: Mutti, was darf es denn sein? – Heiterkeit von der SPD)

und zu welchen Zugeständnissen VW, BMW und Daimler gnädigerweise bereit sind. Das haben Sie alles brav mitgeschrieben und anschließend Ihren Zettel als superharten NRW-Forderungskatalog präsentiert.

Wissen Sie, wie den Damen und Herren in Wolfsburg und Hannover, in München und Stuttgart zumute war, als sie von Ihren Forderungen erfuhren? Zum Lachen. Sie haben über Sie gelacht. Sie haben über Nordrhein-Westfalen gelacht, dessen Ministerpräsident sich mit dem Schaumschläger in der Hand zum Unterstützer kurzfristiger Interessen aus Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern gemacht hat.

(Beifall von der SPD)

Für die Menschen in Nordrhein-Westfalen haben Sie nichts herausgeholt. Nichts, Herr Ministerpräsident!

(Beifall von der SPD)

Nichts für die Besitzer von Dieselfahrzeugen, nichts für normale Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ihren Wagen brauchen, um zur Arbeit zu kommen oder ihre Kinder zur Schule zu bringen, nichts für kleine und mittelständische Unternehmen, die ohne ihre Fahrzeuge keine Aufträge ausführen können. Sie alle werden nach wie vor durch Fahrverbote bedroht. Für viele geht es um ihre schlichte Existenz.

Vor allem, Herr Ministerpräsident, haben Sie aber nichts für den Schutz der Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen erreicht, die in unmittelbarer Nähe der kontaminierten Straßen leben. Nichts haben Sie für sie erreicht! Die Software-Updates werden ihnen nicht helfen. Das weiß

mittlerweile jeder. Sie wussten es auch, im Übrigen schon vor den Diesel-Gipfeln.

Der Mobilitätsfonds ist zwar richtig. Wer aber jetzt die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler den Schaden bezahlen lässt, den große Konzerne durch ihr Kartell, ihren Betrug, ihre Manipulation angerichtet haben, der verantwortet den Skandal nach dem Skandal, meine Damen und Herren. Das muss deutlich herausgestellt werden.

(Beifall von der SPD)

Ja, Herr Ministerpräsident, Ihre erste bundespolitische Bewährungsprobe haben Sie nicht bestanden. Es kommen ja noch weitere Bewährungsproben auf Sie und Ihre Regierung zu. Wann, Herr Laschet, beginnt eigentlich endlich Ihr Kampf um die Arbeitsplätze bei thyssenkrupp?

(Beifall von der SPD und Monika Düker [GRÜNE])

Die CDU spricht sich ohne Wenn und Aber für eine Fusion von thyssenkrupp mit dem indischen Großkonzern Tata aus. Damit stellt sie sich gegen die Interessen der Betriebsräte und deren Gewerkschaft, der IG Metall, die ja gerade in Duisburg einen harten Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze von Tausenden Stahlkochern führen.

In der Vergangenheit haben alle Ministerpräsidenten und die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft für den Stahlstandort Nordrhein-Westfalen

(Ministerpräsident Armin Laschet: Oh!)

und den Erhalt der Arbeitsplätze gekämpft.

(Beifall von der SPD)

Das Einzige, was Sie, Herr Ministerpräsident, bisher mit Entschlossenheit getan haben, war, mit Verlaub, die Hände in die Hosentaschen zu stecken.

(Ministerpräsident Armin Laschet: Unsinn!)

Ihre Fraktion will ja nicht einmal – das haben wir doch gestern gehört –, dass die Beschäftigten für ihre Arbeitsplätze demonstrieren. Ihre Fraktion will das Thema totschweigen.

Diese Halbherzigkeit, ja, die Gleichgültigkeit, mit der Sie, Herr Ministerpräsident, auf die Bedrohung des Stahlstandortes Nordrhein-Westfalen reagieren, ist ein Bruch mit der Politik aller Landesregierungen seit den 60er-Jahren.

(Beifall von der SPD)

Herr Laschet, Sie stehen doch jetzt im Verdacht, für die Bilanzen der Manager und Kapitaleigner zu kämpfen, aber nicht für die Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen.

(Zuruf von Ministerpräsident Armin Laschet)

Dann beweisen Sie doch bitte endlich, dass Sie auf der richtigen Seite sind. Beweisen Sie es! Lassen Sie uns das wissen! Das interessiert auch die Kolleginnen und Kollegen bei thyssenkrupp, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD – Ministerpräsident Armin Laschet: Die wissen das alle! Die Betriebsräte wissen das!)

Meine Damen und Herren, nach 78 Tagen SchwarzGelb weiß ich nicht mehr, was für Nordrhein-Westfalen schädlicher ist: Ihre industriepolitische Untätigkeit oder Ihre Drohung, aktiv zu werden.

(Heiterkeit von der SPD)

Meister im Vorschriftenstreichen wollen die gelben und schwarzen Koalitionäre werden. Doch die erste industriepolitische Initiative, die Sie ankündigen, ist ein neuer Verbotserlass. Ich rede von der Windkraft, deren Ausbau Schwarz-Gelb von heute auf morgen unterbinden will. Mehr als 60 Unternehmen haben Ihnen einen Brandbrief geschrieben. Sie befürchten einen massiven Geschäftseinbruch. Investitionen von zuletzt mehr als 1 Milliarde € in Nordrhein-Westfalen stehen auf dem Spiel – und damit auch viele der fast 20.000 Jobs in Nordrhein-Westfalen.

Was würde wohl jener CDU-Politiker dazu sagen, der vor nicht allzu langer Zeit noch gefordert hat – Zitat –:

„Man müsste jeden Tag darüber nachdenken: Was können wir tun, um hier neue Arbeitsplätze zu schaffen? Und jeder, der irgendeine Idee hat, irgendeine Voraussetzung schafft, damit ein neuer Arbeitsplatz entsteht, der muss jede Unterstützung der Landesregierung bekommen.“

Das waren Sie, Herr Laschet, in Ihrem vorherigen Leben. In Ihrem neuen Leben würden Sie wohl ergänzen: Es sei denn, die neuen Arbeitsplätze haben etwas mit erneuerbaren Energien, mit Umwelt- und Klimaschutz zu tun; dann rollen wir ihnen Steine in den Weg. – Das ist Ihre Politik.

(Beifall von der SPD)

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben gestern der Digitalisierung sehr viele Seiten Ihrer Regierungserklärung gewidmet. Aber Sie haben nicht mehr gesagt als das, was jeder Landespolitiker, jede Landesministerin oder jeder Ministerpräsident in Deutschland zu diesem Thema derzeit so sagt. Über ermunternde, warnende, mahnende Allgemeinplätze eines Elder Statesman sind Sie nicht hinausgekommen.