Protocol of the Session on January 18, 2018

In diesem Zusammenhang möchte ich auch sagen – Herr Gesundheitsminister Laumann, ich hatte Sie schon gelobt; das möchte ich noch einmal aufnehmen –: Ich bin schon etwas erstaunt, dass wir dieses Thema im Rahmen einer Aktuellen Stunde diskutieren.

(Bodo Löttgen [CDU]: Wie sollen wir es denn anders machen?)

Ja, das kann ich Ihnen sagen, Herr Kollege Löttgen.

(Bodo Löttgen [CDU]: Ja, dann machen Sie mal!)

Der Minister hat – ich meine, es stand im Dezember im „Ärzteblatt“ – auf der Tagung gesprochen. Er hat schon einen Monat vorher darauf hingewiesen, dass die Spenderzahl deutlich zurückgehen wird. Also, es ist kein überraschender, neuer Fakt, der in dieser Woche aufgeschlagen ist, dass die Zahlen sinken. Damit müssen wir uns fachlich auseinandersetzen. Das wird die Grünen-Fraktion zum Anlass nehmen, Herr Löttgen, um einen Bericht für die nächste Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales zu erbitten; das Schreiben wird der Vorsitzenden heute noch zugehen. Dann werden wir uns mit den einzelnen Fragen fachlich beschäftigen.

Denn es ist natürlich interessant, zu wissen, warum in Bayern die Tatsache, dass die Transplantationsbeauftragten offensichtlich mehr Zeit und mehr Möglichkeiten haben, in den Krankenhäusern zu agieren, auch zu mehr Spenden führt.

Eines ist nämlich erfreulich: Die aktive Anzahl der Spenden geht zwar zurück, aber die Anzahl der Spendewilligen ist gestiegen. Also, die Bereitschaft der Bevölkerung ist gegeben, und es ist unsere Pflicht und unsere Aufgabe, dann auch dafür zu sorgen, dass dem Wunsch der Spendewilligen entsprochen wird und im Ernstfall eine Spende erfolgen kann. Das sollte uns unser Einsatz wert sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Es gibt noch einen Punkt, den ich ansprechen möchte; ich habe lange überlegt, ob ich darauf hinweisen soll. Gleich redet eine Fraktion, von der ich einen Tweet auf Twitter gelesen habe, der mir fast im Halse stecken geblieben ist.

(Andreas Keith [AfD]: Weshalb?)

Eine Mitarbeiterin der Bundestagsfraktion der AfD twittert, dass sie offensichtlich nicht bereit sei, eine Organspende abzugeben, weil diese irgendeinem „Nafri“ zufallen könnte. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist menschenverachtend und sollte nicht Stil dieses Hauses sein.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP – Andreas Keith [AfD]: Das ist doch dummes Geschwätz! – Zurufe von der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Ich darf als Nächstes Herrn Dr. Vincentz für die AfD das Wort erteilen.

(Erneut Zurufe von der CDU, der SPD und den GRÜNEN – Gegenrufe der AfD – Markus Wagner [AfD]: Zuhören! – Fortgesetzt Zurufe von der CDU, der SPD und den GRÜNEN – Markus Wagner [AfD]: Hier haben elf Leute Spenderausweise! Wie ist das bei Ihnen? – Anhaltende Unruhe – Glocke)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie um Aufmerksamkeit bitten, damit Herr Dr. Vincentz reden kann. – Bitte, Herr Dr. Vincentz, reden Sie.

(Zurufe von der CDU, der SPD und den GRÜNEN – Markus Wagner [AfD]: So Leute gibt es doch in jeder Partei! – Anhaltende Un- ruhe – Glocke)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

(Zurufe von der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Vielleicht darf ich doch um Ihre Aufmerksamkeit bitten. Ich glaube, auch das gehört zum guten Ton dieses Hauses …

(Erneut Zurufe von der CDU, der SPD und den GRÜNEN – Markus Wagner [AfD]: Kümmern Sie sich mal um die Geschichte Ihrer eigenen Partei! – Anhaltende Unruhe – Glocke)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie alle bitten,

(Markus Wagner [AfD]: Kinderschänder haben Sie großgezogen! – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN – Norwich Rüße [GRÜNE]: Herr Präsident, dazu muss man doch was sa- gen! – Berivan Aymaz [GRÜNE]: Hier wird eine Partei diffamiert! Das geht gar nicht! – Dr. Dennis Maelzer [SPD]: Da vorne ist das Rednerpult! Da werden die Reden gehalten!)

Ihre Aufregung und Ihren Puls etwas herunterzufahren. Ich bitte Sie, dem Kollegen hier vorne das Wort zu gönnen.

(Erneut Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Das ist unglaublich! Es kann doch nicht sein, dass man solche Zwischenrufe hier macht! Das ist doch unverschämt! – Zuruf von der AfD: Das macht ihr doch die ganze Zeit! – Anhaltende Unruhe)

Werte Kolleginnen und Kollegen, bevor das in irgendeiner Form eskaliert, darf ich bitte alle zur Ruhe mäßigen. Lassen wir jetzt bitte an dieser Stelle den Kollegen Vincentz reden. Er hat Gelegenheit, das klarzustellen.

