Protocol of the Session on April 11, 2019

Ihre Redezeit.

Herr Präsident, ich komme zum Ende.

Mit Ihrem Einverständnis zitiere ich etwas, das Sie am Dienstagabend im Rahmen Ihres Grußworts beim Parlamentarischen Abend gesagt haben – es ist ein Zitat des SPD-Politikers Hans Apel –: „Auch die Bundeswehr braucht (…) Verständnis, Zuneigung und Anerkennung.“

Senden wir heute aus dem Landtag von NRW ein klares Signal der Anerkennung für die Streitkräfte. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Für die FDP erteile ich nun der Abgeordneten Frau Müller-Rech das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erst kürzlich haben wir auf Initiative der SPD in diesem Haus über die Stärkung der politischen Bildung in der Schule diskutiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, umso erstaunter war ich, als ich von dem Beschluss Ihrer Berliner Kolleginnen und Kollegen erfuhr, Angehörige der Bundeswehr aus den Berliner Schulen auszuschließen.

(Zurufe von der SPD)

Leistet die Bundeswehr über den Besuch von Jugendoffizieren nicht auch einen Beitrag zur politischen Bildung in der Schule?

(Beifall von der FDP – Michael Hübner [SPD]: Aktuelles landespolitisches Thema!)

Oder ist Ihre Forderung nach der Stärkung der politischen Bildung nur dann gültig, wenn es um die Kritik an der Einführung des Schulfachs „Wirtschaft“ geht?

(Beifall von der FDP – Zurufe von der SPD und der FDP)

Die NRW-Koalition steht fest hinter der großen Bedeutung der politischen Bildung in der Schule. Friedens- und Sicherheitspolitik sind Teile demokratischer Prozesse und müssen in einer globalisierten Welt stets im Gesamtzusammenhang betrachtet werden.

(Zurufe von der SPD und der FDP)

Wir möchten, dass Schülerinnen und Schüler dazu befähigt werden, sich kritisch mit Fragen internationaler Verständigung und Zusammenarbeit auseinanderzusetzen. Unterschiedliche Strategien von Friedenserhalt müssen Teil der politischen Bildung in der Schule sein. Ich denke doch, da sind sich die Fraktionen in diesem Hohen Haus einig.

(Beifall von der FDP)

Ausgerechnet die GEW, der mitgliederstärkste Verband für Erzieher und Lehrkräfte in NRW, springt

jetzt auf den Zug der Berliner SPD auf und äußert sich wie folgt – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –:

„Es gibt keinen Grund, Offiziere in Schulen auftreten zu lassen. Die Vermittlung von sicherheitspolitischen Themen der Bundesrepublik ist Aufgabe unserer dafür ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer“.

Da muss ich mich doch fragen: Bedeutet das denn im Umkehrschluss, dass auch Friedensorganisationen von Informationsveranstaltungen an den Schulen ausgeschlossen werden sollen?

Gegen diese Forderung möchte ich vehement Stellung beziehen; denn natürlich gibt es sehr gute Gründe, Offiziere in den Schulen auftreten zu lassen. Wir möchten doch nicht auf die wertvollen Informationen von außerschulischen Partnern verzichten: weder auf die der Bundeswehr noch auf die der verschiedenen Friedensorganisationen.

Durch den Besuch von Jugendoffizieren an unseren Schulen leistet die Bundeswehr einen wichtigen Beitrag zur politischen Bildung unserer Schülerinnen und Schüler. Es geht bei diesen Veranstaltungen mitnichten darum, Werbung zu betreiben; aber das wissen Sie selber ganz genau.

Es gibt für mich kein überzeugendes Argument, daran etwas ändern zu wollen. Die Schulleitungen vor Ort entscheiden selbst, mit welchen außerschulischen Bildungspartnern sie kooperieren wollen.

Das halte ich für wichtig und richtig. Dafür braucht es keinen roten Oberlehrer, der den Schulen diktiert, welche Organisationen vermeintlich gut oder böse sind,

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

zumal die Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und den Schulen über eine Kooperationsvereinbarung geregelt ist. Darin findet sich das Ziel, Schülerinnen und Schülern den Zugang zu zusätzlichen Informationen zu friedens- und sicherheitspolitischen Fragen zu öffnen. Ebenfalls ist festgehalten, dass diese Veranstaltungen nicht für die Rekrutenwerbung genutzt werden dürfen.

