Protocol of the Session on November 17, 2017

Das erinnert mich übrigens an Franz Müntefering, der damals das von Ihnen so oft genannte Tier Heuschrecke mit Beschuldigungen überzog, an einem Hang im Sauerland stehend bei schlechtem Wetter in einer Jacke, auf der dick „Jack Wolfskin“ stand; die Firma gehört bekanntlich einer Heuschrecke. Glaubwürdig geht anders, Herr Kutschaty.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Dietmar Bell [SPD] – Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Bell, hören Sie weiter zu. Ich glaube, Sie reihen sich ein.

(Svenja Schulze [SPD]: Ist das Ihr Niveau? – Monika Düker [GRÜNE]: Wenn man keine Ar- gumente mehr hat!)

Wie sehr müssen Sie den Ministerpräsidenten darum beneiden, dass er nicht nur gutes Personal im Kabinett hat, sondern darüber hinaus auch noch weitere Spitzenkräfte für unser Land einbinden kann? Qualität hat endlich wieder einen Stellenwert in der Politik unseres Landes. Darauf haben die Bürger sieben Jahre lang warten müssen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Alle Fragen, die von Herrn Kutschaty zum Beispiel in den Presseinfos in Bezug auf Büro und Entlohnung herausgehauen wurden, wurden doch längst beantwortet.

(Thomas Kutschaty [SPD]: Ja?)

Von beidem gibt es nichts, Herr Kutschaty. Dennoch versuchen Sie, hier einen Personalpopanz aufzubauen. Um von den eigenen Personalproblemen abzulenken, beschäftigen Sie sich mit welchen, die wir gar nicht haben.

Ich habe den Ministerpräsidenten heute zur Sicherheit noch einmal angerufen, um sagen zu können: Herr Merz bekommt keinen Schlüssel von der Staatskanzlei, er hat also auch keinen direkten uneingeschränkten Zugang dorthin.

(Monika Düker [GRÜNE]: Hat der kein Büro?)

All das, was Sie hier mitschwingend immer wieder behaupten, ist einfach falsch. Wenn Sie in der Stringenz weiter so argumentieren, muss man irgendwann fragen: Darf ein Jurist denn überhaupt noch Justizminister werden? Es kann doch nicht sein, dass Sachkompetenz inzwischen ein Ausschlussgrund ist. Das ist das, was Sie hier sagen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich kann das nicht in dieser Tenor-II-Betroffenheitsrhetorik, wie es Herr Römer in den letzten Tagen gemacht hat, vortragen, sondern ich will einfach nur fragen: Ist das, was Sie hier tun, vor dem Hintergrund der eigenen Partei und der eigenen Leute noch glaubwürdig? Ich hätte schon fast gesagt: Gehen Sie mal zum Saaldienst und holen sich einen Besen. Kehren Sie vor der eigenen Tür, und passen Sie auf möglichen Steinschlag im Glashaus auf.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Ich kann Herrn Römer nur an einer einzigen Stelle in seiner Rede vom Mittwoch zustimmen, nämlich als er sagte – diese Aussage fiel am Mittwoch in einem anderen Zusammenhang –, dass es eine stramme Leistung sei, Herrn Merz zu berufen. Da haben Sie recht. Da haben Sie völlig recht. Da stimme ich Ihnen zu.

(Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP – Arndt Klocke [GRÜNE]: Tosender Beifall bei der Regierungskoalition!)

Denn er kennt sich im Dickicht der EU-Vorgaben ebenso gut aus wie in der Wirtschaft Großbritanniens

(Monika Düker [GRÜNE]: Aber er hat noch keinen Heiligenschein!)

und in der Wirtschaft Nordrhein-Westfalens. Und er ist ein Glücksgriff, um den Sie uns beneiden, und Ihr

Neid kommt auf eine ganz perfide Art und Weise auch gut rüber. Vielen Dank dafür.

(Beifall von der CDU)

Das ist Interessenvertretung für Rheinländer, Westfalen und Lipper im besten Sinne des Wortes, damit die Chancen für uns als Ganzes genutzt werden – als Bundesland, als Wirtschaft und als Arbeitnehmer.

