Spätestens nach dem Anschlag des Terroristen Amri am Berliner Breitscheidplatz hatten Sie, meine Damen und Herren von den Altparteien, uns versprochen, dass wir keinen Menschen mit Mehrfachidentitäten mehr in unserem Land haben werden, dass Sie wissen werden, wer diese Menschen sind. Das einzige, was wir wirklich wissen, ist, dass wir nicht wissen, wer in unserem Land ein und aus geht. Das einzige, was wir wirklich wissen, ist, dass Sie, meine Damen und Herren von den alten Parteien, Ihrer Aufgabe nicht nachkommen, unser Land und unsere Bürger zu schützen. In diesem Fall konnten Sie nicht einmal einen Eingereisten vor sich selbst schützen.
Sie haben in diesem Land Chaos angerichtet; ein Land, das einst bekannt war für eine ausgezeichnete Bürokratie und Verwaltung, für Organisationstalent, Genauigkeit und Akkuratesse – Werte, die Ihnen anscheinend nicht mehr so wichtig sind.
Der Minister hat nun angekündigt, auf diesen Fall zu reagieren und mögliche Fehlerquellen bei der Aufnahme von Gefangenen abstellen zu wollen. Das ist auch richtig so. Aber ich möchte Sie, auch im Namen der Menschen in unserem Lande, bitten: Gehen Sie mit der gleichen Energie daran, bereits an den Grenzen unseres Landes dafür zu sorgen, dass sie und wir wissen, mit wem wir es zu tun haben, wen wir hereinlassen wollen und wen nicht, damit Probleme – bis hin zu Toten –, die völlig unnötig sind, gar nicht erst entstehen. – Ich danke Ihnen.
Danke, Herr Kollege Wagner. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Das bleibt so. Dann schließe ich an dieser Stelle die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 1, der Aktuellen Stunde.
Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat für die SPD-Fraktion Herr Kollege Kämmerling das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben gestern zu der Region, die in unserem Antrag behandelt wird, eine sehr emotionale Diskussion geführt. Heute, unter diesem Tagesordnungspunkt, besteht die Gelegenheit, das Rheinische Revier nicht immer nur vor dem Hintergrund von Problemen zu thematisieren, sondern vielmehr auf seine großartigen Chancen Bezug zu nehmen.
Das Revier – viele Redner haben das gestern in der Debatte angerissen – hat große Potenziale vorzuweisen, Potenziale, die gehoben werden wollen: Innovationsgesellschaften, Ratsfraktionen, Vereine, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister usw. haben nicht die Zeit verschlafen, wie das leider – vielleicht auch aus Unkenntnis – auch schon mal berichtet wird. Vielmehr waren sie in den vergangenen Jahren ausgesprochen produktiv und haben nicht wie das Kaninchen vor der Schlange gesessen. Nein, sie haben den Strukturwandel kommen sehen und haben sich vorbereitet. Im Revier ist man – und das ausdrücklich unter ausgesprochen positiver Mitwirkung des Konzerns RWE und seiner Mitarbeiter – insbesondere auch bezüglich der In-Nutzung-Setzung von Flächen längst auf einem in die Zukunft gerichteten Weg.
Aber das darf natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Region auch ganz konkrete Hilfe braucht. Wir als Fraktion der SPD wollen diesen Bedarf nicht nur erkennen, sondern wir machen Ihnen heute den Vorschlag für einen Baustein, der ganz konkret positiv im Revier wirken kann. Sie alle kennen die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe mit der Bezeichnung „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ – GRW. Die GRW eröffnet wichtige Fördermöglichkeiten bzw., besser gesagt, sie kann bessere Fördermöglichkeiten eröffnen, wenn eine Region den Status einer entsprechenden Förderfähigkeit hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir als Land Nordrhein-Westfalen haben die Möglichkeit, der Zukunft des Rheinischen Reviers und seiner Menschen eine an Folgen reiche Unterstützung zukommen zu lassen. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass rund um die Tagebaue die Entwicklung auch von GRW-Szenarien profitieren kann. Lassen Sie uns gemeinsam dafür Sorge tragen, dass das Rheinische Revier Sonderfördergebiet wird.
