Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Holthoff-Pförtner hat soeben davon gesprochen, die Analyse sei korrekt, der Umgang aber bedenklich. Wenn ich mir Ihre Analyse anschaue, muss ich sagen: Sie war in der Vergangenheit und nicht in der Gegenwart verhaftet. Ihr Umgang mit der Gegenwart ist nicht nur bedenklich, sondern fahrlässig. Er schadet dem Land, weil Sie weit hinter den Anforderungen, die zu stellen sind, zurückbleiben und sich in Allgemeinplätzen ergehen.
Das ist symptomatisch für diese Regierung und für ihren Umgang mit diesem Problem. Es ist auch symptomatisch dafür, dass Sie anderthalb Jahre verschlafen haben.
Ich darf noch einmal auf zwei Dinge hinweisen. Erstens haben Sie von CDU und FDP damals ganz andere Ankündigungen von sich gegeben. Zweitens ist der Austrittsantrag tatsächlich erst im März 2017 gestellt worden. Eigentlich ist der ganze Prozess erst zu
diesem Zeitpunkt gestartet. Letztlich ist also genau in Ihrer Regierungszeit – und das ist der entscheidende Punkt – nichts passiert.
Was haben Sie vorgegeben, tun zu wollen? Ich würde gerne mit dem Koalitionsvertrag beginnen. Sie haben sich in Ihrem Koalitionsvertrag übrigens interessanterweise – damit haben Sie auch ein bisschen das Thema verfehlt – dafür ausgesprochen, Finanzunternehmen vom Finanzplatz London nach Nordrhein-Westfalen zu holen.
Dass das ein wenig überkandidelt war, hätte man merken können. Man hätte sich damals aus meiner Sicht darauf konzentrieren müssen, die Europäische Arzneimittel-Agentur nach Bonn zu holen. Sie hätte nämlich hervorragend dorthin gepasst. Was ist passiert? Herr Laschet, der zu dieser Zeit als stellvertretender CDU-Vorsitzender an den Koalitionsverhandlungen in Berlin beteiligt war, hat es nicht geschafft, dass die Kanzlerin sich in dieser Sache ausreichend engagiert. Man hat alles gefordert und am Ende nichts bekommen; denn die Behörden sind nach Paris und Amsterdam umgezogen.
Der bedenkliche Umgang mit diesen wichtigen Institutionen ist Ihr Start gewesen, Herr Holthoff-Pförtner.
Im November letzten Jahres tauchte dann jemand auf, der jetzt durch alle Konferenzen tigert, nämlich Herr Merz.
Als man angesichts potenzieller Befangenheiten gefragt hat, was Herr Merz denn neben seinen ganzen Tätigkeiten in diversen Aufsichtsräten so macht, kam der Hinweis, er fange eigentlich erst im März an, also erst im darauffolgenden Jahr. Dann wurde regelmäßig in Ausschüssen und Kleinen Anfragen die Frage gestellt, worin denn eigentlich der Erfolg des Herrn Merz bestehe. Daraufhin wurde gesagt: Er soll Gespräche führen.
Gleichzeitig ist im Aufsichtsrat von NRW.INVEST im Dezember letzten Jahres entschieden worden, dass es irgendwann eine Dependance in London geben soll. Das ist dann ein halbes Jahr später angekündigt worden.
Meine Damen und Herren, angesichts des Tempos, in dem Sie arbeiten und ankündigen, aber keinerlei Ergebnisse erreichen, kann ich nur wieder etwas zitieren, was hier in den letzten Jahren oft genug gesagt worden ist. Herr Pinkwart, das Zitat lautet: Nichtstun ist Machtmissbrauch – von Herrn Laschet.
Bis heute haben Sie eine Anfrage von mir nicht beantwortet – fünf Wochen brauchen Sie schon und haben sie immer noch nicht beantwortet. In der Anfrage habe ich gefragt, was denn mit dem Gutachten, das Sie laut WDR angeblich in Auftrag gegeben haben, ist: Wann haben Sie das Gutachten in Auftrag gegeben, welches Ziel und welchen Auftragsgegenstand hat es? – Fünf Wochen sind vergangen, und es gibt immer noch keine Antwort auf die Kleine Anfrage.
Dadurch bekommt man doch einen lebhaften Eindruck von der Substanz, die hinter Ihren Ankündigungen steckt: Es ist keine Substanz vorhanden. Sie leben alleine von Ankündigungen.
In diesem Zusammenhang ist auch festzustellen: Wenn man so regiert wie Sie, dann sollte man sich vielleicht bei Herrn Lindner noch mal nach seinem Spruch, den er in Berlin – unberechtigt – gebracht hat, erkundigen. Dieser lautet nämlich: Besser nicht regieren als schlecht regieren. Der Spruch trifft auf Sie zu.
Insgesamt ist festzustellen: Ob an dieser Stelle oder an anderen Stellen – Sie leben immer noch davon, zu sagen, was Sie möchten und was andere angeblich nicht gemacht haben. Allerdings haben Sie bereits 30 % Ihrer Wahlperiode hinter sich.
Da müssen Sie mal in den Kalender schauen. – Wenn Sie so weitermachen, dann sind demnächst zwei Drittel vorbei und Sie erzählen immer noch das Gleiche.
Das ist gefährlich fürs Land, für unsere Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Deswegen sollten Sie endlich aufwachen und ab jetzt nicht mehr von „möchten“ und „wollen“ reden, sondern von „machen“.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Becker, wenn ich Sie korrigieren darf: Der Spruch von Christian Lindner lautet nicht: „Besser nicht regieren als schlecht regieren“,
(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Wenn das hervorragend ist, dann möchte ich nicht wis- sen, was schlecht ist!)
Worüber reden wir hier? – Wir reden über eine Situation, in der wir alle in diesem Parlament für unser Land das Beste erreichen wollen – keine Frage –, wobei die Situation aber unklar und unsicher ist.
Die Regierung sorgt sowohl mit dem Büro in Großbritannien als auch mit den Aktivitäten hier vor Ort dafür, dass allen Beteiligten, also beispielsweise Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Studierende und diejenigen, die ein Unternehmen in britischer Rechtsform haben – das ist ein wichtiges Thema für viele Kleinunternehmer und Handwerker –, geholfen wird und sie unterstützt werden. Zentral muss doch sein, dass wir die Menschen im Blick haben, dass diese im Mittelpunkt stehen und wir nicht politische Spielchen spielen.
Es fing an mit Herrn Klocke mit dieser Anwesenheitsnummer – ein seltsames Schauspiel, das keiner verstanden hat –, und dann Herr Kutschaty, der für einen ganz normalen Vorgang viermal hintereinander den Begriff „Schwindel“ verwendet hat.
Dafür sind wir nicht zu haben. Wir wollen Klarheit und eine Sicherheit für die Menschen hier in diesem Land, wie mit der Situation umzugehen ist.