Protocol of the Session on September 29, 2018

Herr Altmaier spricht von 1 Milliarde Euro für ein Batteriezellwerk, für ein Forschungswerk in der Lausitz. Wo sind Sie da? Ich höre Sie nicht. Sie reden immer: „Wir wollen, wir wollen“, aber Sie können nicht. Sie tun nichts!

(Zuruf von Ministerpräsident Armin Laschet)

Herr Laschet, wenn das Quatsch ist, dann gehen Sie hier an das Rednerpult und sagen Sie, was Sie dafür getan haben. Dann lerne ich gerne mal die Fakten kennen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Aber nein, Sie sagen immer nur: Sie wollen, Sie wollen. – Sie sind jetzt seit eineinviertel Jahren am Wollen. Gehen Sie endlich mal zum Machen über, oder gehen Sie wieder in die Opposition! Das Wollen reicht nicht mehr!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- ruf von der CDU)

Sie sind jetzt lange genug dran, und ich sage Ihnen: Diese Regierung muss langsam raus aus dem Wollen-Modus und rein in den Arbeitsmodus kommen, damit diese Region tatsächlich eine Chance hat.

(Zuruf von der FDP)

Das Einzige, wo Sie konkret sind, ist immer wieder die Leier: Die Braunkohle muss länger verstromt werden.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Entschuldigung, das war Ihre Entscheidung!)

Genau das wird den Strukturwandel …

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Genau das wird den Strukturwandel...

(Unruhe – Glocke)

verhindern und nicht befördern. Sie sind immer wieder nur im Rückwärtsgang statt im Vorwärtsgang.

(Unruhe)

Ich sage Ihnen deswegen noch einmal: Sagen Sie diesem Parlament am Freitag, was Sie zum Strukturwandel vorschlagen. Wenn Sie das nicht tun, müssen Sie sich genau die Vorwürfe gefallen lassen, wie ich sie Ihnen gerade gemacht habe.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die AfD-Fraktion spricht Herr Kollege Loose.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Antrag, liebe SPD, betreiben Sie die Spaltung dieses Landes. Von Ihnen wird behauptet, es sei nicht tragbar, dass die Braunkohlereviere im Osten Gelder bekommen, während das Rheinische Revier leer ausgehe. Damit spielen Sie die einzelnen Regionen gegeneinander aus und schüren den Neid gegen unsere Mitbürger im Osten Deutschlands.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, seit 150 Jahren geben Sie vor, für Gerechtigkeit zu kämpfen. Anscheinend waren Sie aber nicht sehr erfolgreich dabei, sonst würden Sie nicht immer wieder neue Gerechtigkeitslücken finden. Vor allen Dingen ist es interessant, dass Sie immer dort Lücken finden, wo Sie vorher selbst in der Verantwortung standen.

Fragen wir einmal konkret nach: Wer sitzt denn im Planungsgremium des Bund-Länder-Programms? – Dort finden sich unter anderem der Bundeswirtschaftsminister und der Bundesfinanzminister. Der Bundesfinanzminister ist übrigens Herr Olaf Scholz. Vielleicht kennen Sie ihn; er ist wohl Parteimitglied bei Ihnen in der SPD. In der Vergangenheit waren das unter anderem auch Herr Steinbrück oder Herr Eichel – alle SPD. Als Bundeswirtschaftsminister und -ministerin waren es in der Vergangenheit Frau Brigitte Zypries und Herr Sigmar Gabriel – ebenfalls SPD.

Noch viel interessanter: Zum Gremium gehören auch die jeweiligen Landeswirtschaftsminister, also auch die Minister aus NRW. In der letzten Legislaturperiode saßen hier die Herren Garrelt Duin und Harry Voigtsberger – beide ebenfalls ganz zufällig von der SPD.

Haben Sie für Ihren Antrag die Herren Duin und Voigtsberger eigentlich einmal befragt? Offenbar haben sich die beiden nicht ausreichend für die Berücksichtigung der von Ihnen genannten Landkreise eingesetzt. Beide hatten es aber doch in der Hand. Ihre Parteikollegen hatten es in der Hand, diese Fördergebiete selbst abzugrenzen – und jetzt wundern Sie sich! Wie viele Fördergebiete gibt es in Deutschland überhaupt? Heute ist mein Geburtstag, und da habe ich ein Geschenk mitgebracht, eine Grafik.

(Christian Loose [AfD] hält eine Grafik hoch.)

Das sind nicht die Wahlergebnisse der AfD, wo das so schön blau ist, sondern das sind die Fördergebiete in Deutschland. Mehr als die Hälfte von Deutschland ist bereits Fördergebiet.

Unabhängig vom bundesweiten Programm hätten Sie aber auch Mittel aus NRW stellen können. Sie

hätten auch Änderungen beim GFG, dem Gemeindefinanzierungsgesetz, durchsetzen können. So werden beim GFG jedes Jahr etwa 10 Milliarden Euro an die Städte und Gemeinden verteilt. So stand es Ihnen doch frei, mehr Geld für die 26 Städte in dieser Region zu fordern, damit diese die Strukturreform selbst in die Hand nehmen konnten.

Stattdessen sieht es bei der Verteilung der Gelder in NRW ganz anders aus. Würde man die Schlüsselzuweisungen fair nach der Bevölkerungsanzahl verteilen, würden diese 26 Städte im Rheinischen Revier etwa 520 Millionen Euro bekommen.

