Protocol of the Session on December 3, 2015

Ja, das ging schnell.

Ich war noch gar nicht in die Inhalte eingestiegen.

Ja. Aber lassen wir uns überraschen. Ich vermute, dass Sie den Fragewunsch von Herrn Ellerbrock zulassen.

Ja. Das wollte ich damit signalisieren.

Bitte nicht in das Mikrofon pusten, Herr Kollege. Bitte nicht!

Herr Kollege Klocke, warum unterstellen Sie, dass der Minister, der aus der Ihre Koalition mittragenden Partei der SPD kommt, nicht lernfähig ist? Warum unterstellen Sie ihm Beratungsresistenz? Warum gehen Sie davon aus, dass er das Angebot, das wir gemacht haben, einen zu Beginn richtig beschrittenen Weg fortzusetzen, von vornherein ablehnt? Das verstehe ich nicht. Können Sie mich darüber aufklären, bitte?

Ich habe den Minister bisher als sehr offen, immer gesprächsbereit und Sachargumenten gegenüber stets aufgeschlossen kennengelernt. Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Nun würde ich ja nicht sagen, dass jedes Argument der FDP gleich ein kluges Sachargument wäre. Daher vermute ich einmal, dass der Minister Ihr Angebot nicht annehmen wird. Er hält nachher aber selbst noch einen Redebeitrag. Ich will ihm jetzt auch nicht vorgreifen. Mit Ihrer Erlaubnis und der Erlaubnis des Präsidenten möchte ich einfach meine Rede fortsetzen.

Ich würde gerne auf drei Schwerpunkte rekurrieren. Frau Kollegin Philipp hat eben sehr breit dargestellt, warum dieser Haushalt unsere Handschrift trägt und hier wichtige Punkte aus unserer gemeinsamen Vereinbarung für den Wohnungsbau umgesetzt worden sind.

Erster Punkt. Ich möchte noch einmal betonen, dass wir als Land Nordrhein-Westfalen und als Landesregierung im Bereich der Wohnraumförderung sehr schnell auf die aktuelle Situation reagiert haben, was den Druck auf dem Wohnungsmarkt nach bezahlbarem Wohnraum insbesondere durch den Flüchtlingszuzug angeht.

Der Minister hat sehr schnell ein Programm mit sehr guten Konditionen vorgestellt. Es gibt große Nachfrage von den Wohnungsbauunternehmen, von den Wohnungsbaugenossenschaften, von den Kommunen. Jedenfalls ist das bei uns der Fall. In den Abgeordnetenbüros wird sehr intensiv nachgefragt; ich denke, beim Ministerium auch.

Dieses Programm bietet mit Tilgungsnachlässen von bis zu 35 % sehr günstige Konditionen. Wir sind guten Mutes, dass es intensiv genutzt wird, um in unserem Land so schnell wie möglich bezahlbaren, günstigen Wohnraum sowohl für schon in Nordrhein-Westfalen lebende Menschen als auch für die neu angekommenen Flüchtlinge zu schaffen, damit wir hier Bewegung auf dem Wohnungsmarkt bekommen.

Deswegen mein Dank an das Ministerium. Es wurde angekündigt, dass es auch ein Onlineportal geben soll, in dem frei stehende Wohnungen gemeldet werden. Es ist gut, wenn das auf den Weg kommt und man es entsprechend nutzen kann. Wir rechnen damit, dass 300.000 bis 400.000 Wohnungen frei stehen, teilweise nur temporär, teilweise dauerhaft. Jedenfalls wäre ein solches Portal ein gutes Angebot, damit es entsprechend genutzt und freier Wohnraum schnell gemeldet werden kann.

Beim Wohnungsbau werden wir als Grüne mit darauf achten, dass Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt werden, wie sie in den 60er- und 70erJahren begangen worden sind. Wir brauchen keine Wohnsiedlungen ohne vernünftige Infrastruktur, ohne Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe. Wir wollen hier keine Sanierungsfälle der Zukunft schaffen, sondern wir müssen darauf achten, dass die Erkenntnisse genutzt werden, die wir im Bereich des Wohnungsbaus in den letzten 20 bis 25 Jahren gewonnen haben im Hinblick auf guten Wohnraum, wo Menschen über Jahre und Jahrzehnte wohnen, wo man sich wohlfühlt, wo es auch ein grünes Umfeld gibt, wo sich Menschen auch erholen können.

