Protocol of the Session on December 3, 2015

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir haben seit 2010 angefangen, die innere Sicherheit wieder zu stärken. So sieht es aus.

Ich finde es unverantwortlich, Herr Kruse – um das ganz klar zu sagen –, was Sie hier mit Ihrem Änderungsantrag – Herr Stokto ist in seiner Kritik noch sehr harmlos gewesen, was er sonst nicht ist – fordern.

Ich bezeichne Ihren Änderungsantrag nicht nur als völlig fehlgesteuert, sondern auch als brandgefährlich und wirklich unverantwortlich. Denn Sie suggerieren mit den 5 Millionen € für die Schutzwesten der Polizei und den Zitaten der GdP, dass unsere Polizei nicht ausreichend geschützt ist.

(Daniel Sieveke [CDU]: Genau das ist es doch, Frau Düker!)

Sie suggerieren mit diesem Änderungsantrag, dass es hier am Geld hapert, um unsere Polizei ausreichend zu schützen. Wider besseres Wissen schüren Sie hier Unsicherheit in der Bevölkerung. Das werfe ich Ihnen vor.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Sie wissen es ganz genau, dass im nichtöffentlichen Teil des Innenausschusses – und das, finde ich, ist das Perfide an Ihrer Strategie –

(Marc Herter [SPD]: So ist es!)

ausführlich über die Schutzmaßnahmen für unsere Polizei berichtet wurde.

(Gregor Golland [CDU]: Das Problem ist das Nichthandeln des Ministeriums!)

Sie wissen ganz genau, dass ich das hier nicht in öffentlicher Sitzung sagen darf, weil wir damit die Kolleginnen und Kollegen gefährden. Letztlich haben Sie im nichtöffentlichen Teil keine einzige Nachfrage gestellt, Herr Golland, weil am Ende der Debatte feststand, dass alles für unsere Polizisten getan wird, um sie ausreichend zu schützen.

(Gregor Golland [CDU]: Aber was passiert in der Realität?)

Wenn es Probleme gibt, sind es Lieferschwierigkeiten der Hersteller, aber es ist nicht ein Problem des Haushalts. Dieser enthält genug Mittel, um unsere Polizistinnen und Polizisten ausreichend auszustatten.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Und noch bevor Sie diese Informationen – und das werfe ich Ihnen auch vor – im nichtöffentlichen Teil ganz kleinteilig bekommen haben, war Ihre Presseerklärung schon draußen, und Sie haben genau das Gegenteil in die Welt hinausposaunt.

(Zuruf von den GRÜNEN und der SPD: Pfui!)

Das ist perfide, weil Sie damit auch die Unsicherheit schüren. Das ist nicht nur schäbig, sondern auch unverantwortlich.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir müssen uns hier in Sachen innere Sicherheit nichts von Ihnen sagen lassen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Gregor Golland [CDU]: Das Thema war doch vorher schon bekannt!)

Eigentlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist dieser Einzelplan wie kein anderer von der Flüchtlingsthematik geprägt. Leider reicht meine Redezeit nicht aus – denn ich musste mich ein bisschen über Ihre Unverschämtheiten aufregen –, um hier meinen ursprünglich vorgesehenen Redebeitrag zu halten – wir haben auch noch das GFG zu besprechen – und ausführlich auf die Flüchtlingssituation einzugehen.

Auch hier möchte ich nur eines sagen: Das Land tut alles, um den Menschen, die hier ankommen, eine menschenwürdige Aufnahme zu gewährleisten. Das Land tut auch alles, um den Kommunen ein faires Angebot zu machen – die Verhandlungen laufen derzeit – und um eine auskömmliche Finanzierung für die Kommunen zu gewährleisten.

In diesem Haushalt stellen wir rund 4 Milliarden € für Flüchtlinge zur Verfügung. Herunterrechnet trägt der Bund davon weniger als 20 %. Das ist meiner Meinung nach keine faire Lastenverteilung. Deswegen wird über die Aufgaben- und Kostenverteilung bei dieser gewaltigen Aufgabe auf jeden Fall auf Bund-Länder-Ebene noch zu sprechen sein.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Es gibt noch sehr viel mehr dazu zu sagen. Leider reicht meine Redezeit nicht aus. Aber es war mir ein wichtiges Bedürfnis, hier noch einmal darauf hinzuweisen, dass das Land sich auch an dieser Stelle finanziell nicht vor der Verantwortung drückt. Jetzt ist einmal wieder der Bund am Zug. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Düker. – Nun spricht Herr Herrmann für die Piratenfraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und zu Hause! Dann werde ich einmal den Part übernehmen, über den anderen großen Teil des Einzelplans 03 zu sprechen.

Die Haushaltsberatungen sind dieses Jahr davon bestimmt, dass sich die Ausgaben für Flüchtlinge und die Folgekosten für Bildung, Bauen und Wohnen, innere Sicherheit, medizinische Versorgung und soziale Sicherungssysteme nur schwer kalkulieren lassen. Es erscheint deshalb etwas absurd, dass wir heute über Zahlen reden, die morgen schon wieder unrealistisch sein können. Jedoch soll uns das heute nicht daran hindern, in diesem Haushalt die Versäumnisse der bisherigen Planung aufzuarbeiten.

Wir müssen es einfach schaffen, weiter als nur bis zum nächsten Tag zu denken. Dazu benötigen wir eine nachhaltige und zukunftsorientierte Haushaltspolitik, die nicht nur die Kostenfrage des Flüchtlingszuzugs diskutiert, sondern die Integration von NRW-weit um die 200.000 Menschen als Neubürger und damit als Chance, aus der demografischen Falle zu kommen, und als Chance für einen Konjunkturaufschwung sieht.

Denn, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist es nicht so, dass mehr Menschen auch mehr Lasten tragen können? Hier schreit es doch geradezu nach neuen Rahmenbedingungen für die Konsolidierung der Landesfinanzen, aber dieser Haushalt bleibt dazu leider stumm.

Damit aber die Integration gelingt und die zu uns kommenden Menschen zu einem festen Teil von Nordrhein-Westfalen werden können, müssen wir natürlich Geld in die Hand nehmen; da stimmen wir alle überein, denke ich. Daher können wir auch den Entschluss der Landesregierung nur begrüßen, insgesamt 4 Milliarden € für Asylbewerber auszugeben und einen Kreditbedarf von 1,8 Milliarden € in der Ergänzungsvorlage zum Haushaltsplan 2016 festzulegen. Herr Kollege Zimkeit hat das heute Morgen einen Kraftakt genannt.

Natürlich, es wäre sicherlich einfacher, wenn der Bund einen viel höheren Anteil dieser Mittel beisteuern würde – da stimme ich mit Ihnen überein, Frau Düker –, nur verstehe ich nicht, warum Sie als Landesregierung mit dem Finger auf Berlin zeigen. Der geringe Anteil des Bundes ist doch Ihr schlechtes Verhandlungsergebnis. Sie haben sich doch schon im letzten Jahr Ihr Gewissen für 108 Millionen € abkaufen lassen, als Sie die europäische Freizügigkeit im Bundesrat begraben haben, und Sie haben der schärfsten Asylrechtsänderung seit 1993 den Weg geebnet.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Wir?)

Denn neben dem Inhaftierungsgesetz namens „Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und zur Aufenthaltsbeendigung“ wurde das Asylrechtsbeschleunigungsgesetz mit Ihren Stimmen verabschiedet. Und für diese Schande dürfen Sie auch noch 120 Millionen € mehr als Landesanteil bezahlen. Kompliment! Das ist ganz schlecht verhandelt. Das ist mal ganz richtig danebengegangen auf Kosten der Menschen in unserem Land.

(Beifall von den PIRATEN)

In Ihrem Haushalt schlagen sich die beiden Antiasylgesetze im Titel „Rückführungen“ mit insgesamt 17,9 Millionen € nieder. In der Ergänzungsvorlage haben Sie noch einmal 10,5 Millionen € für Rückführungen draufgelegt. Aus den Westbalkanlagern im Land erreichen uns dazu schlimme Berichte. Die Menschen, die mit vielen Hoffnungen und viel Arbeitswillen zu uns gekommen sind, haben Angst. Sie haben Angst, in die völlige Armut, ins Nichts abgeschoben zu werden.

Den Posten „Abschiebebeobachtung“ im Haushalt speisen Sie dazu mit 30.000 € ab. Bei den vorgesehenen Massenabschiebungen brauchen wir aber Kontrollen und Evaluierungen, inwieweit Ihre Erlasse Wirkung zeigen. Es ist schon die erste Nachtabschiebung von Familien vorgekommen. Wie werden denn in den Schnellverfahren die Sensibilisierungserlasse tatsächlich berücksichtigt? Das sollten und das müssen wir evaluieren.

Viel Geld fließt auch in die Kommunen, um deren Aufwendungen für die Versorgung der Geflüchteten zu decken. Das ist gut, und das ist richtig. Natürlich müssen alle Mittel des Bundes für die Kommunen ohne Abstriche durchgeleitet werden. Und natürlich muss das Land die Lücken für eine insgesamt auskömmliche Finanzierung der Lasten in den Kommunen füllen.

Dass aber bei den ganzen Mitteln, die da fließen, die Kommunen nicht verpflichtet werden, in menschenwürdige Unterbringung mit festgelegten Standards zu investieren, ist doch nicht nachvollziehbar. Seit mehr als zwei Jahren reden wir hier von einer Definition von menschenwürdigen Standards für Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen, auch und gerade in den Kommunen.

Nach Burbach hat Frau Ministerpräsidentin Kraft einen Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik versprochen. Das war neun Monate, bevor die vielen Kriegsflüchtlinge in und um Syrien losgezogen sind, weil sie nichts mehr zu essen und keine Aussicht auf ein sicheres Überleben hatten. Aber es ist nichts passiert. Es kann doch nicht sein, dass „Konnexität“ immer als Universalargument bzw. Ausrede gegen jede Verbesserung angeführt wird, ganz davon abgesehen, dass seit Monaten ein Dach über dem Kopf und eine warme Suppe schon als große Leistung verkauft werden.

Wenn Sie, verehrte Landesregierung und Mitglieder der regierungstragenden Fraktionen ehrlich wären, dann müssten Sie zugeben, dass hier der Wille, vielleicht aber auch die Fähigkeit zu einem Paradigmenwechsel fehlt. Sie loben sich mit einer vorbildlichen Flüchtlingspolitik, lassen aber immer wieder viele Fragen und Handlungsmöglichkeiten offen.

Darauf zielt unter anderem unser Antrag für eine überregionale Koordinierungsstelle des mehrgliedrigen Beschwerdemanagements für Flüchtlinge. Sie haben diese wichtige Institution zwar angekündigt, jedoch in Folge zu diesem Thema geschwiegen. Wir erwarten jetzt, dass mit den eingestellten Mitteln unverzüglich das seit Monaten fertige Konzept umgesetzt wird. Oder gibt es in den 292 Unterkünften des Landes etwa Zustände, die Sie nicht öffentlich behandeln wollen? – Ich hoffe, nicht.

Apropos eingestellte Mittel: Dass im Haushaltsbereich „Landesmaßnahmen für Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge“ viele Posten stark steigen, weil die Zahl der Asylbewerber stark steigt, ist verständlich. Das sollte aber für Softwarekosten nicht gelten. Für die Software AVU Asyl waren in 2015 zunächst 245.000 € und am Ende der Nachtragshaushaltskette dann 1,03 Millionen € eingestellt. Für diesen Haushalt sind wieder 1,7 Millionen € und, mit der Ergänzungsvorlage, nochmals 2,5 Millionen €, also insgesamt 4,2 Millionen €, vorgesehen, und das, obwohl die Software erstens bereits in diesem Jahr als fertig verkauft wurde und zweitens möglicherweise eingestampft werden muss, weil der Bund eine eigene Software auch für die Nutzung durch die Länder entwickelt hat und bereits festgestellt wurde, dass die Daten wahrscheinlich nicht kompatibel sind. – Was ist das für eine Verschwendung!

(Beifall von den PIRATEN)

Den weiteren Projektverlauf werden wir uns ganz genau angucken, und ich denke, Sie werden dann noch einiges zu erklären haben.

Ebenfalls genau angucken werden wir uns das weitere Aufblasen der Sicherheitsbehörden, das trotz gegenteiliger Beteuerung nach jedem Terroranschlag immer wieder passiert. Natürlich werden wir den auch schon in der Presse erwähnten Änderungsantrag, nochmals 25 neue Stellen für den Ver

fassungsschutz zu schaffen, ablehnen. Kritikwürdig ist dabei vor allem der Ansatz, die Ängste und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger dazu nutzen zu wollen, mehr Ausgaben für mehr Überwachung und somit Repression zu veranschlagen, anstatt sich endlich einmal damit auseinanderzusetzen, ob diese Werkzeuge, die Sie da schaffen, überhaupt funktionieren und einen Sinn machen.

Sie, Herr Kruse, wollen unseren Innenminister anscheinend noch übertrumpfen. Hören Sie auf mit der Sicherheitshysterie, die Sie hier eben zum Ausdruck gebracht haben. Ihre Hysterie-Kompetenzzentren brauchen wir nicht, und Ihren Antrag lehnen wir sicherlich auch ab.

Meine Damen und Herren, schon mit dem ersten Nachtragshaushalt 2015 wurden die Mittel für den Bereich der Telekommunikationsüberwachung um 1 Million € erhöht. Nun sollen mit dem Entwurf für 2016 weitere 2,25 Millionen € in den Haushalt fließen, ganz zu schweigen von den notwendigen Investitionen, die die Telekommunikationsprovider und damit die Steuerzahler zahlen müssen. Die Wirksamkeit technischer Überwachungsmaßnahmen zur Extremismusbekämpfung ist nicht erwiesen, sie ist vielmehr zweifelhaft. Das ist Verschwendung. Sie füttern auf diese Weise die Überwachungsindustrie und glauben, Sie kaufen sich Sicherheit, dabei verkaufen Sie unsere Freiheit.