Protocol of the Session on November 16, 2017

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Wüst das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollegen von der AfD, wenn Sie anfangen, über Doppelmandate zu reden, hat das eine ganz besondere Pikanterie.

(Heiterkeit und Beifall von der CDU und der FDP)

Politiker müssen sich regelmäßig mit den Herausforderungen auseinandersetzen, dass man immer mehr Termine wahrnehmen muss, als man irgendwie in den Kalender bekommt. Wie Herr Meuthen das schaffen will, ist mir noch nicht ganz geläufig. Vielleicht fliegt der oft vom Flughafen Köln/Bonn oder sonst woher. Aber die Nummer, finde ich, war ein ziemlicher Rohrkrepierer.

(Zuruf von der AfD: 200 Sitze!)

Verehrter Herr Kollege Klocke, ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen gerne eine klare Antwort geben auf die Frage, die Sie in der Beantragung dieser Aktuellen Stunde aufwerfen. Die Antwort lautet schlicht und einfach: Nein!

Im Gegenteil: Wir lesen seit einigen Tagen Interna und Prüfberichte aus dem Aufsichtsrat des Flughafens Köln/Bonn in den Zeitungen – Prüfberichte, die angebliche Verfehlungen beim Flughafen Köln/Bonn beschreiben, gelegentlich auch schon Entkräftungen oder mindestens Widersprüche.

Bei der professionellen Auseinandersetzung mit diesen Themen müssen wir uns zunächst einmal klarmachen: Wer ist hier eigentlich wofür zuständig? – Es ist Aufgabe des Aufsichtsrats, im Raum stehende Vorwürfe zu klären und entsprechende Entscheidungen zu treffen. Das allerdings auf der Grundlage gesicherter Informationen und natürlich auch nach Anhörung all derer, die sich da Vorwürfen ausgesetzt sehen.

Der Aufsichtsrat ist das zuständige Gremium dafür. Dieser vertrauliche Raum ist genau der richtige Ort, wenn es um die Interna eines Wirtschaftsunternehmens oder der dort handelnden Personen geht. Nach meinem Eindruck hat sich der Aufsichtsrat bisher sehr gewissenhaft mit den in Rede stehenden Vorwürfen auseinandergesetzt.

Die Medienberichte zeigen eines besonders deutlich: Der Aufsichtsrat hat das sehr einig getan. Man ist sich völlig einig, dass alles Erforderliche getan wird, um mögliche Verfehlungen vollständig aufzuklären. –

So Kurt Bodewig gestern in einer großen deutschen Boulevardzeitung.

Er hat ausdrücklich auf die Einmütigkeit des Vorgehens hingewiesen. Es waren gerade die Vertreter der neuen Landesregierung – zwei von drei sind schon ausgewechselt –, die weitere Untersuchungen befürwortet und unterstützt haben. Sie können das alles der Presse entnehmen, und Sie können den Zeitungen auch entnehmen, dass sich die neuen Vertreter der Landesregierung schon in der Sitzung im Oktober dafür eingesetzt haben, dass zusätzlich zu einer namhaften Rechtsanwaltskanzlei auch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu den weiteren Untersuchungen hinzugezogen wird.

Die Landesregierung hat ein hohes Interesse an der Aufklärung des in Rede stehenden Themas; das haben wir mehrfach erklärt. Wir werden diese Aufklärung durch die Vertreter im Aufsichtsrat vollumfänglich unterstützen.

Daran wird der Wechsel des dritten Aufsichtsratsmandates auch nichts ändern. Der Aufsichtsrat besteht aus 15 Personen; er wird seine Arbeit ohne Veränderungen fortsetzen. Jedes Mitglied nimmt dort seine Aufgaben ernsthaft und gewissenhaft wahr; das ist jedenfalls mein Eindruck. Das gilt bis heute, und ich bin sicher, das gilt auch in Zukunft.

Gleichwohl sind Regierungswechsel immer auch Personalwechsel. Das wissen Sie, und das ist auch 2010 nicht viel anders gewesen. Sie wissen auch, es ist völlig normal, dass Mandate in Gremien von Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, infolge eines Regierungswechsels sukzessive neu besetzt werden. Das ist geübte Praxis und legitim.

