Protocol of the Session on September 18, 2019

Dass wir ein friedliches Zusammenleben aller Menschen in NRW wollen, sollte, glaube ich, zumindest beim Großteil in diesem Hause Konsens sein.

Grundlage ist und bleibt die Werteordnung unseres Grundgesetzes – die Gleichberechtigung von Mann und Frau, von Menschen, egal welcher sexueller Identität, von Menschen mit und ohne Behinderung, von Menschen unterschiedlicher Herkunft sowie von Menschen anderen Glaubens oder auch ohne Glauben.

Wir alle wissen aber – da machen wir uns auch nichts vor –: Das ist noch ein hartes Stück Arbeit. Wir als Demokratinnen und Demokraten arbeiten jedoch gemeinsam daran, gegen Diskriminierung und Ausgrenzung anzukämpfen, weil das der Vergangenheit angehören muss.

Wir wissen allerdings auch, dass diese Werte nicht alle Fraktionen in diesem Haus wirklich leben. Das kriegt man immer wieder mit.

So suchen wir aber weiterhin den Dialog, weil wir Veränderungen erwirken wollen. Gleichzeitig wollen wir aber auch konsequent gegen diejenigen vorgehen, die unsere Grundordnung und unsere Gesetze infrage stellen. Dafür brauchen wir diesen Antrag

(Zuruf von Herbert Strotebeck [AfD])

aber ganz sicher nicht.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben mit der Koordinierungsstelle Muslimisches Engagement in NRW eine Plattform für den Dialog geschaffen, um ihn mit dem Islam auf breitere Füße zu stellen. Dazu gehört auch das Forum muslimische Zivilgesellschaft. Dort gibt es die Möglichkeit, mit den Teilnehmern auch kritische Fragen zu diskutieren.

Muslime und Muslimas gehören für uns zu NRW. Sie leisten auch ihren Beitrag für den Wohlstand und zur Vielfalt unserer Heimat. Wir werden den Dialog fortsetzen, und wir wollen gemeinsam daran arbeiten. Wir setzen uns ein für ein friedliches und tolerantes NRW.

Ich glaube, ich war nicht hart genug in meinen Ausführungen; denn es wurde keine Kurzintervention angemeldet. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP )

Vielen Dank, Herr Kollege Lenzen. – Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Beer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Fundierte, kritische, differenzierte Hinweise nicht nur bezüglich des ZMD, sondern in Bezug auf alle islamischen Verbände sind in der Anhörung zum Gesetzentwurf zum islamischen Religionsunterricht von Volker Beck in seiner Expertise vorgelegt worden. Ich zitiere daraus:

„Der Zentralrat der Muslime ist eine effiziente Interessensvertretung und agile PR-Agentur für den Islam in Deutschland. Er mischt sich in viele Debatten auch im Sinne der Stärkung der demokratischen Kultur ein. Er hat aber eine sehr disparate Mitgliedschaft, die teilweise im Widerspruch zum Erscheinungsbild des Verbandes steht.“

Die Bundesregierung stellte zur Mitgliedschaft des Verbandes unter anderem fest:

„Der Bundesregierung ist seit langem bekannt, dass zu den Mitgliedsvereinen des Zentralrates der Muslime … in einem beträchtlichen Umfang auch Organisationen gehören, die von den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder beobachtet werden. Auch unterhält der Verband klärungsbedürftige, problematische Beziehungen zu Islamistischen Staaten, ohne sich klar gegen Freiheitsbeschränkungen im Namen des Islam zu positionieren, oder zu problematischen Organisationen.“

Damit war bereits alles vorgestellt, und dieser Antrag wäre eigentlich nicht notwendig. Denn wir haben dann auch von uns aus Änderungen zum Gesetzentwurf vorgebracht, die allgemein getragen worden sind, und damit sind auch die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit mit den islamischen Verbänden sehr klar definiert.

Diese sind auch die Dialoggrundlage in NRW, und sie stärken genau die Muslime und Muslima, die verfassungsklar, rechtsstaatsklar und grundrechtsklar in dieser Gesellschaft leben, arbeiten und sie zu Recht mitgestalten wollen und das auch können.