Bei allem Druck, den es auf den Wohnungsmärkten gibt, bei aller Notwendigkeit, schnell zu handeln, werden wir jedoch darauf achten, dass es zukunftsfähiger Wohnraum wird. Das ist uns ein wichtiges Anliegen.

Ein zweiter Punkt ist die Wohngeldnovelle. Das ist seit 2009 die erste Novelle, die vom Bund initiiert worden ist. Sie wird zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Das Land leistet mit der Kofinanzierung einen wichtigen Beitrag. Das ist aus unserer Sicht dringend notwendig.

Bei den Bestandsmieten gibt es eine Steigerung von fast 10 %. Mit dem, was die Wohngeldnovelle vorsieht, werden über 200.000 Haushalte in Nordrhein-Westfalen deutlich besser gefördert. Ich nenne ein Beispiel: Ein Zweipersonenhaushalt wird in Zukunft statt mit 120 € monatlich mit 185 € gefördert. Das ist ein klares Signal, dass wir für sozial abgehängte und sozial schwache Haushalte eine vernünftige Förderung auf den Weg bringen. Deswegen ist die Wohngeldnovelle eindeutig zu begrüßen und die Kofinanzierung, die wir im Haushalt verabredet haben, zu unterstützen.

Ein dritter Punkt ist uns als Grüne ebenfalls ein wichtiges Anliegen – die Kollegin Philipp hat es eben auch angesprochen –; das sind die zusätzlichen 500.000 € im Bereich der Denkmalpflege. Da geht es insbesondere um kleine Projekte, die eben nicht durch Förderdarlehen seitens der NRW.BANK abgedeckt werden können. Das betrifft häufig private Initiativen oder kirchliche Initiativen, also wirklich kleine Projekte, wo es darum geht, beim Kirchendenkmalschutz oder bei Mühlenprojekten, die es häufig im ländlichen Raum gibt, mit 5.000 € oder 10.000 € Unterstützung zu leisten. Dafür haben wir

noch einmal zusätzlich Geld in die Hand genommen und 500.000 € in den Haushalt eingestellt. Das begrüßen wir ausdrücklich. Wir danken dafür, dass das Geld dafür zur Verfügung steht.

Zum Abschluss meiner Rede noch eine kurze Bemerkung zu Herrn Ellerbrock. Ist er schon weg? – Nein, jetzt sehe ich Sie.

Sie haben einige Anmerkungen zur Landesbauordnung gemacht. In der anstehenden parlamentarischen Debatte – bisher gibt es den Referentenentwurf, und es gab die Verbändeanhörung – sieht unsere Fraktion bei einer Reihe von Punkten Beratungsbedarf. Das parlamentarische Verfahren steht an. Wir werden dazu noch eine ausführliche Anhörung durchführen. Das müssen wir also nicht in der Haushaltsdebatte ad acta legen, sondern wir werden im Jahre 2016 dazu in eine intensive Beratung einsteigen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Klocke. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Bayer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Besucher hier und am Stream überall! Wir haben kein Erkenntnisproblem, wir haben ein Umsetzungsproblem. Das ist hier schon lange ein beliebter Spruch, und der ist auch nicht von mir.

Manchmal aber verharren diese Erkenntnisse in Wissenschaft und Gesellschaft und brauchen Jahrzehnte, bis sie in die Politik gelangen, oder sie werden zumindest aufwendig ignoriert. Das gilt vor allem in der Verkehrs- und in der Wohnungspolitik. Es wäre ja schön, wenn wenigstens Umsetzungsversuche erkennbar wären, gerade in der Wohnungs- und Verkehrspolitik, wo die Aufgaben doch so offensichtlich sind.

Nicht erst seit der Weltklimakonferenz ist klar, dass eine ökologische Verkehrswende unabdingbar für den Klimaschutz ist. Überall konnten in den vergangenen zwei Jahrzehnten Erfolge im CO2-Ausstoß verbucht werden, außer im Verkehrsbereich. Auch im Wohnungsbau sind die Potenziale noch riesig.

NRW hat zwar ein Klimaschutzgesetz und beabsichtigt, einen Klimaschutzplan zu schaffen, doch verbindliche Maßnahmen sind nicht vorgesehen. Das Ressort des Einzelplans 09 beteiligt sich daran nicht sichtbar.