(Zuruf von der SPD)

Nun werden die Gelder aber nach Bedarf verteilt, und den Bedarf bestimmen die Gesetzgeber, also die Politiker. Nach den aktuellen Kriterien besteht kein großer Bedarf bei diesen Städten. So bekommen diese 26 Städte und Gemeinden lediglich etwa 230 Millionen Euro und damit 190 Millionen Euro weniger als bei einer Verteilung nach der Bevölkerungszahl. Anscheinend besteht in dieser Region also gar kein Bedarf.

Hier könnten Sie, liebe SPD, einfach einen Antrag auf Änderung des GFG und gegebenenfalls der Landesverfassung stellen. Hier könnten Sie dann auch Kriterien für den Strukturwandel einbeziehen lassen, zum Beispiel mittels Erfassung von strukturwandelbedingten Aufwendungen. Mit dem Instrument des GFG würde das Geld dann einfach innerhalb von NRW so verteilt, wie Sie es benötigen.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Sie rufen stattdessen nach mehr Geld vom Bund oder der EU.

Das mit dem Osten-Bashing haben Sie selber schon erkannt, deswegen soll denen jetzt wohl nichts mehr weggenommen werden. Der Bund soll einfach noch mehr Geld ins System geben und dann an das Rheinische Revier verteilen. Woher das Geld kommt, sagen Sie, liebe SPD, aber nicht.

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Nein, aber wir sagen im Revier, dass Sie kein Geld geben wollen!)

Ich kann Ihnen aber sagen, woher das Geld kommt. Egal, ob es die EU oder der Bund auszahlt: Das Geld stammt von unseren Malochern in Deutschland,

(Unruhe)

von den hart arbeitenden Menschen, die sich jeden Tag für uns krumm machen. Und diese Menschen sind bereits viel zu stark belastet. – Ja, Sie lachen darüber. Ich weiß nicht, ob Sie die Belastung dieser Menschen wirklich für so lustig halten; ich finde das eigentlich sehr traurig.

(Beifall von der AfD)

Sie fordern jetzt trotzdem noch mehr Geld für einen neuen Fonds für Strukturwandel. Eines kennen wir aber doch bereits aus den vorherigen Förderprogrammen: Diese führen nur zu einem Punkt: die Bürokratie wird wieder unglaublich aufgebläht, es wird viel Geld verbrannt, und es gibt viele neue Posten für die Freunde der Politiker. Da werden erst mal Förderrichtlinien geschrieben, Anträge gestellt und geprüft, mal bewilligt, mal abgelehnt. Im Ergebnis gehen uns 30 % der Fördersumme bei der Bürokratie wieder verloren.

Herr Becker, wir brauchen auch keine Sonderwirtschaftszone, sondern wir brauchen überall Erleichterungen; Erleichterungen bei der Planung und für die Ansiedelung von Unternehmen, und zwar nicht nur im Rheinischen Revier. Wenn Sie, liebe SPD, wirklich etwas für die Menschen im Rheinischen Revier tun wollen, dann empfehle ich Ihnen: Hören Sie diesen Menschen zu. Sie wissen dann, dass diese Menschen dort gerne arbeiten, auch im Tagebau gerne arbeiten. Hören Sie auf, Ihre eigenen Leitentscheidungen immer wieder infrage zu stellen.

Sorgen Sie dafür, dass die Unternehmen sich in Deutschland und in NRW wieder wohlfühlen können. Im Moment machen Sie das genaue Gegenteil. Sie zerstören unsere industrielle Kultur. Sie zerstören unsere Lebensgrundlage. Von Luft und Liebe allein aber wird keiner in Deutschland existieren können. Glück auf!

(Beifall von der AfD)

Das war der Abgeordnete Loose für die AfD-Fraktion. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Professor Dr. Pinkwart das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben ja gestern schon Gelegenheit genommen, sehr ausführlich auf die Notwendigkeiten von Anpassungsmaßnahmen im Rheinischen Revier einzugehen.

In Nordrhein-Westfalen werden wir den anstehenden Strukturwandel jedenfalls vorausschauend anpacken; denn hochwertige Alternativen jeglicher Art brauchen Vorlauf. Planungsverfahren brauchen Zeit, und Strukturwandel erfordert langjährige Qualifizierungs- und Entwicklungsprozesse.

Deswegen arbeiten wir in der Kommission auch darauf hin, dass es beim Ausstieg aus der Kohle keine Sturzgeburten, sondern einen fließenden Übergang gibt, der es erlaubt, neue Strukturen aufzubauen, bevor man vorhandene Strukturen abbaut.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Die Strategie „Rheinisches Revier“ steht seit Ende September dieses Jahres und folgt einem integrierten Ansatz. Es gilt nicht nur, Fördermittel einzuwerben, sondern viel wichtiger ist es, dass es Strategien, Projekte und Kooperationen in zentralen Zukunftsfeldern aus der Region selbst gibt, die von den Menschen und Akteuren gewollt sind, die von ihnen mit erarbeitet und entwickelt werden; denn dann ist die Wahrscheinlichkeit am größten, dass diese Projekte tatsächlich umgesetzt werden können.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)