Das ist grundsätzlich eine andere Tonlage als die, die sich in Ihren Anträgen und Reden immer wieder findet und wie wir sie auch hier erleben.

Jetzt frage ich genau wie die Kolleginnen und Kollegen: Warum wird eigentlich die AfD in Teilen vom Verfassungsschutz geprüft, in Teilen als Verdachtsfall eingestuft? Warum werden AfD-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier bei offiziellen Terminen in Israel nicht nur nicht gerne gesehen, sondern wird ihnen sogar die Teilnahme verweigert?

Ich sage: Der Bundespräsident hat recht, wenn er sagt, Bürgertum, Rechtsstaat und individuelle Freiheitsrechte gehören zusammen, und wer sich in dieser Tradition sieht, der kann nicht gleichzeitig einem ausgrenzenden, autoritären oder gar völkischen Denken huldigen. Das tun Sie aber.

(Beifall von den GRÜNEN – Helmut Seifen [AfD]: Kommen Sie mal zum Antrag zurück!)

Grundrechte wie Religionsfreiheit und Pressefreiheit stehen bei der AfD nicht gerade hoch im Kurs. Wer am Wochenende das Höcke-Interview gesehen hat, dem wird klar, dass sich dort wieder einmal nationalsozialistischer Sprech entlarvt, da mündet das wieder einmal unverhohlen in die Bedrohung eines Journalisten und der Pressefreiheit.

(Helmut Seifen [AfD]: Das hat nichts mit uns zu tun!)

Wer rechtsradikal und rechtsextremistisch, demokratiefeindlich und den Parlamentarismus verächtlich

machend unterwegs ist, wer geprägt ist von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, von Fremdenfeindlichkeit, Islamophobie und Rassismus, der sollte mal im eigenen Laden aufräumen. Dann hätten Sie was zu tun. Dann bräuchten Sie solche Anträge nicht vorzulegen. Damit sollten Sie sich beschäftigen.

Aber damit es auch hier nicht zur Legendenbildung kommt: Gerade in NRW haben doch diejenigen, die sich gerne als gemäßigt bezeichnen, im Prinzip nur ein Problem damit, wie es rüberkommt. Inhaltliche Differenzen zu Höcke, Kalbitz und Co. gibt es nicht, und diese Methode „Biedermann und die Brandstifter“ ist auch hier im Landtag längst entlarvt. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN – Christian Loose [AfD]: Schauen Sie mal in den Spiegel, Frau Beer!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. Sie haben bemerkt, dass auch während Ihrer Rede eine Kurzintervention angemeldet wurde. – Frau Walger-Demolsky, bitte schön.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Beer, es ist paradox. Sie verweigern hier jegliche Zusammenarbeit mit der AfD-Fraktion, mit der AfD Nordrhein-Westfalen auf Basis von Verdachtsfällen in einzelnen Gruppen, auf Basis von Prüffällen in einzelnen Bereichen, aber Sie halten den Dialog mit Islamverbänden, bei denen es nicht mehr um Verdachts- und Prüffalle, sondern um Beobachtungsfälle geht, für legitim.

Mein Problem ist nicht der Verband. Sprechen Sie doch bitte mit den einzelnen Organisationen, mit den einzelnen Unterorganisationen. Aber wenn Sie mit dem Verband sprechen, sprechen Sie auch mit Islamic Relief. Und so schön Volker Beck das alles beschrieben hat: Cem Özdemir steht immer noch auf der Unterstützerliste von Islamic Relief.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Frau Walger-Demolsky. – Frau Kollegin Beer, Sie können jetzt darauf eingehen.