Wenn nicht das, was uns vor Ort durch das absehbare Ende der Braunkohleförderung, -veredelung und -verstromung erwartet, eine Gemeinschaftsaufgabe ist, dann weiß ich nicht, was sonst eine sein soll. Wir in der betroffenen Region wollen dem Strukturwandel präventiv begegnen. Und wir haben Ideen, die wir auch längst alle veröffentlicht haben. An denen arbeiten wir seit Monaten bzw. seit Jahren. Aber wir brauchen auch Hilfe, unsere vorhandenen PS auf die Straße zu bringen.
In den neuen Bundesländern haben die Braunkohlereviere längst kompletten Zugang zur GRW-Kulisse. Niemand kann bestreiten, dass auch bei uns in Nordrhein-Westfalen die Herausforderungen nach der Braunkohle gewaltig sind. Ist es im Osten der Bundesrepublik alleinig die Strukturschwäche, ist die Situation hier bei uns noch mal deutlich komplexer. Viel mehr Menschen hängen bei uns an der Entwicklung. Industrien ganz anderer Größenordnungen hängen daran, und ganz andere Flächengrößenordnungen sind zu bewältigen.
Bitte lassen Sie uns das gemeinsam erkennen. Bitte lassen Sie uns den Anschub dafür geben, dass hier in diesem Haus nicht immer nur über das Rheinische Revier diskutiert wird, sondern lassen Sie uns endlich auch konkret helfen. Unser Vorschlag dafür liegt jetzt auf dem Tisch. Er ist sachbegründet und sinnvoll, und er wird der Region helfen und ihren Weg in die Zukunft sinnvoll unterstützen können. Ich darf Sie ganz herzlich bitten, diesem Vorschlag zu folgen und ihn zu unterstützen. Ich freue mich auf die weitere Diskussion mit Ihnen hier und natürlich auch im Ausschuss. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag gibt uns die Möglichkeit, über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, kurz GRW, zu diskutieren.
Die GRW-Mittel sind eine gute Möglichkeit für gewerbliche Unternehmen, Kommunen, Kommunalverbände, öffentliche Einrichtungen und Unternehmen,
Für einen erfolgreichen Strukturwandel darf es natürlich nicht nur einen Blick nach Berlin geben. Allein die Mittel aus der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung reichen nicht aus. Es müssen alle zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel durch die örtlichen Akteure genutzt werden.
Geld alleine ist aber auch nicht alles. Der Strukturwandel betrifft das gesamte Rheinische Revier; also alle Teilräume von der StädteRegion Aachen bis in den Rhein-Kreis Neuss, von Mönchengladbach bis in den Kreis Düren und von Heinsberg über den RheinErft-Kreis bis in den Kreis Euskirchen.
Im Revier bestehen jedoch Unterschiede: Die Anrainerkommunen rund um den Tagebau Inden sind im Strukturwandel schon sehr weit. Seit Jahrzehnten steht fest, dass dieser Tagebau ca. im Jahr 2030 ausgekohlt ist. Gleichzeitig schließt das dortige Kraftwerk Weisweiler.
Alles klar, ich korrigiere mich; Herr Kämmerling, Sie haben recht. Zumindest die Braunkohleverstromung im Kraftwerk Weisweiler endet aber.
Die Teilregionen sind unterschiedlich weit; das haben auch Sie betont, Herr Kämmerling: Die Entwicklungsgesellschaft indeland wurde bereits im Jahr 2006 gegründet.
Im Jahr 2014 haben sich die Kommunen rund um den Tagebau Garzweiler zu einem informellen Planungsverband zusammengeschlossen, und uns ist bereits ein Drehbuch für die Tagebaufolgelandschaften präsentiert worden.
2016 hat sich dann die Tagebauumlandinitiative des Tagebaus Hambach aufgemacht, einen Masterplan zu entwickeln.
Allein an der zeitlichen Reihenfolge der Gründung der Zweckverbände und der Entwicklungsgesellschaften lässt sich die unterschiedliche zeitliche Abfolge im Revier festmachen.
Um es noch mal zu betonen: In der Leitentscheidung der rot-grünen Landesregierung wurde das jeweilige Ende der verschiedenen Tagebaue beschlossen – zuerst der Tagebau Inden, dann der Tagebau Hambach und zum Schluss der Tagebau Garzweiler.
