Protocol of the Session on April 10, 2019

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bell. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Körner.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich mache es kurz, da ich glaube, dass die Vorredner schon viel Richtiges gesagt haben.

Ich bin jemand, der einen Bachelor- und einen Masterstudiengang durchlaufen, also völlig verschult studiert hat. Im Hinblick auf Ihren Antrag, Herr Seifen, ist es ein Wunder, dass ich überhaupt Urteilskraft und Verantwortung entwickeln konnte. Aber ich glaube, manche hier in diesem Haus …

(Zurufe von Sven Wolf [SPD] und Jochen Ott [SPD] – Heiterkeit)

Ich weiß nicht, ob Sie mir das zusprechen, aber es liegt bestimmt nicht am Bologna-Studium.

Insofern ist das schon wieder spannend, vor allem weil wir diese Debatte über Bologna schon geführt haben. Der Kollege Bell hat es eben ja ausgeführt: Die Anhörung dazu war wirklich beeindruckend, Herr Seifen.

Sie schreiben in Ihrem Antrag wieder, dass die Ziele bei Bologna nicht erreicht worden sind, zum Beispiel die Mobilität der Studierenden zu erhöhen. Das ist faktisch falsch. Wir haben genau die Mobilitätsquoten erreicht, die wir wollen.

Die Zahl der Studienabbrüche ist leider nicht so gesunken, wie wir uns das vorgestellt haben. Allerdings muss man auch einfach sagen, dass wir mittlerweile sehr viel mehr Studierende eines Jahrgangs haben. Eine heterogenere Studierendenschaft hat sicherlich auch Auswirkungen auf die Zahl der Studienabbrüche.

Ich möchte auch an diese Anhörung, die wir im Wissenschaftsausschuss zum Thema „Bologna“ schon hatten, anknüpfen. Der Kollege Bell hat ja gerade auch deutlich gemacht, dass Sie vielleicht nicht ganz so sauber zitiert haben. Ein Sachverständiger bei der Anhörung sagte damals zu Ihrem Antrag zu Bologna, die Qualität und die Wissenschaftlichkeit Ihres Antrags sprächen nicht besonders für Ihr Staatsexamen. Dem muss ich mich heute leider wieder anschließen, Herr Seifen.

(Beifall von der FDP)

Wir werden den Antrag aber natürlich auch überweisen. Dann werden wir wahrscheinlich wieder in Anhörungen hören, dass das leider wenig Substanz hat, was Sie hier vorschlagen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Körner. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Beer.

Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Was kann man über diesen Antrag sagen? – Das Erste ist, dass die Anhäufung von Fußnoten kein Ausweis von Wissenschaftlichkeit

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der FDP)

und einer fachlichen Tiefe ist. Das hat ein bisschen was von den Verschwörungstheorien, wie ich sie zu den Chemtrails kenne: Das sind zwei Kondensstreifen in der Luft, und dazu werden Verschwörungstheorien entwickelt. Daran erinnert mich der erste Teil des Antrags zu Bologna und zu den Hochschulen.

Der arme Herr Weinert hat es wirklich nicht verdient, in dieser Art und Weise von Ihnen in den Antrag eingebaut zu werden, genauso wie es auch Rektoren nicht verdient haben, in dieser Art und Weise verfälschend von Ihnen eingebaut zu werden.

Lieber Herr Kollege Sträßer, eines ist ja klar: Dieser ganze Zinnober drumherum hat doch nur einen Zweck, und der steht hinten in Punkt III: nämlich die Ablehnung von A13 für alle und die Feststellung, dass ein Grundschullehramt und ein Sek-I-Lehramt

nicht als gleichwertig betrachtet werden. Das ist der gymnasiale Dünkel, den wir auch von Herrn Seifen hier schon ein paar Mal gehört haben, wonach das keine gleichwertige Tätigkeit sei.

Ganz deutlich ist: Angestrebt wird eine verkürzte Ausbildungszeit, damit man schneller ausbilden kann und geringer besolden muss. Das ist die ganze Weisheit und die ganze Absicht, die dahintersteckt. Das hat Herr Strotebeck am Anfang schon sehr deutlich gemacht. Daher wird es entsprechende Kommentierungen im Ausschuss geben. Aber es ist schon peinlich.

Ich will unterstreichen, was Kollege Bell gesagt hat: Sie sind Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses, Herr Seifen. Ich schäme mich für uns, dass der Wissenschaftsausschuss so repräsentiert wird.

(Christian Loose [AfD]: Wir schämen uns auch häufig für Sie!)

Das finde ich wirklich ungeheuerlich. Können Sie diese Funktion eigentlich noch guten Gewissens weiter ausführen?

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Für die Landesregierung hat jetzt Frau Ministerin Gebauer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch bei mir hinterlässt der AfD-Antrag eine gewisse Ratlosigkeit. Ich kann nicht nachvollziehen, warum man zu einem solchen Thema hier Block II beantragt und dann von Herrn Strotebeck einen so kurzen Beitrag hört.

Sie machen sich in Ihrem Antragstitel Sorgen um die Schulinfrastruktur: „NRW steht zu seiner vielfältigen schulischen Infrastruktur.“ Ich weiß nicht, was die Infrastruktur mit dieser ganzen Debatte zu tun hat.

Sie kommen bei der Aufforderung an die Landesregierung auf den Prüfprozess, inwiefern in der Lehrerausbildung von einer weiteren Zementierung des Bologna-Prozesses Abstand genommen werden kann, sprechen aber hier nur zu Besoldungsfragen.

