Protocol of the Session on December 3, 2015

Landesstraßenbauprogramm: nur noch 32 Millionen, minus 50 %. Die Zahlen sprechen für sich.

Erhaltungsansatz: In diesen sechs Jahren, für die die rot-grüne Regierung den Haushalt aufgestellt hat, haben Sie diesen Bereich um 32 Millionen aufgestockt. Das ist gut. Aber – auch das gehört zur Wahrheit – in der Regierungszeit von CDU und FDP in den Jahren 2005 bis 2009 haben wir diesen Bereich um genau die gleiche Summe, auch um 32 Millionen, aufgestockt. Also: deckungsgleich. Allerdings besteht ein Unterschied: Wir haben nicht das Landesstraßenbauprogramm um diese 32 Millionen gekürzt; das haben Sie gemacht. Wir haben auch in dem Bereich noch draufgesattelt.

Für die großen Güterverkehrs- und Pendlerprobleme in Nordrhein-Westfalen hat diese Koalition einen neuen Lösungsansatz: den Radverkehr. Die Finanzmittel für die Nahmobilität und für Radwegebau an Landesstraßen wurden insgesamt deutlich aufgestockt: um 25 % – gewaltige Summen. Wir erleben also eine Umschichtung vom Landesstraßenbau in den Radwegebau.

Um allen Märchen vorzubeugen: Auch die FDP ist immer für Radwegebau gewesen. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage, die kürzlich, am

23. November dieses Jahres, auf den Schreibtischen gelegen hat, heißt es zur angemessenen Förderung des Radwegebaus – Zitat –: Dieser Herausforderung ist die CDU/FDP-Landesregierung in den Jahren 2005 bis 2010 in vorbildlicher Weise nachgekommen. – Das ist dann mit Zahlen hinterlegt.

Auch wir haben also als Koalition viel für den Radwegebau getan, aber auch hier nicht zulasten des Landesstraßenbaus, sondern beim Landesstraßenbau gab es ein Plus, und der Radwegebau kam hinzu.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Zudem erleben wir einen Systembruch bei der Sanierung, was die Straßen betrifft. Der Minister – die Koalition –, unterschrieben im Bodewig-Papier, fordert vom Bund, dass innerhalb von 15 Jahren der Sanierungsstau abgearbeitet wird. Ursprünglich haben wir von 40 Milliarden geredet. Aktuell sind es 45 Milliarden. Ein klares Konzept: Der Sanierungsstau besteht und muss abgearbeitet werden.

Herr Kollege Rasche, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Der Kollege Priggen würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Ich freue mich darauf.

Herr Kollege Rasche, herzlichen Dank. – Wenn ich Sie eben richtig verstanden habe, haben Sie auf eine Anfrage aus dem Ministerium die Antwort bekommen, die CDU/FDPRegierung hätte zwischen 2005 und 2010 Vorbildliches beim Radwegebau geleistet. – Meine Frage ist, ob Sie uns diese Antwort freundlicherweise zur Verfügung stellen könnten.

Das ist eine Antwort auf eine Kleine Anfrage des Kollegen Rehbaum,

(Reiner Priggen [GRÜNE]: Herzlichen Dank!)

unterschrieben von Ihrem Minister. Sie arbeiten vertrauensvoll zusammen. Tauschen Sie sich doch einfach mal aus!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Noch mal zum Systembruch bei der Sanierung: Einmal fordert die Landesregierung vom Bund, den Sanierungsstau innerhalb von 15 Jahren abzuarbeiten.

Auch bei den Landesstraßen haben wir einen Sanierungsstau. Wenn man konzeptionell arbeitet, muss man bei Bundesstraßen und bei Landesstraßen in gleicher Weise vorgehen. Aber bei Landesstraßen macht die Regierung das ganz anders. Allein um auf den Status quo des Sanierungsstaus zu bleiben, brauchten wir 200 Millionen € im Jahr. Das Land gibt aber nur 100 Millionen € im Jahr. Das heißt, der Sanierungsstau bei Landesstraßen wird nicht abgebaut, sondern nimmt sogar noch zu.

Das sind zwei unterschiedliche Vorgehensweisen der Landesregierung bei Bundes- und bei Landesstraßen, die wir uns nicht leisten können. Wenn so viel Geld – 100 Millionen – bei der Straßensanierung, bei der Substanzerhaltung fehlen, kann sich ein Land wie Nordrhein-Westfalen kein Sozialticket in einer Größenordnung von jährlich 40 Millionen € leisten.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wir reden immer von Erhalt vor Neubau. Hier müssen wir sagen: Erhalt vor Sozialticket, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich habe eine ganze Reihe von Punkten aufgezählt. Nach Auffassung der FDP-Fraktion sind die Prioritäten im Verkehrshaushalt falsch gesetzt. Deshalb können wir den nur ablehnen.

(Beifall von der FDP)

Drei kleine weitere Punkte

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Frau Präsidentin, ich bin sofort fertig –: Auch abseits des Landeshaushalts gibt es viele verheerende Bilanzen.

Ein Stichwort ist das Hafenkonzept. Die Regierung hat immer gesagt: Wir warten auf den Bund. – Jetzt liegt das Ergebnis des Bundes vor: Der Ahrensburger Liste der Küstenländer wird gefolgt, die Düsseldorfer Liste wird überhaupt nicht beachtet. So etwas passiert, wenn Nordrhein-Westfalen nicht als Erstes ein Konzept vorlegt, sondern auf den Bund wartet.

Eine Luftverkehrskonzeption fehlt genauso.

Zur Finanzierung im Schienenpersonennahverkehr hat Herr Kollege Voussem eben schon etwas gesagt.

