Protocol of the Session on October 10, 2019

Was ich Ihnen aber ankreide, ist die Blindheit für größere Zusammenhänge, denn die fehlenden und sanierungsbedürftigen Studentenwohnheime sind in Verhältnissen, wie wir sie noch vor 15 Jahren kannten, überhaupt nicht das Problem gewesen.

Studenten wohnen immer noch überwiegend zu Hause bei den Eltern, in Wohngemeinschaften oder alleine bzw. mit einem Partner in einer Mietwohnung.

Studentenwohnheime werden von rund 10 % der Studenten genutzt.

Es sind vor allen Dingen zwei andere Entwicklungen, die von Ihnen massiv befördert worden sind und nun zu diesen bedrohlichen Zuständen geführt haben. Zu diesen beiden Entwicklungen möchte ich gerne im zweiten Teil etwas sagen. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht nun die Ministerin Frau PfeifferPoensgen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Das Thema „studentisches Wohnen“ in Nordrhein-Westfalen wurde hier aus gutem Grund schon vielfach behandelt.

Gerade jetzt zu Beginn des Wintersemesters wird wieder deutlich: Die Studierenden sind eine derjenigen Gruppen, die unter den steigenden Mietpreisen in den großen Städten und an den nachgefragten Hochschulstandorten besonders leiden.

Uns alle beschäftigt daher die Frage, wie wir den Studierenden eben diesen ausreichenden, bezahlbaren Wohnraum anbieten können. Das betrachte ich jetzt einmal etwas weniger holzschnittartig, als es vielleicht in der Antragsbegründung vorgetragen wurde.

Die von Ihnen zitierte aktuelle Studie des Moses Mendelssohn Instituts zeigt, an welchen der 98 deutschlandweit untersuchten Hochschulstandorten der studentische Wohnungsmarkt besonders angespannt ist.

Die Analyse zeigt allerdings auch, wo nach einem anfänglichen Wohnraummangel zum Start des Semesters vielfach genügend bezahlbarer Wohnraum für Studierende zur Verfügung gestellt werden kann. Die Bettenlager am Beginn eines Wintersemesters – das wissen Sie alle; da müssen wir auch einmal ehrlich sein – gibt es nicht erst seit diesem Semester.

Das Moses Mendelssohn Institut analysiert seit einigen Jahren im Auftrag eines Immobilienentwicklers den Markt an allen deutschen Hochschulstandorten mit mehr als 5.000 Studierenden.

Der Immobilienentwickler ist deutschlandweit von der Akquise bis zum Investment im Bereich des privaten studentischen Wohnens aktiv. Ich sage das ein bisschen ausführlicher, damit man auch den Hintergrund dieser Studie, die Sie zitieren, kennt.

Der vorliegende Antrag bezieht sich auf die studentische Wohnsituation in Düsseldorf. Dies ist aus Sicht der Landesregierung ein wenig kurz gegriffen.

Unser Ziel ist es, an allen insgesamt 70 Hochschulstandorten im Land ein attraktives Studienangebot bereitzustellen. Dazu gehört eben auch und natürlich bezahlbarer und hochschulnaher Wohnraum für Studierende an allen Standorten.

Es freut mich umso mehr, dass im Vergleich zu anderen Bundesländern die Anspannung des studentischen Wohnungsmarktes in den nordrhein-westfälischen Hochschulstädten gemäß der von Ihnen zitierten Studie „Studentisches Wohnen – Hochschulstädtescoring 2019“ insgesamt leicht rückläufig ist.

Selbst in einigen Universitätsstädten attestiert die Untersuchung bezahlbaren studentischen Wohnraum innerhalb der aktuellen BAföG-Wohnkostenpauschale in Höhe von 325 Euro. Allerdings sind die Hochschulstandorte Köln, Düsseldorf, Bonn und Aachen dennoch weiterhin unter den Top 20 der angespanntesten Wohnungsmärkte.