Genauso legt die Kooperationsvereinbarung fest, dass während der Veranstaltungen die verantwortlichen Lehrkräfte durchgängig anwesend sein sollen und sicherzustellen ist, dass unterschiedliche Institutionen und Organisationen gleichberechtigt und gleichwertig einbezogen und berücksichtigt werden.

Damit wird natürlich auch den Grundsätzen des Beutelsbacher Konsenses Rechnung getragen. Demnach, wie wir schon gehört haben, sind bei der Betrachtung von politischen Themen immer das Kontroversitätsgebot und das Überwältigungsverbot zu beachten. So wird es auch in der Realität umgesetzt,

wenn die Schülerinnen und Schüler mit den Jugendoffizieren in den Diskurs treten.

Die jungen Leute sollen als mündige, kritische Bürger in der Lage sein, auch die Institution Bundeswehr von allen Seiten zu beleuchten und sich dann selbst Gedanken darüber zu machen, wie wir als Bürger eines reichen Landes dafür sorgen können, dass nicht nur wir in Europa in Frieden miteinander leben, sondern wie wir auch anderen Staaten auf dem Weg zu dauerhaftem Frieden helfen können.

Die Bundeswehr ist in unseren Augen ein wichtiger Partner der politischen Bildung, auf den wir – auch in unseren Schulen – nicht verzichten möchten. Ich möchte ausdrücklich, dass das so bleibt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP, der CDU und Alexander Langguth [fraktionslos])

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Kollegen Bialas das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier eine Aktuelle Stunde zu einem Thema zu veranstalten, worüber ein Landesverband in Berlin einen Beschluss trifft, finde ich schon bemerkenswert –

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

übrigens eine Entscheidung, die dort getroffen worden ist, und die hier keiner ernsthaft infrage stellt. Entweder versuchen Sie, ein Solidärsüppchen dünnster Art für die Bundeswehr zu kochen, oder Sie verzwergen sich. Das kann es doch nicht sein.

Aber lassen Sie mich auch inhaltlich darauf reagieren. Ich wünsche mir eine Welt ohne Armeen, und ich wünsche mir eine Welt ohne Waffen.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Ich glaube, dass die Existenz von Armeen und Waffen auch dazu beiträgt, dass sie eher genutzt werden.

Ich wünsche mir eine Welt, in welcher sich die Menschen zugetan sind in Freundschaft, in Solidarität, in Frieden, in Gedanken der Hilfsbereitschaft,

(Zurufe von der CDU)

der Akzeptanz und des Verständnisses.

Ich habe übrigens meinen Beruf als Soldat auch immer geliebt. Ich habe wohl fast am längsten gedient; nur zwei in dieser Runde dürften länger gedient haben. Noch mehr habe ich den Gedanken geliebt, als Soldat möglicherweise irgendwann mal überflüssig

zu werden. Ich bin mir sehr sicher, dass ich diese Haltung mit sehr vielen Soldatinnen und Soldaten teile.

(Zurufe von der CDU)

Ich wünsche mir diese gerade skizzierte Welt. Aber wenn man diese Welt oder besser den Menschen und die Geschichte der Menschen betrachtet, kann man sehen, dass die Menschheit das bisher nicht hinbekommen hat.

(Zuruf von der CDU: Aha!)

Es steht zu vermuten und zu befürchten, dass sie es auch in absehbarer Zeit nicht schafft – nicht, weil es Waffen und Armeen an sich gibt, sondern weil die Welt immer noch voll von Menschen und Gruppen ist, gegen die man sich im Notfall auch mit Gewalt wehren können muss.

In Deutschland haben wir nach dem Zweiten Weltkrieg immer wieder bezüglich der Streitkräfte gerungen – zum Beispiel um die Wiederbewaffnung, die Aufstellung der Bundeswehr, die Aufrüstung, die Stationierung von Raketen, den Einsatz von Truppen im Ausland, auch den robusten Einsatz auf dem Balkan und vieles mehr. Dieses Ringen ist gut so.

Wir haben vor dem Hintergrund gerungen, dass von deutschem Boden massenhaft Tod und Horror ausging, dass deutsche Armeen viel Leid angerichtet haben, dass deutsche Armeen mehrfach in einem Jahrhundert ihre Nachbarn mit Krieg überzogen.