Mit Friedrich Merz bekommen wir jemanden, der in den vielschichtigen Prozessen zwischen der Bundesrepublik Deutschland – und Nordrhein-Westfalen gehört nun mal zur Bundesrepublik Deutschland – und den britischen Unternehmen als ein kompetenter Ansprechpartner zu Hause ist. Kompetenz, Erfahrung, Vernetzung, Durchsetzungsstärke – das ist es, was wir gerade jetzt – übrigens neben der politischen Expertise – für Nordrhein-Westfalen brauchen, und das in enger Abstimmung mit dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Internationales, direkt am Ministerpräsidenten angehängt. Das bedeutet: Beide müssen hart arbeiten und werden das auch tun.

Und, Frau Schulze, Sie hätten eigentlich schon den vorigen Redebeiträgen entnehmen können, dass das nicht ein Nebeneinander oder losgelöstes Tätigsein in irgendeiner Cloud ist, sondern ein Handeln an der Regierung und mit der Regierung im Sinne von „Wir holen uns jemanden dazu“.

Ich möchte jetzt nicht noch mal all die Prozente und Zahlen nennen, die schon genannt worden sind, wie viele Unternehmen aus Deutschland in England und wie viele englische hier unterwegs sind. Ich weiß nur, dass es ganz viele Dinge zu regeln gibt. Das weiß ich zum Beispiel von meinem direkten Nachbarn, der Philip Scandrett heißt, ehemaliger Rhine-ArmyOfficer ist, jetzt in Deutschland wohnt und sagt: What the hell is going on in Europe? – Er fragt sich jetzt: Was passiert in meiner aktuellen Lebenssituation?

Wir unterhalten uns hier aber irgendwelche Dinge, die dieser Mann nicht versteht. Insofern sollten Sie einmal am Platz in Köln vorbeigehen. Dort werden die Fragen sicherlich anders sein, als Sie es sich hier gerade vorgestellt haben. Sie unterliegen da einer kleinen Fehleinschätzung, aber wir sind von Ihnen nichts anderes gewöhnt.

40 % der britischen Exporte fließen zurzeit nach Europa, und allein das Bankenviertel in London wickelt drei Viertel der Großkundengeschäfte in der EU ab. Das ist mehr, als Deutschland, Frankreich und Italien zusammen zurzeit bringen. Das gibt Ihnen ein Gefühl, wie bedeutend dieser Sektor ist. Ebenfalls ganz besonders bedeutend für Nordrhein-Westfalen ist der Bereich OEM und Supplier, also der Automobilbereich. Aber auch im Maschinenbau und Chemiesektor hat Nordrhein-Westfalen unmittelbare Interessen.

Ihre Redezeit.

Besuchen Sie einmal die Produktion von MINI in Oxford, und schauen Sie sich an, wie viel „Made in NRW“ Sie dort in der Produktionslogistik finden. Das ist für uns entscheidend. Da ist Friedrich Merz einer der entscheidenden Männer, die uns helfen können.

Frau Düker, noch ein Satz zu Ihnen: Sie haben vorhin gesagt, die Kompetenz von Herrn Merz werde völlig überschätzt. Wir Niederrheiner sind dafür bekannt, dass wir völlig überschätzungsresistent sind – auch Männer, Frau Düker. Aber Leistungsfähigkeit können wir am Niederrhein anerkennen – sowohl die Frauen als auch die Männer. Und das ist im Fall von Friedrich Merz genau jetzt angesagt. Die NRWKoalition wäre mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn sie solch einen Spezialisten nicht gewinnen würde, der sich im Interesse unseres Landes für Nordrhein-Westfalen und für die Menschen in Nordrhein-Westfalen einsetzt. Deshalb ist seine Bestellung genau richtig. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Bergmann. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Herr Kollege Remmel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe den Eindruck – und ich glaube, dieser Eindruck wird sich auch nach draußen hin verfestigen, wenn man die Debatte heute Morgen und insbesondere die Debattenbeiträge der Koalitionsfraktionen und des zuständigen Ministers aufmerksam verfolgt –, dass diese Debatte eigentlich gar nicht hätte stattfinden dürfen. Denn sie schadet den Interessen des Landes, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es geht in der Tat um ein wichtiges Anliegen für die Bürgerinnen und Bürger, für die Unternehmen dieses Landes: Wie werden die Folgen des Brexit aufgegriffen? Wie kann man möglicherweise eingreifen? Wie kann man unterstützen, wenn es um Wertschöpfungsketten geht, wenn es darum geht, wie Freizügigkeit und Freihandel zukünftig geregelt werden?

