Protocol of the Session on July 13, 2018

„Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine ausländische Finanzierung und Steuerung islamischer Vereine problematisch sein, wobei Finanzierung nicht gleich Steuerung bedeuten

So schrieb die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen.

Ein gesetzliches Verbot der Auslandsfinanzierung von Religionsgemeinschaften würde zudem in das religiöse Selbstbestimmungsrecht des Art. 140

Grundgesetz eingreifen.

(Zuruf von Iris Dworeck-Danielowski [AfD])

Die Verflechtungen bei DITIB sind bekannt und oft thematisiert worden. Den Zentralrat der Muslime damit gleichzusetzen, ist aber, wie erwähnt, eine Pauschalierung, die wir nicht teilen.

(Beifall von der SPD)

Was wir bei der Landesregierung aber vermissen, ist eine klare Haltung zur Frage der Anerkennung von muslimischen Verbänden als Religionsgemeinschaften oder auch als Körperschaften des öffentlichen Rechts. Als integrationspolitische Sprecherin der nordrhein-westfälischen CDU-Fraktion hatte Frau Serap Güler immer klare Haltung gefordert. Und wo ist sie heute, die klare Haltung?

Die Landesregierung lässt auch völlig offen, wie der Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen künftig organisiert wird. Im kommenden Jahr endet der 2012 von Rot-Grün gestartete erfolgreiche Modellversuch.

Weil es aber noch keine islamische Religionsgemeinschaft als Ansprechpartner gibt, bestimmt derzeit ein Beirat die Inhalte. Genau ein Jahr vor Auslaufen dieser Regelung hat die Landesregierung noch keine Neuregelung vorgelegt. Hier wünschen wir uns von der Landesregierung mehr Informationen über die zukünftige Perspektive.

Wir hätten uns auch mehr Informationen zum geförderten Projekt und den Auswahlkriterien gewünscht.

Abschließend: Die die SPD-Fraktion begrüßt die Förderung des muslimisch-jüdischen Dialogs genauso wie des jüdisch-muslimisch-christlichen Dialogs. Hier stehen wir unmissverständlich an der Seite der Landesregierung.

Interreligiöse Gespräche helfen, einander zu verstehen und das friedliche Zusammenleben zu fördern. Dafür wollen wir uns weiter einsetzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Müller-Witt. – Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Paul.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Guten Morgen! Zur Kommunikationsstrategie der Landesregierung möchte ich mich nur kurz äußern. Wenn etwas nicht hinreichend präzise formuliert wurde oder zu Missverständnissen geführt hat, ist es angebracht, eine Klarstellung und Konkretisierung vorzunehmen. Das ist hier vonseiten des Ministeriums geschehen. Von einem Verheimlichen oder Vertuschen der finanziellen Förderung kann aus unserer Sicht überhaupt nicht die Rede sein. Vielmehr handelte das Ministerium nachvollziehbar. Im Internetauftritt des Ministeriums erkennen Sie sogar die redaktionellen Änderungen. Ich weiß also wirklich nicht, warum Sie weiter darauf herumhacken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im letzten Plenum haben wir die Landesregierung damit beauftragt, einen Antisemitismusbeauftragten zu bestellen. Denn Antisemitismus ist leider – das wurde auch im Rahmen der Plenardebatte deutlich – in den verschiedensten Formen in unserer Gesellschaft vorhanden.

Es ist noch gar nicht lange her, dass israelische Flaggen vor dem Brandenburger Tor mitten in unserer Hauptstadt verbrannt wurden.

Gleichzeitig wurden und werden Juden im alltäglichen Leben auf offener Straße – etwa in Berlin zu sehen – attackiert und leider auch Kinder jüdischen Glaubens in der Schule angefeindet.

Wir können unsere Augen vor dieser Wahrheit nicht verschließen.

2017, im vergangenen Jahr, gab es laut polizeilicher Kriminalitätsstatistik insgesamt 1.453 antisemitische Straftaten; davon waren über 90 % rechtsradikal motiviert.

In den Rubriken „Ausländische Ideologien“ und „Religiöse Ideologien“ wurden zusammen – nur, aber auch – 58 Taten gezählt. Dennoch steigert sich die Anzahl der Taten auch in diesem Bereich.

Antisemitismus ist noch immer weit verbreitet, ist vorhanden, und wir müssen dagegen etwas unternehmen.

Auch wenn ein Großteil antisemitischer Übergriffe rechtsextrem motiviert ist, wie gerade anhand der Zahlen dargelegt, so lässt sich nicht bestreiten, dass unter den Tätern auch linke und muslimische Antisemiten sind.

Um Judenhass Einhalt zu gebieten, muss sich auch die Zivilgesellschaft, müssen sich alle Bürgerinnen und Bürger engagieren und ein Zeichen gegen Antisemitismus setzen.

Muslimische Mitbürgerinnen und Mitbürger sind auch ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft. Nach dem Vorfall der als Soldaten verkleideten Kinder in der Moschee meiner Heimatstadt Herford kann ich als Herforder gerade von muslimischer Seite getragenes Engagement gegen überzogenen Nationalismus, gegen Antisemitismus nur begrüßen.

