Protocol of the Session on November 14, 2018

Aber vorab, Arndt Klocke: Ich habe keinen Nachholbedarf dahin gehend, zu wissen, was Luftreinehaltepolitik und was auch Umweltpolitik tatsächlich bedeutet. Ich möchte nur darauf hinweisen: Mit Blick auf das Kölner Urteil, das quasi eine gesamte Stadt mit einem Dieselfahrverbot belegt, gestatten Sie mir die Äußerung, dass es sich hierbei um einen so massiven Eingriff in die Struktur einer Stadt handelt, dass ich das auch als Umweltministerin nicht gutheißen kann,

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Aber nicht aus- schließlich!)

sondern dagegen tatsächlich vorgehen muss. Damit erkläre ich direkt auch die Berufung.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Ich rufe in Erinnerung – ich habe mit Abgeordneten aus dem Umland gesprochen –: Der ÖPNV in Köln ist – Stand heute, Jochen Ott – gar nicht in der Lage, 200.000 zusätzliche Diesel-Pkw-Fahrer aufzunehmen und in die Stadt zu transportieren. Wir drücken den Verkehr in das Kölner Umland mit dem Ergebnis, dass sich die Werte dort verschlechtern.

Was sind unsere nächsten Schritte? Der entscheidende Schritt ist, dass wir Anfang nächsten Jahres einen Luftreinhalteplan für Köln vorlegen werden; denn im Gegensatz zu anderen Städten liegt er in Köln nicht vor. Warum liegt er noch nicht vor? Weil sehr lange zwischen Stadt und Regierungspräsidium hin und her diskutiert wurde, weil der Maßnahmenplan noch nicht so gesessen hat, wie wir es uns vorgestellt haben,

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

von dem wir sagen könnten, dass wir die Werte tatsächlich erreichen. Wir sind aber auf einem sehr guten Weg. Wir haben auch in der Gerichtsverhandlung Entsprechendes vorgelegt.

Wir sind deshalb auf einem guten Weg, weil die Kölner Verkehrs-Betriebe beispielsweise 50 neue Busse bestellt haben – Hendrik Wüst –, und zwar aus dem Programm des Bundes, das vom Land NordrheinWestfalen begleitet wird, weil es Verkehrslenkungsmaßnahmen gibt, weil es Investitionen in Park and Ride gibt, weil es noch viele weitere Themen gibt, beispielsweise die Leverkusener Brücke.

Ich habe eben vorgelesen, dass die Belastung mit Stickstoffdioxid an den meisten Straßen um 10 µg zurückgegangen ist, jedoch auf dem Clevischen Ring nicht. Warum nicht? Wegen der Leverkusener Brücke, weil der Verkehr über den Clevischen Ring abgeleitet wird und damit diese Straße zusätzlich belastet ist. Das sind die Themen, mit denen wir uns beschäftigen müssen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Auch als Landesregierung sind wir verantwortlich. Wir müssen jede Stadt zusammen mit den Verantwortlichen in der Stadt ganz individuell betrachten. Der Clevische Ring in Köln ist anders strukturiert als die Reuterstraße oder der Belderberg in Bonn. Jede Stadt hat das Recht darauf, individuell mit ihren Maßnahmen betrachtet zu werden. Das Allerwichtigste ist, dass wir das zusammen mit den Verantwortlichen vor Ort tun. Das ist der Weg. Im Januar legen wir den Luftreinehalteplan vor. Wir werden in Köln die Grenzwerte so gut wie möglich einhalten. Dann, hoffe ich, haben wir das Thema damit abgehakt.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Eines möchte ich zum Schluss sagen – ich weiß, dass meine Redezeit zu Ende ist – und Ihnen mitgeben: Wenn wir verantwortliche Luftreinhaltepolitik machen, dürfen wir nicht nur auf einen Wert schauen. Wenn wir die Leute alle aus den Dieseln heraus- und in die Benziner hineintreiben, werden wir in zwei Jahren hier sitzen und darüber diskutieren, dass die CO2-Werte angestiegen sind.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das dürfen wir so nicht machen, sondern wir müssen verantwortlich handeln. In diesem Sinne bitte ich Sie herzlich um Ihre Unterstützung. Ich bin fair, seien Sie bitte auch fair. – Danke.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Bislang hatten wir allen Rednern eine Redezeitüberschreitung von etwa 40 Sekunden zugestanden. Die Ministerin hat um eine Minute überzogen. Daher würden wir, falls Bedarf besteht, den anderen Fraktionen 20 Sekunden nachgeben.