Es gibt zwar eine Nachhaltigkeitsstrategie, die aber kaum auf Mobilität eingeht. Für Nahmobilität gibt es im Einzelplan 09 Geld für ein nettes Marketing, da werden auch Radschnellwege angepriesen, aber Geld gibt es nicht in entsprechendem Maßstab. – „Noch nicht“ werden Sie sagen, aber was machen

Sie, wenn die Planungen fertig sind und auch mal Landesgeld benötigt wird?

Eine moderne Verkehrswende ist aber nötig; denn wir brauchen sie, damit alle Menschen langfristig mobil sein können, und zwar gerade angesichts der aktuellen Bevölkerungsentwicklung. Eine moderne Verkehrswende ist auch wichtig, um langfristig den Landeshaushalt zu entlasten und ein finanzielles Gleichgewicht zu erreichen. Das ist aktuell in diesem Haushalt nicht vorhanden, wie es auch in den letzten Jahrzehnten in den Haushalten nicht vorhanden war; sonst hätten wir keine Instandhaltungsprobleme oder andere existierende Probleme.

Ein Wandel wird sowieso eintreten; denn auch die Mobilität wird nun von der digitalen Revolution erfasst und damit die ganze Stadtentwicklung. Der Markt wird sich radikal ändern – mit Gestaltung der Politik oder ohne.

Aufgesparte Instandhaltung, nie erfüllbare Versprechungen, Anforderungen und Aufgaben, die einfach nicht zum Budget passen – in keinem anderen Einzelplan klaffen – zumindest aus meiner Sicht – Anspruch und Prioritätensetzung derart weit auseinander. Hinzu kommt die Aufgabe, Wohnungen für Flüchtlinge zu schaffen. Das ist eine Aufgabe, von der man nicht hätte überrascht sein dürfen.

Ebenso wenig überraschend ist es, dass die Mietpreisbindung zahlreicher Wohnungen ausläuft, und zwar gerade im Ruhrgebiet, das angeblich einen entspannten Wohnungsmarkt hat und daher wenig Aufmerksamkeit erhält.

Die nun fließenden zusätzlichen Bundesmittel, die gegen akute Wohnungsprobleme helfen sollen, sind gut. Das begrüßen wir. Aber für diese Landesregierung muss leider immer erst das Kind in den Brunnen fallen, bevor überhaupt etwas passiert, bevor sie aktiv wird. Ohne Druck und Hinweise auf Notstände scheint keine Veränderung möglich zu sein. Weitsicht? – Leider Fehlanzeige!

Die Landesregierung wartet fast immer auf den Bund und auf Bundesmittel und verweist darauf. Ein Großteil der Wohltaten ist auf durchgeleitete Bundesmittel zurückzuführen. Interessant ist, dass sogar ein Großteil der Entscheidungen für die jetzige Landesregierung aus dem Bund kommt. Das nimmt manchmal kuriose Formen an.

Nordrhein-Westfalen hat zum Beispiel das dichteste Flughafennetz Deutschlands, hat Regionalflughäfen, die sich jedes Jahr aufs Neue mit öffentlicher Hilfe – nicht mit Geld des Landes, aber dem der Kommunen – retten müssen; es hat Flughäfen, die mit Blick auf ihre Erweiterungspläne dringend eine Position der Landesregierung, des Landes NRW brauchen.

Über ein Luftverkehrskonzept will das Ministerium, obwohl längst überfällig, gar nicht erst reden. Die Landesregierung versteckt sich eine ganze Legisla

turperiode lang vor jeder Priorisierung. Sie sitzen das aus – bloß keine eigene NRW-Position, bloß keine eigenen Ansprüche. Es gilt: Lasst das doch in Berlin oder Bayern entscheiden.

(Klaus Voussem [CDU]: Da können Sie auch nichts falsch machen!)

Bei der Landesbauordnung – seit 2015 mit „kommt gleich“ angekündigt –, werden wir ja vielleicht noch vor 2017 fertig, die Debatte dazu folgt ja noch.

Ich hätte hier die Worte vom letzten oder vorletzten Jahr verwenden können; denn viel hat sich nicht verändert. Ich nehme aber mal die Worte für das nächste Jahr: Diese zeitlich so wichtige Legislaturperiode ist für die Verkehrswende und eine vorausschauende Bau- und Verkehrspolitik leider verschenkt. Eine neue Prioritätensetzung wurde vermieden. Und das ist schade.

