Da ich aber wusste, dass Sie wahrscheinlich auch damit nicht zu überzeugen sind, habe ich mir einmal die Ausgabe der Zeitschrift „Forschung & Lehre“ von September 2015 zur Lektüre genommen. Sie hat die Entwicklung der Grundmittel für Hochschulen untersucht und kommt zu folgenden Rankings in Deutschland:
Bei der Entwicklung der öffentlichen Ausgaben für Hochschulen im Bereich der Grundmittel hat Nordrhein-Westfalen zwischen 2005 und 2014 eine Steigerung von 63,02 % erzielt und ist damit bundesweit spitze – übrigens deutlich vor Bayern und BadenWürttemberg.
Nun könnte ja der Schluss naheliegen, dass dies absolut trotzdem keinen Spitzenplatz darstellt. Aber gemessen am Bruttoinlandsprodukt des Landes ist Nordrhein-Westfalen führend bei den westdeutschen Bundesländern, gemessen am staatlichen Gesamtetat – und das ist die entscheidende Größe – liegt Nordrhein-Westfalen mit 13,38 % an der Spitze aller Bundesländer. Das so häufig glorifizierte Bayern kommt dabei auf Platz 7 mit 8,9 %.
Lieber Herr Dr. Berger, lieber Klaus Kaiser, wenn Sie doch wenigstens diese Fakten zur Kenntnis nehmen würden.
Wir könnten uns so manche ritualisierte, intellektuell langweilige Debatte in diesem Hause sparen, wenn man sich einfach einmal mit dieser Materie intensiver befasste.
Und dann sage ich Ihnen: Ja, es deckt sich übrigens auch mit den Besuchen, die ich zurzeit bei den Hochschulen des Landes sehr intensiv unternehme. Wenn Sie in Fachhochschulen sind und mit denen über die Frage der finanziellen Auskömmlichkeit sprechen, kommt von den Fachhochschulen das Signal: Die Mittel sind auskömmlich. Mit der Kombination der letztlich auch durch Landesmittel ausgestatteten Hochschulpakt-III-Mittel ist genug Geld an den Fachhochschulen vorhanden, um den Aufgaben gerecht zu werden.
An den Universitäten ist die Situation etwas differenzierter. Das hat aber nicht unerheblich mit dem historisch gewachsenen Finanzierungsmodell und der damit einhergehenden unterschiedlichen Ausstattungssituation der Universitäten zu tun.
Dass diese bundesweit beachtliche Entwicklung mit dem Haushalt 2016 fortgeschrieben werden kann, ist eine Erfolgsgeschichte für NRW und eng mit der Arbeit unserer Wissenschaftsministerin Svenja
Die wesentlichen Zahlen – deswegen will ich hier auch nicht vorgreifen – werden sicherlich gleich noch einmal von der Ministerin dargestellt werden. Aber eine erneute Haushaltssteigerung um 5,5 % in diesem Haushalt so lapidar abzutun, wie Sie das hier machen, ist wirklich nicht real und nicht von dieser Welt, um es so deutlich zu sagen.
Dass diese enormen Leistungen des Landes in Kombination mit dem Bundesprogramm in NRW Wirkung entfalten, lässt sich unschwer auch an den vielen guten Nachrichten der letzten Wochen nachweisen. Schaut man sich den aktuellen Förderatlas der DFG an, dann hat Nordrhein-Westfalen die bundesweite Spitzenstellung. Fast 20 % der aktuell in Deutschland eingerichteten Sonderforschungsbereiche liegen in Nordrhein-Westfalen, und die neu eingerichteten Sonderforschungsbereiche haben erneut einen Schwerpunkt in unserem Bundesland.
Die Körber-Stiftung hat Nordrhein-Westfalen als Studienstandort mit der am deutlichsten wachsenden Anzahl von Studienanfängern im MINT-Bereich ausgezeichnet.
Professor Sternberg hat in seiner Stellungnahme zu dieser Entwicklung dies als Ausdruck der Attraktivität der Hochschulen in NRW beschrieben. Ich finde, Sie sollten sich dieses Attribut durchaus zu eigen machen.
Dass das Land zurzeit dabei ist, die Hochschulen auch in ihrer Attraktivität und Zukunftsfähigkeit weiterzuentwickeln, wird auch am Sanierungs- und Modernisierungsprogramm für die Hochschulen und Universitätsklinika des Landes deutlich. Da sage ich Ihnen auch in klarer Abgrenzung zu Ihnen, Herr Dr. Berger: Wenn ich an Hochschulen in diesem Lande bin – ich nenne jetzt Bielefeld, Bochum und Wuppertal – überall, wo man unterwegs ist, und ich schaue mir die Bauaktivitäten an, die da stattfinden, meine ich, dass wir doch ein Stück Stolz gemeinsam entwickeln können für das, was wir an Leistungsfähigkeit haben, um die Standorte qualitativ für unsere Studierenden und die Lehrenden weiter zu entwickeln.