Als nächster Redner hat für die SPD der Kollege Ott das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus einem Leserbrief der vergangenen Tage aus dem „Kölner Stadt-Anzeiger“:

„,Jeder möchte saubere Luft atmen‘, sagt Rieke Römer, die an der Inneren Kanalstraße lebt. ,Aber ein Verbot, das auf diese Weise erlassen wird, grenzt an Zwangsenteignung. Die Menschen werden mit einer Lösungsfindung und ihrem finanziellen Schaden allein gelassen. Die Entscheidung wird das Vertrauen in die Politik weiter schwächen.‘„

Herr Deppe hat gesagt, er wisse nicht, was diese Debatte soll. Das muss ein Schlag ins Gesicht all der Menschen sein, die solche Leserbriefe geschrieben haben.

(Beifall von der SPD)

Lieber Herr Deppe, och em hillije Kölle helfen weder Hoffen noch Beten, wenn man ein Problem hat, sondern man muss es lösen. Hoffen und Beten sind zu wenig.

(Beifall von der SPD)

Deshalb ist es zwar schön, wenn zum Beispiel Herr Middeldorf lange davon erzählt, was alles geplant werden müsse usw. Das Problem an der Sache ist: Am 30.03. nächsten Jahres müssen Sie geliefert haben, weil ab dem 01.04. vielen die Enteignung droht. Aus diesem Grund möchte ich noch einmal sehr

grundsätzlich deutlich machen, um was es geht, damit es nicht in Vergessenheit gerät: Die deutsche Automobilindustrie hat die Menschen, hat ihre Käufer beschissen.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Richtig!)

Das ist der Ausgangspunkt.

(Beifall von der SPD)

Die Menschen sind jetzt diejenigen, die kalt enteignet werden. Während in den Vereinigten Staaten Ausgleich und Ersatz aus der Automobilindustrie förmlich aufgedrängt werden, damit man bloß keine weiteren Probleme bekommt, passiert das bei uns nicht. Das können die Menschen nicht verstehen. Sie verstehen nicht, warum die Politik und die Regierungen vor der Automobilindustrie kneifen.

Ich möchte noch einmal die entsprechenden Zahlen dazu nennen: 2017 waren laut „Kölner Stadt-Anzeiger“ in Köln 475.000 Pkw zugelassen. Davon waren 159.000 Diesel-Fahrzeuge, und 90.000 davon wiederum waren in den Euro-Normen 4 und 5 zugelassen. Darüber hinaus gab es 106.000 Einpendler – und ich bin wie Herr Deppe der Meinung, dass man das auch regional betrachten muss –, darüber hinaus 790 Handwerksbetriebe, 530 Mitglieder des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes und 10.500 Mitgliedsunternehmen der IHK.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, alle diese Leute erwarten von der Politik und von den Regierungen Antworten. Die Situation hat sich verändert. Es geht nicht mehr darum, Pläne zu machen, sondern es muss zum 01.04. des nächsten Jahres konkrete Lösungen geben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

An den einen oder anderen hier, nicht jedoch an unsere Landesregierung, möchte ich noch Folgendes adressieren: Zu glauben, man könne die Grenzwerte erhöhen und damit das Problem lösen, ist falsch. Gute Luft gehört genau wie die Mobilität in unseren Städten zum Leben dazu.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ihr habt hier alle herumgeeiert. Sagt doch einmal ganz klar, was jetzt passieren muss! Zur Hardware – das hat die Ministerin bereits angesprochen – wurden in diesem Landtag seit der Wahl 2017 vier Anträge eingebracht, und zwar zweimal von den Grünen und zweimal von den Roten. Jedes Mal wurde die Hardwarenachrüstung hier mit großen Worten abgelehnt. Ihr wolltet sie nicht. Jetzt so zu tun, als ob ihr sie wolltet, ist einfach falsch.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Dieser Ministerpräsident, der da vorne sitzt, zur Rückendeckung seiner Fraktion, hat öffentlich erklärt: Es gibt keine Fahrverbote. – Er kann sein Wort nicht

halten, und deshalb muss er erstens dafür sorgen, dass es diese Hardwarenachrüstungen geben wird.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Zweitens. Wo dies nicht möglich ist, muss für Entschädigungen gesorgt werden. Es muss deutlich werden, dass die Menschen nicht enteignet werden.