Nebenbei bemerkt: Es wird gerade – das ist Ihnen vielleicht nicht entgangen – in Bonn ein Wohnheim mit 321 Plätzen den Studierenden frisch saniert zur Verfügung gestellt wird. Das ist das Wohnheim Pariser Straße, falls Sie es nachlesen wollen.

Mit den angespannten Situationen in diesen von mir genannten Städten müssen wir uns natürlich ganz besonders beschäftigen. Das Land Nordrhein-Westfalen – das ist hier schon erwähnt worden – fördert im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung mit verschiedenen Maßnahmen die Schaffung solchen Wohnraums. Ich denke, darauf wird meine Kollegin, Ministerin Scharrenbach, gleich noch ausführlicher eingehen.

Die Landesregierung fördert die Studierendenwerke Nordrhein-Westfalens und damit auch das studentische Wohnen im großen Umfang. Die Studierendenwerke in Nordrhein-Westfalen finanzieren sich, wie Sie wissen, vor allen Dingen aus den Sozialbeiträgen, den Umsätzen der Hochschulgastronomie und einem Landeszuschuss, der seit Jahren, round about, 10 % beträgt.

Im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Aufgaben wirtschaften die Studierendenwerke als Anstalten des öffentlichen Rechts in eigener Verantwortung; auch das gehört sozusagen zu dem Tableau dazu.

Ziel der Landesregierung ist es, die notwendige Finanzierung der Studierendenwerke nachhaltig sicherzustellen, damit diese ihren Aufgaben eben auch im Bereich der Wohnraumversorgung nachkommen können.

Angesichts der Kostensteigerung, insbesondere im Personalbereich, hat das Ministerium für Kultur und Wissenschaft Vorsorge für einen erhöhten Zuschussbedarf in der mittelfristigen Finanzplanung getroffen. Auch das haben Sie gesehen, wenn auch nicht erwähnt.

Ab dem Haushaltsjahr 2021 wird der allgemeine Zuschuss an die Studierendenwerke um 4 Millionen Euro auf 44,5 Millionen Euro erhöht werden. Das ist immerhin mal ein Einstieg; den hat es lange nicht gegeben. Auch da sollten Sie Ihre Erinnerungen mal strapazieren.

Es ist dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft ein Anliegen, die notwendige Finanzierung der Studierendenwerke nachhaltig sicherzustellen. Daran werden wir natürlich weiter arbeiten.

Vor dem Hintergrund, dass viele von den Studierendenwerken betriebene Wohnheime aus der Zeit des großen Hochschulaufbaus in den 60er- und 70erJahren stammen, ist über die Jahre zudem ein sehr großer Sanierungsbedarf zutage getreten und hat sich leider auch angestaut – eben schon seit Jahren.

Die Pflege der Wohnheime liegt grundsätzlich in der Verantwortung der Studierendenwerke. Sie treffen Vorsorgemaßnahmen, zum Beispiel auch durch die Bildung von Bauerhaltungsrückstellungen.

An besonders nachgefragten Hochschulstandorten bzw. dort, wo der Wohnungsmarkt sehr angespannt ist – ich nannte die vier Städte –, war es den Studierendenwerken allerdings in den letzten Jahren oftmals nicht möglich, gleichzeitig neue Wohnheimplätze zu schaffen und Sanierungen im großen Umfang zu realisieren.

Deswegen stellte das Ministerium seit dem Haushaltsjahr 2016 als Sofortmaßnahme 40 Millionen Euro aus den Hochschulpaktmitteln zur Verfügung. Diese Mittel werden für Sanierungs- und Modernisierungsbedarfe an Hochschulstandorten mit besonders dringendem Bedarf verwendet.

Wir werden diesen eingeschlagenen Kurs fortsetzen und die bestehende Förderung für das studentische Wohnen und die Studierendenwerke mit den bereits beschriebenen Maßnahmen weiter ausbauen.