Das Land Nordrhein-Westfalen stellt insgesamt drei der 15 Vertreter im Aufsichtsrat des Flughafens Köln/Bonn; zwei sind bereits ausgetauscht, nämlich der Staatssekretär im Ministerium der Finanzen und der Staatssekretär im Ministerium für Verkehr. Beide Positionen sind – im Übrigen völlig ohne Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit – trotz der laufenden Prozesse ausgetauscht worden. Keine einzige Zeile in den Zeitungen! Keine Unterstellung irgendwelcher Zusammenhänge! Lediglich der Wechsel des aktuellen, von Herrn Professor Kurt Bodewig wahrgenommenen Mandats steht jetzt noch aus.

(Zuruf von Arndt Klocke [GRÜNE])

Ich bin ganz sicher, dass die Neubesetzung mit Friedrich Merz, jemandem, der, Kollegen der AfD, sehr viel Erfahrung in solchen Gremien hat, helfen wird,

(Zuruf von Markus Wagner [AfD])

die Arbeit im Aufsichtsrat professionell fortzusetzen und die weiter notwendigen Aufklärungsarbeiten sehr professionell anzuführen.

Beim letzten Regierungswechsel war das nicht anders. Aber ob da immer dieses zusätzliche Maß an Professionalität reingekommen ist, ist eine ganz andere Frage.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Aber an der Professionalität von Friedrich Merz habe ich hier heute keinen Zweifel gehört. Und nicht jeder, der von Beruf etwas anderes ist als SPDUnterbezirksgeschäftsführer, ist gleich ein Lobbyist. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Danke, Herr Minister. – Für die SPD hat noch einmal der Kollege Börschel das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, zunächst kann man festhalten, dass die Landesregierung sich diesen Beitrag hätte sparen können.

(Beifall und Heiterkeit von der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP)

Die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen haben hier klare Fragen gestellt. Wir sind hier in einer Debatte, bei der es um die Zukunft des Flughafens Köln/Bonn geht, bei der es um die Frage geht, wie die Landesregierung mit einer ihrer wichtigen Beteiligungen umgehen will, aber außer Worthülsen, außer Politiksprech von geübter Praxis und „Das ist völlig normal“ hören wir hier nichts von Substanz. Das war wirklich absolut überflüssig und beschämend. Das muss ich hier wirklich am Anfang sagen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- rufe von der CDU und der FDP)

Ich will mich der Reihenfolge meiner Vorredner nach an diese wenden.

Herr Middeldorf, von Ihnen finde ich eines besonders spannend. Sie haben sich zum Flughafen Köln/Bonn bekannt. Das freut mich, aber ein wichtiges Element haben Sie vergessen – ich bin sicher, dass Sie das bestimmt noch nachholen wollen, am liebsten für die aktuelle Mitte-rechts-Koalition dieses Landes insgesamt –,

(Widerspruch von der CDU und der FDP)

nämlich die Antwort auf die Frage: Bekennen Sie sich zum Flughafen Köln/Bonn in öffentlicher Eigentümerschaft? Das ist doch der entscheidende Punkt.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir wollen kein allgemeines Blabla hören, sondern eine Antwort auf die Frage: Bleibt auch nach Ihrem festen Willen und Wollen der Flughafen Köln/Bonn in öffentlichem Eigentum, und zwar, was sowohl die Bundesanteile als auch die Landesanteile NordrheinWestfalens angeht?

Auf den nächsten Aspekt haben verschiedene Redner hingewiesen, und auch ich will es hier noch einmal sagen, weil es oft den Gedanken der vermeintlichen roten Verschwörung oder Ähnliches gibt: Man mag sich bei manchem, was jetzt über die Aufklärungsarbeit des Aufsichtsrates öffentlich geworden ist, fragen: Warum machen die das so, und warum machen die das nicht anders? Warum nimmt dazu nicht einer einmal öffentlich Stellung? Warum erfährt man nicht genauer, warum sie linksrum und nicht rechtsrum oder durch die Mitte gegangen sind?

Aber das Problem ist doch: Wer sich wirklich ernsthaft mit der Sache auseinandersetzt – und das haben Sie zumindest andeutungsweise verschiedentlich gesagt –, weiß, dass der Aufsichtsrat zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, genauso, wie er dazu verpflichtet ist, sich nach Recht und Gesetz ausschließlich nach objektiven Kriterien zu verhalten.