In vielen Bereichen erleben wir also einen Stillstand in der Verkehrspolitik.

Nur nicht bei der Redezeit.

(Heiterkeit)

Ganz kurz nur ein Satz, weil es die Kollegen interessiert.

(Heiterkeit)

Wo liegen die Gründe für dieses Desaster? – Einmal in der Uneinigkeit zwischen Roten und Grünen in der Verkehrspolitik und zum Zweiten in null Einfluss von SPD und auch CDU auf die Kollegen der Bundesverkehrspolitik in Berlin. – Vielen Dank, Frau Präsidentin, für die Großzügigkeit.

(Beifall von der FDP)

Sehr gerne. Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Beu.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Früher sprachen alle vom Verkehr, heute reden wir über Mobilität. Der Fokus in Wissenschaft und Praxis geht weg von einer rein technischen Reduktion von Abgasen, Lärm und Kosten des motorisierten Individualverkehrs. Stattdessen werden intelligente Verkehrslösungen entwickelt. Ökologische Verkehrsmittel wie Lastenräder, E-Busse oder Kombiverkehre sind gefragt. Optimierte Mobilitätsketten vermeiden Abgase, Lärm und Kosten.

Diesen fortschrittlichen Ansatz verfolgt auch RotGrün in Nordrhein-Westfalen. Er führt im Haushalt 2016, Einzelplan 09 – Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr – zu einigen Veränderungen gegenüber früheren Haushalten.

Zum Beispiel im Landesstraßenbau: „Erhalt geht vor Neubau“ ist weiterhin und noch verstärkt die rotgrüne Devise. In 2015 waren es 100 Millionen € für den Substanzerhalt der Landesstraßen, an sich schon eine enorm hohe Summe und weit mehr als unter Schwarz-Gelb. Nun gibt es einen satten Aufschlag. In 2016 werden wir die Mittel für die Sanierung und den Erhalt von Landesstraßen noch einmal deutlich erhöhen. Denn Rot-Grün strebt eine intakte, funktionierende Infrastruktur an. Dafür brauchen wir mehr Erhaltungsmittel.

Ein weiteres Beispiel für zukunftsorientierte Mobilität à la Rot-Grün im Haushalt 2016 ist der „Aktionsplan zur Förderung der Nahmobilität“. Damit stärken wir den Rad- und Fußverkehr. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das Auto mal stehen gelassen wird, kurze Wege umweltfreundlich zurückgelegt werden und etwas für die eigene Gesundheit getan wird. Davon, dass die Mittel für Nahmobilität erhöht werden, profitieren maßgeblich die Kommunen in NRW.

Ein weiterer Grund für mehr Mittel sind die Radschnellwege. Sie werden erstmals im Haushalt ab

gesichert. Auf diesen können die Bürgerinnen und Bürger komfortabel, kreuzungsfrei und zügig mit dem Fahrrad unterwegs sein, statt im Autostau festzusitzen. Das ist die Mobilität der Zukunft. Sie entlastet die Straßen und schont das Klima.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Zusätzliches Geld gibt es auch für das Sozialticket. Die Aufgabenträger erhalten 10 Millionen € mehr pro Jahr, also 40 Millionen €. Damit leistet Rot-Grün einen essenziellen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit in unserem Land und ökologisch nachhaltige Mobilität. Das ist ein finanzieller Kraftakt, der aber unumgänglich ist. Die erfreulich hohe Akzeptanz bei den Fahrgästen, bei den Kundinnen und Kunden, erzwingt die Anpassung der Mittelhöhe. Damit schultert das Land Nordrhein-Westfalen finanzielle Lasten, die eigentlich der Bund über das BSHG oder SGB tragen müsste.

Apropos Kraftakt: Das Wort passt in jedem Sinne zu den Verhandlungen über die Regionalisierungsmittel zwischen dem Bund und den Bundesländern. Hier konnte mit dem sogenannten Kieler Schlüssel zunächst eine grundsätzliche Verständigung über eine neue langfristige Finanzverteilung erzielt und die gröbste Benachteiligung NRWs gemindert werden.

Auch wenn der Bund 500 Millionen € weniger gibt als nötig und einige Bundesländer deshalb gegen die gefundene Finanzregelung aktuell protestieren, was die endgültige Einigung bisher aufschiebt, möchte ich Herrn Minister Groschek und seinem Haus persönlich für den aktiven Beitrag zu diesem solidarischen Kompromiss danken. Das war ein großer Erfolg für unser Bundesland NordrheinWestfalen.

Jetzt gilt es, bei diesem Marathon auf den letzten 100 m das Ziel zu erreichen. Wir Grüne fordern alle Beteiligten im Bund und in den anderen Ländern auf, sich ebenfalls zu bewegen. Einen Stillstand im Nahverkehr wegen fehlender Finanzen kann sich niemand leisten. Sollten sich jedoch wider Erwarten einige Bundesländer nicht ebenfalls solidarisch und kompromissbereit verhalten, dann müsste notfalls der Klageweg beschritten werden, um tatsächlich eine annähernd gleiche Behandlung der Bundesländer zu erreichen – nach vielen Jahren der Ungleichbehandlung zulasten NRWs.

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Mobilität bewegt Rot-Grün, und Rot-Grün ermöglicht eine zukunftsfähige Mobilität in unserem Land. Manche Dinge, die wir in dieser Legislaturperiode auf die Schiene gesetzt haben, kosten erst einmal Geld. Aber auf mittlere und längere Sicht lohnen sich diese Projekte.

Herr Kollege Beu, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Herr Kol

lege Rehbaum würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen.

Ja, bitte.