Ich muss sagen: Ich kann mich uneingeschränkt meinen Vorrednerinnen und Vorrednern anschließen. Ich bin gespannt auf das, was uns dann im Ausschuss erwartet, aber ich glaube nicht, dass dieser Antrag in irgendeiner Form zielführend ist. Deswegen werde ich auch nicht weiter dazu sprechen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die AfD-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Seifen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht kann ich etwas zur Aufklärung beitragen, Herr Bell, und Ihre Empörung etwas lindern.

Die Redner von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben eigentlich immer nur zwei Argumente, wenn es um die Lehrerbesoldung geht und um den Ausbildungsprozess im Lehramt: Die gleiche Länge von Studium und Referendariat von Lehrkräften aller Schulformen und Schulstufen verlange gerechterweise auch ein gleiches Einstiegsgehalt dieser Lehrkräfte, und außerdem ließen dann wohl die finanziellen Anreize junge Abiturienten in die Lehramtsstudiengänge strömen, sodass damit der Lehrermangel beseitigt werde. – Das sind die beiden Argumente, die immer gebracht werden.

Beide Argumente zur Erhöhung des Einstiegsgehalts von Grund- und Lehrern der Sekundarstufe I stehen allerdings auf tönernen Füßen; denn für beide gibt es keine sachgerechte Grundlage.

Dass bei den Tätigkeiten in den verschiedenen Schulformen und Schulstufen deutlich zu differenzieren ist, ist ein Allgemeinplatz. Nicht die Studien- und Ausbildungsdauer, sondern die unterschiedlichen schulischen Handlungsfelder, die Komplexität des Lehrstoffes und die Schwierigkeit, ihn zu durchdringen und durchdringen zu lassen, die Belastungen im Zusammenhang mit Prüfungen, Klassenarbeiten und Klausuren sowie die erzieherischen Anforderungen in den weiterführenden Schulen prägen den Beruf des Lehrers und verlangen in unterschiedlicher Weise intellektuellen Aufwand und Zeitverbrauch

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Intellektuellen Auf- wand haben Sie aber nicht eingesetzt!)

und deshalb auch ein unterschiedliches Einstiegsgehalt. Das hat mit Gleichwertigkeit nichts zu tun. Die Arbeit aller Erzieher und Lehrer ist gleich viel wert, aber eben unterschiedlich angesetzt.

Es wird auch keine Abiturientenströme in die Lehramtsstudiengänge für Grundschullehrer sowie Lehrer der Sekundarstufe I wegen der Gehaltsanpassung geben. Da hilft auch die lächerlich infantile Werbekampagne der Ministerin nichts.

Nein, Sie stehen nun allesamt erstaunt und ratlos vor dem Scherbenhaufen, den Sie mit Ihrer Schulpolitik in den letzten zwei Jahrzehnten angerichtet haben.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Ja, ich weiß, Sie feixen ja noch darüber.

Sie haben keine Lösung. Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihrer ehemaligen Kollegin Frau Löhrmann.

Die hat das offensichtlich erkannt, wie man heute in der „Süddeutschen“ lesen kann. Sie bereut mittlerweile ihre Politik und bittet tatsächlich um Verzeihung. Sie sagt: Es tut mir leid, wir haben da völlig versagt.

Aber Sie wollen nicht erkennen, dass Sie in der Vergangenheit einen Irrweg beschritten haben, der zu einem großen Teil zu diesen Verwerfungen geführt hat, die wir jetzt alle miteinander beklagen.

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Frau Löhr- mann hätte die A13 schon bezahlen müssen!)

Wie mein Kollege schon sagte: Kein Vormarsch ist so schwer wie der zurück zur Vernunft. Lesen Sie es in der „Süddeutschen“ nach; denn Sie wollen nicht wahrhaben, dass Ihre sogenannte Reform nichts anderes gewesen ist als die Deformation eines funktionierenden und bewährten Schulsystems.

Sie wollen nicht wahrhaben, dass der Bologna-Prozess völlig sach- und traditionsfremd angestoßen worden ist – aus vermeintlichem Anpassungsdruck an europäische Standards.

Welch Treppenwitz der Geschichte: Sie reden von Professionalisierung der Lehrerausbildung durch das neue Lehrerausbildungsgesetz von 2009. Was ist das Ergebnis? – Die Hürden für angehende Grundschullehrer werden so hoch gelegt, dass wir viel zu wenig Lehramtsstudenten in diesem Bereich haben.

Es werden zu wenig Studienplätze angeboten, sodass es tatsächlich an verschiedensten Universitäten einen Numerus clausus für dieses Studienfach gibt. Das heißt, eine Reihe von potenziellen Lehrkräften wird von vornherein ausgeschlossen, und zwar nur, weil sie vielleicht ein nicht so gutes Abiturzeugnis haben.

Die Verpflichtung, Deutsch und Mathematik als Fächer zu belegen, lässt darüber hinaus viele derjenigen scheitern, denen Mathematik einfach nicht so liegt. Zum Beispiel sind bei einer Prüfung im Jahr 2016 in Berlin 40 % der angehenden Grundschulpädagogen durch eine Klausur im Pflichtbereich Mathematik gefallen, und es wären 80 % gewesen, hätte die Dozentin nicht im Nachgang eine Aufgabe gestrichen.