Das ist auch ein Erfolg dieses Hauses, dass wir das entsprechend mitgestalten. Dazu sollten wir uns offensiv entsprechend bekennen.
Herr Bell, ich habe Ihnen aufmerksam zugehört. Habe ich es richtig verstanden, dass dann, wenn man 22,5 % der Bevölkerung hat und 26 % der Studenten, dann ist es ein Erfolg, wenn man auf knapp 20 % der Fördermittel kommt? Habe ich das richtig verstanden?
Das haben Sie falsch verstanden. Ich habe nicht über Fördermittel gesprochen, sondern über Sonderförderungsbereiche. Wenn Sie sich die Sonderförderungsbereiche anschauen, dann müssen Sie sich auch die Netze der gesamten Sonderförderungsbereiche im Atlas anschauen. Dann werden Sie sehen, dass es deutlich mehr ist, als die 20, die ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen haben. Das ist nun einmal ein Stück weit Fördersystematik der DFG, Herr Haardt.
Ich hatte eigentlich gedacht, als ich hier ans Pult gegangen bin, wir würden einen etwas zurückhaltenderen Oppositionsführer – das wollen Sie bei der Frage ja sein – erleben, weil sich ein Stück weit das, was Sie wie ein Mantra in den letzten Jahren hier vorgetragen haben, mittlerweile auflöst.
Ich habe mit großer Freude zur Kenntnis genommen, dass der Parlamentarische Gutachterdienst, den Sie mit der CDU-Fraktion angerufen haben, die Rahmenvorgabegrundsätzeverordnung, die Sie als verfassungswidrig bezeichnet haben, als verfassungsgemäß gekennzeichnet hat. Dieses Gutachten hat aber auch festgestellt, dass die Einführung der Rahmenvorgaben nicht rechtswidrig ist. Wenn das dann auch noch durch einen Gutachter gesagt wird, der aus dem so gelobten Bayern kommt, müsste das doch bei Ihnen eigentlich Schmerzen verursachen.
Insoweit müssten Sie doch hier eigentlich mit einer neuen Affinität und einer neuen hochschulpolitischen Agenda am Horizont erkennbar werden, um ihrem Gestaltungsanspruch gerecht zu werden. Stattdessen hören wir hier nichts anderes als die alte Leier, die wir kennen und durch verbrämende Begriffe wie nebulöse sozialwissenschaftlich gegenderte Formulierung im Förderprogramm zu hören bekommen.
Ich empfehle dringend: Entwerfen Sie endlich eine hochschulpolitische Agenda. Das Land hat es verdient, dass hier deutlich mehr Substanz an den Start kommt, als sie hier heute geliefert haben. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank! Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich gar nicht dazu äußern, ob es nun erfrischend ist, nach den Kollegen Berger oder Bell zu sprechen. Der eine nimmt einem gelegentlich die Antworten auf die von mir gestellten Kleinen Anfragen vorweg, der andere befleißigt sich darin, zurechtzubiegen und schönzufärben. Das ist vielleicht den unterschiedlichen Aufgaben geschuldet.
Ich will aber in einem Punkt auf meine Vorredner eingehen, nämlich auf die Feststellung des Vorsitzenden des Wissenschaftsrates. Wenn er die Exzellenz in unserer Wissenschafts- und Forschungslandschaft lobt, dann ist das sicher zutreffend; das ist aber in erster Linie das Verdienst der hervorragenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an unseren Hochschulen und weit weniger das dieser Landesregierung.
Wenn man den Hochschulpakt und damit die Initiativen des Bundes außen vor lassen würde, dann sähe die Bilanz doch düsterer aus.