(Gordan Dudas [SPD]: Was ist denn daran lustig, Herr Laschet?)

Drittens. Ich will hier noch einmal deutlich machen, was der SPD-Fraktionsvorsitzende eben gesagt hat, damit es jeder mitbekommt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund in Köln hat vollkommen recht, und die SPD sieht das genauso. Wenn wir der Auffassung sind, dass wir bis zum 01.04. bestimmte Lösungen nicht hinbekommen, dann brauchen alle Dieselfahrer, die direkt betroffen sind, und die ab dem 01.04. nicht mehr mit ihrem Auto losfahren können, ein Angebot für alternative Mobilität. Ob das in Form eines kostenlosen Fahrscheins für ein Jahr geschieht oder man die Möglichkeit anbietet, E-Bikes zu nutzen, ist letztlich egal. Aber wir brauchen eine Mobilitätsgarantie für über 100.000 Menschen in Köln.

(Beifall von der SPD)

Was die FDP hier macht, ist keine Mittelstandspolitik. Was bieten Sie den Mittelständlern denn an? Welche Möglichkeiten haben sie denn? Wie sollen die Handwerksbetriebe, die wir für den Straßen- und Wohnungsbau und für vieles mehr brauchen, demnächst in der Stadt fahren? Das können sie doch gar nicht mehr. Ich bin schon gespannt, wie die Gerichte auf so viele Ausnahmegenehmigungen reagieren werden. Auch da braucht es also so schnell wie irgend möglich ein Ausnahmepaket.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Deutsche Gewerkschaftsbund hat darauf aufmerksam gemacht, dass wir auch an der Schnittstelle zur Frage der Industriepolitik stehen. Auch das haben wir hier verschiedentlich diskutiert. Wo werden die Elektrobusse in Zukunft gebaut? Sorgen wir eigentlich dafür, dass das in Nordrhein-Westfalen stattfinden kann? Wie sorgen wir dafür, dass das, was wir gerade rund um die Diskussion im Rheinischen Revier mit StreetScooter, DHL und Ford entwickeln, auch für die Arbeitsplätze in dieser Region genutzt werden kann und dass die moderne Antriebstechnologie hier produziert wird und nicht in anderen Ländern?

Last but not least möchte ich noch auf die Verantwortung der kommunalen Ebene zurückkommen. Der Kölner Umweltdezernent war ein halbes Jahr nicht da, weil er woanders Wahlkampf betrieben hat. Als er wiederkam, hat er öffentlich erklärt, es gebe jetzt Fahrverbote. Ob das einer Lösungsfindung zuträglich gewesen ist, wage ich zu bezweifeln.

Ich möchte aber deutlich machen, dass in Köln viele Vorschläge in den Bezirksvertretungen und im Rat

gemacht worden sind, unter anderem am 06.09.2016 sowie am 22.09.2016. Auch Anfang dieses Jahres, am 06.02., gab es den erneuten Vorschlag, auf dem von der Ministerin dankenswerterweise gerade erwähnten Clevischen Ring beispielsweise eine Busspur zu schaffen, beispielsweise Pförtnerampeln einzusetzen, beispielsweise endlich Umfahrungen für Lkw zu organisieren. Wir alle wissen, dass die Stadt Köln wegen der Sperrung der Leverkusener Brücke einen maßgeblichen Beitrag zum Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen geleistet hat, weil diese Verkehre durch die Kölner Innenstadt abgeleitet worden sind.

Alle diese Vorschläge sind von Ihrer Mehrheit, nämlich von einer schwarz-grün-gelben Mehrheit in Köln, abgelehnt und somit nicht umgesetzt worden, und der Ministerpräsident hat sich nicht um diese Fragen gekümmert. Deshalb finde ich es sehr richtig, auf die Geschichte zu blicken und zu überlegen, welche Vorschläge denn eigentlich umgesetzt worden sind.