Wenn das Ministerium nur auf den Bund wartet und auch im Haushaltsplan kaum eigenes Geld priorisiert wird, dann braucht man das Ministerium eigentlich gar nicht. Dann könnte man es auch abschaffen und das Alltagsgeschäft durch eine Bundesbehörde ersetzen. Grundgesetzänderungen für solche Konstruktionen sind gerade auf dem Prüfstand. Dann könnten wir in NRW das Geld sparen.

Ich bin aber der Meinung, dass sowohl das Ministerium als auch der Landtag Nordrhein-Westfalen hier dringend gebraucht werden, weil NRW auch vorweggehen kann, weil NRW ein Land sein kann, in dem etwas passiert, und zwar nicht nur durch Zuweisungen aus Berlin und Anweisungen aus Bayern. Ja, ich weiß, Ministerin Hendricks kennt NRW und hat da aktuell mehr zukunftsweisende Ideen als die Landesregierung. Aber das allein reicht mir an dieser Stelle nicht.

Und jedes Jahr aufs Neue ist bei diesem Einzelplan auch das Sozialticket ein Thema. Warum? – Weil es wahrscheinlich das einzig wirklich gestalterische Element der Landesregierung in diesem Einzelplan ist. Mir ist auch egal, ob es aus dem Sozialetat oder aus dem Verkehrsetat kommt. Es macht Sinn, soziale Aspekte auf alle umzulegen und nicht nur auf die ÖPNV-Nutzer. Ende dieses Jahres läuft das Sozialticket aus. Es wird erst mal ohne große Änderungen fortgeführt, aber leider nicht verstetigt oder verbessert.

Trotz mehrfacher Nachfrage auch im Ausschuss weiß ich leider bis heute nicht, wie der genaue Plan der Landesregierung dazu aussieht. Es gibt 10 Millionen € mehr, eigentlich ableitbar aus der aktuellen Nutzung. Das ist auch notwendig und richtig. Doch die Ansatzerhöhung wird mit „zur Förderung des Sozialtickets bei Asylbewerbern“ begründet. Ein Teilbetrag des Ansatzes soll sogar ausschließlich für berechtigte Asylbewerber bestimmt sein, und zwar verbindlich.

Doch was ist jetzt dieser verbindliche Teilbetrag? Wie hoch ist der? Wie genau sieht er aus? Das konnte mir das Ministerium leider weder im letzten Ausschuss noch danach erklären. Ich hoffe, dass wir das zumindest vor der dritten Lesung mitgeteilt bekommen, damit wir unsere Haushaltsänderungsanträge zur dritten Lesung darauf abstimmen können. Derzeit sagen wir: Wir brauchen noch einmal etwa 10 Millionen € mehr; nach unseren Berechnungen wären es mindestens 8,5 Millionen €.

Außerdem brauchen wir eine Verpflichtungsermächtigung, die eine Dynamisierung und Verstetigung ermöglicht. Denn der aktuelle Plan scheint die Verkehrsbetriebe dazu zu zwingen, die Preise für das Sozialticket massiv zu erhöhen – im VRR um 12,5 %. 12,5 % sind weder als Inflationsausgleich noch mit den Energiekosten zu begründen oder damit, dass die Berechtigten einen sehr viel höheren Regelsatz haben. Das muss sich anderweitig erschließen. Wie kommt es, dass in den Verkehrsbetrieben diese Notwendigkeit gesehen wird?

Aktuell wissen wir also weder, welche Asylbewerber – deren Berechtigung an einer entsprechenden Einstufung hängt – das Sozialticket erhalten, noch wissen wir, was nach 2017 mit dem Sozialticket passiert – so viel dazu –, wenn es dann doch noch Änderungen im Einzelplan gibt. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Danke, Herr Kollege Bayer. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Groschek das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst möchte ich mich bei Ihnen, bei – in Anführungszeichen – „meinen“ Ausschussmitgliedern ganz herzlich für die konstruktive, oft auch sehr lebendige Diskussion bedanken. Sie hilft, den Weg freizumachen und neue Perspektiven abzustecken und zu erreichen.

Diese gemeinsame Arbeit sollten wir weiterhin so erfolgsverwöhnt wie in der Vergangenheit fortsetzen. Die Bündnispartner im Bündnis für Wohnen loben ausdrücklich den Korpsgeist, der bei der Wohnungsbaupolitik in Nordrhein-Westfalen herrscht. Deshalb gilt mein Dank all denen, die im Ausschuss mitwirken. Vielen Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren!