Jetzt wird gesagt, es gibt hier keine Sippenhaft. Also, wenn eine Parteispitze so denkt, wie es da kürzlich geäußert worden ist,
dann, finde ich, gibt es für einen ordentlichen, aufrechten Demokraten nur eine Lösung: Entweder geht die Spitze, oder ich trete aus der Partei aus. – Sie alle haben sich entschieden. Sie sind geblieben. So einfach ist das.
Was den PUA angeht, verweise ich auf den Beginn meiner Rede. Wir sind mitten in der Pandemie und mitten in einem Verfahren. Sehr gerne möchte ich auch weiter jeden Tag dazulernen, um bei zukünftigen Pandemien – hoffentlich kommen sie überhaupt gar nicht erst vor – noch besser reagieren zu können. Dafür brauchen wir allerdings weder die AfD noch diesen Untersuchungsausschuss.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will zu Beginn eins sagen und daran erinnern, dass wir Grüne schon im Mai dieses Jahres einen Antrag „Lehren aus der COVID-19-Pandemie ziehen“ gestellt haben. Mit dem Antrag wollten wir folgende Fragen klären: Was muss man besser machen? Was müssen wir rückblickend betrachten? Was müssen wir evaluieren? Was ist gut gelaufen? Wo hätte man Dinge anders machen müssen? Uns ging es darum, für die Zukunft Lehren zu ziehen und das Land krisenfest aufzustellen, den Katastrophenschutz aufzustellen.
Es ist nicht so, dass diese Frage, welche Lehren wir aus der COVID-19-Pandemie ziehen können, jetzt eine alleinige Urheberschaft bei der AfD hätte. Im Gegenteil: Unser Antrag ist noch im Verfahren. Wir haben dazu im Innenausschuss gerade eine schriftliche Anhörung laufen. Also, das findet alles gerade parallel statt. Ich glaube, es ist wichtig für die Debatte hier, das auch in Erinnerung zu rufen.
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mich beim Lesen des AfD-Antrags für den Untersuchungsausschuss schon gefragt habe, wie es sein kann, dass eine Fraktion, eine Partei, in der, sagen wir mal, diese Coronakrise durchaus geleugnet wird, deren Mitglieder auf Demonstrationen von Verschwörungstheoretikern auftreten, wo im Übrigen auch Rechtsextreme geduldet werden, dazu kommt, so einen Antrag zu stellen.
Ich glaube, es geht der AfD vor allem darum, ihre eigene Erzählung in Sachen Coronapandemie zu betreiben. Wenn man sich den Antrag anschaut, dann wird schon auf der ersten Seite sehr deutlich, dass Sie im Prinzip schon eine Vorfestlegung treffen. Sie sagen nämlich – Zitat –:
„Im Rahmen der Krisenpolitik wurden auch von der Landesregierung offensichtlich schwere Fehler gemacht, …“
Damit treffen Sie eine Feststellung. Aber wofür wollen Sie dann noch den Untersuchungsausschuss? Ein Untersuchungsausschuss dient eigentlich dem Erkenntnisinteresse, wenn man eine Frage hat, die man aufklären will. Zum Beispiel beim PUA „Lügde“: Welche Fehler sind gemacht worden? Wo gab es Probleme?
Es geht darum, Belege zu finden, Zeugen zu vernehmen und es festzumachen. Aber Sie treffen hier schon eine Feststellung oder eine Vorfestlegung. Ich muss ehrlich sagen, man könnte darüber diskutieren, ob das überhaupt zulässig ist, das in einen Antrag für einen Untersuchungsausschuss zu schreiben.
Schauen wir uns an, wie es weitergeht. Es gibt die Chronologie der Ereignisse, wo Sie ganz viele Dinge mischen – Fakten, Behauptungen, Halbwahrheiten, alles mit Hinweisen auf Kleine Anfragen und Anträge aus der AfD-Fraktion. Es ist so etwas wie ein Tätigkeitsnachweis für Ihre Szene, wie auch immer.
Dann kommen die Fragen. Hier muss man sagen, gerade bei Fragen für Untersuchungsausschüsse muss man sehr präzise formulieren und sehr genau hinsehen. Auch hier gibt es Unterstellungen, und hier gibt es Wertungen. Um mal ein Beispiel zu nennen, die Frage 8 im ersten Fragenkomplex des Antrags:
„Hätten frühzeitige Grenzkontrollen (ggf. exklu- sive infrastrukturell sehr eng verwachsener Regi- onen) das Risiko eines Ausbruchs verringern können und scheiterten sie auch oder zuvorderst am
Das ist eine Unterstellung. Das ist eine Wertung. Das hat aus meiner Sicht in einem Untersuchungsauftrag überhaupt nichts zu suchen.
Auch Ihr Verständnis in Sachen Pressefreiheit wird in Frage 12 im zweiten Fragenkomplex sehr deutlich:
Und so weiter, und so fort. – Ich muss Ihnen sagen, das kann man doch nicht in einen Untersuchungsausschussantrag schreiben. Nicht nur das – ich finde es in Sachen Pressefreiheit hochproblematisch. Ganz ehrlich, ich kann so etwas nicht zustimmen. Es geht gegen meine Grundüberzeugung, was in dem Fall Pressefreiheit angeht.
Noch einen Hinweis in Sachen Konsistenz und Untersuchungsausschussauftrag. Sie machen diese Chronologie, und die beginnt Ende 2019. In Frage 1 zielen Sie auch auf „Ende Dezember 2019“ ab, aber der Untersuchungszeitraum startet dann erst im Januar 2020. Das passt ehrlich gesagt alles nicht zusammen.
Ich möchte noch darauf hinweisen, wie es ist, wenn man es mit Untersuchungsausschüssen ernst meint. Ich sitze jetzt in meinem zweiten Untersuchungsausschuss und habe an ein paar Aufträgen mitgearbeitet und mitgeschrieben. Ich weiß, wie vorsichtig man sein muss, gerade bei der Formulierung von Untersuchungsausschussaufträgen, dass man keine Vorfestlegungen machen darf, dass man keine Wertungen einbringen darf usw., weil es nachher für die Arbeit total wichtig ist, dass man unvoreingenommen herangeht, dass man Zeugen hört und Belege sammelt, um es nachher im Abschlussbericht alles darlegen zu können.
Ich habe das Gefühl – da spricht der Antrag Bände –, dass Sie genau diese Vorfestlegungen bereits haben. Wie gesagt: Dem kann ich nicht zustimmen. – Vielen Dank.
Wir kommen also zur Abstimmung. Die antragstellenden Abgeordneten der Fraktion der AfD haben direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt dem Inhalt des Antrags zu? – Die AfD-Fraktion. Wer stimmt
dagegen? – CDU, SPD, FDP und Grüne stimmen dagegen. Gibt es Enthaltungen? – Eine Enthaltung von Herrn Neppe, fraktionslos.
Es war eine Zustimmung mit der AfD zusammen. Entschuldigung! Wird so zur Kenntnis genommen, Herr Neppe, selbstverständlich. Zu spät von mir gesehen, aber korrekt von uns aufgenommen. Damit ist der Antrag der Abgeordneten der AfD-Fraktion Drucksache 17/11172 mit breiter Mehrheit im Hohen Hause abgelehnt.
Antrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/11159
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Lassen Sie mich etwas pathetisch beginnen. Der 3. Oktober ist der Festtag für unser Vaterland. Der Tag berührt einen ja noch immer wieder, und er zeigt: Von Menschen errichtete Mauern können von Menschen auch überwunden werden, wenn der Mut zur Freiheit nur groß genug ist, so wie er Gott sei Dank in der untergegangenen DDR zu Zeiten der Wende groß genug war.
Viele, viel zu viele, hatten sich schon vom in der Präambel des Grundgesetzes 1949 formulierten Grundsatz „Das gesamte deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden“ verabschiedet. Dieser Auftrag wurde dennoch in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 1990 offiziell erfüllt, auch dank der besonnenen Deutschland- und Europapolitik von Bundeskanzler Helmut Kohl.
Die NS-Diktatur in ganz Deutschland war Grund und verantwortlich für die Teilung. Ostdeutschland ist verantwortlich für dessen Überwindung. Dafür herzlichen Dank von einem Westdeutschen!
Das große Grummeln nach der Kommunalwahl – der gefälschten Kommunalwahl – im Mai 1989 und die Montagsdemonstrationen im Herbst 1989 in der DDR waren Voraussetzung für die friedliche Revolution. Mutige Menschen sind damals für Presse-, Meinungs- und Reisefreiheit und gegen ein menschenverachtendes Regime auf die Straße gegangen – und auch für freie, geheime und gleiche Wahlen.