Aber um eine solche Aufgabe im Interesse des Gemeinwohls der Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen zu können, muss man selbst den Anschein, dass man befangen ist oder nicht abhängig ist, wahren. Und deshalb hätte es diese Debatte gar nicht geben dürfen. Sie hätte es nicht deshalb geben dürfen, weil die Opposition nicht nachfragen kann, sondern weil die Regierung bei der Ernennung eines solchen Beauftragten die nötige Sorgfalt nicht hat walten lassen. Das ist der eigentliche Kern der Debatte,

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

und zwar in zweierlei Hinsicht.

Zum einen braucht es, wenn man einen Beauftragten der Exekutive ernennt, eine nötige Rechtsgrundlage dafür. Wo finden wir diese Rechtsgrundlage? Das frage ich die Landesregierung.

Wenn wir uns die Beauftragten anschauen, die von den früheren Landesregierungen ernannt wurden, dann fußten diese Ernennungen jeweils auf einer Rechtsgrundlage. Beispielsweise ist die Ernennung des Beauftragten für die Belange der Behinderten im Behindertengleichstellungsgesetz geregelt, die des Landesbeauftragen für Datenschutz ist im Informationsfreiheitsgesetz geregelt, die des Landesbeauftragen für den Maßregelvollzug ist im Maßregelvollzugsgesetz geregelt. Oder ich nenne den Justizvollzugsbeauftragten. Selbst für dessen Ernennung gibt es eine allgemeine Verfügung des Justizministers.

Wo finden wir aber die Rechtsgrundlage für den sogenannten Brexit-Beauftragten? Das frage ich die Landesregierung. Diese ist nicht aus der Verfassung abgeleitet.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Die Ernennung geschieht also ohne Rechtsgrundlage. Meines Erachtens ist das ein Akt nach Gutsherrenart. Offensichtlich greift hier ein neuer Stil innerhalb der Landesregierung Raum.

Zum anderen – und das ist vielleicht noch viel wichtiger als eine Rechtsgrundlage – gilt: Wenn man einen Beauftragten ernennt, dann sollte man klar aufzeigen, welche Inhalte er denn vertritt, welche Ziele er denn erreichen soll.

Wo hat die Landesregierung diese Ziele bisher präzisiert? Nennen Sie mir doch mal Ihre Ziele. Wie soll nach Ihrer Auffassung zukünftig der EU-Haushalt gestaltet werden, wenn die Briten ihren Beitrag nicht mehr leisten? Bisher null! Wie sollen denn Strukturmittel nach Nordrhein-Westfalen geholt werden? Es reicht eben nicht, nur einen schönen Antrag hier im Landtag zu stellen, wenn es um Strukturmittel für Nordrhein-Westfalen geht.

Oder, meine sehr geehrten Damen und Herren, was ist denn das Ziel von Standortverlagerungen? Sollen Standorte bei uns gefunden werden? Wie ist das Verhältnis des Beauftragten zur Regierung? Auf der einen Seite sagen Sie, er sei nicht Teil der Landesregierung, auf der anderen Seite muss er aber doch auf die verschiedenen Institutionen der Landesregierung zugreifen können. Auch das ist nicht geregelt.

Weder sind Ziele und Aufgaben noch die Rechtsgrundlagen geklärt. Allein, dass eine Debatte darüber geführt werden muss, schadet dem Land und den Zielen. Deshalb klären Sie bitte diese Grundlagen. Dann können wir auch über die Personen sprechen, die dafür geeignet sind. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Nückel noch einmal das Wort.

(Zurufe von der SPD: Benjamin! Vielleicht kommt jetzt Bibi Blocksberg! – Heiterkeit)

Schön, dass Sie dem Fanclub beigetreten sind. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Schulze, Herr Kollege Remmel, ich glaube, nicht die Debatte schadet und auch nicht das, was die Landesregierung getan hat, sondern die Diffamierungen schaden dem Ansehen von Nordrhein-Westfalen und natürlich auch den betroffenen Personen.