Herr Bell, noch einige kleine Anmerkung zum Schluss: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Das täte Ihnen vielleicht auch ganz gut. Ich könnte Ihnen bezüglich Wuppertal, übrigens auch an der Wuppertaler Uni, ein paar gute Tipps geben. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Sarah Philipp [SPD]: Ich glaube, das braucht Herr Bell gar nicht!)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die SPD spricht Herr Abgeordneter Ott.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Studenten, festzuhalten ist: Die SPD will euch endlich eure Eigentumswohnungen nehmen.

Liebe Wohnungssuchende, Sie konnten die Kapellmeister der Titanic hören, die immer dazu aufrufen, weiterzuspielen und so zu tun, als ob nichts wäre.

Es war wirklich eine bemerkenswerte Vorstellung der Koalitionsfraktionen, und die einschläfernde Rede der Ministerin hat das Ganze noch getoppt.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Rechnerisch kommen nur 6,5 % der Studierenden in NRW in einem Studentenwohnheim unter; so sagt es der Wohnungsmarktbericht der NRW.BANK. Das bedeutet, dass der wesentliche Teil unserer Studentinnen und Studenten auf dem freien Wohnungsmarkt um preisgünstige Wohnungen konkurrieren muss.

Der studentische Wohnungsmarkt setzt sich neben Wohnheimplätzen aus kleinen Wohnungen und Angeboten für WG-Zimmer zusammen. Vergleicht man die Wohnkostenindikatoren für die Universitätsstädte, zeigt sich, dass die Dynamik in beiden Bereichen stark ist.

Seit 2012 ist ein Preisanstieg von 17 bis 30 % zu verzeichnen. WG-Zimmer für 20 Euro den Quadratmeter sind keine Seltenheit mehr, aber auch in nicht teuren Unistädten sind 16 bis 18 Euro an der Tagesordnung. Die Anzahl der Inserate geht zurück; auch das ist ein klares Anzeichen von Angebotsmangel.

Mehr als 50 % aller Studierenden eines Jahrgangs studieren an den sechs Standorten Köln, Münster, Bochum, Aachen, Dortmund und Düsseldorf. Darunter sind mindestens vier Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt. Zum Beispiel auch in Bochum wird der Wohnungsmarkt von Studierenden maßgeblich geprägt.

Spätestens hier muss doch die Virulenz des Problems deutlich werden. Spätestens hier ist auch klar, dass Studierende in Nordrhein-Westfalen jenseits von Studiengebühren trotzdem noch ein Auswahlverfahren nach dem Geldbeutel durchlaufen müssen. Oder anders gesagt – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –:

„Auf diesen angespannten Wohnungsmärkten haben Studierende aus weniger finanzkräftigen Familien zunehmend Schwierigkeiten, wenn sie keinen geförderten Wohnheimplatz bekommen“,

so die NRW.BANK in ihrem Wohnungsmarktbericht NRW 2018.

(Sarah Philipp [SPD]: Aha!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein bildungs- und ein sozialpolitisch unhaltbarer Zustand.

(Beifall von der SPD und Norwich Rüße [GRÜNE])

Angesichts dieser Situation ist nun eines gefragt: ein beherztes Handeln der Landesregierung. Aber hier

ruht der See sehr still, denn der Verweis auf die Fördermittel aus dem Wohnraumförderprogramm der NRW.BANK hilft wenig.

Studentisches Wohnen ist da zwar mit 50 Millionen Euro verewigt, aber die Erfahrung zeigt, dass diese Mittel nur unbefriedigend abgerufen werden. In der Expertenanhörung, die wir bereits am 5. April 2019 durchgeführt haben, ist deutlich geworden, dass Studierendenwerke die Mittel überhaupt nicht abrufen, sondern überwiegend private Investoren dies tun.

Damit haben wir auch gar kein Problem, dass private Investoren auch geförderten Wohnungsbau machen – im Gegenteil: Wir konnten uns auf der EXPO davon überzeugen, wie viele sehr gute Projekte machen.