Protocol of the Session on March 22, 2018

Ich möchte gern in meinem Redefluss fortfahren.

Wie gesagt: Durch das Springerkonzept gleichen wir entsprechend aus.

(Frank Müller [SPD]: Herr Höne, das ist wie im Sandkasten!)

Ich bin selber in den Genuss des Gruppenspringens gekommen. Natürlich mussten wir uns reinknien, und sicherlich gab es sehr anstrengende Momente. Aber ich hatte tolle Unterstützung der Lehrer, eine engagierte Stufenleiterin, die die Aufbaukurse unterrichtet hat, und einen wunderbaren Gruppenzusammenhalt. Wir haben uns motiviert, gepusht, unterstützt und auch aufgefangen, wenn man mal ans Aufgeben gedacht hat.

Ich wusste es sehr zu schätzen, dass ich nicht alleine eine Klasse übersprungen habe, sondern zusammen in der Gruppe. Deswegen ist es mir sehr wichtig, dass dieser Aspekt im Gesetzentwurf enthalten ist.

Drittens. In der sechsjährigen Sekundarstufe I an den G9-Gymnasien erhalten die Schülerinnen und Schüler den mittleren Schulabschluss und mit der Versetzung die Berechtigung zum Besuch der gymnasialen Oberstufe. Sie nehmen auch an der zentralen Prüfung in der 10. Klasse teil.

Schülerinnen und Schüler, die ein G8-Abitur machen, erhalten nach wie vor den mittleren Schulabschluss am Ende von Klasse 10 – also am Ende der Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe – durch die Versetzung in die Qualifikationsphase.

Viertens. Die Opposition spricht sich dafür aus, zusätzlich zu den 5. und 6. Klassen noch weitere Klassen mitzunehmen, damit auch sie von der Reform profitieren können. Wir müssen irgendwo eine Linie ziehen, und leider gibt es immer Personen, die mit ihrer Position nicht zufrieden sind. Das ist nicht schön, gehört aber zu unserer Verantwortung und zur politischen Stichtagsentscheidung dazu.

Die Entscheidung für die 5. und 6. Klassen ist aber wohlüberlegt. Sie richtet sich zum Beispiel nach dem Bestehen der Erprobungsstufe, dem veränderten Einsetzen der zweiten Fremdsprache in Klasse 7,

aber auch nach rein praktischen Aspekten, wie zum Beispiel, den Kommunen ausreichend Zeit zu geben, um die Frage des erhöhten Raumbedarfs durch die Umstellung zu klären.

Gerade vonseiten der SPD höre ich immer wieder, wie sehr diese Frage Sie umtreibt. Zumindest gewinne ich diesen Eindruck im Sportausschuss, in dem Frau Abgeordnete Kraft nicht müde wird, dieses Thema immer wieder vorzutragen und zu betonen.

Einerseits sorgen Sie sich darum, dass die Kommunen es nicht schaffen könnten, diesen erhöhten Raumbedarf zu decken, andererseits wollen Sie aber mehr Klassen mitnehmen und damit den Umstellungszeitraum für die Kommunen verkürzen. Das passt überhaupt nicht zusammen.

Zudem wäre eine Erstreckung auf weitere Jahrgänge wegen der dann bereits fortgeschrittenen Schullaufbahn nicht zu empfehlen.

(Zuruf von Frank Müller [SPD])

Deswegen ist die Entscheidung für die 5. und 6. Klassen richtig.

Fünftens. Etliche Kommunen haben anklingen lassen, dass sie bezogen auf die finanziellen Auswirkungen der Rückkehr der Gymnasien zu G9 Sorgen haben. Selbstverständlich werden die Kommunen mit der finanziellen Mehrbelastung infolge der Umsetzung aber nicht allein gelassen.

Hierzu ermittelt ein Gutachterteam eine Prognose zur Höhe der zu erwartenden Belastungen. Natürlich werden wir als Parlament rechtzeitig über die Eckwerte des Belastungsausgleichsgesetzes informiert.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das ist aber nett von Ihnen! Es steht ja nur in der Ver- fassung! – Zuruf von Ralph Bombis [FDP])

Die Umstellung auf G9 erfordert auch eine Überarbeitung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung, damit das neue G9 nicht einfach nur zu einer Rückkehr zum alten G9 wird. Die Einzelregelungen, wie zum Beispiel die Ausgestaltung des Springermodells und der Stundentafel, erfolgen in der neu zu fassenden Ausbildungs- und Prüfungsordnung. Diese wird im Anschluss an das Gesetzgebungsverfahren umgesetzt.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Haben Sie einen Regierungsentwurf?)

Dieser gute Tag für die Gymnasien in NRW zeigt: Im Zentrum aller Anstrengungen der NRW-Koalition steht eine Stärkung der gymnasialen Bildung in NRW insgesamt. – Ich freue mich auf die weiteren Diskussionen im Verfahren. Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Danke schön, Frau Kollegin Müller-Rech. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun die Abgeordnete Sigrid Beer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Was erwarten die Schulen, die Schülerinnen und Schüler und die Eltern von dieser heutigen Debatte? – Sicherlich keine rückwärtsgewandte Debatte, sondern eine Debatte, die nach vorne gerichtet ist. Auf einige Dinge muss aber noch einmal Bezug genommen werden.

Liebe Frau Vogt, Geschichtsklitterung hilft hier auch nicht weiter. Bei Regierungsantritt 2005 war Schwarz-Gelb nicht gezwungen, die Sekundarstufe I zu verändern. Diese Schulzeitverkürzung haben allein Sie zu verantworten.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich bin froh, dass Sie in Ihrer Rede gesagt haben, das sei überstürzt gewesen, es hätte organisatorisches Chaos an den Schulen ausgelöst und das Ganze sei auch nicht vorbereitet worden. Wenn Sie sich von Ihren Kolleginnen und Kollegen hätten umfassend informieren lassen, hätten Sie gewusst, dass Rot-Grün die Schulzeitverkürzungen für die Oberstufe angelegt hatte. Natürlich wäre dann Zeit gewesen, vorweg die nötigen Schritte einzuleiten.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Herr Lindner hat noch vor Kurzem in einer Debatte hier im Landtag davon gesprochen, Entscheidungen der Akteure vor Ort und die Individualisierung von Lernwegen seien totale Beliebigkeit. Mich wundert da schon sehr, wie Sie, Herr Höne, dies heute kommentieren.

Frau Kollegin Beer …

Frau Müller-Rech, Sie sprechen davon, die Beteiligten vor Ort ernst zu nehmen. – Ich darf Sie erinnern an die Stellungnahmen von Landkreistag, Städte- und Gemeindebund, Rheinischer sowie Westfälisch-Lippischer Direktorenvereinigung, GEW, VBE, DGB, Landeselternkonferenz, Landeselternschaft der Gymnasien und LandesschülerInnenvertretung, …

(Franziska Müller-Rech [FDP]: Und Schulen!)

Frau Kollegin Beer …

… die deutlich gesagt haben: Wir möchten eine Leitentscheidung, die wirklich eine

Leitentscheidung ist, nämlich, dass alle Schulen nur G9 anbieten.

Frau Kollegin Beer …

Frau Präsidentin?

Entschuldigung, ich versuche, Sie zu unterbrechen, weil es zwei Wünsche nach einer Zwischenfrage gibt, und zwar bei Herrn Kollegen Rock und bei Frau Kollegin Vogt.

Das machen wir gerne im Anschluss. Ich möchte erst mal vortragen, und dann können wir das noch mit reinnehmen.

Die Meinung der Beteiligten muss wirklich respektiert und ernst genommen werden. Dieses Votum gibt es. Ich bitte daher um eine Leitentscheidung, die auch wirklich eine Leitentscheidung ist.

Es war demaskierend und entlarvend, dass die Ministerin in ihrer Pressekonferenz gesagt hat: Ja, diese Voten gibt es, aber der Koalitionsvertrag sagt etwas anderes. Also machen wir, was im Koalitionsvertrag steht.

(Ministerin Yvonne Gebauer: Das habe ich überhaupt nicht gesagt! Das haben Sie aus dem Zusammenhang gerissen!)

Das hat nichts mit einer Sachentscheidung zu tun. Sie haben nicht die Kraft gehabt, sich von dem Koalitionsvertrag zu lösen und sich in das hineinzuversetzen, was Ihnen die Verbände mitgeteilt haben und was der Wunsch der Beteiligten vor Ort ist.

(Henning Höne [FDP]: Sehr frei zitiert, Frau Beer!)

Das muss sehr deutlich gesagt werden.

Welche Lehren sollten wir aus dem Diskurs über den Prozess ziehen, der in der Tat auch in NordrheinWestfalen viel Kraft gekostet hat? Der Diskurs ist heute bereits aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet worden. Da wird viel Energie in die Strukturdiskussionen am Gymnasium gesteckt; denn viele Widersprüche sind noch nicht aufgelöst. Das ist nicht gut.

Wir sollten Energie in die Entwicklung guter Schule stecken, in die Entwicklung individueller Lernzeiten für Schülerinnen und Schüler und in die Qualität von Schule. Da muss die wertvolle Energie von Kolleginnen und Kollegen und von allen Beteiligten einfließen.

Ich habe Bedenken dahin gehend, dass diese Leitentscheidung nur eine eingeschränkte Leitentscheidung ist. Die Entscheidung für das Weiterbestehen

von G8 ist nur die eine Seite. Auf der anderen Seite gibt es aber noch eine Switch-Option, nach der die Schulträger sich erneut entscheiden können und das ganze Rad erneut in Gang gesetzt wird. Damit kommt keine Ruhe in die Schule. Vielmehr verlagern Sie die Unruhe wieder vor Ort in die Elternschaft und an die Schulen. Eine Leitentscheidung muss eine Leitentscheidung sein, und die bereits vorhandene Individualisierung der Lernwege muss garantiert werden.

Wir sollten bitte nicht das zurückdrehen, was Schulen schon an individuellen Lernzeiten innovativ entwickelt haben. Ich bekomme derzeit Rückmeldungen, dass einige – auch in den Kollegien – glauben, es gehe jetzt wieder zurück zum alten Halbtagsgymnasium, und dass sich der Prozess wieder rückabwickeln ließe.

Wir sollten uns aber gemeinsam dafür einsetzen, dass der Ganztag in Nordrhein-Westfalen erhalten bleibt, und wir sollten ihn qualitativ zu einem Angebot erweiterter Lernzeiten für Schülerinnen und Schüler und umfassender Bildung weiterentwickeln.