Danke schön. – Zu den Anforderungen an Grundrechtsklarheit und Verfassungstreue habe ich eben alles gesagt. Ich meine diejenigen, die bei Ihnen unterwegs sind, die in Chemnitz mitgelaufen sind, die beim Kyffhäuserdenkmal waren, die Kumpels von Höcke sind, die sich nicht davon distanzieren. Ich meine einen Herrn Beckamp

(Zurufe von der AfD)

ja, natürlich –, einen Herrn Blex, wie er da sitzt, die hier nicht nur Flügel repräsentieren, sondern den Parlamentarismus verächtlich machen, die antidemokratisch unterwegs sind. Das sind Ihre Hausaufgaben.

Herr Seifen inszeniert sich hier immer als der Gemäßigte. Ich habe dazu gerade schon etwas inhaltlich gesagt: Wer sich nicht inhaltlich distanziert, der ist genauso mitgehangen und -gefangen. Das ist alles nur Camouflage.

(Markus Wagner [AfD]: Aber Sie immer mit Ih- ren linksextremistischen Verbänden! Sie müs- sen sich distanzieren! Sie sind doch nicht glaubwürdig!)

Wir haben es hier mit einer Fraktion zu tun, die antidemokratisch unterwegs ist, die rechtsradikale Gepflogenheiten hat, die dem rechtsextremistischen Flügel zugeneigt ist.

(Christian Loose [AfD]: Hören Sie auf, hier rumzulabern!)

Daher wird auf dieser Grundlage eine Zusammenarbeit in diesem Parlament niemals stattfinden können.

(Beifall von den GRÜNEN )

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Reul jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bitte um Entschuldigung. Ich bin zwar vergrippt, aber trotzdem möchte ich hier reden.

In dem Antrag wendet sich die AfD gegen die Integrationspolitik der Landesregierung. Sie will deren erfolgreiche Arbeit diskreditieren, indem sie undifferenziert einem muslimischen Gesprächspartner der Landesregierung, dem Zentralrat der Muslime in Deutschland, verfassungsfeindliches Handeln unterstellt. Aber so einfach geht das nicht, meine Damen und Herren von der AfD.

Der Landesregierung ist seit Langem bewusst, dass einige Mitglieder und Mitgliedsverbände des ZMD Bezüge zu extremistischen Organisationen aufweisen und vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Das kann und darf aber nicht dazu führen, den gesamten Verband mit seiner sehr heterogenen Struktur pauschal als extremistisch zu bezeichnen und den Kontakt zu ihm einzustellen oder unter Bedingungen zu stellen.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland ist eine Organisation mit ca. 35 muslimischen Mitgliedsorganisationen. Darunter sind Dachorganisationen sowie verschiedene Moscheegemeinden und auch Einzel

mitglieder. Innerhalb dieser breit gefächerten Struktur findet sich eine große Vielfalt von Moscheegemeinden. Eine Zusammenarbeit erfolgt nicht, ohne dass sich die Landesregierung die Partner genau anschaut.

Die Zusammenarbeit mit den muslimischen Verbänden ist nicht nur integrationspolitisch notwendig, sie dient auch dem gemeinsamen Kampf gegen den Antisemitismus. Hier hat der ZMD sogar Initiativen entwickelt, die sich erfolgreich in jüdisch-muslimischer Trägerschaft für die Bekämpfung von Antisemitismus einsetzen. Beispielsweise gehört die Jüdische Gemeinde Mönchengladbach zu diesen Partnern.

Um der Vielfalt des Islam in Deutschland, der hier lebenden muslimischen Menschen und ihres Engagements gerecht zu werden, braucht es eine breite Basis. Diese kann nur durch Dialog erreicht werden. Dabei ist der ZMD einer von vielen Ansprechpartnern der Landesregierung.

Aber Dialog heißt auch, kritische Fragen zu stellen. Auf diese Weise können wir problematische Einstellungen oder mangelnde Transparenz der anderen Seite ansprechen und darauf einwirken. Wir sind da nicht naiv, sondern konstruktiv. Zudem behält der Verfassungsschutz die Entwicklungen ständig weiter im Blick. Er berichtet transparent für Politik und Öffentlichkeit über die ZMD-Mitglieder, bei denen tatsächlich Anhaltspunkte für den Verdacht extremistischer Bestrebungen bestehen.