Wenn sich der Aufsichtsrat auf Basis eines externen Rechtsanwaltsbüros, auf Basis des von der Landesregierung vorgeschlagenen Wirtschaftsprüfers, auf der Basis einer gutachterlichen Stellungnahme der Stadt Köln dafür entscheidet, den Vorsitzenden der Geschäftsführung auf Basis intensiv weiter zu überprüfender Vorhalte zu beurlauben, ohne ihm in der Sitzung des Aufsichtsrates die Möglichkeit zur unmittelbaren Stellungnahme zu geben, dann klingt das für ungeübte Ohren komisch. Aber der Aufsichtsrat wird sich aus guten Gründen so entschieden haben, und zwar aus Gründen, die ihm die Externen so empfohlen haben.

Soweit ich Herrn Minister Wüst eben richtig verstanden habe, haben 14 der 15 Mitglieder des Aufsichtsrates – einer hat es nicht für nötig befunden, sich in der für den Flughafen wichtigsten Aufsichtsratssitzung des Jahrzehnts die komplette Sitzung anzutun – einvernehmlich gesagt, sie machen das genauso, sie beurlauben den Geschäftsführer, und sie werden die persönliche Stellungnahme des Geschäftsführers an einer anderen Stelle einholen.

Wenn das der Aufsichtsrat des Flughafens inklusive der beiden Landesvertreter so bestimmt hat, dann sollten wir das auch nicht öffentlich kritisieren, sondern dann werden die Beteiligten dafür ihre Gründe gehabt haben, die Frage des Gehörs an anderer Stelle zu thematisieren. – Das nur zu Ihnen, Herr Kollege Middeldorf, weil Sie das gerade kritisiert haben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wenn aber Herr Verkehrsminister Wüst hier von der geübten Praxis und der angeblichen völligen Normalität des Personalwechsels schwadroniert, dann will ich doch hier die Frage in den Mittelpunkt stellen, auf die es jetzt mehr und mehr ankommt.

Also: Von den 15 Plätzen verfügen Sie über drei Plätze, zehn Plätze sind für die Anteilseigner bestimmt. Von diesen drei Plätzen haben Sie den ersten unmittelbar nach der Landtagswahl ausgetauscht, den zweiten im September.

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt oder sich zumindest fragt: Warum, um Himmels willen, kommt der Wechsel der dritten Personalie ausgerechnet jetzt, also nachdem der amtierende Vorsitzende des Aufsichtsrats zu einer Sitzung des Gremiums einberufen hat, in der ein Gutachten thematisiert werden soll, und bevor es am vergangenen Freitag genau zu den eben dargestellten Entscheidungen gekommen ist?

Außerdem: Der amtierende Aufsichtsratsvorsitzende Kurt Bodewig soll nicht etwa „im Prinzip“ sein Amt niederlegen und ersetzt werden, er soll nicht am Ende der Ermittlungen durch Herrn Merz ersetzt werden, er soll nicht etwa zum Jahresende ersetzt werden, sondern er soll sofort, unverzüglich, ohne schuldhaftes Zögern sein Mandat niederlegen. Das heißt, er soll sein Mandat noch vor einer Sitzung niederlegen, zu der er selbst zum Zwecke der Aufklärung eingeladen hat. Das ist doch wirklich ein Vorgang, der dringend der Aufklärung bedarf und zu dem Sie immer noch nichts gesagt haben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Es kann Ihnen offensichtlich nicht schnell genug gehen, einen anderen Kopf an die Spitze des Aufsichtsrats zu setzen. Dazu – notabene –: Sie dürfen – das ist unstreitig – die Mandate der Landesregierung im Aufsichtsrat austauschen. Was Sie aber auf keinen Fall alleine dürfen, ist, regierungsamtlich festzulegen, wer Vorsitzender des Gremiums werden soll.

(Beifall von der SPD – Beifall von Arndt Klocke [GRÜNE])

Einer informellen Praxis folgend, die jahrzehntelang am Flughafen Köln/Bonn geübt wurde und die offensichtlich im Wirtschaftsleben üblicherweise gilt, hat nämlich der relativ gesehen größte Anteilseigner das Recht, den Aufsichtsratsvorsitzenden vorzuschlagen – und das ist die Stadt Köln.

Das hat die Stadt Köln in all den Jahren auch gemacht: Nachdem die Landesregierung erst Herrn Hauff als Mitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen hat und nachdem die Landesregierung später Herrn Bodewig zum Mitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen hat, waren es Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Köln, die innerhalb dieses Gremiums vorgeschlagen haben, erst den einen und dann den anderen zum Aufsichtsratsvorsitzenden zu wählen. Das geschah also auf Mandat der Stadt Köln, weil diese

als relativ größter Anteilseigner bisher unstrittig immer das Recht dazu hatte.