Aus diesem Grunde freue ich mich auch darüber, dass das Integrationsministerium unter Leitung unseres Ministers Dr. Joachim Stamp das Projekt gegen Antisemitismus der JuMu Deutschland unterstützt.

Das Projekt „Vielfalt zum Anfassen: Schüler*innen gegen Antisemitismus“ zielt nämlich gerade darauf ab, dass junge Menschen in Workshops über Antisemitismus aufgeklärt werden und dort etwas in den Köpfen geschieht und dass durch die Referenten jüdischen und muslimischen Glaubens gemeinsam und in Zusammenarbeit mit Jugendämtern, Schulen und verschiedenen anderen Einrichtungen und Partnern etwas geschieht.

So lernen sich im Rahmen des Projekts Muslime und Juden kennen und schätzen. Genau so werden Vorurteile abgebaut.

Das Projekt richtet sich insbesondere an Schülerinnen und Schüler, die in der Schule nicht oder nicht ausreichend über den Massenmord an den Juden während des Zweiten Weltkriegs aufgeklärt wurden.

Die AfD fragt in ihrem Antragstitel, ob die Landesregierung etwas verheimlichen will. Ich stelle eine Gegenfrage: Möchte die Fraktion der AfD etwas verheimlichen?

Anders als durch die Antragsteller dargestellt, ist JuMu Deutschland nämlich – das haben Kollegen schon erwähnt – eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, eine gGmbH. Jedermann, der JuMu im Internet sucht – man muss gar nicht lange recherchieren –, wird spätestens nach zwei Minuten darauf aufmerksam, dass JuMu völlig unabhängig vom Zentralrat der Muslime ist.

Die Gesellschafter der JuMu sind jüdische Gemeinden, der „Freie Verband der Muslime“, ReStart und ein sozialer Integrationsverein. Dieser Zusammenschluss ist gleichzeitig durch jüdische wie auch durch muslimische Vertreter geprägt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der sogenannten Alternative für Deutschland, in Ihrem Antrag auf Einrichtung einer Enquetekommission, den Sie in diesem Plenum gestellt haben, möchten Sie unter Punkt 12 von der Landesregierung wissen, wie sich verfestigte antisemitische Stereotype auflösen lassen.

Sie möchten wissen, wie es zu schaffen sei, dass jüdische Gemeinden nicht länger mit der Gefahr einer wachsenden Ausgrenzung und Bedrohung ihrer Mitglieder in Nordrhein-Westfalen konfrontiert sind.

Darauf kann man doch nur sagen: genauso wie viele fortschrittliche Initiativen wie diese, über die wir gerade sprechen, es hier vormachen. Denn durch den gemeinsamen interreligiösen Dialog, durch interreligiöse Sozialarbeit an den Schulen und gemeinsames Engagement aller Teiler der Gesellschaft kann dieses Ziel erreicht werden.

Wenn an Schulen heutzutage die Bezeichnung „du Jude“ wieder als Schimpfwort genutzt wird, zeigt sich, wie notwendig genau diese interkulturellen und interreligiösen Projekte sind.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die finanzielle Unterstützung des Projekts ist somit ein wichtiger Schritt und ein klares Zeichen gegen Antisemitismus. Es ist ein Baustein im Rahmen einer Vielzahl von Maßnahmen in Nordrhein-Westfalen zur Prävention von Judenfeindlichkeit. Denn Judenfeindlichkeit darf in Nordrhein-Westfalen keinen Platz haben.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Paul. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Beer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, ich hätte viele Kritikpunkte im politischen Diskurs mit Minister Stamp oder mit Frau Staatssekretärin Güler anzumerken.

Aber ich habe heute keinen Grund, mich an Verschwörungstheorien zu beteiligen, die dieser Aktuellen Stunde wieder einmal zugrunde liegen. Die Rezeptur des Antrags kennen wir: Verschwörungstheorien aus der AfD-Internetblase.

Verschwörungstheorie eins, die den beiden unterstellt, sie würden sich quasi an der Islamisierung Deutschlands beteiligen.

Verschwörungstheorie zwei: Die Korrektur der Internetinformation ist der Vertuschungsversuch, um von den Islamisierungsstrategien abzulenken.

Verschwörungstheorie drei: Hier geht Geld unverblümt an Antisemiten.

Das Ganze wird garniert mit Hetzen gegen Information, Herziehen über geschlechtergerechte Sprache, schlampig recherchiert, Kolleginnen und Kollegen der AfD, tendenziös verquirlt, geschüttelt und gerührt – Antragstext AfD fertig.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Es geht der AfD hier weder um zielgerichtete Aktivitäten gegen Antisemitismus noch um sonstige konstruktive parlamentarische Diskurse.

Wenn ich hier heute früh aber zu diesem Tagesordnungspunkt rede, will ich deutlich machen, worum es uns wirklich gehen muss. Im Antrag von CDU, SPD, FDP und Grünen zum Einsetzen eines Antisemitismusbeauftragten heißt es: