Protocol of the Session on March 22, 2018

Aktuelle Umfragen zeigen, dass ca. 80 % unserer Bevölkerung eine Rückkehr zum neunjährigen Bildungsgang am Gymnasium wünschen. Diesem klaren Wunsch der Menschen muss verantwortungsvolle Politik nachkommen. Und das macht die Landesregierung heute mit dem vorliegenden Gesetzentwurf.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ab dem Schuljahr 2019/2020 gilt die Leitentscheidung der grundsätzlichen Umstellung auf den neunjährigen Bildungsgang am Gymnasium.

Allerdings zeigte sich bei allen Debatten zu dieser Strukturfrage auch immer wieder der Wunsch, nach Jahren der Umstellungsphase endlich in Ruhe am Gymnasium arbeiten zu können. Auch wenn die Zahl der Gymnasien, die mit G8 fortfahren möchten, in letzter Zeit wohl geringer geworden ist, gibt es sowohl an einigen Schulen als auch bei ca. 20 % unserer Bevölkerung den Wunsch nach einem G8-Bildungsgang.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Wahlkampf hat die CDU-Fraktion den Menschen versprochen: Wer Ruhe an seiner Schule haben möchte, der soll die Ruhe an seiner Schule haben; der kann gerne so weiterarbeiten wie bislang. Und dazu stehen wir auch am heutigen Tag.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Es ist daher für uns wichtig, den Schulen die Freiheit zu überlassen, ob sie der Leitentscheidung zu G9 folgen oder ob sie sich mit einem entsprechenden Beschluss der Schulkonferenz für den Verbleib bei G8 entscheiden.

Wichtig ist uns in diesem Zusammenhang, dass auch eine individuelle Verkürzung des neuen neunjährigen Bildungsganges in Gruppen ermöglicht wird. So haben Schülerinnen und Schüler, die kein G8-Angebot in ihrer Nähe mehr vorfinden, trotzdem die Möglichkeit der Verkürzung ihrer Schullaufbahn.

Diese Regelungen werden, wie bereits erwähnt, ab dem Schuljahr 2019/2020 greifen und für die Kinder gelten, die zu diesem Zeitpunkt die 5. und 6. Klasse

besuchen. Dem Wunsch, diese Regelungen auch für dann bereits höhere Klassen umzusetzen, werden wir nicht nachkommen.

Bei einer Expertenanhörung vor wenigen Monaten hier im Landtag wurde mehr als deutlich, dass der vom Ministerium vorgelegte Zeitplan bereits ziemlich ambitioniert ist. Die Einführung von G8 musste man damals sehr schnell und ohne entsprechende Vorbereitung umsetzen. Wir wollen am heutigen Tage verhindern, dass so etwas wieder passiert. Deswegen sagen wir: Hier geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit.

Die Ministerin hat es angesprochen: Die Qualität steht im Vordergrund, nicht wieder ein neues organisatorisches Chaos. Wir möchten, dass diesmal ein reibungsloser Übergang möglich ist.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Unruhe hatten unsere Gymnasien in der Vergangenheit nämlich wahrlich genug.

Natürlich taucht im Zusammenhang mit dieser Strukturveränderung auch die Frage nach der Konnexität auf. Anders als die abgewählte Landesregierung es beispielsweise beim Inklusionsgesetz gehandhabt hat, spricht der vorliegende Gesetzentwurf klar von der Anwendung des Konnexitätsprinzips. Es versetzt einen immer noch in Erstaunen, wenn man an das Drama denkt, dass man sich seinerzeit erst nach monatelangen Verhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden überhaupt darauf einigen konnte, dass beim Inklusionsgesetz tatsächlich Geld vom Land an die Gemeinden fließen muss. Darüber wurde lange Zeit überhaupt nicht gesprochen; es wurde einfach geleugnet.

Das ist plötzlich alles vergessen. Am heutigen Tag fordert die SPD nicht nur, was legitim ist, dass die Konnexität anerkannt wird, sondern dass parallel zum Schulrechtsänderungsgesetz ein Gesetz zum Konnexitätsausgleich vorliegen soll. Hätten Sie so in der Vergangenheit gearbeitet, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den Grünen, dann wären Sie heute wahrscheinlich noch in der Regierung.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Gott sei Dank sind Sie das nicht mehr!

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Ja, das weiß man nicht.

Ich erinnere einmal daran, was damals ein Verfassungsrechtler in der Anhörung zum Inklusionsgesetz gesagt hat. Er hat wörtlich gesagt: „Es ist der untaugliche und verfassungswidrige Versuch, Konnexität zu vermeiden“. In diesem Sinne war auch Ihr ganzes Gesetz geschrieben.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Sich nach einer solchen Historie heute mit der Forderung hinzustellen: „Klar, dass Konnexität gelten soll; legen Sie bitte diese Schätzungen noch am gleichen Tage vor!“, das ist schon wirklich dreist.

(Beifall von der CDU)

Wir als CDU-Fraktion freuen uns daher, dass das weitere Vorgehen wie gehabt von der Ministerin gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart wurde. Das ist in einer guten Partnerschaft so üblich. Wir werden es anders machen als Sie in der Vergangenheit. Und das ist gut so.

Unser Dank gilt am heutigen Tag von daher der Ministerin und ihrem Ministerium für die geleistete Arbeit. Wir sind überzeugt, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eine gute Basis für die kommenden Beratungen geschaffen haben, und wir sind sicher, dass es ein Gesetz zum Wohle unserer Schülerinnen und Schüler werden wird. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Vogt. – Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Frau Kollegin Müller-Rech.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für die Gymnasien in NRW. Der überwiegende Teil der Schüler, Lehrer, Schulleiter und der Elternschaft unseres Landes spricht sich für eine Rückkehr zu einem neunjährigen Bildungsgang an den Gymnasien aus.

Ich freue mich außerordentlich, dass die neue Landesregierung uns heute nach nur wenigen Monaten im Amt einen Gesetzentwurf vorlegt, der die Frage nach G8/G9 abschließend klärt und endlich für Ruhe an den Gymnasien sorgt.

Er ist ein Meilenstein und einer der wichtigsten Gesetzentwürfe dieser Legislaturperiode. Zudem ist er ein wichtiger Schritt hin zu weltbester Bildung.

Wir werden mit diesem Gesetzentwurf – er wurde rechtssicher erarbeitet, und alle relevanten Akteure wurden mit einbezogen – alle im Koalitionsvertrag getroffenen Aussagen umsetzen. Die wichtigsten Kernpunkte möchte ich nun hervorheben.

Erstens. Die Landesregierung hat die klare Leitentscheidung für die Gymnasien zur Rückkehr zu G9 getroffen. Damit können Schülerinnen und Schüler ihr Abitur wieder nach insgesamt 13 Schuljahren ablegen. Durch die geänderte Stundentafel kann dies auch im Halbtagsbetrieb geschehen.

Der Gesetzentwurf ermöglicht auch, dass Gymnasien G8 fortführen können. Die Opposition fordert jedoch – das haben wir eben gehört –, dass es den

Bildungsgang G9 verbindlich für alle Gymnasien geben müsse, damit die Reform einheitlich für alle Schulen gestaltet werden könne. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten das Feedback erhalten, dass es durchaus Gymnasien in NordrheinWestfalen gibt, die aus unterschiedlichen Gründen bei G8 bleiben wollen.

Vom Kollegen Ott haben wir vorhin gehört, dass diese Entscheidungsfreiheit Mutlosigkeit sei. Herr Ott, was ist denn das für ein Blick auf Freiheit und darauf, Schulen mehr Entscheidungsfreiheit vor Ort zu geben? Das nennen Sie mutlos? – Das entlarvt doch direkt, welchen Blick auf Freiheit Sie als Sozialdemokraten haben!

(Beifall von der FDP und der CDU – Frank Müller [SPD]: Das ist keine Freiheit!)

Ich möchte von Ihnen wissen, liebe Kollegen: Wieso wollen Sie alle Gymnasien unseres Landes zur Rückkehr zwingen?

(Jochen Ott [SPD]: Wer sagt das denn?)

Wieso müssen wir diese Entscheidung hier in Düsseldorf treffen?

(Frank Müller [SPD]: Wer sagt das denn? An- trag lesen hilft!)

Lassen Sie doch die Gymnasien in Ruhe! Lassen Sie sie von ihrem Initiativrecht Gebrauch machen und lassen Sie sie die Entscheidung über den Verbleib bei G8 vor Ort treffen!

(Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Werden die Gymnasien nicht tätig, kehren sie ja automatisch zurück.

(Jochen Ott [SPD]: Das ist kein Mut, das ist Angst!)

Wir sagen: Die Beteiligten vor Ort wissen am besten, was für ihre Schülerinnen und Schüler am besten ist.

Mit der Wahlmöglichkeit wollen wir außerdem ein wichtiges Signal für alle Schulen in NRW setzen. Die Wahlmöglichkeit ist der erste richtige Schritt in Richtung mehr Schulfreiheit.

Zweitens. Im Gesetzentwurf ist die Möglichkeit aufgeführt, innerhalb von G9 den Weg zum Abitur zu verkürzen. Ich zitiere: Die Möglichkeit einer individuellen Verkürzung des Bildungsgangs in G9 im Wege der Vorversetzung auch in Gruppen wird ausdrücklich geregelt. – Wir denken hier vom Schüler und seinen individuellen Chancen her. Durch das Springerkonzept gleichen wir aus, dass es wahrscheinlich nicht in jeder Kommune ein G8-Gymnasium geben wird.

Wir nehmen mit diesem Konzept den einzelnen Schüler in den Fokus und ermöglichen, in zwölf Jahren zum Abitur zu kommen – unter den Voraussetzungen, dass die Schülerin oder der Schüler die entsprechenden Zensuren, persönliche Eignung und Engagement mitbringt.

Frau Kollegin, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Herr Kollege Ott würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen.

Ich möchte gern in meinem Redefluss fortfahren.