Kommen wir jetzt zu dem konkreten Haushalt 2016. Hier gab es einige Highlights. Das fing schon mit der Einbringung an, die Frau Ministerin im Wissenschaftsausschuss vorgenommen hat, wo dann ausgeführt wurde – ich darf zitieren mit Erlaubnis des Präsidenten –:
„Während die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger zwischen 2010 und 2016 nach der Prognose der Kultusministerkonferenz um voraussichtlich etwa 26 % steigen wird, soll der Etat für die Hochschulen und Kliniken um fast 49 % zulegen.“
Diese Zahlen sind voller Inbrunst vorgetragen worden und werden auch gelegentlich wiederholt, auch der Kollege Bell jubelt dabei ganz pflichteifrig. Falls das gerade jemandem zu schnell ging; da hieß es: 26 % Steigerung der Studienanfänger gegenüber 49 % Steigerung des Etats. Da stellt sich doch die Frage, was Sie denn mit einem solchen Vergleich überhaupt sagen wollen. Sind nur noch die Erstsemester relevant? Sollen nur noch die Erstsemester finanziert werden?
Solche Zahlen in einer parlamentarischen Debatte, gerade im Wissenschaftsbereich, zu verwenden, halte ich für nicht angemessen. Denn allen Ernstes will doch keiner in diesem Haus den Aufwuchs bei den Studienanfängern mit dem Aufwuchs des Etats für die gesamten Hochschulen in Relation stellen. Der Etat der Hochschulen muss selbstverständlich nicht auf die Zahl der Studienanfänger, sondern auf die Zahl der Studierenden insgesamt bezogen werden. Alles andere wäre grob fahrlässig.
Frau Ministerin, tun wir das doch mal! Im Vergleich zu 2010 ist die Gesamtzahl der Studierenden nämlich um 46 % gestiegen. Das kleine Ablenkungsmanöver, mit dem Sie auch Ihren eigenen Mittelaufwuchs schönreden wollen, ist damit kompletter Unsinn. Man könnte den Verdacht haben, dass damit nur die geneigte Öffentlichkeit hinters Licht geführt werden soll.
Jetzt kann man natürlich sagen: Okay, 46 % Steigerung bei den Studierendenzahlen, 49 % Etatsteigerung – das ist immer noch ein Plus von 3 %. Aber das funktioniert nur dann, wenn man die Hochschulpaktmittel mit in die Rechnung nimmt. Die Grundmittel selbst sind nämlich seit 2010 nur um knapp 13 % gestiegen. Und Ihre Hochschulpaktmittel kofinanzieren Sie ja bekanntlich auch mit den durch die Kostenübernahme des Bundes freigewordenen BAföG-Millionen. Das geht aus Ihren Vorlagen hervor. Das hat auch schon Frau Seidl vor genau einem Jahr bei der Debatte zum Etat 2015 so festgestellt.
Frau Ministerin, ohne die Gelder des Bundes wären Sie und die Landesregierung wissenschaftspolitisch schon längst schachmatt gesetzt.
Die Hochschulpaktmittel sind nämlich Ihre Allzweckwaffe. Eigentlich sollen diese Mittel allein der Bewältigung der zusätzlichen Studierenden dienen. Die rot-grüne Landesregierung finanziert damit aber alles, wofür die Landesmittel nicht mehr reichen: das Programm „Erfolgreich Studieren“ für 13 Millionen €, Talentscouting für 4,4 Millionen €, Studifinder und Schülerlabore für jeweils 2,8 Millionen €, Orientierungsangebote für 4,3 Millionen €, eine neue Mensa für 6 Millionen €; 30 Millionen € werden nun für die Studienzeitverlängerung des Lehramtes aufgewendet.
Dieser Haushaltsansatz war bisher in einer ganz ähnlichen Größenordnung aus Landesmitteln ausfinanziert. Wie Sie nun auf die Idee kommen, die Hochschulpaktmittel seien dort zusätzlich investiert, bleibt mit schleierhaft.
Ein Viertel der Hochschulpaktmittel fließt mittlerweile in irgendwelche Sonderprogramme, das meiste davon in die Fachhochschulen, 170 Millionen €. Deswegen, Herr Kollege Bell – so wird es mir berichtet –, klagen die Fachhochschulen zurzeit auch nicht über nicht auskömmliche Mittelfinanzierung.
Obwohl diese Gelder in den Haushaltskapiteln der Fachhochschulen verankert sind, würden die Mittel aber nach mehrfacher Aussage des Ministeriums nicht in die Grundmittel der Fachhochschulen fließen. Das wäre mit Blick auf die korrekte Verwendung der Hochschulpaktmittel auch nicht in Ordnung.
Als Ministerin Schulze allerdings die Entwicklung der Grundmittel ausgewiesen hat, kam man im Vergleich zu 2015 plötzlich auf 9 % Steigerung. Das klappt aber nur, wenn man diese Hochschulpaktmittel dann eben doch als Grundmittel zählt. Hier haben wir ein weiteres Beispiel für unseriöse rot-grüne Rechenkunst im Wissenschaftsministerium.