Welche neuen Hausaufgaben allein die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung uns mitgibt, lässt sich final derzeit nicht abschätzen.
So unterschiedlich die Tagebaue enden, so unterschiedlich weit sind auch die Teilregionen mit ihren Visionen für den Strukturwandel; so unterschiedlich sind die Visionen auch in ihrer Ausprägung.
Das Aachener Revier ist immer noch vom Ausstieg aus der Steinkohle geprägt. So lässt es sich auch erklären, warum die StädteRegion Aachen und der Kreis Heinsberg in der GRW aufgelistet sind.
Wie gestern Minister Professor Dr. Andreas Pinkwart mitgeteilt hat, sind in den letzten Monaten enge Abstimmungen zwischen den regionalen Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik erfolgt. Dabei wurden wir alle mit ins Boot geholt, um ein umfassendes Programm zur Entwicklung neuer Perspektiven auszuarbeiten. Dieses soll, wie der Minister angekündigt hat, am Freitag der Kommission in Berlin vorgestellt werden.
Wichtig ist die Maßnahmenvielfalt wie beispielsweise die Bereitstellung von Gewerbeflächen, Infrastrukturmaßnahmen sowie Investitionen in Forschung und Entwicklung.
Da es sich um tolle Projekte handelt, nenne ich einige: der Brainenergy-Park, das interkommunale Gewerbegebiet der Gemeinden Jülich, Titz und Niederzier – dort könnten in der Nähe des Solarinstituts neue und nachhaltige Arbeitsplätze durch intelligente Ansiedlung von Unternehmen entstehen; gleichzeitig werden dort spannende Themenfelder wie „neue Energie“ oder „Energiewende“ bedient. Gleiches gilt für das Industriedrehkreuz Weisweiler, das Aldenhoven Automotive Testing Center, :terra nova bei Bergheim und weitere interessante Ansätze im Revier. Zusätzlich ist die Ausgründung „Campus RheinErft“ der TH Köln zu nennen.
Der räumliche Transformationsprozess kann durch die gestern ebenfalls von Minister Pinkwart vorgestellte, internationale Bau- und Technologieausstellung Rheinisches Zukunftsrevier zusätzlich beflügelt werden.
Die unterschiedlichen Maßnahmen münden in einer Stellung des Rheinischen Reviers als Sondergebiet, um optimale Flächenausweisung und schnelle Genehmigungsverfahren realisieren und die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen – es ist wichtig, diese mitzudenken – schnell umsetzen zu können.
Für einen solchen Transformationsprozess braucht die Regierung Zeit und natürlich Anschubfinanzierung. Die Mittel für die GRW-Förderkulisse sind im Haushaltsentwurf 2019 mit über 6,8 Millionen Euro, wovon Land und Bund jeweils 50 % tragen, etatisiert und bereits erhöht worden.
Die aktuelle Förderperiode läuft noch bis 2020; sie startete im Jahr 2014. Im Umkehrschluss heißt das vielleicht, dass die rot-grüne Vorgängerregierung es versäumt hat, die Förderkulisse so zu erweitern, dass das gesamte Rheinische Revier eingeschlossen wird. Oder ist es aufgrund der Förderbedingungen vielleicht gar nicht möglich, das gesamte Revier in die Förderkulisse einzubeziehen? Bei der Förderung geht es nämlich um die strukturschwachen Regionen; wir sollten uns ja nicht unter Wert verkaufen.
Im Ausschuss können wir gerne alles erläutern; denn egal, was in Berlin verhandelt wird oder wie das Gericht über die Fortsetzung des Tagebaus Hambach urteilt: Die Hausaufgaben rund um den Strukturwandel müssen jetzt gemacht; es können nicht Förderanträge in ein paar Jahren abgewartet werden.
Für das Gelingen des Strukturwandels ist ein ganzer Blumenstrauß an Maßnahmen notwendig; einige davon habe ich aufgegriffen. Wir als NRW-Koalition wollen das Revier fit für die Zukunft machen und freuen uns auf die Diskussion im Ausschuss. – Herzlichen Dank.