Vielen Dank. – Ich fange noch einmal an: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! 1954 wurde zum ersten Mal eine Organtransplantation vorgenommen. Damals war es eine Lebendspende zwischen Zwillingsbrüdern. Der Chefoperateur erhielt dafür 1990 zu Recht den Medizinnobelpreis. Der Medizin wurde plötzlich die Möglichkeit eröffnet, Menschen zu retten, die vorher mit großer Sicherheit verstorben wären.

Seit der ersten Transplantation haben sich die Medizin sowie die Rahmenbedingungen deutlich entwickelt. Mittlerweile werden Organe von Spendern entnommen und über ein europäisches System vergeben. Für die immer schon zu wenigen Organe können so optimal passende Patienten auf der Warteliste gefunden werden. Das ist effizient, raffiniert und hochsolidarisch, anders als im Falle des Euro. Hier wird tatsächlich ein Organ auf europäischer Basis an denjenigen vergeben, der es am nötigsten hat.

Allerdings ist dieses System auch anfällig, wie die Skandale des Jahres 2012 zeigten. Seitdem sinken die Organspenden drastisch. Auf eine Million Einwohner in Deutschland gab es zuletzt weniger als zehn Spender. NRW war, wie so häufig, wieder das traurige Schlusslicht.

Daher ist es unbedingt nötig, dass wir über das für uns alle wichtige Thema „Organspenden“ sprechen, auch wenn das Mittel der Aktuellen Stunde bei der seit Jahren bestehenden Notlage nur den Kopf schütteln lässt. Hier hätte ich mir einen gemeinsamen Antrag aller Parteien gewünscht, um eben nicht nur parteipolitische Aufmerksamkeit für das Thema zu generieren,

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

sondern tatsächlich gemeinsam praktikable Lösungen für das Problem der mangelnden Spenderzahlen zu finden.

(Beifall von der AfD)

Eingangs seiner Rede hat Herr Kollege Mostofizadeh einige wichtige Worte gesagt. Dies ist eben kein Thema für Feierreden, es ist kein Thema, das man parteipolitisch nutzen sollte, Herr Kollege. Es ist vielmehr ein Thema, das uns alle angeht. Hier geht es nicht um einige wenige Straßenkilometer, die einem – ich durfte es heute Morgen wieder feststellen – durchaus den Nerv rauben können, sondern es

geht darum, dass in manchen Jahren tatsächlich alle acht Stunden ein Patient gestorben ist, weil er kein Organ bekommen hat. Es ist kein Thema, über das wir hier streiten sollten. Es ist kein Thema für Anfeindungen, wie wir es gerade wieder erlebt haben, sondern es ist ein Thema, zu dem wir uns zusammensetzen sollten.

(Beifall von der AfD – Zuruf von der CDU)

Gerade wir haben von Anfang an gezeigt – und man merkte, dass Sie uns erst einmal kritisch beäugt haben –, dass wir guten Anträgen und guten Vorschlägen immer offen gegenüberstehen und dem zustimmen, auch wenn sie von den Grünen stammen. Wenn ein Antrag gut gemacht ist, stimmen wir dem zu.

Ich mag nach wie vor immer wieder feststellen, dass man von vielen Leuten der linken Saalhälfte auf den Gängen nicht gegrüßt wird. Von mir aus, geschenkt! Für die Erziehung sind Ihre Mütter zuständig, nicht wir.

(Svenja Schulze und Eva-Maria Voigt-Küp- pers [SPD]: Die Väter auch! – Zuruf von der SPD: Was hat das jetzt mit dem Thema zu tun?)

Ich mag feststellen, dass Herr Höne hier Behauptungen aufstellt von wegen …

(Dr. Günther Bergmann [CDU]: Väter haben auch eine gewisse Verantwortung!)

Ich mag feststellen, dass hier Behauptungen aufgestellt werden, dass Herr Höcke zum Beispiel in unseren Bundesvorstand gewählt würde. Das ist schlichtweg falsch. Von mir aus! Aber vielleicht hätte ich damit rechnen können, dass die FDP für eine Gehaltserhöhung viele Dinge anstellen mag.

(Beifall von der AfD – Zuruf von Dr. Günther Bergmann [CDU])

Eine Sache sollte uns dann aber einen. Wenn es am heutigen Morgen um ein solch wichtiges Thema wie die Organspende geht, dann sollten wir uns vielleicht einmal über die Parteigrenzen hinweg zusammensetzen und darüber sprechen, ob wir nicht noch einiges verbessern können. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Vincentz. – Ich muss sagen, dass ich persönlich die eben erfolgte Eskalation der Worte, insbesondere bei dem wichtigen Thema der Organspende, bedauere.

Ich habe von hier aus nicht mitbekommen können, was der Anlass dieser Eskalation oder überhaupt der entstehenden Aufregung war. Aber wir haben gerade im Protokoll nachgeschaut, und es ist im Protokoll

vermerkt. Daher muss ich Ihnen, Herr Wagner, an dieser Stelle eine deutliche Rüge erteilen,

(Markus Wagner [AfD]: Nein, Herr Präsident!)

weil die Wortwahl, die Sie verwendet haben, absolut nicht der Würde dieses Hauses entspricht.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN – Markus Wagner [AfD]: Ich habe die Historie dieser Partei nachgezeich- net! Das gehört zur Geschichte der Grünen! – Matthias Kerkhoff [CDU]: Benehmen Sie sich, dann passiert das nicht!)

Ich darf nun Herrn Minister Laumann das Wort erteilen. Bitte.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte es zunächst einmal für richtig, dass wir heute über dieses Thema reden.