Protocol of the Session on July 13, 2017

(Zuruf von der AfD)

Enden möchte ich mit einem Zitat des Ärztekammerpräsidenten von Nordrhein. Es gibt einen Beschluss der Ärztekammer Nordrhein, und zwar nicht von anno dazumal, sondern vom 18. März 2017. Darin heißt es:

„Krankheit und Tod infolge Passivrauchens sind kein Ausdruck von Freiheit, sondern von Unterwerfung und ein Signal der Gleichgültigkeit gegenüber fremder Gesundheit.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Mostofizadeh. – Nun spricht für die Landesregierung Herr Minister Laumann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Nichtraucherschutz hat in Nordrhein-Westfalen eigentlich noch gar keine so lange Geschichte. Die schwarz-gelbe Landesregierung hat 2008 das erste Nichtraucherschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen

eingeführt. Wir haben damals den Nichtraucherschutz im gesamten öffentlichen Bereich, in Krankenhäusern, in Schulen, in Kindergärten, in öffentlichen Verkehrsmitteln und an den Arbeitsplätzen durchgesetzt.

Wir haben seinerzeit auch einen konsequenten Nichtraucherschutz in den Gaststätten durchgesetzt. Es gab nur eine Ausnahme: Gaststätten konnten Raucherräume einrichten und kleine, getränkeorientierte Wirtschaften hatten die Möglichkeit, sich als Raucherkneipe – wie man es im Volksmund so schön sagt – zu deklarieren. In allen anderen Kneipen war das Rauchen verboten.

Dann hat Rot-Grün im Jahr 2013 gesagt: Wir wollen die Raucherkneipen abschaffen. – Mit diesem Gesetz wurde bis auf eine Ausnahme ein totales Rauchverbot in nordrhein-westfälischen Gaststätten durchgesetzt. Nur in geschlossenen Gesellschaften darf unter bestimmten Voraussetzungen geraucht werden.

Jetzt sind wir vier Jahre weiter, und die Lage beim jetzigen Nichtraucherschutz ist aus Sicht des Ministeriums Folgende:

Es herrschen Ruhe und Frieden in dieser Frage. Wir erhalten im Ministerium kaum noch Briefe zu diesem Thema. Die Interessenvertretung der Wirte sagt uns: Es ist jetzt so, wie es ist. Lasst es so.

Es kommen auch keine Briefe mehr zu der Frage, was eine „geschlossene Gesellschaft“ ist. Selbst da, wo man es dürfte, sagen die Gastgeber heute in der Regel: Es ist so, wie es ist. Wenn man eine Geburtstagsfeier abhält, sind unsere Gäste in dieser Frage unterschiedlicher Meinung. Es hat sich aber, wenn man das so sagen darf, schlicht und ergreifend eingespielt.

In einer solchen Situation ist eine vernünftige Regierung klug beraten, es so zu lassen, wie es ist. Das ist der Standpunkt der Landesregierung.

(Vereinzelt Beifall von der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Deswegen werden wir als Landesregierung keine Initiative ergreifen, die jetzige Situation zu verändern. Ich glaube auch, dass das auf die Lebenswirklichkeit in Nordrhein-Westfalen trifft. Man muss sich jetzt auch nichts mehr vorwerfen.

In einer Gesellschaft gibt es manchmal Situationen, die sich entwickeln. Diese Frage hat sich entwickelt. Deswegen ist es schön, wenn in dieser Frage Ruhe und Frieden herrscht. Die Menschen haben sich darauf eingestellt. In den Gaststätten oder vor den Gaststätten, wenn ich das so sagen darf, haben sich bestimmte Kulturen entwickelt. Lassen wir es einfach, wie es ist, und bringen die ganze Sache nicht wieder in Unruhe. – Schönen Dank.

(Vereinzelt Beifall von der CDU und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Ich schließe die Aussprache.

Ich lasse abstimmen. Die antragstellende Fraktion der AfD hat die Überweisung des Gesetzentwurfes Drucksache 17/73 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales – federführend – sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie und Landesplanung – mitberatend – beantragt. Wer der Ausschussüberweisung folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD, Grüne, CDU, FDP und AfD. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Damit ist die Ausschussüberweisung entsprechend dem festgestellten Ergebnis erfolgt.

Ich rufe auf:

6 Vorsicht bei der Nutzung von Mautdaten für

die Strafverfolgung – keine pauschale Kriminalisierung von Verkehrsteilnehmern!

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/79

Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Kutschaty von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei Daten, die staatliche Stellen von Bürgerinnen und Bürgern erheben, ist großes Fingerspitzengefühl gefragt. Vertrauen in diesem Bereich ist leicht verspielt und nur sehr schwer zurückzugewinnen.

In der digitalen Epoche, in der wir leben, ist ein großer Bereich höchstpersönlicher Lebensführung online erfasst. In Zeiten von Google und Facebook, in Zeiten von Großangriffen von Hackern, in Zeiten von Videoüberwachung sind die Menschen sehr sensibel dafür geworden, was mit ihren Daten geschieht und wofür diese im Einzelfall verwendet werden dürfen.

Diese Sorge sollten wir als verantwortungsvolle Politikerinnen und Politiker sehr ernst nehmen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land geschützt bleibt und die Daten vor Missbrauch geschützt sind.

Die technische Entwicklung gibt uns jedoch seit vielen Jahren ungeahnte Möglichkeiten. Manche staatlichen Prozesse sind ohne elektronisch gesteuerte Erfassung nur schwer oder oftmals viel komplizierter und teurer umsetzbar. Die Geschwindigkeit dieser

Prozesse erlaubt schnelles staatliches Handeln auch im Sinne von Bürgerinnen und Bürgern.

Deshalb werden zum Beispiel im Zuge der Überwachung der Mautpflicht Kennzeichen von Lkw mittels Kameratechnik abgeglichen, das aber ausschließlich zum Zweck der Überprüfung, ob der Lkw-Fahrer seine Zahlungspflicht erfüllt; kurzum also nur zu Abrechnungszwecken.

Rein theoretisch und technisch wäre es jedoch heute schon möglich, komplette Bewegungsprofile von Fahrzeug und Fahrer zu erstellen.

Im Zuge des ersten Mautgesetzes hat die Politik den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes deshalb versprochen, keine Bewegungsprofile mit den gewonnenen Daten zu erstellen. Dieses Versprechen wiegt schwer, denn wir haben den Menschen in unserem Land damit auch versprochen, ihren höchstpersönlichen Lebensbereich zu achten und zu schützen.

Darüber hinaus bestehen auf rechtlicher Ebene ganz erhebliche Datenschutzbedenken, etwas anderes mit diesen Daten zu tun.

Jetzt beginnt gerade eine Diskussion über eine Entwicklung in Deutschland, wo erste Stimmen laut werden, die sagen: Wir könnten mit diesen Daten auch etwas anderes machen als bloß eine Erfassung zu Abrechnungszwecken. Namentlich nennen möchte ich aus Baden-Württemberg die CDU-Minister Wolf und Strobel, die vorgeschlagen haben, auch den Ermittlungsbehörden einen Zugriff auf diese Daten zu ermöglichen.

Wenn man die Lkw-Maut als Grundlage nimmt, dann betreffen diese Daten nur einen kleinen Teil der Bevölkerung, nämlich die Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer. Wenn man aber im Zuge der Ausweitung der Mautpflicht an die Daten der privaten Kraftfahrzeugführer herangeht, dann ist es eine völlig andere Dimension.

45 Millionen zugelassene Pkw in Deutschland – das würde eine gigantische Überwachungsmaschinerie in Gang setzen und einen fünfundvierzigmillionenfachen Eingriff in die Grundrechte unserer Bürgerinnen und Bürger bedeuten.

Warum haben wir das Thema heute hier beantragt, auch nicht zur direkten Abstimmung gestellt, sondern zur Überweisung an den Ausschuss? – Wir als Parlament in Nordrhein-Westfalen sollten uns dazu Gedanken machen und uns dazu positionieren, wie wir eine solche Diskussion, die demnächst auf Landes- und Bundesebene geführt wird, bestehen wollen.

Uns interessiert natürlich auch die Frage, wie sich die Regierungskoalition dazu verhalten wird. Wenn ich mir bisherige Äußerungen von CDU-Politikerinnen und -Politikern, zugegeben auch aus anderen Bundesländern, vor Augen führe, stelle ich fest, dass es

zwischen CDU und FDP auf Bundesebene unterschiedliche Auffassungen gibt.

Ich sagte gerade: Die beiden CDU-Minister aus Baden-Württemberg halten das für erwägenswert. Der FDP-Minister Mertin aus Rheinland-Pfalz hat erhebliche Bedenken geäußert. Er verweist vollkommen zu Recht auf die Grundrechte und auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Insofern ist es eine spannende Frage, wie sich die Landesregierung gegebenenfalls in einem Bundesratsverfahren dazu verhalten oder welche Position dieser Landtag beziehen wird.

Für meine Fraktion möchte ich schon einmal ganz deutlich sagen: Wir stellen uns schützend vor die Menschen in unserem Land. Vor allem müssen wir das einmal gegebene Versprechen damals bei der Mautgesetzgebung auch einhalten.

Deswegen fordern wir die Landesregierung auf, sich im Bundesrat dafür stark zu machen, dass die Mautdaten und insbesondere die demnächst gesammelten Mautdaten bei der Erfassung der privaten Kraftfahrzeuge nur der engen Zweckbestimmung unterliegen und dafür genutzt werden können, aber auch schnell wieder gelöscht werden müssen.

Ein solches deutliches Signal aus Nordrhein-Westfalen ist schon wichtig, damit in diese Diskussion keine weitere Bewegung in die falsche Richtung kommt. Lassen Sie uns die Daten der Bürgerinnen und Bürger in unserem Lande schützen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kutschaty. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Kamieth das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion soll die Landesregierung aufgefordert werden, sich über den Bundesrat dafür einzusetzen, dass Daten, die im Zusammenhang mit der Autobahnmaut erhoben werden, auch in Zukunft einer engen Zweckbestimmung folgen und kurzfristig wieder gelöscht werden müssen. Mit anderen Worten: Die nordrhein-westfälische Landesregierung soll sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass das, was seit der Einführung der Maut im Jahr 2011 in § 9 des Bundesfernstraßenmautgesetzes geregelt ist, auch künftig so bleibt.

Diese Forderung ist schon deshalb abzulehnen, weil dieses Thema derzeit überhaupt nicht auf der Agenda des Bundesrates steht. Es existiert schlichtweg keine Bundesratsinitiative eines anderen Lan

des, die auf die Nutzung der Mautdaten zur Strafverfolgung gerichtet wäre und zu der sich NordrheinWestfalen – wie auch immer – einlassen müsste.

Nach meiner Kenntnis ist es völlig ungewöhnlich, dass ein Bundesland sozusagen rein vorsorglich Bundesratsinitiativen mit der Zielsetzung einbringt, dass bestimmte Regelungen im Bundesrecht nicht verändert werden sollen. Genauso gut könnten Sie fordern, dass die Landesregierung sich im Bundesrat dafür einsetzt, dass das Güterkraftverkehrsgesetz, die Gewerbeordnung oder das Gesetz zur Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf dem Gebiet der Raumfahrt nicht geändert werden sollen.